La vostra gradita presenza (Wortlaut): Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 19. Juni 2018, 11:37 Uhr

Ansprache
La vostra gradita presenza

von Papst
Pius XII.
an etwa 20 000 italienische Arbeiter, die dem Heiligen Vater zum 25. Bischofsjubiläum gratulierten
über die Lösung der Arbeiterfrage in Eintracht und Ordnung
13. Juni 1943, Pfingsten

(Offizieller italienischer Text: AAS 35 [1943] 171-179)

(Quelle: Arthur Fridolin Utz OP, Joseph-Fulko Groner O.P, Hrsg.: Aufbau und Entfaltung des gesellschaftlichen Lebens, Soziale Summe Pius' XII. (1939-1958), Übersetzerkollegium: Herausgeber und Franz Schmal u. H. Schäufele, Paulus Verlag Freiburg/Schweiz 1954; Imprimatur Friburgi Helv., die 5. Maii 1954 N. Luyten O.P. Imprimatur Friburgi Helv., die 29. Junii 1954 R. Pittet, v.g.; Band I, S. 317-328; Nrn. 679-701)

Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist


Die Freude des Vaters der Christenheit beim Anblick der Arbeiter

Eure willkommene Gegenwart, geliebte Söhne und Töchter, die Ihr Eure Stunden und Tage bei der Arbeit zum Erwerb des Brotes für Euch und Eure Familie zubringt, weckt in Uns einen großen Gedanken und ein großes Geheimnis: den Gedanken, dass die Arbeit von Gott dem ersten Menschen nach dem Sündenfall auferlegt wurde, um der Erde mit dem Schweiß seines Antlitzes das Brot abzuringen; das Geheimnis, dass der Sohn Gottes zur Erlösung der Welt vom Himmel herabstieg, Mensch wurde und sich selbst diesem Gesetze der Arbeit unterwarf, seine Jugend in Nazareth verbrachte, zusammen mit seinem Pflegevater in mühevollem Schaffen, sodass man in ihm den «Sohn des Zimmermanns» sah und ihn so nannte 1. Erhabenes Geheimnis, dass er zuvor arbeitete, dann lehrte, zuvor unbeachtet unter dem schaffenden Volke leben, dann erst Lehrmeister aller Völker sein wollte 2.

Ihr seid zu Uns gekommen, zu Eurem Vater, der um so lieber mit seinen Söhnen sich unterhält, je härter und pausenloser ihr tägliches Mühen ist, je schwieriger und sorgenvoller ihr Leben verläuft. Ihr seid zu Uns gekommen, zum Stellvertreter Christi, der in sich vermöge unaussprechlicher Teilnahme an der göttlichen Vollmacht für immer jenes Gefühl des Verständnisses und Erbarmens dem Volk gegenüber empfindet, das unsern Erlöser eines Tages zum Ausruf bewog: « Misereor super turbam » - « es erbarmt mich des Volkes» 3. Ihr seid zu Uns gekommen, zum Hirten, der auf Euch und über Euch hinaus seinen Blick richtet auf jenen weit größeren Teil der ihm von Gottes Liebe anvertrauten Herde, zum Hirten, dem Ihr Eure Anhänglichkeit und Eure Ergebenheit als treue Stellvertreter der Gefühle, der Wünsche und der Liebe so vieler Söhne aus weiter Ferne entgegenbringt.

Von ganzem Herzen danken Wir Euch für die innige Freude, die Ihr Uns bereitet und womit Ihr Uns Gelegenheit gebt, ein Wort herzlichen Wohlwollens und des Trostes an Euch zu richten, ein Wort, das Euch Führung sein möge, Aufrichtung und Stärke in diesen von Sorge und Leid gequälten Tagen.

