Ad-limina-Ansprache von Papst Paul VI. an die bayrischen Bischöfe am 13. Oktober 1977

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Ansprache von Papst Paul VI. zum Ad-limina-Besuch an die bayerischen Bischöfe am 13. Oktober 1977

(Offizieller lateinischer Text: AAS 69 [1977] 711-713)

(Quelle: Papst Paul VI., Wort und Weisung im Jahr 1977, Libreria Editrice Vaticana und Butzon & Bercker Verlag 1978, S 429-431 (556 Seiten, Mit kirchlicher Druckerlaubnis Nr 305/6-7/78 Münster. den 9. März 1978 Dr. Spital, Generalvikar, ISBN 3-7666-9018-3)

Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist


KLUGHEIT, AUSDAUER UND MUT

Ehrwürdige Brüder!

"Seht doch, wie gut und schön ist es, wenn Brüder miteinander in Eintracht wohnen!" (Ps 133, 1). Schon der Klang dieser Worte ist, wie der hl. Augustinus sagt, "so wohltuend, wie es die Liebe ist, die die Brüder miteinander in Eintracht wohnen lässt" (Enarr., in Ps. 132; PL 37, 1729). Wir sind in der Tat hoch erfreut über diese brüderliche Begegnung, die sich uns im Laufe dieses Jahres nun erneut mit deutschen Bischöfen anlässlich ihres "ad-limina"-Besuches bietet. Wir heißen auch Sie, wie schon Ihre Vorgänger von Herzen willkommen und grüßen ganz besonders die beiden Erzbischöfe von München und Freising und von Bamberg, den Herrn Kardinal Joseph Ratzinger und Herrn Elmar Maria Kredel.

Aufrichtig danken wir für die ehrenvollen Worte und besten Wünsche, die Sie, Herr Kardinal, auch im Namen aller übrigen Bischöfe soeben an uns gerichtet haben. Die äußeren Ehrenbezeugungen und die Beweise der Ergebenheit und Liebe, die uns anlässlich unseres Geburtstages entgegengebracht worden sind, sind ein sichtbares Zeichen jener tieferen, inneren Gemeinschaft, die die Glieder der Kirche mit ihrem sichtbaren Oberhaupt verbinden soll.

Ihre Gegenwart lenkt unsere Gedanken zugleich auch auf Ihre bayerischen Diözesen, die Sie hier vertreten. Wir gedenken mit Anerkennung und Dank des Eifers, mit dem Sie sich für den Ihnen anvertrauten Teil des Gottesvolkes einsetzen und Sorge tragen. Durch Ihre Quinquennalberichte, die Sie bei den zuständigen Stellen des Hl. Stuhls eingereicht haben, sind wir über den religiösen Fortschritt Ihrer Gläubigen wie auch über die sie bedrängenden Schwierigkeiten eingehend unterrichtet.

Durch den Auftrag Jesu Christi obliegt uns die Pflicht, Sie, unsere Mitbrüder im Bischofsamt, zu bestärken (vgl. Lk 22, 32). Unsere Ermutigung gilt in besonderer Weise auch Ihren Mitarbeitern, den Priestern, Ordensleuten und Laien, die mit Hingebung die "Last des Tages und die Hitze" im Weinberg des Herrn mit Ihnen teilen (vgl. Mt 20, 12).

In Ihrem katholischen Volk ist - wie Sie, Herr Kardinal, selbst hervorgehoben haben - die Liebe zur Kirche und ihrer authentischen Tradition sowie die Verbundenheit mit dem Nachfolger Petri besonders tief verwurzelt. Der christliche Glaube, das von den Vorfahren überkommene kostbare Erbe, findet bei Ihnen noch heute in angesehenen kirchlichen und kulturellen Einrichtungen wie auch in einer volksnahen Religiosität lebendigen und kraftvollen Ausdruck. Ist eine solche Volksfrömmigkeit, wie wir in unserem Apostolischen Schreiben Evangelii nuntiandi betont haben, "in der rechten Weise ausgerichtet, vor allem durch hinführende und begleitende Evangelisierung, dann birgt sie wertvolle Reichtümer in sich" (AAS, LXVIII, 1976, S. 37-38). Es gilt deshalb die volkstümlichen Frömmigkeitsformen, allen Auflösungstendenzen zum Trotz, auch heute noch zu erhalten, sie zu pflegen und, wo es erforderlich ist, von weniger geeigneten Elementen zu befreien.

