Martin Luther

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Martin Luther als Mönch

Martin Luther (* 10. November 1483 in Eisleben, † 18. Februar 1546 ebenda) war ein deutscher Augustinermönch, Priester und Theologe. Seine Theologie löste ab 1517 die Reformation aus, die zu einer Kirchenspaltung führte. Aus ihr erwuchs der Protestantismus.

Biografie

Leben bis zum Bruch mit der Kirche

Martin Luther wurde am 10. November 1483 als Sohn des Bergmannes Hans Luder geboren, der ihn nach streng christlichen Grundsätzen erzog. 1501 begann Luther das Studium der Artes an der Universität Erfurt, das er 1505 mit dem Magistergrad abschloss. Auf Wunsch seines Vaters begann er darauf mit einem Jurastudium, welches er jedoch im gleichen Jahr jäh abbrach. In ein schweres Gewitter geraten, gelobte Luther der Hl. Anna für den Fall seiner Rettung in ein Kloster einzutreten. Am 17. Juli 1505 trat er bei den Augustinereremiten von Erfurt ein und bekam den Namen Augustinus. Am 3. April 1507 wurde er zum Priester geweiht.

1508 schickte der Ordensvikar Johann von Staupitz Luther auf die neugegründete Universität Wittenberg, wo er über die Ethik des Aristoteles las. Später befasste er sich mit den Sentenzen des Petrus Lombardus und den Schriften des hl. Augustinus. 1511 wurde Luther von Staupitz in einer Ordensangelegenheit nach Rom entsandt. Die sehr verweltlichten Zustände, die er dort erlebte, hatten eine verstörende Wirkung auf ihn und haben unterschwellig seinen späteren Weg vielleicht mitbewirkt. Am 18. Oktober 1512 wurde er in Wittenberg zum Doktor der Theologie promoviert und übernahm anschließend die Professur für die Auslegung der Heiligen Schrift, die er bis zu seinem Tod innehaben sollte. Von seinen Vorlesungen über die Paulusbriefe (1513-1517) sind Autographien erhalten, in denen manche Theologen seine spätere Abkehr vom Katholizismus vorgezeichnet finden.

Die neue Lehre Luthers: Bruch mit der Kirche

Die Entfremdung von der katholischen Lehre (die anfänglich freilich eher eine Entfremdung vom Katholizismus seiner Zeit war) soll auf das - von Luther ein Jahr vor seinem Tod (1545), im Vorwort zur lateinischen Ausgabe seiner gesammelten Schriften, selbst geschilderte - "Turmerlebnis" zurückgehen, das sich jedoch nicht genau datieren lässt und wohl zwischen 1512 und 1517 stattgefunden hat. Im Südturm des Wittenberger Augustinerklosters hatte Luther über die Rechtfertigung vor Gott meditiert und hierzu den Römerbrief (Röm 1,17) hinzugezogen. Luther kam zu einer Neuinterpretation der paulinischen Rechtfertigungslehre, wonach der Mensch seinerseits nichts zu seiner Annahme durch Gott beitragen kann, sondern Gott den Menschen in einem souveränen Gnadeakt gerecht macht. Nicht durch die Werke, sondern allein durch Gott wird der Mensch gerecht ("sola gratia"). In der 28. These seiner Heidelberger Disputation (1518) hat Luther seine Deutung der Rechtfertigungslehre in eindrucksvoller Verdichtung formuliert: "Amor dei non invenit sed creat suum diligibile. Amor hominis fit a suo diligibili. (...) Ideo enim peccatores sunt pulchri, quia diliguntur, nun ideo diliguntur, quia sunt pulchri" (Gottes Liebe findet das Liebenswerte nicht vor, sondern schafft es erst. Die Liebe des Menschen entsteht von Gott her. Denn Gott liebt die Sünder nicht, weil sie schön sind, sondern die Sünder werden schön, weil sie geliebt sind.) Diese Deutung Luthers geriet mit der kirchliche Lehre seiner Zeit in erhebliche Spannung.