Dringlichkeit der Arbeiterfrage

Die große Schar der Arbeiter fühlt den Druck und die Not der harten Gegenwartslage mehr als andere. Sie leidet allerdings nicht allein. Jede Bevölkerungsschicht hat ihre Last zu tragen, bald mehr, bald minder fühlbar und drückend. Nicht nur die soziale Lage der Arbeiter und Arbeiterinnen fordert Abhilfe und Neuordnung, sondern der ganze verwickelte Aufbau der Gesellschaft, der in seinem Gefüge tiefgehend erschüttert ist, heischt neue Ausrichtung und Besserung. Doch wer könnte verkennen, dass die Arbeiterfrage infolge der Schwierigkeit und Mannigfaltigkeit der mit ihr gegebenen Probleme und infolge der gewaltigen Zahl der von ihr Betroffenen von solcher Art, Dringlichkeit und Wichtigkeit ist, dass sie aufmerksamere, wachsamere und weitblickendere Sorge verlangt? Eine heikle Frage wie kaum eine, sozusagen der neuralgische Punkt am Gesellschaftskörper, bisweilen freilich auch ein schwankender, unsicherer Boden für Wahngebilde und eitle, wirklichkeitsfremde Hoffnungen von Menschen, welche die vom Gesetz Gottes und von der Stimme der Kirche verkündete Lehre von Gerechtigkeit, Billigkeit und Liebe, von Rücksichtnahme und Gemeinschaftsgeist nicht zum Richtpunkt ihres Denkens und Wünschens machen.

Die Kirche als Beschützerin der gerechten Forderungen des arbeitenden Volkes

Es ist Euch sicher wohlbekannt, liebe Söhne und Töchter, dass die Kirche Euch innig liebt. Nicht erst seit heute beschäftigt sie sich mit Eifer, mit mütterlichem Herzen, und mit wachem Wirklichkeitssinn mit den Fragen, die Euch besonders berühren. Unsere Vorgänger und Wir selbst haben keine Gelegenheit vorübergehen lassen, um mit wiederholtem Lehrwort bei allen Menschen Verständnis für Eure Bedürfnisse, Eure persönlichen Nöte und die Eurer Familien zu wecken. Wir haben als grundlegende Forderungen sozialer Gerechtigkeit jene Erwartungen aufgestellt, die Euch so sehr am Herzen liegen: einen Lohn, der die Existenz der Familie gewährleistet, der den Eltern die Erfüllung ihrer naturrechtlichen Pflicht, eine gesunde Nachkommenschaft zu ernähren, zu kleiden und zu erziehen, ermöglicht, eine Wohnung, die der Würde der menschlichen Persönlichkeit entspricht, die Möglichkeit, den Kindern eine ausreichende Bildung und angemessene Erziehung zu verschaffen, endlich weitblickende Vorsorge für die Zeiten der Not, der Krankheit und des Alters. Diese Vorbedingungen sozialer Fürsorge müssen verwirklicht werden, sofern man will, dass die menschliche Gesellschaft nicht bei jedem Wechsel durch geheime Gärstoffe und gefährliche Zuckungen erschüttert werde, sondern sich beruhige und fortschreite zu Eintracht, Frieden und gegenseitiger Liebe.

Gewiss, lobenswert sind gar manche Vorkehrungen und Zugeständnisse der öffentlichen Hand, sowie die Gefühle der Menschlichkeit und Freigebigkeit, von denen nicht wenige Arbeitgeber beseelt sind. Doch wer könnte in Wahrheit behaupten und beweisen, dass solche Absichten überall schon verwirklicht worden seien?

Warnung vor Überstürzung

Die Arbeiter und Arbeiterinnen, die sich ihrer großen Verantwortung gegenüber dem Gemeinwohl bewusst sind, fühlen das ganze Gewicht ihrer Verpflichtung, den Druck der außergewöhnlichen Schwierigkeiten, dem sich die Völker ausgesetzt sehen, nicht noch dadurch zu vermehren, dass sie ihre Ansprüche in dieser Stunde allgemeiner gebieterischer Notwendigkeiten etwa mit lauten Kundgebungen und übelberatenen Aufzügen geltend machen. Sie bleiben bei ihrer Arbeit und harren darin in Selbstzucht und Ruhe aus. Sie leisten damit einen unschätzbaren Beitrag zur Beruhigung und zum Vorteil für alle im sozialen Zusammenleben. Solch Frieden bringender Eintracht spenden Wir Unsere Anerkennung und bitten und mahnen Euch, dabei in Festigkeit und Würde zu verharren. Dadurch möge sich jedoch, wie Wir schon in Unserer letzten Weihnachtsbotschaft erklärten, niemand zur Annahme verleiten lassen, als sei nun schon jegliche soziale Frage als gelöst zu betrachten.

