Documentum quod secretariatus

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Documentum quod secretaritaus

Sekretariat für die Nichtglaubenden
unseres Heiligen Vaters
Paul VI.
über den Dialog mit den Nichtglaubenden
28. August 1968

(Offizieller lateinischer Text: AAS LX [1968] 692-704)

(Quelle: Kirchliches Amtsblatt für die Erzdiözese Paderborn, Herausgegeben von erzbischöflichen Generalvikariat, 112. Jahrgang, Stück 5, 27.2.1969, Beilage, lateinisch / deutsch. Dies ist der Text von: Nachkonziliare Dokumentation – im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz, Band 15, lateinisch und deutscher Text, S. 32-65, von den Deutschen Bischöfen approbierte Übersetzung, Paulinus Verlag Trier 1969.)

Einleitend

Das vom Sekretariat für die Nichtglaubenden hiermit rechtsgültig veröffentlichte Dokument hat entsprechend der Eigenart dieses Sekretariats! die Absicht, den Dialog zwischen den Glaubenden und den Nichtglaubenden zu fördern und in der dem Dialog eigenen Weise zu einem guten Ende zu führen. Darum enthält es Überlegungen, wie das Wesen des Dialogs richtig zu erklären ist, worin er sich von anderen Formen der Beziehungen zwischen den Glaubenden und den Nichtglaubenden unterscheidet; zugleich werden die wesentlichen Voraussetzungen des Dialogs und vor allem die sich daraus ergebenden Richtlinien dargelegt.

Zwar verfolgt der Dialog, wie er in diesem Dokument verstanden wird, nicht notwendig ein apostolisches Ziel, doch schließt er für die Christen in seiner Art das Zeugnis des eigenen Glaubens ein und gehört so zur Aufgabe der Kirche, das Evangelium auszubreiten. Darüber hinaus können die Glaubenden durch den Dialog mit den Nichtglaubenden nicht nur zu einer umfassenderen Anerkennung der humanen Werte, sondern auch zu einem besseren Verständnis religiöser Fragen gelangen.

Dieses Dokument wendet sich in erster Linie an die Christen, und unter diesem Gesichtspunkt entnimmt es manches aus den einschlägigen kirchlichen Dokumenten. Das, was den Dialog betrifft, wird jedoch so dargelegt, dass es auch für Nichtglaubende verständlich und annehmbar ist.

DER DIALOG MIT DEN NICHTGLAUBENDEN

EINFÜHRUNG

1. Die Menschen von heute gelangen angesichts des allgemeinen Fortschrittes von Kultur und Gesellschaft trotz der Ängste wegen der heutigen Entwicklung der Welt zu einer deutlicheren Anerkennung der Würde und des Wertes der menschlichen Person.

Die intensiveren Beziehungen der Menschen zueinander haben viel dazu beigetragen, dass die Menschen den so genannten "Pluralismus" begreifen und ihn gleichsam als eigentliches Kennzeichen unserer Zeit auffassen. Echter "Pluralismus " kann aber nur bestehen, wenn Menschen und Gemeinschaften verschiedener Geistesrichtung und verschiedener Kultur in den Dialog eintreten (1).

Nach dem Wortlaut der Enzyklika Ecclesiam Suam ist "(das Gespräch) tatsächlich erfordert zunächst durch die weit verbreitete Gewohnheit, in dieser Weise die Beziehungen zwischen Heiligem und Profanem zu verstehen, ferner die gesteigerte Betriebsamkeit, die das Gesicht der Gesellschaft unseres Zeitalters verändert; weiterhin die vielfachen Erscheinungsformen dieser Gesellschaft; schließlich die Reife, zu der der Mensch unserer Zeit gelangt: der - ob religiös, ob gleichgültig durch die weltliche Kultur zum Denken, zum Sprechen, zur würdigen Führung des Dialogs befähigt wird (2)".

Daher setzt der Dialog, insofern er auf einer wechselseitigen Beziehung der Gesprächspartner beruht, voraus, dass jeder von ihnen die besondere Würde und den besonderen Wert des anderen Partners als Person anerkennt.

Die Christen jedoch finden zur Anerkennung dieser Würde und dieses Wertes einen tieferen Grund in der übernatürlichen Berufung des Menschen; im übrigen ist es der Kirche im Hinblick auf das Mysterium der Menschwerdung durchaus klar, wie sehr die humanere Gestaltung des Zeitlichen sie betrifft, ja auch zu ihrer Aufgabe gehört (3).