In seiner Vorlesung über den Hebräerbrief folgerte Luther gemäß seiner Lehre, dass nicht das Sakrament als Sakrament rechtfertige ("ex opere operato"), sondern der Glaube, im Sakrament Christus zu empfangen. Dies stellte einen fundamentalen Angriff auf die damalige kirchliche Sakramentenlehre dar. Heute urteilen sowohl katholische wie evangelische Theologen an dieser Stelle vorsichtiger. Man kann vermutlich sagen, dass weniger die Sakramentenlehre als vielmehr die Ablehnung von fünf der sieben Sakramente, die Luther ungenügend biblisch begründet bzw. nicht nachweisbar von Christus selber eingesetzt ansah, den Bruch mit der Kirche unumkehrbar machte.

Die Lehren Luthers werden von vielen prägnant durch die vier sola-Prinzipien - auch "particula exclusiva" genannt - zusammengefaßt:

  • sola scriptura (allein die Schrift als Quelle - ohne die Tradition und das Lehramt);
  • sola fide (allein der Glaube als Grund für die Rechtfertigung - ohne Berücksichtigung der Taten);
  • sola gratia (allein die Gnade als Ursache der Rettung - ohne Mitwirkung der Natur);
  • solus Christus (allein Jesus Christus als Quelle der Offenbarung - nicht die Natur).

Der Ablassstreit

1514 wurde Albrecht von Brandenburg (1490 - 1545), bislang Erzbischof von Magdeburg und Administrator von Halberstadt, auch noch Erzbischof von Mainz. Für eine derartige Ämterhäufung hatte der Fürst dem Papst große Gebühren zu entrichten, die dieser wiederum für den Ausbau des Petersdoms verwendete ("Peterspfennig"). Das Geld ließ Albrecht vor allem durch den berühmten Dominikanermönch und Ablassprediger Johann Tetzel eintreiben. Hieran nahm Luther schon früh Anstoß, insbesondere weil Tetzel für die Austellung eines Ablassbriefes nicht den Stand der Gnade forderte. Am 31. Oktober 1517 soll Luther ein Papier mit 95 Thesen an die Tür der Wittenberger Schloßkirche angeschlagen haben, in denen er gegen die Praxis des Ablasshandels und die fehlende Bußgesinnung, keineswegs aber gegen den Ablass als solchen protestierte. Die Historizität dieses Thesenanschlages wird jedoch heute bezweifelt. Es spricht vieles dafür, dass der Thesen"anschlag" so nicht stattgefunden hat. Gleichwohl hat er den "Gründungsmythos" der Reformation bewirkt. Unstrittig ist lediglich, dass Luther seine 95 Thesen drucken ließ und ein Exemplar an Albrecht von Brandenburg schickte. Die berühmte erste These lautet: "Wenn unser Herr und Heiland Jesus Christus spricht: 'Tut Buße!', dann will er, dass unser ganzes Leben eine Buße sei." Damals war das eine kritische Spitze gegen die allzu vordergründig-rationalistische Ablasstheologie Tetzels (der gleichwohl, einem lange gezeichneten Zerrbild zum Trotz, ein zu seiner Zeit zu Recht berühmter, als begnadet geltender Prediger war). Heute würde diese These keine Kirchenspaltung mehr begründen können.

Die Thesen Luthers fanden - auch mit Hilfe des gerade beginnenden Buchdrucks - schnell weite Verbreitung. Die Gewinnung von mehreren Anhängern (Martin Bucer, Philipp Melanchton, Johannes Brenz), die seine Theologie der Rechtfertigung verbreiteten, löste die Reformation aus, die bald zur Kirchenspaltung führte.

Prozess und Verurteilung

Albrecht von Brandenburg und die Dominikaner zeigten Luther schon 1518 in Rom an. Im Juli wurde er nach Rom zitiert. Noch ehe der dortige Prozess zu Ende geführt werden konnte, wurde Luther vom 12. bis zum 14. Oktober 1518 von Kardinal Cajetan, einem der besten Theologen der Kurie, der als Apostolischer Legat am Augsburger Reichstag teilgenommen hatte, verhört. Luther weigerte sich, seine Lehren zurückzunehmen, falls er nicht mit Hilfe der Schrift oder aus Vernunftgründen widerlegt werden könne. Kurz darauf floh er aus der Stadt, da er mit seiner Verhaftung rechnen mußte. Luthers Landesherr, der sächsische Kurfürst Friedrich der Weise, der mit den neuen Lehren sympathisierte, verhinderte forthin die Auslieferung Luthers an die Kurie.

