Die kontemplative Dimension des Ordenslebens

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Schreiben der Vollversammlung der SCRIS vom März 1980

Kongregation für die Ordensleute und Säkularinstitute
von Papst
Johannes Paul II.
Die kontemplative Dimension des Ordenslebens
12. August 1980

(Quelle: Die deutsche Fassung auf der Vatikanseite)
Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist


EINLEITUNG

Die Vollversammlung der Kongregation für die Ordensleute und die Säkularinstitute vom 4. bis 7. März 1980 hat aufgrund einer umfangreichen Dokumentation die kontemplative Dimension im Ordensleben behandelt. Das Thema war in der Vollversammlung von 1978 beschlossen worden, nachdem man sich mit dem Fragenkreis der besonderen Aufgabe der Ordensleute im Bereich der Sendung der Kirche befaßt hatte im Hinblick auf die ganzheitliche Förderung des Menschen zumal unter ihren sozio-politischen Gesichtspunkten. Als dabei die grundlegende Bedeutung des geistlichen oder innerlichen Lebens für jede Form von gottgeweihtem Leben ersichtlich wurde, empfand man das dringende Bedürfnis, den unbedingten Vorrang des Lebens im Heiligen Geiste ins Licht zu rücken.

Die Wahl dieses Themas, die nachher vom Heiligen Vater gebilligt wurde, fällt auch zusammen mit einem auffälligen Wiederaufleben zahlreicher Gebetsweisen und neuer Formen des kontemplativen Lebens, die im Volke Gottes und in vielen klösterlichen Gemeinschaften in Übung sind, sowie mit dem Bestreben, die schädliche Zweiteilung zwischen Innerlichkeit und Tätigkeit im persönlichen und im gemeinschaftlichen Leben der Ordensleute zu überwinden, als Gegenwirkung auf eine Zeit der Abwertung von Gebet und Sammlung, die noch nicht ganz überwunden ist.

Das Ziel der Arbeiten der Vollversammlung war nicht spekulativer Art noch theologischen Bemühens. Vielmehr wollte man auf der Grundlage einer hinreichend konkreten und allgemein angenommenen lehrhaften Beschreibung zu einer Sammlung von praktischen und ausbildungsfördernden Richtlinien kommen mit dem doppelten Ziel: die Verbindung zwischen Innerlichkeit und Tätigkeit bei den sogenannten Instituten des aktiven Lebens zu stärken und die Lebenskraft und die Erneuerung der spezifisch kontemplativen Institute zu fördern.

Bei der hier gebotenen Niederschrift der hauptsächlichen von der Vollversammlung erlassenen Richtlinien wurden nicht nur die von den Vätern bei der Abstimmung gegebenen Hinweise berücksichtigt, sondern auch die wichtigsten Ersuchen, die bei anderen Gelegenheiten geäußert worden waren, z.B. in den Gruppenversammlungen, in denen die Gedanken der Väter vervollständigt werden sollten. Außerdem hat man versucht, passende Titel zu finden für die Gegenstände der Abstimmungen, die Inhalte zu ordnen und unterzuteilen, in der Annahme, damit zur Klarheit beizutragen und die Grundlinien weiter auszuarbeiten, die sonst in den Abstimmungsvorschlägen zu verdichtet vorlagen.

Die vorliegende Zusammenfassung besteht aus drei Teilen:

I. Beschreibung der kontemplativen Dimension.

II. Richtlinien für die Institute des tätigen Lebens.

III. Richtlinien für die spezifisch kontemplativen Institute.

I. BESCHREIBUNG DER KONTEMPLATIVEN DIMENSION

1. Die kontemplative Dimension ist zutiefst eine Gnadenwirklichkeit, die vom gläubigen Menschen als ein Geschenk Gottes erlebt wird; sie befähigt ihn, den Vater zu erkennen (vgl. Joh 14, 8) im Geheimnis der Gemeinschaft der Dreifaltigkeit (vgl. 1 Joh 1, 1-3), so daß er «die Tiefen Gottes» zu kosten vermag (1 Kor 2,10). Man will sich hier nicht auf die heiklen und zahlreichen Fragen über die verschiedenen Arten von Kontemplation einlassen, noch eine Untersuchung über die Kontemplation anstellen als eine vom Heiligen Geist eingegossene Gabe.