Daher müssen alle Christen je nach ihrer Fähigkeit den Dialog zwischen Menschen aller Schichten fördern, als Pflicht brüderlicher Liebe, wie sie unserer Zeit des Fortschritts und der Mündigkeit angemessen ist.

Nach der Erklärung des II. Vatikanischen Konzils "wird die Kirche kraft ihrer Sendung, die ganze Welt mit der Botschaft des Evangeliums zu erleuchten und alle Menschen aller Nationen, Rassen und Kulturen in einem Geist zu vereinigen, zum Zeichen jener Brüderlichkeit, die einen aufrichtigen Dialog ermöglicht und gedeihen läßt (4)".

Gewiss schließen das Wesen des Dialogs und der Wille zum Dialog andere Formen der Mitteilung wie Apologetik, vergleichende Gegenüberstellung und Diskussion nicht aus und hindern nicht, dass die Rechte der menschlichen Person in Anspruch genommen werden. In allem aber ist jene offene und verstehende Haltung, die die Grundlage des Dialogs ist, für jedes gesellschaftliche Zusammenleben notwendig.

Diese innere Bereitschaft verlangt "korrektes Benehmen, Hochachtung vor dem anderen und den Ausdruck der Sympathie und der Güte dem anderen gegenüber (5)". Das alles ist nur möglich, wenn "der andere" eben als "der andere" bereitwillig anerkannt und angenommen wird.

Der Wille zum Dialog ist schließlich eine starke Äußerung jener allgemeinen Erneuerung der Kirche, die auch eine größere Wertschätzung der Freiheit mit sich bringt. "Die Wahrheit muss - wie das II. Vatikanische Konzil lehrt - aber auf eine Weise gesucht werden, die der Würde der menschlichen Person und ihrer Sozialnatur eigen ist, d. h. auf dem Wege der freien Forschung, mit Hilfe des Lehramtes oder der Unterweisung, des Gedankenaustausches und des Dialogs, wodurch die Menschen einander die Wahrheit, die sie gefunden haben oder gefunden zu haben glauben, mitteilen, damit sie sich bei der Erforschung der Wahrheit gegenseitig zu Hilfe kommen; an der einmal erkannten Wahrheit jedoch muss man mit personaler Zustimmung festhalten (6)."

2. "Der Wunsch nach einem solchen Dialog wie es in der Pastoralkonstitution über die Kirche in der heutigen Welt heißt -, einem Dialog, der einzig in der Liebe zur Wahrheit, doch mit entsprechender Klugheit geführt werden soll, schließt unsererseits keinen aus ... (7)"

Die Enzyklika Ecclesiam Suam stellt drei gleichsam konzentrische Kreise auf, um drei Arten von Gesprächspartnern der Katholischen Kirche zu bezeichnen, nämlich alle Menschen, von denen viele ohne Religion sind, dann diejenigen, die sich zu nichtchristlichen Religionen bekennen, schließlich die nichtkatholischen christlichen Brüder. Für den Dialog mit diesen drei Gruppen von Gesprächspartnern hat Paul VI. drei Sekretariate gegründet: nämlich für die Einheit der Christen, für die Nichtchristen und für die Nichtglaubenden.

Der Dialog vor allem mit Nichtglaubenden bringt besondere und wenigstens zum Teil neue Probleme mit sich (8). Bei manchen neuen Initiativen zur Förderung des Dialogs können Katholiken, die mit entsprechendem Eifer um die Wahrheit und die Werte des christlichen Glaubens bemüht sind, in Schwierigkeiten geraten. Deshalb möchte das Sekretariat für die Nichtglaubenden einige Gedanken und Anregungen vorlegen, die auf Dokumenten des Päpstlichen Lehramtes und des Konzils beruhen.

Paul VI. spricht in der Enzyklika Ecclesiam Suam ausführlich über den Dialog unter apostolischem Gesichtspunkt. Durch den so verstandenen Dialog erfüllt die Kirche ihre wichtigste Pflicht, allen Menschen die Botschaft des Evangeliums zu verkünden, indem sie ihnen in Ehrfurcht und Liebe die Gabe der Gnade und Wahrheit anbietet, die Christus ihr anvertraut hat.

In der Pastoralkonstitution Gaudium et Spes geht es dagegen um den Dialog der Kirche mit der Welt. Dieses Gespräch zielt nicht in erster Linie auf die Verkündigung des Evangeliums; es handelt sich nämlich um den Dialog, den die Christen mit den Menschen aufnehmen wollen, die ihren Glauben nicht teilen, sei es, um gemeinsam auf verschiedenen Gebieten die Wahrheit zu suchen, sei es, um in gemeinsamer Bemühung die drängenden Probleme unserer Zeit zu lösen. Diesem Dialog zwischen Kirche und Welt gelten die folgenden Erwägungen.