Im Jahr 1519 beauftragte der Papst den päpstlichen Nuntius Karl von Miltitz mit Luther über eine Verfahrenspause zu verhandeln, in welcher Luther schweigen sollte. Während dieser Verfahrenspause ereignete sich jedoch ein Disput zwischen dem bedeutenden Dominikanertheologen Johannes Eck und dem der Lutherlehre nahestehenden Andreas Karlstadt. Luther brach daraufhin sein Schweigen und nahm an der sog. Leipziger Disputation teil. Dort leugnete er die Irrtumslosigkeit der Konzilien und somit die Existenz eines höchsten kirchlichen Lehramts. Im Frühjahr 1520 wurde sein Prozess wiederaufgenommen. Die am 15. Juni 1520 erschienene Bulle Exsurge Domine verurteilte 41 Sätze aus Luthers Schriften als irrig und häretisch und drohte mit dem Bann, falls Luther nicht innerhalb von 60 Tagen widerriefe.

Beginn der Reformation

Luther wies die Androhung des Bannes als ungültig zurück und verbrannte öffentlich ein Exemplar der Bulle. Dieser Akt des "öffentlichen Ungehorsams" wird historisch als der eigentliche Bruch mit der Kirche angesehen. Theologisch gesehen wird der Bruch durch die berühmten drei "Reformatorischen Hauptschriften" im Jahr 1520 markiert: "Von der Freiheit eines Christenmenschen", "Von der babylonischen Gefangenschaft der Kirche" sowie "An den christlichen Adel deutscher Nation von des christlichen Standes Besserung". In diesen Schriften bestritt Luther u.a. die Legitimität des Papsttumes, forderte ein antikuriales Reformprogramm, verwarf fünf der sieben Sakramente und bestritt den Opfercharakter der Messe . Am 3. Januar 1521 wurde er durch die Bulle Decet Romanum Pontificem von Leo X. exkommuniziert. Im gleichen Monat bekräftigte Luther die verurteilten Thesen.

Luther entwickelte ein Kirchenbild, nach dem die Kirche keine Hierarchie göttlichen Rechtes besitzt, aber Wort und Sakrament als Heilsmittel verwaltet. Die Gemeinschaft der Gläubigen hat geistliche Schlüsselgewalt, nicht aber im Gewissen verpflichtende Leitungsgewalt. Das Kirchenverständnis, das für die reformatorischen Kirchen (mindestens den lutherischen Teil davon) bis heute maßgebend werden sollte, gründet sich v.a. auf den berühmten Art. VII "Von der Kirche" der vom "Cheftheologen der Reformation", Philipp Melanchthon formulierten "Confessio Augustana", des Augsburger Bekenntnisses von 1530. Dort heißt es: "Es wird auch gelehrt, dass allezeit eine heilige, christliche Kirche sein und bleiben muss, die die Versammung aller Gläubigen ist, bei denen das Evangelium rein gepredigt und die heiligen Sakramente laut dem Evangelium gereicht werden. Denn das genügt zur wahren Einheit der christlichen Kirche, dass das Evangelium einträchtig im reinen Verständnis gepredigt und die Sakramente göttlichem Wort gemäß gereicht werden müssen. Und es ist nicht zur wahren Einheit der Kirche nötig, dass überall die gleichen, von den Menschen eingesetzten Zeremonien eingehalten werden, wie St. Paulus sagt: 'Ein Leib und ein Geist, ein Herr, ein Glaube, eine Taufe' (Eph 4,4.5)" Was damals viele als befreiende Elementarisierung und Konzentration ansahen, wird heute auch von lutherischen Theologen zunehmend als ein unzureichender Kirchenbegriff erkannt.

Der Reichstag zu Worms

Der neugewählte Kaiser Karl V. zitierte Luther im April 1521 schließlich vor den Wormser Reichstag, wo er abermals gefragt wurde, ob er seinen Lehren abschwöre. Luther erbat sich einen Tag Bedenkzeit, dann verweigerte er am 18. April 1521 endgültig die Rücknahme seiner Lehre und am 24. April auch die Unterordnung unter ein Konzil. Die berühmten Worte, mit denen er seine Weigerung, abzuschwören, beendete: "Hier stehe ich, ich kann nicht anders. Gott helfe mir, Amen" sind ein Musterbeispiel für die Entstehung eines Mythos. Ob Luther sie tatsächlich gesagt hat, gilt als äußerst unsicher. Gleichwohl werden sie bis heute mit Pathos zur Geburtsstunde der "neuzeitlichen Gewissensfreiheit" hochstilisiert. Jedenfalls verhängte dann das Wormser Edikt vom 26. Mai 1521 die Reichsacht über Luther und ordnete die Verbrennung seiner Schriften an. Luther war nun "vogelfrei" und an Leib und Leben bedroht.

