Passion (Musik)

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Die musikalische Passion stellt die Vertonung des biblischen Passionstextes dar, wie er in einem der vier Evangelien überliefert ist. Etwa seit dem 15. Jahrhundert haben sich zahlreiche bekannte Komponisten einer mehrstimmigen Vertonung der Leidenssgeschichte Jesu angenommen. Dabei variieren die Kompositionen von einer rezitierenden A cappella-Form bis hin zum Oratorium.

Geschichte

Der Vortrag der Leidensgeschichte erfolgte in der römisch-katholischen Kirche während der Karwoche (Palmsonntag: Matthäus, Markus Lukas [im Wechsel des Lesejahres]; Karfreitag: Johannes). Die musikalische Rezitation (Passionston) der Leidensgeschichte ist seit dem 5. Jahrhundert belegt und wird seit dem 12. Jahrhundert in verschiedenen Rollen vorgetragen. Im 15. Jahrhundert tritt eine Einleitung an den Beginn des Vortrages, aber auch ein abschließendes Dankgebet. Diese älteste Art der liturgischen Passion hat sich bis heute erhalten.

Schon früh lassen sich musikalische Erweiterungen und Bereicherungen des liturgischen Vortrages beobachten, die über den normalen Passionston und seine Formeln der Gregorianik hinausgehen. Insbesondere wurden die Turbae (Chöre) durch mehrstimmige Ausführung ergänzt, um sie von den Gesängen der Einzelpersonen zu unterscheiden. Ab Mitte des 15. Jahrhunderts traten die Stimmen der drei ausführenden Geistlichen im Quint-Quartabstand zusammen. Die beiden Figuren der falschen Zeugen beginnen zweistimmig zu singen.

Im Nachgang der Reformation kam es zum Typus der protestantischen Choralpassion. Im Blick auf die Passionen von Heinrich Schütz wird auch vom Typ der Rezitativ-Passion gesprochen. Zur Differenzierung: Die responsoriale Passion und die Rezitativ-Passion unterscheiden sich darin, dass der eine Typ dem gregorianischen Choral verpflichtet bleibt, dem sogenannten Passionston, während der andere von Heinrich Schütz geschaffene Typ sich darüber hinausbewegt (freie Rezitative). Aus der Choralpassion bildete sich der Typ der durchkomponierten Passion. Dabei wird der gesamte Text der Passion mehrstimmig, gewissermaßen nach Motettenart, durchkomponiert.

Aus der konzertanten Passion hat sich die oratorische Passion entwickelt, also ein Oratorium, das die biblische Passionsgeschichte entlang des biblischen Zeugnisses gestaltet, dabei aber auch außerbiblische Textelemente oder geistliche Lyrik verarbeitet.

Werke

16. Jahrhundert

  • In deutscher Sprache:
    • Johann Walter, Matthäus-Passion, Johannes-Passion (beide um 1530)
    • Antonius Scandellus, Johannespassion (1570 oder früher)
    • Jacobus Gallus, Johannespassion (drei Passionen für die Hofkapelle in Prag)
    • Bartholomäus Gesius, Johannespassion (1588)
    • Joachim a Burck, Johannespassion, in der erstmals der deutsche Passionstext mehrstimmig durchkomponiert wurde.
    • Leonhard Lechner, Johannes-Passion (1593)
  • In lateinischer Sprache:
    • Claudin de Sermisy, (1535)
    • Cypriano de Rore, (1557)
    • Jachet de Mantua, (1567)
    • Orlando di Lasso, Markus-Passion (1582), Lukas-Passion (1582), Matthäus-Passion (1575), Johannes-Passion (1575)
    • Tomás Luis de Victoria, Matthäus-Passion (1585)

17. Jahrhundert

  • In deutscher Sprache:
    • Christoph Demantius, Johannes-Passion (1631)
    • Heinrich Schütz, Matthäus-Passion (1666), Lukas-Passion (um 1653), Johannes-Passion (1665/66)
    • Samuel Besler, Passion (1612)
    • Thomas Selle, Matthäus-Passion (1642)
    • Christian Flor, Passionsoratorium (1667)
    • Johann Sebastiani, Das Leyden und Sterben unseres HERRN und Heylandes Jesu Christi nach dem heiligen Matthæo. Königsberg (1672)
    • Johann Theile, Matthäuspassion, Lübeck (1673)
  • In lateinischer Sprache:
    • Thomas Mancinus, Celler Passion (vor 1602)
    • Giovanni Matteo Asola, (1595)
    • William Byrd, Johannes-Passion (1607)