I. WESEN UND VORAUSSETZUNGEN DES DIALOGS

1. Der Dialog im allgemeinen

Unter dem Begriff "Dialog" wird hier allgemein jene Form der Begegnung und Mitteilung zwischen Personen oder Gruppen und Gemeinschaften verstanden, die in aufrichtiger Gesinnung, in Ehrfurcht vor der Person und mit einem gewissen Vertrauen stattfinden mit dem Ziel, die Wahrheit tiefer zu erfassen und bessere mitmenschliche Beziehungen zu erreichen.

Vor allem wichtig und schwierig ist der Dialog zwischen Personen, die verschiedene Meinungen, manchmal entgegengesetzte Ansichten vertreten, jedoch bemüht sind, gegenseitige Vorurteile zu überwinden und, soweit möglich, Übereinstimmung in ihren zwischenmenschlichen Beziehungen, in der Wahrheitssuche und in der Zusammenarbeit auf jeglichem Gebiet zu erzielen.

Alle diese Elemente sind zwar in den verschiedenen Formen des Dialogs enthalten, doch kann das eine oder andere überwiegen, und darum ist es möglich, drei Arten des Dialogs zu unterscheiden, und zwar:

- eine Begegnung mit dem Ziel, rein menschliche Beziehungen anzuknüpfen; dabei geht es darum, dass die Partner sich aus der Isolierung und aus dem gegenseitigen Misstrauen lösen und eine Atmosphäre aufrichtiger "Sympathie", Ehrfurcht und Achtung vor dem anderen anbahnen;

- eine Begegnung im Bereich der Wahrheit; hier werden Probleme behandelt, die für die Partner selbst persönlich äußerst wichtig sind, und gemeinsam wird der Versuch unternommen, die Wahrheit tiefer zu begreifen und die Dinge umfassender zu erkennen;

- eine Begegnung im Bereich des Handelns mit dem Ziel, trotz der doktrinären Meinungsverschiedenheiten die Voraussetzungen für eine Zusammenarbeit im Hinblick auf bestimmte Ziele zu schaffen.

Zwar ist es wünschenswert, dass der Dialog gleichzeitig auf diese drei Arten erfolge, doch behält jede einzelne Form ihren Eigenwert, weil sie ja zwischenmenschliche Beziehungen anbahnt.

Da die Partner einander geben und voneinander empfangen, schließt jeder Dialog Gegenseitigkeit ein; darin unterscheidet er sich von der Lehrtätigkeit, bei der der Gesprächspartner als Schüler bereichert wird, dennoch kann man den Dialog auch eine echte Form der Belehrung und eine einschlussweise Verkündigung der Wahrheit des Evangeliums nennen, da durch ihn zahlreichen Menschen der Reichtum der Lehre mitgeteilt wird. Darüber hinaus unterscheidet sich der so aufgefasste Dialog von der Polemik und der Kontroverse, bei denen es darum geht, die eigene Sache zu verteidigen und den Gegner des Irrtums zu überführen.

Ferner besteht der Dialog nicht eigentlich im Vergleichen der Standpunkte, denn er hat das Ziel gegenseitiger Annäherung und besseren Verstehens des anderen. Obgleich jeder Gesprächspartner mit Recht wünschen kann, den anderen von der Wahrheit seines Standpunktes zu überzeugen, ist der Dialog seinem Wesen nach nicht auf dieses Ziel, sondern auf gegenseitige Bereicherung ausgerichtet.

2. Der Dialog über die Lehre

1) Möglichkeit und Berechtigung dieses Dialogs

Oft bezweifelt man gerade die Möglichkeit des Dialogs über die Lehre. Man stellt die Frage, ob der aufrichtige Dialog verlangt, dass jede absolute Wahrheit beiseite gelassen werde, und ob zu unvoreingenommenem Dialog eine geistige Bereitschaft zu unbegrenztem Suchen erforderlich sei. Ebenso stellt man die Frage, ob bei der Annahme einer absoluten Wahrheit der Dialog vereinbar sei mit der Überzeugung, diese zu besitzen: die Bereitschaft zum Dialog scheint ja den Zweifel an der absoluten Wahrheit vorauszusetzen.