Exil auf der Wartburg

Die Wartburg

Luthers Landesherr Friedrich der Weise kam der drohenden Vollstreckung der Reichsacht zuvor, indem er Luther nach einem Scheinüberfall auf die Wartburg entführen und dort in Sicherheit bringen ließ. Unter dem Decknamen "Junker Jörg" übersetzte Luther dort innert 13 Wochen das Neue Testament ins Deutsche (Sprache der sächsisch-böhmischen Staatskanzlei). Die Bibelübersetzung, die - in diesem Fall zu Recht - als Geburtsstunde einer einheitlichen deutschen Sprache gilt, war eine kulturelle Großtat, deren geistesgeschichtliche Bedeutung nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Mithilfe des neu erfundenen Buchdrucks kam die Bibel schnell in Umlauf und wurde ein echtes "Hausbuch". 1534 folgte das Alte Testament. Er verfasste aber auch Schriften gegen das Mönchsgelübde, was anschließend eine Anzahl von Klöstern veröden ließ.

In Wittenberg hatte sich unter Führung Melanchtons und Karlstadts inzwischen eine lutherische Abendmahlsgemeinschaft gebildet, deren radikale Elemente bald Unruhen hervorriefen. Es kam zu "Bilderstürmen". Luther sah sich zum Eingreifen gezwungen und erschien am 6. März 1522 in Wittenberg, wo er durch die sog. "Invokavitpredigten" die öffentliche Ordnung widerherstellen konnte.

Heirat und Familiengründung

Am 27. Juni 1525 heiratete Luther Katharina von Bora, eine "entlaufene" Nonne, die im Jahr 1523 den Orden der Zisterzienser verlassen hatte. Diese Eheschließung war auf der Linie der reformatorischen Lehre konsequent, da Luther zur Ablehnung der Sakramentalität der Ehe (s. Luthers "Traubüchlein") und auch des Zölibat gelangt war. Das Paar, dem sechs Kinder geschenkt wurden, und über Jahrzehnte Studenten beherbergte, wurde zum Ur- und Vorbild des evangelischen Pfarrhauses, das immer wieder bedeutende Personen der deutschen Geistesgeschichte hervorgebracht hat. (Heute erfährt indes auch das Pfarrhaus einen dramatischen Bedeutungswandel und -verlust.)

Spätzeit

In seinen letzten Jahren bekräftigte Luther seine Kritik am Papsttum und entwickelte in den Schmalkaldischen Artikeln eine scharfe Abgrenzung zur katholischen Lehre. Am 18. Februar 1546 starb er in Eisleben. Seine letzten Worte, die er nur noch auf einen Zettel notieren konnte, sind wie eine Summe seiner Theologie: "Wir sind Bettler, hoc est verum."

Luther und die Musik

Luther war ein geübter Sänger, Lautenspieler und Liedkomponist. Er maß der Musik eine hohe Bedeutung zu, weil sie den Teufeln zuwider und unerträglich sei und solches vermag, was nur die Theologie sonst verschafft, nämlich die Ruhe und ein fröhliches Gemüte.<ref>Karin Bornkamm, Gerhard Ebeling (Hrsg.): Martin Luther: Ausgewählte Schriften. Band 6, Insel Verlag, 1982, S. 134 (Brief an den Komponisten Ludwig Senfl, 1. Oktober 1530).</ref> In einer Vorrede auf Gesangbücher dichtete er: Hier kann nicht sein ein böser Mut, / wo da singen Gesellen gut. / Hie bleibt kein Zorn, Zank, Haß noch Neid / weichen muß alles Herzeleid. / Geiz, Sorg und was sonst hart anleiht / fährt hin mit aller Traurigkeit. […] Dem Teufel sie sein Werk zerstört / und verhindert viel böser Mörd. Damit fasste er die therapeutische und friedensstiftende Funktionen der Musik zusammen.<ref>Friedrich Schorlemmer: Hier stehe ich – Martin Luther. Aufbau-Verlag, Berlin 2003, S. 95f.</ref>

