Habitus: Unterschied zwischen den Versionen

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Der '''Habitus''' (Gehaben, Gebaren, Verhalten, Haltung) ist in der Terminologie der [[Scholastik]] eine zur [[Seele]] und ihren Fähigkeiten hinzukommende ''dauernde Verfassung'', vermöge deren sich der [[Mensch]] seinem [[Sein]] (''habitus entitativus'') oder seiner Tätigkeit (''habitus operativus'') nach gut oder schlecht verhält. Der auf Tätigkeit gerichtete Habitus gibt der an sich indifferenten Fähigkeit eine dauernde Neigung nach einer Richtung hin, also in einer bestimmten Weise zu handeln. Der Anlage nach ist der Habitus vielfach angeboren (''habitus naturalis''). Durch Übung, d. h. durch wiederholtes Handeln im Sinne des Habitus, entsteht und wächst ein erworbener Habitus (''habitus acquisitus''), eine Fertigkeit, die zum Handeln drängt und das Handeln zu einem raschen, leichten, sicheren und vergnüglichen macht.<ref>[[Joseph Braun]]: Handlexikon der katholischen [[Dogmatik]], [[Herder Verlag|Herder & Co.]], Freiburg im Breisgau 1926, S. 138 ([[Imprimatur]] Friburgi, die 17. Iulii 1926 Dr. Sester, Vic. Gen.).</ref>
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Der '''Habitus''' (Gehaben, Gebaren, Verhalten, Haltung) ist in der aristotelisch-[[Scholastik|scholastischen]] Terminologie eine zur [[Seele]] und ihren Fähigkeiten hinzukommende ''dauernde Verfassung'', vermöge deren sich der [[Mensch]] seinem [[Sein]] (''habitus entitativus'') oder seiner Tätigkeit (''habitus operativus'') nach gut oder schlecht verhält.  
  
Bewirken diese Gewohnheiten eine Vervollkommnung des Menschen, so heißen sie gutes Gehaben ([[Tugend]]en im weiten Sinn); sind es aber solche, die den Menschen herabmindern, so spricht man von schlechtem Gehaben ([[Laster]] im weiten Sinne).<ref> Bernhard Kälin OSB: Lehrbuch der Philosophie II, Einführung in die [[Ethik]], umgearbeitet von Dr. P. Raphael Fäh OSB, Selbstverlag Benediktinerkollegium Sarnen 1954, S. 109 ([[Imprimatur]] Curiae, die 8, Juni 1954 † Christianus Caminada. Episcopus).</ref> Zu den natürlichen (angeborenen und erworbenen) ''habitūs'' kommen in der Gnadenordnung [[übernatürlich]]e (''habitus supernaturales''), von [[Gott]] eingegossene (''habitus infusi'') gute ''habitūs''.<ref>[[Joseph Braun]]: Handlexikon der katholischen [[Dogmatik]], S. 138.</ref>
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== Scholastischer Bedeutungsrahmen ==
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=== Begriff und Wirkungsweise ===
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Der auf Tätigkeit gerichtete Habitus gibt der an sich indifferenten Fähigkeit eine dauernde Neigung nach einer Richtung hin, also in einer bestimmten Weise zu handeln. Der Anlage nach ist der Habitus vielfach angeboren (''habitus naturalis''). Durch Übung, d. h. durch wiederholtes Handeln im Sinne des Habitus, entsteht und wächst ein erworbener Habitus (''habitus acquisitus''), eine Fertigkeit, die zum Handeln drängt und das Handeln zu einem raschen, leichten, sicheren und vergnüglichen macht.<ref>[[Joseph Braun]]: Handlexikon der katholischen [[Dogmatik]], [[Herder Verlag|Herder & Co.]], Freiburg im Breisgau 1926, S. 138 ([[Imprimatur]] Friburgi, die 17. Iulii 1926 Dr. Sester, Vic. Gen.).</ref>  
  
