Ad-limina-Ansprache von Papst Paul VI. an die Bischöfe von Köln und Paderborn am 31. März 1977

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Ansprache von Papst Paul VI. zum Ad-limina-Besuch an die Bischöfe der nordwestdeutschen Bistümer am 31. März 1977

(Offizieller lateinischer Text: AAS 69 [1977] 509-511)

(Quelle: Papst Paul VI., Wort und Weisung im Jahr 1977, Libreria Editrice Vaticana und Butzon & Bercker Verlag 1978, S 225-227 (556 Seiten, Mit kirchlicher Druckerlaubnis Nr 305/6-7/78 Münster. den 9. März 1978 Dr. Spital, Generalvikar, ISBN 3-7666-9018-3)

Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist


DIE KIRCHE MUSS IHRE STIMME ERHEBEN

Ehrwürdige Brüder!

Es ist uns eine besondere Freude, Sie, die Oberhirten aus den Kirchenprovinzen Köln und Paderborn, zusammen mit einigen Ihrer Weihbischöfe als erste Gruppe und Vertreter des deutschen Episkopates zu Ihrem "ad-limina"-Besuch in Audienz empfangen und begrüßen zu können. Ein ganz persönlicher Willkommensgruß gilt unter Ihnen dem derzeitigen Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, dem verehrten Herrn Kardinal Joseph Höffner, dem wir zugleich für seine einleitenden Begrüßungsworte aufrichtig danken.

Ihr Besuch und betendes Verweilen bei den Gräbern der Apostel hier in der Ewigen Stadt finden gleichsam ihre natürliche Fortsetzung und Ergänzung in dieser kurzen Begegnung mit uns, dem demütigen Nachfolger Petri auf dem Bischofsstuhl in Rom. Die Besinnung auf die Ursprünge unseres Glaubens und der Kirche verweist uns notwendigerweise immer wieder zurück auf die Gegenwart, wo das in der Geschichte grundgelegte Heilswerk Jesu Christi in der Kirche von heute lebendige und aktuelle Wirklichkeit werden soll.

Gott hat uns in dieser geschichtlichen Stunde dazu berufen, den Sendungsauftrag der Apostel als Hirten und Vorsteher des Gottesvolkes weiterzutragen und so den mystischen Leib Christi aufzuerbauen. Die mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil begonnene Erneuerung der Kirche hat für eine wirksame und umfassende Erfüllung dieser unserer Heilssendung viele neue Möglichkeiten eröffnet, uns gleichzeitig damit aber auch vielfältige und zum Teil schwierige Aufgaben gestellt, deren Lösung und Durchführung insbesondere Ihnen als Ortsbischöfen anvertraut ist und Ihren ganzen Einsatz fordert.

Der Kirche Ihres Heimatlandes gebührt das Verdienst, nicht nur einen bedeutsamen Beitrag zum Erneuerungsprogramm und den Dokumenten des Konzils geleistet zu haben, sondern auch durch die jüngst abgeschlossene Gemeinsame Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland einen entschlossenen und wirksamen Weg zur Verwirklichung der konziliaren Richtlinien zu beschreiten. Eine für Sie als Oberhirten vorrangige Aufgabe wird es in den kommenden Jahren sein, die synodalen Beschlüsse in Ihren jeweiligen Diözesen getreu und beharrlich zur Durchführung zu bringen, um das religiöse Leben in den Gemeinden und Familien sowie das persönliche Glaubenszeugnis der einzelnen Christen im Geist des Konzils zu verlebendigen und zu vertiefen.