Lobend erwähnen möchten wir in diesem Zusammenhang die eifrige Marienverehrung Ihrer Gläubigen. Von ihr zeugen unter anderem die überaus zahlreichen Besucher des Marienwallfahrtsortes Altötting in der Diözese Passau und die öffentliche Weihe Ihres Volkes an die jungfräuliche Gottesmutter als "Patrona Bavariae".

Wir teilen mit Ihnen aber auch die Sorgen über die Gefahren, die Ihren Gläubigen und Gemeinden drohen. Denn der in der modernen Gesellschaft fast überall sich ausbreitende Säkularisierungsprozess kann auch auf diese einen verderblichen Einfluss ausüben. Es müssen deshalb alle Anstrengungen unternommen werden, auf dass diese negativen Auswirkungen abgewehrt werden und das "gute Salz", von dem der Herr im Evangelium spricht, seine heilsame und wirksame Kraft entfaltet.

Eine andere Schwierigkeit, die mit der voraufgehenden eng verbunden ist, ist die Entfremdung und Trennung vieler Menschen von der christlichen Lehre und der Kirche. Daraus ergibt sich für die Bischöfe als vordringliche Aufgabe, den Glauben freimütig zu bekennen und die Frohbotschaft Christi unverkürzt und unverfälscht zu lehren. Die innere Glaubenskrise, in der sich heute nicht wenige Christen befinden, und die fortschreitende Säkularisierung können die vom Zweiten Vatikanischen Konzil beabsichtigte Erneuerung erheblich erschweren, wenn nicht sogar verhindern. Die religiöse Erneuerung muss aus der Tiefe des Herzens her erfolgen, auf dass der Christ wirklich "aus dem Glauben lebt" (vgl. Röm 1, 17).

Um dieses zu erreichen, kommt vor allem der Glaubensunterweisung größte Bedeutung zu. Das bezeugt auch die zur Zeit tagende Bischofssynode, in die wir große Hoffnungen setzen. Wir wissen, dass Sie selbst dieser Glaubensunterweisung besonders in der Erziehung und in der Sakramentenpastoral bereits Ihre Aufmerksamkeit und Sorge schenken. Wir möchten Sie aber heute in diesem so bedeutungsvollen Bereich zu noch größeren Anstrengungen ermutigen. Auch die Ordensleute, die bei Ihnen recht zahlreich sind, und die Laien sind aufgerufen, sich ihrerseits hochherzig an diesen gemeinsamen Bemühungen zu beteiligen. Ferner muss diese Erneuerung in einer gewissen kontinuierlichen Weise erfolgen, und zwar mit Klugheit, mit Ausdauer und Mut.

In diesem Sinn lauten auch die mahnenden Worte, die der hl. Paulus an seinen Mitarbeiter Timotheus richtet: "Verkünde das Wort, tritt dafür ein, zu gelegener und ungelegener Zeit; weise zurecht, tadle, ermahne, in unermüdlicher und geduldiger Belehrung! Denn es wird eine Zeit kommen, in der man die gesunde Lehre nicht erträgt ... Du aber sei in allem nüchtern, ertrage das Leiden, verkünde das Evangelium, erfülle Deine Aufgabe!" (2 Tim 4,2-5). Diese Ermahnungen werden in dem einen Wort Liebe zusammengefasst, die, um wiederum ein Wort des hl. Augustinus anzuführen, "sich zu den einen hinabneigt, zu anderen sich erhebt; den einen wohlwollend zugetan, zu anderen streng, keinem feindlich gesinnt und allen Mutter ist" (De catechiz. rud., 15; PL 40, 328). Von diesem Geist beseelt, erteilen wir Ihnen, ehrwürdige Brüder, und allen Ihrer Hirtensorge anvertrauten Gläubigen als Unterpfand reichen göttlichen Trostes und Beistands von Herzen unseren Apostolischen Segen.