Die falschen Propheten

Die Kirche als Hüterin und Lehrerin der Wahrheit bejaht und vertritt mutvoll die Rechte des schaffenden Volkes. Dabei musste sie jedoch schon wiederholt irrigen Auffassungen entgegentreten und davor warnen, sich von dem Blendwerk verlockender und oberflächlicher Anschauungen und Aussichten auf künftiges Glück täuschen zu lassen, von jenen trügerischen Lockspeisen und Reizmitteln falscher sozialer Glückspropheten, die das Schlechte gut und das Gute schlecht nennen, sich auf ihre Liebe zum Volk berufen und dabei doch nichts wissen wollen von jener gegenseitigen Verständigung zwischen Kapital und Arbeit, zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, die allein die soziale Eintracht zum Fortschritt und zum Nutzen des Gemeinwohls verbürgen und fördern. Solche «Volksfreunde» habt Ihr kennengelernt auf den öffentlichen Plätzen, in den Klubs und auf Kongressen. Ihr habt ihre Verheißungen auf den Flugblättern gelesen, habt sie gehört in ihren Gesängen und Liedern. Doch wann haben je ihren Worten die Taten entsprochen, wann die Wirklichkeit den lächelnden Hoffnungen? Trug und Enttäuschung haben Völker und Einzelmenschen erfahren, die ihnen glaubten und auf Wegen gefolgt sind, welche anstatt zu einer Verbesserung nur zu einer Verschlimmerung und Erschwerung der Lebensbedingungen und des materiellen und moralischen Fortschritts führen konnten. Solch falsche Hirten wollen glauben machen, das Heil müsse von der Revolution kommen, die den sozialen Bestand umstürze und dabei vielleicht noch nationalen Charakter trage.

Warnung vor sozialer Revolution

Die soziale Revolution pocht darauf, die Arbeiterklasse zur Macht zu bringen. Eitle Rede, hohler Schein einer unmöglichen Wirklichkeit! In Wahrheit seht Ihr ja, dass das schaffende Volk gebunden, unterjocht und verschrieben bleibt der Macht des Staatskapitalismus. Dieser erdrückt und unterwirft sich alle, die Familien wie die Gewissen, und verwandelt die Arbeiterschaft in eine ungeheure Arbeitsmaschine. Genau wie andere Sozialsysteme und Einrichtungen, die er zu bekämpfen vorgibt, formt er alles mit Zwang zu einem einzigen schauerlichen Werkzeug des Krieges, das nicht bloß das Blut und die Gesundheit, sondern auch die Güter und den Wohlstand des Volkes verschlingt. Wenn ihre Leiter stolz sind auf den oder jenen Vorteil oder Fortschritt im Bereich der Arbeit, den sie mit lautem Lärm prahlerisch verkünden, so kann solch materieller Gewinn nie einen gleichwertigen Ersatz für die dem einzelnen aufgezwungenen Verzichtleistungen bedeuten, die die Persönlichkeitsrechte verletzen: die Freiheit in der Leitung der eigenen Familie, in der Ausübung des Berufes, in der bürgerlichen Stellung und ganz besonders in der Ausübung der Religion, ja der innersten Gewissenspflichten.

Nein, nicht in der Revolution liegt Euer Heil, liebe Söhne und Töchter. Wenn man auch nur an den eigenen materiellen Vorteil, der jedoch immer unsicher bleibt, denkt, ist dies klar.

Es widerspricht aber auch dem echten und aufrechten Christenbekenntnis, auf eine Revolution hinzusteuern, deren Ausgangspunkt Ungerechtigkeit und Auflehnung gegen den Staat ist, und sich traurige Mitschuld aufzuladen am Blut der eigenen Mitbürger und an der Vernichtung des allgemeinen Wohlstandes. Wehe dem, der vergisst, dass eine wahrhaft nationale Gemeinschaft die soziale Gerechtigkeit mit einschließen muss und eine gerechte und billige Beteiligung aller an den Gütern des Landes verlangt. Sonst müsste schließlich, das seht Ihr, das Wort Nation zur sentimentalen Schminke, zum leeren Vorwand, zum Deckmantel einzelner Schichten werden, womit man sich den zur Erreichung des Gleichgewichts und Friedens der Gemeinschaft unumgänglichen Opfern entziehen möchte. Dann würdet Ihr sehen, wie nach Untergrabung der gottgeschenkten Würde, die sich mit dem Begriff der nationalen Gemeinschaft verbinden muss, die innern Kämpfe und Fehden für alle zur furchtbaren Gefahr würden.