Wir beschreiben die kontemplative Dimension grundlegend als die gnadenhafte Antwort von Glaube, Hoffnung und Liebe, womit der Gläubige sich auftut für die Offenbarung und die Gemeinschaft des lebendigen Gottes durch Christus im Heiligen Geiste. «Das Bemühen, den Blick und das Herz auf Ihn (Gott) zu richten, das wir als Kontemplation bezeichnen, wird zum höchsten und inhaltsreichsten Akt des Geistes, zum Akt, der auch heute noch die ungeheure Pyramide der menschlichen Tätigkeit nach ihrem Grad und Wert bestimmen kann und muß» (Paul VI, 7.XII.1965).

Als Element, das dem Aufschwung des Menschen zu Gott hin seine Einheit gibt, kommt die kontemplative Dimension zum Ausdruck im Hören und in der Betrachtung des Wortes Gottes; in der Lebensgemeinschaft mit Gott, die uns in den Sakramenten übermittelt wird, und in besonderer Weise in der Eucharistie; im liturgischen und persönlichen Gebet; im ständigen Verlangen und Suchen nach Gott und seinem Willen in den Ereignissen und den Personen; in der bewußten Teilnahme an seiner Heilssendung; in der Hingabe seiner selbst an die andern, damit das Reich komme. Daraus folgt in der Ordensperson eine Haltung dauernder und demütiger Anbetung der geheimnisvollen Gegenwart Gottes in den Personen, den Ereignissen, den Dingen: eine Haltung, welche die Tugend der Frömmigkeit kundtut, Quelle des Friedens im Innern und Vermittlerin von Frieden in jedem Lebensbereich und überall beim Apostolat.

All das wird Wirklichkeit mittels einer fortschreitenden inneren Reinigung und unter der Erleuchtung und Führung des Heiligen Geistes, damit wir Gott begegnen können in allem und in allen «zum Preis der Herrlichkeit seiner Gnade» (Eph 1, 6).

Auf diese Weise tritt die Natur des gottgeweihten Lebens selbst hervor als die tiefe Wurzel, die jeder Lebensäußerung seitens der Ordensleute Nahrung und Einheit gibt.

2. « Deswegen muß das für diese Vollversammlung gewählte Thema für äußerst wichtig gehalten werden. Und ich bin sicher, » - wie der Heilige Vater in seiner Botschaft an die Teilnehmer sagte - « daß von dieser Eurer Begegnung eine wertvolle Ermunterung an alle Ordensleute ausgehen wird, auszuhalten in der Verpflichtung, vor der Welt Zeugnis zu geben für den Vorrang der Beziehung des Menschen zu Gott. Bestärkt durch die Anweisungen, die sich aus Eurem römischen Treffen ergeben werden, werden sie nicht verfehlen, aus erneuerter Überzeugung heraus, ausreichend lange Zeiten dem Verweilen im Gebet vor dem Herrn zu weihen, um Ihm ihre Liebe zu bekunden und, vor allem, um sich von Ihm geliebt zu wissen».<ref>Informationes SCRIS 1980, Nr. 1, s. 7 12. In derselben Nummer ist auch die ganze Dokumentation für die Plenaria von 1980 veröffentlicht.</ref>

3. Indem sie also ihre Aufmerksamkeit diesem Thema zuwendet, denkt die Vollversammlung an die aktiven sowie an die spezifisch kontemplativen Institute (vgl. PC 7-8). Aber sie blickt dabei auch mit wohlwollender Aufmerksamkeit auf neue Formen des Ordenslebens, in denen sich ein besonders starker Wunsch nach dem beschaulichen Leben bemerkbar macht, und äußert ihrerseits den Wunsch, daß ihre eigentümliche Gestalt innerhalb der kirchlichen Gemeinschaft immer klarer herausgestellt werde, zum Nutzen des gesamten Volkes Gottes.

II. RICHTLINIEN FÜR DIE INSTITUTE DES TÄTIGEN LEBENS

A) Gegenseitige Durchdringung von Aktion und Kontemplation.

B) Erneuerte Pflege des Lebens im Heiligen Geiste.

C) Geistliche Belebung der Gemeinschaft.

D) Die kontemplative Dimension in der Ausbildung.

E) Förderung der kontemplativen Dimension in den Ortskirchen.

A) GEGENSEITIGE DURCHDRINGUNG VON AKTION UND KONTEMPLATION

4. Welche « Tätigkeit »?

Nicht um eine beliebige Tätigkeit handelt es sich für den Ordensmann und die Ordensfrau. Das Konzil spricht von « apostolischer und caritativer Tätigkeit » (PC 8), die Ursprung und Leben vom Heiligen Geist hat. Nur eine solche Tätigkeit « gehört zum eigentlichen Wesen des Ordenslebens, insofern sie ein heiliger Dienst und ein besonderes Liebeswerk ist, die den Ordensleuten von der Kirche anvertraut und in ihrem Namen auszuüben sind » (PC ebda).