Eine weitere Frage: Kann man den Dialog beginnen, wenn die Partner zwei verschiedene Denksysteme vertreten? Wenn eine Aussage nur im Zusammenhang mit dem Ganzen eines Systems einen bestimmten Sinn erhält, besteht dann noch die Möglichkeit eines echten Dialogs, wenn eine Disputation zweier verschiedener Systeme entsteht?

Weiterhin: Untersucht man den Wahrheitsbegriff, den heute viele Menschen vertreten, die Wahrheit sei dem Menschen selbst immanent und hänge vom Menschen und seiner Freiheit ab, so dass es keine Wahrheit geben könne, die nicht im Menschen selbst ihren Ursprung habe, dann würde der Dialog über die Lehre der Grundlage entbehren, da die Christen den Grundsatz der Immanenz ablehnen und sich einen absolut anderen Begriff der Wahrheit bilden.

Ferner fragt man im Hinblick auf den öffentlichen Dialog, ob man den Glauben eines nicht genügend auf die Kontroverse vorbereiteten Zuhörerkreises der Gefahr aussetzen dürfe.

Daher möchten wir mit den folgenden Bemerkungen einige Wege zur Lösung dieser Schwierigkeiten aufzeigen.

Der Dialog über die Lehre, der mit leidenschaftlicher Aufrichtigkeit und im Geist größtmöglicher Freiheit und Achtung geführt werden muss, geht über Lehrfragen, die den Gesprächspartnern besonders naheliegen, und findet zwischen Partnern statt, die zwar verschiedene Ansichten vertreten, sich jedoch gemeinsam bemühen, einander besser zu verstehen, Übereinstimmungen herauszustellen und möglichst zu erweitern. So können die Partner sich gegenseitig bereichern.

Daher ist es einerseits dem Dialog eigen, dass er den personalen Charakter der Annahme der Wahrheit beachtet. Daher sind die individuellen Voraussetzungen und hinzukommende Besonderheiten eines jeden Gesprächspartners sowie die Möglichkeiten, die ihm bei der Erfassung der Wahrheit gegeben sind, zu erwägen. Die Einsicht in diese Möglichkeiten des einzelnen Menschen und der historisch gewordenen Gemeinschaften weitet die Herzen, die Ansichten und Bemühungen des anderen zu verstehen und die Elemente der Wahrheit in der Ansicht eines jeden Menschen anzunehmen.

Andererseits aber hat der Dialog, sofern er auch in der Wahrheitssuche besteht, keinen Sinn, wenn die Partner nicht fest überzeugt sind, dass der menschliche Geist wenigstens in irgendeiner Weise die objektive Wahrheit erreichen und immer einen Teil der Wahrheit, wenn auch vielleicht mit Irrtum vermischt, erkennen kann. Da schließlich jeder Mensch auf seine nur ihm eigene und einmalige Weise die Wirklichkeit erfasst, hilft er - und das sollten die anderen beachten -, die Wahrheit zu finden.

Darum ist die Aussage, Wahrheit sei möglich, mit dem Dialog nicht nur vereinbar, sondern dessen notwendige Voraussetzung. Bei der Aufnahme des Dialogs darf also die Wahrheit nicht in Frage gestellt werden, als ob sie dem Dialog untergeordnet werden könnte, wie das gewisse Formen des Irenismus zu tun scheinen. Der Dialog muss sich sogar aus der gemeinsamen moralischen Pflicht herleiten, in allem die Wahrheit zu suchen, besonders auch in religiösen Fragen.

Ferner folgt aus der Tatsache, dass der einzelne Partner die Wahrheit zu besitzen glaubt, nicht, dass der Dialog sinn- und nutzlos sei, denn ein solcher Glaube widerspricht nicht dem Wesen des Dialogs. Der Dialog geht ja gerade von zwei verschiedenen Standpunkten aus, die er erläutern und, soweit möglich, einander nahebringen will. Es genügt also, wenn der einzelne Partner glaubt, dass seine eigene Erkenntnis der Wahrheit, die er bereits hat, durch den Dialog mit dem anderen Partner wachsen könne.

Eine solche Gesinnung muss nun von den Glaubenden in größter Aufrichtigkeit angenommen und gefördert werden. Denn die Glaubenswahrheiten sind, insofern sie von Gott geoffenbart sind, in sich absolut und vollkommen, doch werden sie immer unvollkommen von den Glaubenden begriffen. Diese können stets wachsen in der Einsicht und im eindringlichen Erwägen. Nicht alles aber, was von den Christen geglaubt wird, geht aus der Offenbarung hervor, und der Dialog mit den Nichtglaubenden kann den Christen helfen, das, was aus der Offenbarung hervorgeht, von anderem zu unterscheiden und die Zeichen der Zeit im Licht des Evangeliums zu erforschen.