Vielmehr Entwicklung in Eintracht und Ordnung

Nicht im Umsturz, sondern in der Entwicklung in Eintracht liegt Heil und Gerechtigkeit. Gewalt hat immer nur niedergerissen, nie aufgebaut, die Leidenschaften entfacht, nie beruhigt. Sie hat Menschen und Klassen immer nur in die harte Notwendigkeit gestürzt, nach leidvollen Prüfungen auf den Ruinen der Zwietracht zum mühevollen Wiederaufbau zu schreiten. Nur eine fortschreitende, planvolle Entwicklung, die mutig und naturgemäß sich weisen und leiten lässt von den heiligen Normen christlicher Gerechtigkeit und Billigkeit, kann zur Erfüllung der berechtigten Wünsche und Bedürfnisse des Arbeiters führen.

Nicht zerstören also, sondern bauen und festigen! Nicht das Privateigentum abschaffen, das Grundlage für den Bestand der Familie ist, sondern bedacht sein, es auszuweiten als Frucht gewissenhaften Schaffens jedes Arbeiters und jeder Arbeiterin. Dann werden gerade durch den Privatbesitz allmählich die Massen der Unruhigen und Verwegenen sich mindern, die bald aus finsterer Verzweiflung, bald aus blindem Trieb von jedem Wind trügerischer Lehren oder von den heimtückischen Kniffen verantwortungsloser Hetzredner sich hin- und hertreiben lassen.

688 Nicht das Privatkapital zerreißen, sondern auf dessen klug überwachte Planung bedacht sein als Mittel und Halt zur Erreichung und Förderung des wahren Gesamtwohls des Volkes.

Die Industrie nicht erdrücken und nicht ausschließlich bevorzugen, sondern ihre harmonische Abstimmung herbeiführen mit dem Handwerk und mit der Landwirtschaft, die dem Boden der Nation seine vielfältigen und unentbehrlichen Schätze abringt.

Beim Streben nach technischem Fortschritt nicht einzig auf den größtmöglichsten Gewinn abzielen, sondern mit seinen Ergebnissen dazu beitragen, die persönliche Lage des Arbeiters zu heben, sein Schaffen weniger mühevoll und hart zu gestalten, die Arbeiterfamilie in ihrem Zusammenhalt zu stärken durch den Boden, auf dem sie wohnt, die Arbeit, von der sie lebt.

Nicht auf völlige Abhängigkeit des Lebens der Einzelmenschen von der Willkür des Staates hinarbeiten, sondern vielmehr bestrebt sein, dass der Staat, dessen Pflicht die Förderung des Gemeinwohls ist, mit sozialen Einrichtungen wie Versicherungen und sozialen Hilfswerken aushelfend, unterstützend und ergänzend die Tätigkeit der Arbeiterverbände kraftvoll fördere, ganz besonders hinsichtlich der Familienväter und -mütter, die mit ihrer Hände Arbeit für sich und die Ihrigen den Lebensunterhalt sicherstellen.

Der Glaube an Christus und die Treue zur Kirche, die Wurzeln wahrer Verbrüderung

Vielleicht wendet Ihr ein, das sei ja ein recht herrliches Bild künftiger Wirklichkeit, doch wie es in die Tat umsetzen und wie es lebendig werden lassen im Volke? - Not tut vor allem große Redlichkeit des Wollens und vollkommene Aufrichtigkeit des Planens und Handeins im Gang und in der Führung des öffentlichen Lebens, von Seiten der einzelnen wie von Seiten der Obrigkeit. Not tut, dass wahre Brudergesinnung und Eintracht alle beseele, Vorgesetzte und Untergebene, Leiter und Arbeiter, Große und Kleine, mit einem Wort alle Klassen des Volkes.