Luther sah Musik als unverzichtbaren Bestandteil der schulischen und universitären Ausbildung an. "Jeder Schulmeister müsse singen können und auch der angehende Pfarrer solle theoretische und praktische Fertigkeiten in der Musik mitbringen."<ref>Christoph Krummacher: Musik als praxis pietatis – zum Selbstverständnis evangelischer Kirchenmusik. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1994, S. 17.</ref> In einer Tischrede sagte er: Könige, Fürsten und Herren müssen die Musica erhalten. Denn grossen Potentaten und Regenten gebühret, über guten freyen Künsten und Gesetzen zu halten. […] Man muß Musicam von Noth wegen in Schulen behalten. […] Die Jugend soll man stets zu dieser Kunst gewöhnen, denn sie machet fein geschickte Leute.<ref>Helmar Junghans, Johann Aurifaber (Hrsg.): Luthers Tischreden. Neuauflage. Edition Leipzig, Lizenzausgabe für Drei Lilien Verlag, 1981 (Nr. 6248)</ref> Luther setzte sich vehement für das deutsche Kirchenlied im Gottesdienst ein. Nach seiner Schrift Deutsche Messe und Ordnung Gottesdiensts von 1526 sollten ins deutsche transferrierte oder neugedichtete Ordinariumslieder lateinische Teile der Messe ersetzen. Diesem Ansinnen schlossen sich Dichter und Musiker wie Nikolaus Decius frühzeitig an.<ref>Ludger Stühlmeyer: Die neue Konzeption evangelischer Kirchenmusik In: Curia sonans. Bayerische Verlagsanstalt, Heinrichs-Verlag Bamberg 2010, ISBN 978-3-89889-155-4, S. 76-90.</ref>

Eigene Gesänge

Von Luther selbst sind 36 eigene Liedschöpfungen heute bekannt. Wahrscheinlich verfasste er aber insgesamt 45 Lieder und Gesänge und komponierte bei mindestens 20 davon auch die Melodien selbst. Sie erschienen erstmals 1523/24 im "Achtliederbuch" und 1524 in Wittenberg, einem evangelischen Gesangbuch.

  • Katechismuslieder: Dies sind die heilgen Zehn Gebot (EG 231), Mensch, willst du leben seliglich, Wir glauben all an einen Gott (EG 183), Vater unser im Himmelreich (EG 344).
  • Leisen: Gelobet seist du, Jesu Christ (EG 23), Nun bitten wir den Heiligen Geist (EG 124), Christ ist erstanden (EG 99).
  • Liturgische Gesänge: ein deutsches Sanctus, ein Kyrie (EG 192), ein Agnus Dei (EG 190.2), das Te Deum Herr Gott, dich loben wir (EG 191), Mit Fried und Freud ich fahr dahin (EG 519).
  • Psalmlieder: Aus tiefer Not schrei ich zu dir (EG 299), Wär Gott nicht mit uns diese Zeit, Ach Gott, vom Himmel sieh darein (EG 273), Es woll uns Gott genädig sein (EG 280), Lieder zu den Psalmen 14, 128.
  • Eigene Schöpfungen: Ein neues Lied wir heben an und Ein feste Burg ist unser Gott, nach Ps 46 (EG 362).

Wirkung in der Musik

  • Der Komponist Günter Kochan komponierte 1981 das Melodram Luther. für zwei Sprecher, gemischten Chor und großes Orchester nach einem Text von Johannes R. Becher.
  • Kari Tikka veröffentlichte im Jahr 2000 eine Oper namens Luther.
  • Neal Morses Konzeptalbum Sola Scriptura, enstanden 2007, beschäftigt sich mit dem Wirken Luthers und seinen Auseinandersetzungen mit der katholischen Elite.
  • Anfang Juli 2013 wurde in Eisenach das Musical Luther! Rebell wider Willen uraufgeführt. Das Libretto schrieb Tatjana Rese, die auch Regie führte, die Musik komponierte Erich A. Radke.
  • Lukas Markus Schmid komponierte als Beitrag zur Lutherdekade The Martin Luther Suite - A Jazz Reformation.<ref>CD-Präsentation auf Siegel online</ref>