Außerdem entbindet der christliche Glaube die Glaubenden nicht von der Pflicht, die verstandesmäßigen Voraussetzungen des Glaubens mit Hilfe der Vernunft zu überdenken.

Der Christ fühlt sich vielmehr gedrängt, alle zu Recht bestehenden Forderungen der menschlichen Vernunft anzunehmen, da ja gerade der Glaube ihm die Gewissheit gibt, dass die Vernunft nie dem Glauben widersprechen kann. Schließlich weiß der Christ, dass aus dem Glauben nicht jede Antwort auf alle möglichen Probleme gegeben werden kann. Er weiß aber aus dem Glauben, in welchem Geist und auf welchem Weg an die Lösung dieser Probleme heranzugehen ist, besonders im Bereich der zeitlichen Dinge, der gleichsam ein der Forschung weit offenes Tor darstelltH

Bei Schwierigkeiten aber, die aus dem inneren Zusammenhang des Systems erwachsen, muss man sich klar sein, dass auch dann ein Dialog stattfindet, wenn die Partner nur in gewissen Punkten übereinkommen. Denn wenn sich in einem System Wahrheiten und Werte finden, die ihren Sinn und ihre Bedeutung nicht notwendig aus dem System herleiten und von diesem unterschieden werden können, genügt es, diese in ihr eigenes Licht zu stellen, um zu einer gewissen Übereinstimmung zu kommen.

Auch unter Menschen, die durch radikale Meinungsverschiedenheiten voneinander getrennt sind, lassen sich Bereiche der Übereinkunft und Begegnung finden. Daher sind unter Berücksichtigung des inneren Zusammenhangs der Systeme in der Diskussion die Arten des Dialogs zu unterscheiden; es kann ja sein, dass sich ein Dialog eher auf dem einen als auf dem anderen Gebiet anknüpfen lässt. Besonders halte man sich vor Augen, dass die humanen Angelegenheiten ihre legitime Autonomie behalten (10) und dass darum Meinungsverschiedenheiten auf religiösem Gebiet nicht notwendig ein Hindernis für das Einvernehmen in zeitlichen Anliegen sind.

Man darf jedoch nicht in Abrede stellen, dass der Dialog erschwert werden kann, wenn die Gesprächspartner eine verschiedene Auffassung der Wahrheit haben und sogar hinsichtlich der Prinzipien der Vernunft nicht übereinstimmen. In diesem Fall muss der Dialog versuchen, eine Auffassung der Wahrheit und der Prinzipien der Vernunft zu finden, die alle Partner gutheißen können. Sollte dies auch nicht möglich sein, so darf man noch nicht sagen, dass der Dialog keinen Wert mehr habe. Es bedeutet ja nicht wenig, die Grenzen festzulegen, über die man nicht hinausgehen kann. Der Dialog muss auch nicht aus jedem Grunde aufgenommen werden.

Die Gefahr aber, dass eine Meinung bestritten wird, lässt sich in unserer pluralistischen Gesellschaft kaum vermeiden; deshalb ist es nötig, die Glaubenden vorzubereiten, dass sie eine solche Gefahr eingehen können, insbesondere wenn es sich um ein öffentliches Gespräch handelt. Dies ist bei richtiger Vorbereitung wertvoll zur Vertiefung des Glaubens. Außerdem bietet sich bei öffentlichen Gesprächen den Partnern Gelegenheit, ihre Lehre auch Zuhörern, die ihnen sonst nicht erreichbar sind, vorzutragen.

Das Gespräch der Glaubenden mit den Nichtglaubenden ist also trotz seiner Gefahren nicht nur möglich, sondern ratsam. Es kann auf allen der menschlichen Vernunft zugänglichen Gebieten geführt werden: in Philosophie, Religion, Moral, Geschichte, Politik, auf sozialem und wirtschaftlichem Gebiet, in Fragen der Kunst und der Kultur im allgemeinen. Die Treue zu allen geistigen und leiblichen Werten fordert vom Christen, diese anzuerkennen (11), wo immer er sie findet. Ein solcher Dialog kann sich auch Werten zuwenden, die sich aus Wahrheiten der übernatürlichen Ordnung für das Leben und die Kultur des Menschen ergeben können.

[Fortsetzung folgt]