Euer Erscheinen vor Uns, geliebte Söhne und Töchter, dem die Tatsache besondere Weihe verleiht, dass Ihr von Euren verschiedenen Arbeitsgebieten als Vertreter aller Arbeitergruppen hierher ins gemeinsame Vaterhaus gekommen seid, zeigt und beweist Uns, dass Ihr erkennt, versteht und begreift, wo die Wurzeln liegen für die gottgewollte echte soziale Gesinnung von « Brüdern, die gebunden sind an den gleichen Vertrag », « alle geschaffen nach dem Bilde des Einzigen», « Söhne alle eines einzigen Loskaufs». Jene Wurzeln liegen in der gemeinsamen heiligen Religion, demselben Bekenntnis des Glaubens an den Erlöser aller Menschen Jesus Christus, in der gleichen Treue gegen seine heilige Kirche und seinen Stellvertreter auf Erden. Wir senden Unser glühendes Flehen zu Gott, das ganze gewaltige Volk der Arbeiter und Arbeiterinnen möge teilhaben an Eurem Glauben, auf dass mit Gottes Gnade durch all die Verschiedenheiten in Meinungen und Mitteln ein Weg sich bahne in Gerechtigkeit und Liebe zu jenem friedlichen und wohltätigen Fortschritt, den Wir so heiß ersehnen, dass der Herr Italien glücklich und stark mache in unerschütterlicher und christlicher Ordnung.

Antwort auf unerhörte Verleumdungen

Aber Wir wissen es wohl - und Ihr selbst habt die Erfahrung machen können -, wie in diesen drückenden und für das häusliche und öffentliche Leben so schwierigen Zeiten die menschlichen Leidenschaften die Gelegenheit wahrnehmen, um ihr Haupt zu erheben und durch Verdächtigung und Entstellung von Worten und Taten Unheil zu wirken. So verbreitet eine religionsfeindliche Propaganda unter dem Volke, vor allem in der Arbeiterklasse, der Papst habe den Krieg gewollt, der Papst erhalte den Krieg aufrecht und gebe das Geld zu seiner Fortsetzung, der Papst tue nichts für den Frieden. Niemals wurde vielleicht eine so ungeheuerliche und sinnlose Verleumdung ausgestreut wie diese! Wer weiß denn nicht, wer sieht denn nicht und wer kann sich nicht selbst davon überzeugen, dass niemand so nachdrücklich wie Wir auf jede nur mögliche Weise sich dem Ausbruch des Krieges und dann seiner Fortsetzung und Ausbreitung entgegengestellt haben, dass niemand mehr als Wir unaufhörlich gebeten und gemahnt hat: Friede, Friede, Friede! dass niemand mehr als Wir seine Schrecken zu mildern gesucht haben? Die Geldsummen, die Uns die Liebe der Gläubigen zur Verfügung stellt, sind nicht dafür bestimmt und dienen nicht dazu, um den Krieg zu schüren, sondern um die Tränen von Witwen und Waisen zu trocknen, um Familien zu trösten, die angstvoll um ihre fernen oder vermissten Angehörigen bangen, um die Leidenden, die Armen und Hilfsbedürftigen zu unterstützen. Zeugen all dessen sind Unser Herz und Unser Mund, die sich nicht einander widersprechen, denn Wir verleugnen nicht durch die Tat, was Wir mit dem Munde sagen, und Wir haben das Bewusstsein von der Falschheit all dessen, was die Feinde Gottes auf hinterhältige Weise verbreiten, um die Arbeiter und das Volk zu verwirren und aus den Mühen des Lebens, die sie ertragen, Stoff zu Anschuldigungen gegen den Glauben und gegen die Religion zu ziehen. Und doch ist die Religion die einzige Tröstung und die einzige Hoffnung, die den Menschen in Schmerz und Unglück auf Erden aufrecht erhält.

Nein! Unsere Ansprachen und Unsere Botschaften wird niemand in ihrer Absicht und in ihrem wesentlichen Gehalt auszulöschen oder zu verdrehen imstande sein. Alle haben sie hören können als Wort der Wahrheit und des Friedens, als machtvolle Äußerungen Unseres Bemühens um den Frieden der Welt und die Erleuchtung der Machtinhaber. Sie sind unwiderlegliche Zeugnisse der heißen Wünsche, die sich Unserem Herzen entringen, damit auf dieser Erde, die dem Menschen als Herberge für den Übergang zu einem besseren und unvergänglichen Leben gegeben wurde, Ordnung und Eintracht herrsche im ganzen Menschengeschlecht.