Das Gehaben gewährt Befriedigung, Freude durch seine Betätigung, weil es der zur Natur gewordenen Gewohnheit gemäß ist. Denn alles naturgemäße Handeln ist von Lust oder Freude begleitet. [[Aristoteles]] nennt das erworbene Gehaben eine «zweite Natur». <ref> Bernhard Kälin OSB: Lehrbuch der Philosophie II, S. 111.</ref>
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Bewirken diese Gewohnheiten eine Vervollkommnung des Menschen, so heißen sie gutes Gehaben ([[Tugend]]en im weiten Sinn); sind es aber solche, die den Menschen herabmindern, so spricht man von schlechtem Gehaben ([[Laster]] im weiten Sinne).<ref> [[Bernard Kälin]] OSB: Lehrbuch der Philosophie II, Einführung in die [[Ethik]], umgearbeitet von Dr. P. Raphael Fäh OSB, Selbstverlag Benediktinerkollegium Sarnen 1954, S. 109 ([[Imprimatur]] Curiae, die 8, Juni 1954 † Christianus Caminada. Episcopus).</ref> Zu den natürlichen (angeborenen und erworbenen) ''habitūs'' kommen in der Gnadenordnung [[übernatürlich]]e (''habitus supernaturales''), von [[Gott]] eingegossene (''habitus infusi'') gute ''habitūs''.<ref>[[Joseph Braun]]: Handlexikon der katholischen [[Dogmatik]], S. 138.</ref>
  
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Das Gehaben gewährt Befriedigung, Freude durch seine Betätigung, weil es der zur Natur gewordenen Gewohnheit gemäß ist. Denn alles naturgemäße Handeln ist von Lust oder Freude begleitet. [[Aristoteles]] nennt das erworbene Gehaben eine «zweite Natur». <ref> [[Bernard Kälin]] OSB: Lehrbuch der Philosophie II, S. 111.</ref>
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=== Reichweite von ''habitus'' ===
 
Die durch den Habitus zu vervollkommnenden Seelenvermögen sind [[Verstand]], [[Wille]] und das niedere [[Begehrungsvermögen]].<ref>[[Otto Schilling]]: Handbuch der [[Moraltheologie]], I. Band: Allgemeine Moraltheologie und von den Sakramenten. [[Schwabenverlag]] Stuttgart 1952, S. 183 ([[Imprimatur]]), Rottenburgi, die 29. Julii 1952 Dr. A. Hagen, vic. gen.)</ref>
 
Die durch den Habitus zu vervollkommnenden Seelenvermögen sind [[Verstand]], [[Wille]] und das niedere [[Begehrungsvermögen]].<ref>[[Otto Schilling]]: Handbuch der [[Moraltheologie]], I. Band: Allgemeine Moraltheologie und von den Sakramenten. [[Schwabenverlag]] Stuttgart 1952, S. 183 ([[Imprimatur]]), Rottenburgi, die 29. Julii 1952 Dr. A. Hagen, vic. gen.)</ref>
  
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=== Der Glaube als ''habitus'' ===
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"Der Glaube ist ein ''habitus'', das heißt eine dauernde Verfaßtheit des Geistes, durch die das ewige Leben in uns beginnt und der den Verstand dahin bringt, solchem beizustimmen, was er nicht sieht." (Benedikt XVI.<ref>Enzyklika [[Spe salvi (Wortlaut)|Spe salvi]] Nr. 7; er zitiert [[Thomas von Aquin]], [[Summa Theologiae]] II-IIae, q. 4, a. 1.</ref>)
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== Habitus in der Alltagssprache ==
 
''Habitus corporis'' meint auch einfach "Körperhaltung".<ref>[[Sacrosanctum Concilium]], [[Sacrosanctum concilium (Wortlaut)#B) Regeln aus der Natur der Liturgie als einer hierarchischen und gemeinschaftlichen Handlung|Nr. 30]]: ''Ad [[Actuosa participatio|actuosam participationem]] promovendam [...] corporis habitus foveantur.'' "Um die tätige Teilnahme zu fördern, soll man für [...] die Körperhaltungen Sorge tragen."</ref> Auch das [[Orden]]sgewand kann ''habitus'' "[[Habit]]" genannt werden.<ref>[[Perfectae caritatis]], [[Perfectae caritatis (Wortlaut)#Das Ordensgewand|Nr. 17]].</ref>
 
''Habitus corporis'' meint auch einfach "Körperhaltung".<ref>[[Sacrosanctum Concilium]], [[Sacrosanctum concilium (Wortlaut)#B) Regeln aus der Natur der Liturgie als einer hierarchischen und gemeinschaftlichen Handlung|Nr. 30]]: ''Ad [[Actuosa participatio|actuosam participationem]] promovendam [...] corporis habitus foveantur.'' "Um die tätige Teilnahme zu fördern, soll man für [...] die Körperhaltungen Sorge tragen."</ref> Auch das [[Orden]]sgewand kann ''habitus'' "[[Habit]]" genannt werden.<ref>[[Perfectae caritatis]], [[Perfectae caritatis (Wortlaut)#Das Ordensgewand|Nr. 17]].</ref>
  

Aktuelle Version vom 25. Mai 2018, 16:44 Uhr

Der Habitus (Gehaben, Gebaren, Verhalten, Haltung) ist in der aristotelisch-scholastischen Terminologie eine zur Seele und ihren Fähigkeiten hinzukommende dauernde Verfassung, vermöge deren sich der Mensch seinem Sein (habitus entitativus) oder seiner Tätigkeit (habitus operativus) nach gut oder schlecht verhält.