18. Jahrhundert

  • In deutscher Sprache:
    • Johann Sebastian Bach, Johannes-Passion (1724), Matthäus-Passion (1727/29), Markus-Passion (1731, Musik verschollen), Lukas-Passion (1730, Musik verschollen)
    • Georg Philipp Telemann, zahlreiche Markus-, Lukas-, Johannes- und Matthäus-Passionen
    • Gottfried August Homilius, schuf zehn Passionen
    • Carl Philipp Emanuel Bach, Die letzten Leiden des Erlösers

19. Jahrhundert

  • In deutscher Sprache:
    • Ludwig van Beethoven, Christus am Ölberge (1803)
    • Louis Spohr, Des Heilands letzte Stunden (1834/1835)
    • Friedrich Schneider, Gethsemane und Golgatha Passionsoratorium, (1838)
    • Carl Loewe, Das Sühnopfer des neuen Bundes Passionsoratorium, (1847)
    • Heinrich von Herzogenberg, Die Passion. Kirchen-Oratorium für Gründonnerstag und Charfreitag (1896)
    • Richard Bartmuß, Die Heilandsworte am Kreuz (op.51)
  • In französischer Sprache:
  • In italienischer Sprache:
    • Lorenzo Perosi: La Passione di Cristo secondo S. Marco (1897)

20. Jahrhundert

  • In deutscher Sprache:
    • Kurt Thomas, Markus-Passion (1927)
    • Hugo Distler, Choralpassion nach den vier Evangelien der Heiligen Schrift, op. 7, für 5-stimmigen gemischten Chor und 2 Vorsänger, die den Evangelisten und Jesus darstellen (1932/1933)
    • Frank Martin, Golgotha, nach Worten der Bibel und Augustinus, für 5 Soli, gemischten Chor, Orgel und Orchester (1945-1948)
    • Rudolf Mauersberger, Passionsmusik nach dem Lukasevangelium für zwei getrennt aufgestellte Chöre (1947)
    • Wolfgang Schoor, Die Passion nach Markus und Worten verschiedener Dichter (Texte: Evangelium, Stundengebet, Prophet Jesaja, H. P. Bergler-Schroer, Lilo Ebel, Paul Gerhardt, Gottfried Hasenkamp, Johann Heermann, Hertha Jaegerschmid, Wolfgang Schoor, Friedrich Wilhelm Weber) für Sopran-, Alt-, Tenor-, Bariton- und Bass-Solo, gemischten Chor, Kammerorchester, Cembalo und Orgel (1949)
    • Ernst Pepping, Passionsbericht des Matthäus (1951)
    • Paul Ernst Ruppel, Crucifixion - Passionsbetrachtung nach Spirituals für Solotenor gemischten Chor, Posaune und Bass
    • Hans-Peter Braun, Zwei Biblische Szenen Gethsemane - Pfingsten für Orgel (1977)
    • Klaus Miehling, Passio secundum Marcum für Soli, Chor und Barockorchester (1980/2006) - Judas-Passion (2005), Textauswahl von Matthias Uhlich
    • Anton Reinthaler, vier Passionen: Leidensgeschichte nach Johannes, Leidensgeschichte nach Lukas, eine Leidensgeschichte nach Markus und die Leidensgeschichte nach Matthäus
  • In griechischer Sprache:
    • Mikis Theodorakis, Kata Saddukaion Pathi (Sadduzäer-Passion), Text: Michalis Katsaros, für Tenor, Bariton, Bass, Chor und Orchester (1981–82)
  • In lateinischer Sprache:
    • Krzysztof Penderecki, Lukas-Passion (1962-65)
    • Arvo Pärt, Passio Domini nostri Jesu Christi secundum Joannem für Soli, gemischten Chor, Instrumentalquartett und Orgel (1982)

21. Jahrhundert

  • In deutscher Sprache:
    • Wolfgang Rihm, Deus passus nach ausgewählten Texten des Lukasevangeliums (2000)
    • Matthias Drude, Für Deine Ehre habe ich gekämpft, gelitten - Stationen der Passion Jesu (2000)
    • Johannes Matthias Michel, Kreuzigung, Passionsszene für Bariton, Sprecher, Chor und Orchester (2001)
    • Peter Michael Braun, Passus est et resurrexit für gemischten Chor, große Orgel und Orchester (2005)
    • Ludger Stühlmeyer, Johannespassion für Chor SATB und Gesang-Solisten SATB, Texte nach: Joh. 18,1–19,42, (2014)
  • In russischer Sprache:
    • Sofia Gubaidulina, Johannespassion (2000)

Literatur

  • Günther Massenkeil: Oratorium und Passion. 2 Bände. Laaber, Laaber 1998/99, ISBN 3-89007-133-3, ISBN 3-89007-481-2.
  • Kurt von Fischer: Die Passion. Musik zwischen Kunst und Kirche. Bärenreiter/Metzler, Kassel 1997, ISBN 3-476-01530-0.