Die Kirche fürchtet nicht das Licht der Wahrheit, weder für die Vergangenheit noch für die Gegenwart noch für die Zukunft. Wenn die Zeitverhältnisse und die menschlichen Leidenschaften die Herausgabe von heute noch unveröffentlichter Dokumente über die beständige Friedenstätigkeit des Heiligen Stuhles, der sich während dieses entsetzlichen Krieges auch durch Weigerungen und Widerstände nicht einschüchtern ließ, gestatten oder erfordern werden, dann wird klarer als im hellsten Tageslicht die Torheit solcher Anklagen erscheinen. Diese haben ja ihren Ursprung weniger in Unwissenheit als vielmehr in jener Religionslosigkeit und Verachtung der Kirche, die nur Wurzeln fasst in einigen Menschenherzen, die leider mehr dazu geneigt und bereit sind, die rechten und gütigen Absichten, von denen die Braut Christi beseelt ist, zu verdrehen, als das Volkswohl zu fördern, die Lebensschwierigkeiten zu mindern und zu mildern und die Geister inmitten der schwierigen Verhältnisse der gegenwärtigen Stunde zu unterstützen. Sagt den Verleumdern der Kirche, dass die Wahrheit siegreich leuchten wird, wie sie jetzt schon leuchtet in Euren Herzen und in all denen, die vernünftig sich dem beugen, was sie als gut erkennen, und der Lüge und Verleumdung keinen Glauben schenken. Durch die offensichtliche Wirklichkeit der Tatsachen und durch Unser Werk werden alle die beschämt werden, die durch ihr verführerisches Gerede sich bemühen, auf den Papst die Verantwortlichkeit abzuwälzen für all das Blut der Schlachten zu Lande, der Trümmerhaufen in den Städten, der Kämpfe in der Luft und in den Abgründen der Meere.

Aufmunterung zur Pflege des religiösen Lebens

Christliche Arbeiter und Arbeiterinnen, erhebt Euch mit dem Denken Eures Geistes und dem Fühlen Eures Herzens im heiligen Glauben, stärkt und erneuert Euch in der Tröstung des Gebetes, das Euren Arbeitstag beginnen, heiligen und schließen möge. Solches Denken und Fühlen möge Euch erleuchten und erwärmen, besonders in der Ruhe der Sonn- und Festtage, sie mögen Euch begleiten und führen bei der Feier der heiligen Messe. Auf dem Altar, dem unblutigen Calvaria, erneuert unser Heiland - der sich in seinem irdischen Leben zu einem Arbeiter gemacht hat gleich Euch und der bis zu seinem Tode gehorsam war gegenüber dem Vater - ständig das Opfer seiner selbst zum Heile der Welt. Dort macht er sich zum Spender der Gnaden und des Lebensbrotes für die Seelen, die ihn lieben und in ihren Mühseligkeiten zu ihm hineilen, um erquickt zu werden. Vor dem Altar, in der Kirche, möge jeder christliche Arbeiter seinen Willen erneuern, zu arbeiten im Gehorsam gegen das göttliche Gesetz der Arbeit, welcher Art diese auch sein mag, Geistes- oder Handarbeit, er möge seinen Willen erneuern, mit seinen Mühen und Entsagungen das Brot für seine Lieben zu beschaffen, nach dem sittlichen Ziel des Lebens hienieden und nach der ewigen Seligkeit im Jenseits zu streben, seine Absichten mit denen des Heilands in Einklang zu bringen und seine Arbeit zu einem Lobgesang auf Gott zu gestalten.

Sittliche Sauberkeit in den Fabriken

In jeder Sache und zu jeder Zeit, geliebte Söhne und Töchter, schützt und bewahrt Eure persönliche Würde! Der Stoff, den Ihr bearbeitet, ist von Gott am Anfang der Welt geschaffen und durch die Tätigkeit der Jahrhunderte von ihm im Inneren und an der Oberfläche der Erde durch Überschwemmungen, Gärungen, Ausbrüche und Umbildungen gestaltet worden, um für den Menschen und seine Arbeit die geeignete Stätte zu bereiten. Dieser Stoff sei Euch eine beständige Erinnerung an die Schöpferhand Gottes und erhebe Euer Gemüt zu ihm, dem höchsten Gesetzgeber, dessen Anordnungen auch im Fabrikleben zu beobachten sind.