Wir kennen und teilen Ihre Sorgen um den auch in der Kirche heute um sich greifenden Glaubensschwund und die Schwierigkeiten, die sich aus dem Mangel an Priester- und Ordensberufen ergeben. Um dieser Entwicklung in der rechten Weise zu begegnen, gilt es zu den entsprechenden, mehr organisatorischen Maßnahmen - wie zum Beispiel die Neuordnung der pastoralen Dienste oder territoriale Neugliederungen - vor allem das geistliche Leben der Priester und Gläubigen zu intensivieren, in ihnen die Liebe zum Gebet, die Bereitschaft zum Opfer und zur bewussten Mitverantwortung aller für die Förderung geistlicher Berufe und für die Heilssendung der Kirche in der Welt neu zu wecken und zu fördern. Nur wenn das Salz selbst seine innere Kraft behält und noch verstärkt, wird es zum, 'Salz der Erde' und wird es als solches auch wieder erfolgreicher in die Breite zu wirken vermögen.

Je mehr der Prozess der Säkularisierung in Gesellschaft und Staat voranschreitet, um so deutlicher und entschiedener muss die Kirche ihre Stimme erheben, um ihrem Auftrag, Sauerteig zu sein, auch in der Welt von heute zu entsprechen. Sie haben dies, ehrwürdige Brüder, auch im Rahmen der Deutschen Bischofskonferenz durch maßgebliche Verlautbarungen zu aktuellen allgemeinrechtlichen und sittlichen Grundfragen in den vergangenen Jahren in zunehmendem Maße getan. Es gilt, gerade bei dem bedrohlichen Schwinden des sittlichen Wertempfindens und allgemeinverbindlicher Wertnormen in der heutigen pluralistischen Gesellschaft die Geister gewissenhaft zu scheiden und weiterhin - gelegen oder ungelegen - als Irrweg und Sünde zu bezeichnen und nach Kräften abzuwehren, was deutlich dem Willen Gottes und der Würde des Menschen widerspricht. Gleichzeitig erachtet es die Kirche als ihre Aufgabe, sich entschlossen für eine gerechtere und bessere Ordnung des menschlichen und gesellschaftlichen Zusammenlebens einzusetzen. Dadurch leistet sie einen wichtigen Beitrag für das Gemeinwohl und die Förderung der menschlichen Person.

Das hohe Verantwortungsbewußtsein der Deutschen Bischofskonferenz für die großen und dringlichen Anliegen der Kirche in der Welt und die Verteidigung der Menschenrechte sowie die tatkräftige Hilfsbereitschaft Ihrer Gläubigen, wie sie in der segensreichen Tätigkeit der beiden großen bischöflichen Hilfswerke "Misereor" und "Adveniat" wie auch im Wirken von "Missio" eindrucksvoll zum Ausdruck kommen, gereicht der Kirche Ihres Landes zur besonderen Ehre und Anerkennung. Möge das Gute, das durch diese hochherzige Opferbereitschaft anderen hilfsbedürftigen Ortskirchen und auch einzelnen Mitmenschen erwiesen wird, den Gebern selbst und ihrer Kirche zum größten Segen gereichen! Ausdrücklich möchten wir die katholischen Laien in Deutschland lobend erwähnen, die sich durch einen lebendigen Glauben und eine tiefe menschliche Bildung auszeichnen und sich in den ihnen eigenen Formen, getragen von wahrer kirchlicher Gesinnung, daran beteiligen, die irdische Gesellschaft mitzugestalten und aufzuerbauen.

Möge also Ihr Glaube, ehrwürdige Brüder, der Glaube Ihrer Mitarbeiter und Gläubigen, die Ihrer Hirtensorge anvertraut sind, vor der Welt leuchten! Kraftvoll erweise sich auch Ihr Mut in dieser Stunde, die viel von Ihnen fordert !

Mit diesen Wünschen und in diesem Sinn wollen wir Sie heute und auch in Zukunft begleiten. Zugleich rufen wir auf Sie persönlich, auf Ihre Mitbrüder im Bischofs- und Priesteramt, auf die Ordensleute und alle Gläubigen in Ihren Gemeinden Gottes bleibenden Schutz und Beistand herab und erteilen Ihnen allen als deren Unterpfand in der Liebe Christi unseren Apostolischen Segen.