Kritik und Würdigung

Dr. Martin Luther

Zur Person

War Luther mehr eine Person des ausgehenden Mittelalters oder ein frühes Kind der anbrechenden Neuzeit? Diese Frage ist so alt wie die Forschung über die Reformation. Sie kann hier nicht erörtert werden. Unstreitig ist: Luther war die zentrale Person der Reformation. Sein Charisma und seine Sprachgewalt erzeugten großen Eindruck und Wirkung bei seinen Zeitgenossen. Er war zwar ein originärer, aber kein systematischer theologischer Denker. Eine Gesamtdarstellung der christlichen Glaubensinhalte (Dogmatik) hat er, anders als Melanchthon (Loci Communes) und später Johannes Calvin (Institutio Religionis Christianae), nicht vorgelegt. Er war mehr ein Meister der "kleinen Form", und darin auch nach dem Urteil vieler Kritiker ein begnadeter Seelsorger. Wie bei allen "Großen" der Geschichte ist seine Person nicht frei von Schattenseiten, liegen Größe und Begrenzungen eng beieinander. "Simul iustus et peccator": was Luther über den Stand des Menschen coram deo lehrte, gilt in eminentem Sinn auch für ihn selbst. Neben bewegenden Zeugnissen tiefer Christlichkeit (etwa sein "Sermon von der Bereitung zum Sterben"), die auch für den treuen Katholiken erbaulich und nützlich zu lesen sind, treten in seinem Werk und Wirken auch Anfälle von Maßlosigkeit und mangelnde Demut zu Tage. Den Papst bezeichnete er gerne als "Antichrist", und in seiner Spätzeit ließ er sich zu schlimmen antisemitischen Ausfällen hinreißen, die eine fatale Langzeitwirkung entbanden. Luther wollte keineswegs das Schisma, und er wollte keine "neue Kirche" gründen. Er strebte, wie viele Menschen seiner Zeit, eine "Reformation der Kirche an Haupt und Gliedern" an. Dies Vorhaben konnte wohl v.a. aus zwei Gründen nicht gelingen: zum einen gelangte Luthers Theologie zu einer veränderten Lehrgrundlage, die den bisherigen Weg der Kirche durch die Zeit als Irrweg darstellte. Zum anderen war der Katholizismus in seiner Zeit in einer mehr als schlechten Verfassung und äußerlich vielfach depraviert. Die Kirche war nicht imstande, auf die Herausforderungen des Wittenberger Theologen produktiv zu reagieren. Erst das Konzil von Trient (Tridentinum), mit dem die weitgehend erfolgreiche Gegenreformation eingeleitet wurde, brachte eine Wende - leider zu spät, um das Schisma und mit ihm das Entstehen des Protestantismus zu verhindern.

Luther aus katholischer Sicht

Nach Jahrhunderten einer Anti-Luther-Polemik auf katholischer Seite, die ihren Höhepunkt in den Schriften des dominikanischen Kirchenhistorikers Heinrich Denifle Ende des 19. Jahrhunderts hatte, hat sich im Lauf des 20. Jahrhunderts eine differenzierte katholische Sicht auf Luther und die Reformation durchgesetzt. Hierfür waren von allem die Arbeiten des großen Mainzer Reformationshistorikers Joseph Lortz wegbereitend. Dessen 1940 in erster Auflage erschienenes Werk "Die Reformation in Deutschland" entwickelte den Ansatz vom "katholischen Luther" sowie die schonungslose Kritik der kirchlichen Mißstände als "katholische Mitschuld" an der Reformation. Die darin eingeschlagene Richtung wurde als ökumenischer Grundkonsens in der Folgezeit offiziell bestätigt. Papst Johannes Paul II. hat bei seiner Begegnung mit dem Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) während seines ersten Deutschlandbesuchs im November 1980 in Mainz Luther denn auch als einen "Lehrer im Glauben" gewürdigt. Inwieweit diese Sichtweise heute im katholischen Bereich Konsens ist, erscheint immer noch umstritten. (Diese Enzyklopädie hat entschieden, den Protestantismus weiterhin in der Liste der Häresien zu führen.) Vehement abgelehnt wird sie indes wohl nur noch innerhalb des Traditionalismus, für den Luthers Bedeutung nicht über die eines, mutmaßlich, die Verdammnis provozierenden Häretikers hinaus geht.