Vielleicht arbeiten an Eurer Seite und zusammen mit Euch Jungen und Mädchen. Denkt daran, dass den Kindern und Unschuldigen eine große Ehrfurcht gebührt und dass Christus von dem, der ihnen Ärgernis gibt, erklärt hat, es wäre besser für ihn, wenn ihm ein Mühlstein an den Hals gehängt und er in die Tiefe des Meeres versenkt würde. Väter und Mütter, welche Ängste begleiten nicht die Schritte Eurer Söhne und Töchter zu den Arbeitsstätten, welche Besorgnisse! Ihr Arbeiter vertretet deren Stelle in der schützenden Wacht über die Unschuld und Reinheit jenes jugendlichen Alters, wenn es durch den Beruf und die Not der Familie gezwungen wird, sich vom liebevollen Blick der Eltern zu entfernen. Von den Älteren und ihrem Beispiel, von dem festen und entschlossenen Willen der Fabrikleitung in der Forderung einer anständigen Disziplin hängt es ab, ob die Jugend sich auf der Arbeitsstätte körperlich und moralisch gesund erhält oder ob sie, durch Sittenlosigkeit, Genusssucht und Verschwendung verdorben, selbst das Wohl der kommenden Generation aufs Spiel setzt. Kein Wort, kein Witz, keine Neuigkeit komme über Eure Lippen, die das Ohr Eurer jugendlichen Zuhörer beleidigen könnte. Im Klerus, in den weiblichen Ordensgenossenschaften, in den Mitgliedern der Katholischen Aktion möge die Arbeiterjugend ihre Helfer finden, die in Zusammenarbeit mit den leitenden Stellen und mit dem ganzen Aufwand ihrer physischen und moralischen Kraft sich für sie einsetzen, auch in dem täglichen Leben auf den Arbeitsstätten. Doch möge auch die gegenseitige Zuneigung und Hochachtung, das gute Beispiel, das mahnende und ermutigende Wort und die, wenn auch bescheidene, gegenseitige Hilfe unter den Arbeitern selbst niemals erlahmen.

Arbeiten in der Kraft der Gnade Gottes

Gestattet denn zum Schluss, dass Unser Wort wieder dort anknüpfe, wo es seinen Ausgang genommen hat, und Euch von neuem auf das göttliche Vorbild des christlichen Arbeiters hinweise, auf Christus, den Zimmermann in der Werkstatt von Nazareth, den Sohn Gottes und Wiederbringer der durch Adam verlorenen Gnade. Er möge über Euch jene Kraft, jene Geduld und jene Tugend ausgießen, die Euch groß macht vor ihm, dem erhabensten Bild des Arbeiters, das Ihr bewundern und anbeten dürft. Auf Euren Werkstätten und Arbeitsplätzen, am hellen Sonnenlicht auf den Feldern und im Zwielicht der Gruben, zwischen den Gluten der Hochöfen und in der Kälte der Eiskeller, überall, wohin das Wort des Arbeitsleiters, Euer Handwerk oder das Bedürfnis der Mitmenschen, des Vaterlandes, des Friedens, Euch rufen, möge auf Euch herabsteigen die Fülle der Gnaden von ihm, der Euch Hilfe, Rettung und Trost sei und die harte Arbeit, in der Ihr hienieden Euer Leben verzehrt und hinopfert, umforme zum Verdienst für ein jenseitiges Glück. Zweifelt nicht daran: Christus ist immer bei Euch! Denkt daran, ihn zu sehen an den Stätten Eurer Arbeit, wie er mitten unter Euch wandelt, Eure Mühen beobachtet, Eure Reden hört, Eure Herzen tröstet, Eure Unstimmigkeiten ausgleicht, und Ihr werdet sehen, wie sich die Arbeitsstätte verwandelt in das Heiligtum von Nazareth und wie auch unter Euch jenes Vertrauen, jene Ordnung und Eintracht herrschen, die ein Abglanz der Segnung des Himmels sind, der Segnung, die hier auf Erden die Gerechtigkeit und den guten Willen begründet und aufrecht erhält, in Menschen, die stark sind im Glauben, in der Hoffnung und in der Liebe Gottes.

Indem Wir den göttlichen Schutz herabrufen auf Euch, liebe Arbeiter und Arbeiterinnen, auf Eure Familien, auf alle, die Euch in der Arbeit leiten und führen, selbst auf Eure Arbeitsstätte, damit sie der Herr vor jeder Gefahr und jedem Schaden bewahre, erteilen Wir Euch aus ganzem Herzen als Unterpfand der auserkorensten Gnaden Unsern väterlichen Apostolischen Segen.