Scholastischer Bedeutungsrahmen

Begriff und Wirkungsweise

Der auf Tätigkeit gerichtete Habitus gibt der an sich indifferenten Fähigkeit eine dauernde Neigung nach einer Richtung hin, also in einer bestimmten Weise zu handeln. Der Anlage nach ist der Habitus vielfach angeboren (habitus naturalis). Durch Übung, d. h. durch wiederholtes Handeln im Sinne des Habitus, entsteht und wächst ein erworbener Habitus (habitus acquisitus), eine Fertigkeit, die zum Handeln drängt und das Handeln zu einem raschen, leichten, sicheren und vergnüglichen macht.<ref>Joseph Braun: Handlexikon der katholischen Dogmatik, Herder & Co., Freiburg im Breisgau 1926, S. 138 (Imprimatur Friburgi, die 17. Iulii 1926 Dr. Sester, Vic. Gen.).</ref>

Bewirken diese Gewohnheiten eine Vervollkommnung des Menschen, so heißen sie gutes Gehaben (Tugenden im weiten Sinn); sind es aber solche, die den Menschen herabmindern, so spricht man von schlechtem Gehaben (Laster im weiten Sinne).<ref> Bernard Kälin OSB: Lehrbuch der Philosophie II, Einführung in die Ethik, umgearbeitet von Dr. P. Raphael Fäh OSB, Selbstverlag Benediktinerkollegium Sarnen 1954, S. 109 (Imprimatur Curiae, die 8, Juni 1954 † Christianus Caminada. Episcopus).</ref> Zu den natürlichen (angeborenen und erworbenen) habitūs kommen in der Gnadenordnung übernatürliche (habitus supernaturales), von Gott eingegossene (habitus infusi) gute habitūs.<ref>Joseph Braun: Handlexikon der katholischen Dogmatik, S. 138.</ref>

Das Gehaben gewährt Befriedigung, Freude durch seine Betätigung, weil es der zur Natur gewordenen Gewohnheit gemäß ist. Denn alles naturgemäße Handeln ist von Lust oder Freude begleitet. Aristoteles nennt das erworbene Gehaben eine «zweite Natur». <ref> Bernard Kälin OSB: Lehrbuch der Philosophie II, S. 111.</ref>

Reichweite von habitus

Die durch den Habitus zu vervollkommnenden Seelenvermögen sind Verstand, Wille und das niedere Begehrungsvermögen.<ref>Otto Schilling: Handbuch der Moraltheologie, I. Band: Allgemeine Moraltheologie und von den Sakramenten. Schwabenverlag Stuttgart 1952, S. 183 (Imprimatur), Rottenburgi, die 29. Julii 1952 Dr. A. Hagen, vic. gen.)</ref>

Der Glaube als habitus

"Der Glaube ist ein habitus, das heißt eine dauernde Verfaßtheit des Geistes, durch die das ewige Leben in uns beginnt und der den Verstand dahin bringt, solchem beizustimmen, was er nicht sieht." (Benedikt XVI.<ref>Enzyklika Spe salvi Nr. 7; er zitiert Thomas von Aquin, Summa Theologiae II-IIae, q. 4, a. 1.</ref>)

Habitus in der Alltagssprache

Habitus corporis meint auch einfach "Körperhaltung".<ref>Sacrosanctum Concilium, Nr. 30: Ad actuosam participationem promovendam [...] corporis habitus foveantur. "Um die tätige Teilnahme zu fördern, soll man für [...] die Körperhaltungen Sorge tragen."</ref> Auch das Ordensgewand kann habitus "Habit" genannt werden.<ref>Perfectae caritatis, Nr. 17.</ref>

Konzilsaussagen

  • Zweites Vatikanisches Konzil, Dekret über das Hirtenamt der Bischöfe Christus Dominus, Nr. 35. 5): "Die Abstimmung aller apostolischen Werke und Tätigkeiten soll [zwischen den verschiedenen Ordensinstituten sowie zwischen ebendiesen und dem Diözesanklerus] eng sein, die vor allem von einer übernatürlichen, in der Liebe verwurzelten und gegründeten Haltung der Herzen und Gesinnungen (a supranaturali animorum et mentium habitu ) abhängt."

Anmerkungen

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