Studien der Philosophieprofessorin führten Alma von Stockhausen zur Auseinandersetzung mit Martin Luther und dem Protestantismus ihrer Vorfahren zurück. Mit einer Klarheit und intellektuellen Schärfe, sezierte sie Luthers Schriften und entlarvte seine Lehre als Reflektion seiner Autobiografie, als Selbstrechtfertigung eines Opfers sündhafter Leidenschaften mit fatalen Folgen. „Die Krise der heutigen Theologie ist bedingt durch die Philosophie“, erkannte Alma von Stockhausen, im Einklang mit Joseph Ratzinger: „Eine falsche Philosophie liegt der Theologie zugrunde. Und was ist diese falsche Philosophie? Das ist die deutsche Philosophie. Und die deutsche Philosophie ist von Luther nicht nur beeinflusst, sondern hat bei ihm ihren Ursprung.“<ref>„Von Seiner Liebe umfangen“ Kath.net am 5. Mai 2020 von Michael Hesemann</ref>

Zitate

Literatur

  • Alma von Stockhausen:
    • Der Geist im Widerspruch – Von Luther zu Hegel. Band 3, 2. 1990, 112 S., ISBN 3-928273-03-5,
    • Theobald Beer/Alma von Stockhausen (Hrsg.): Erklärungen Martin Luthers zum Brief des Hl. Paulus an die Galater. Übersetzt und bearbeitet am Institut für Lutherforschung der Gustav-Siewerth-Akademie von Theobald Beer, 1998, 375 S., ISBN 3-928273-90-6.
    • Theobald Beer, Alma von Stockhausen (Hrsg.): Vigilius von Thapsus "Die Disputation zwischen Arius und Athanasius". Luthers erste Klosterlektüre. Übersetzt und bearbeitet am Institut für Lutherforschung der Gustav-Siewerth-Akademie von Theobald Beer, 1999, 69 S., ISBN 3-928273-86-8.
  • Albrecht Graf von Brandenstein-Zeppelin: (Hrsg.): Vom unfreien Willen. Martin Luther in der Auseinandersetzung mit Erasmus von Rotterdam. 2. Aufl., Weilheim, 2015
  • Daniel Otto (Hrsg.): Hl. Kirchenlehrer. Laurentius von Brindisi. Darstellung des Luthertums (Apologetik), Laurentius Verlag Schaan 2019 (333 Seiten, ISBN 978-3-03912-002-4).
  • Niedermeier, Richard (Hrsg.): Dietrich Emme. Gesammelte Beiträge zur Biografie des jungen Luther. 500 Jahre Luther und Reformation, Band 1, Patrimonium Verlag, Heimbach 2016.
  • Berthold Wald (Hrsg.): Luthers Theologie und Anthropologie im Spiegel seiner Biografie. 500 Jahre Luther und Reformation, Band 2, Patrimonium Verlag Heimbach 2016.
  • Volker Leppin: Martin Luther, WBG, Darmstadt, 2010.
  • Volker Leppin: Martin Luther. Vom Mönch zum Feind des Papstes, Lambert Schneider, Darmstadt, 2013.
  • Heinz Schilling: Martin Luther. Rebell in einer Zeit des Umbruchs, Beck, München, 2013.
  • Paul Hacker: Das ICH im Glauben bei Martin Luther Verlag nova & vetera 2009 (318 Seiten; ISBN 978-3-936741-62-9).
  • Manfred Wolf: Der Welt abgelauscht. Lebensweisheiten Luthers, Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig, 2012.
  • Bernd Rebe: Die geschönte Reformation. Warum Martin Luther für uns kein Vorbild mehr sein kann, Tectum, Marburg, 2012.
  • Josef Lieball: Martin Luthers Madonnenbild. Eine ikonographische und mariologische Studie mit 53 Abbildungen. Christiana Verlag 1981 (163 S.; ISBN 371710800X).
  • Volker Gallé: Ein neues Lied wir heben an. Die Lieder Martin Luthers und die dichterisch-musikalische Wirkung der Reformation, Worms Verlag, Worms, 2013.
  • Alfred Läpple: Martin Luther, Leben, Bilder, Dokumente. Pattloch Verlag München 1982 (287 Seiten; ISBN 3-557-91225-6).

Weblinks

Siehe auch: Protestantismus

Anmerkungen

<references />