Das Eigentümliche einer solchen Tätigkeit ist der Antrieb durch die im Herzen der Ordensperson genährte Liebe - im Herzen als dem innersten Heiligtum ihrer Person, in dem die Gnade Einheit zwischen Innerlichkeit und Werktätigkeit bewirkt.

Deshalb ist es dringend geboten, in den Einzelnen und in der Gemeinschaft das Bewußtsein zu pflegen von der hauptsächlichen Quelle der apostolischen und caritativen Tätigkeit, als gelebte Teilhabe an jener « Sendung (Christi und der Kirche), die ihren Ursprung vom Vater nimmt und von allen, die sich gesandt fühlen, verlangt, die Liebesverbindung im Zwiegespräch des Gebetes zu betätigen » (MR 16).

« Bei den Ordensleuten des tätigen Lebens handelt es sich darum, die Verbindung von Innerlichkeit und Tätigkeit zu stärken. Ist es doch ihre erste Pflicht, mit Christus verbunden zu sein. Eine ständige Gefahr für die apostolisch Tätigen besteht darin, sich derartig von der eigenen Tätigkeit für den Herrn einnehmen zu lassen, daß sie darüber den Herrn jeder Tätigkeit vergessen » (Papstbotschaft an die Plenaria, Nr. 2).

5. Das erneuerte Gebet

Das Gebet ist der unentbehrliche Atem jeder kontemplativen Dimension: « In dieser Zeit apostolischer Erneuerung muß, wie jederzeit bei jeder beliebigen missionarischen Unternehmung, der erste Platz der Beschäftigung mit Gott zugewiesen werden, der Betrachtung seines Heilsplanes und dem Nachdenken über die Zeichen der Zeit im Lichte des Evangeliums, damit das Gebet Nahrung finden und zunehmen kann an Wert und an Häufigkeit » (MR 16).

So wird das Gebet, geöffnet für die Gegebenheiten der Schöpfung und der Geschichte, zur Anerkennung, zur Anbetung und zum ständigen Lobpreis der Gegenwart Gottes in der Welt und in ihrer Geschichte sowie zum Widerhall der Zusammengehörigkeit mit den Brüdern, zumal mit den Armen und den Leidenden.

Ein solches Gebet, sei es persönlich oder gemeinschaftlich, kommt jedoch nur dann zustande, wenn das Herz der Ordensperson einen hohen Grad von Lebendigkeit und Spannkraft erreicht, sowohl im Zwiegespräch mit Gott als auch in der Verbundenheit mit Christus, dem Erlöser des Menschen (vgl. PC 8; ET 10 und 42).

Deshalb müssen im zuweilen zermürbenden Rhythmus der apostolischen Aufgaben für das persönliche und das gemeinschaftliche Gebet täglich und wöchentlich gut geplante und genügend lange Zeiten vorgesehen werden; diese werden ergänzt durch verstärkte Erfahrungen von Sammlung und Gebet jeden Monat und im Verlauf des Jahres (vgl. Bischofssynode 1971, AAS 63 [1971], 913-914).

6. Die Natur der apostolischen und caritativen Tätigkeit

Auch die Natur der apostolischen und caritativen Tätigkeit enthält einen eigenen Reichtum, der die Verbindung mit Gott nährt; nur muß man täglich dieses Bewußtsein pflegen und vertiefen. Indem sie sich dessen bewußt werden, sollen die Ordensleute ihre Tätigkeiten so heiligen, daß sie dieselben in eine Quelle der Verbindung mit Gott umwandeln, dessen Dienst sie auf einen neuen und besonderen Titel hin geweiht sind (LG 44).

Außerdem wird die Auswertung der besonderen apostolischen Spiritualität des eigenen Institutes noch mehr dazu helfen, sich die in jedem kirchlichen Dienst enthaltenen Schätze an Heiligung nutzbar zu machen (vgl. LG 41; PO 14; OT 9).

In der Tat kann die Sendung der Kirche, mit der die evangelischen Räte in besonderer Weise verbinden (LG 44), nicht nur « in einem Leben äußerer Tätigkeit bestehen... Von ihrer Natur her ist sie nämlich nichts anderes als die Sendung Jesu Christi selber, die sich in der Geschichte der Welt fortsetzt. Deshalb besteht sie hauptsächlich in der Anteilnahme am Gehorsam Dessen (Hebr 5, 8), der sich selbst dem Vater dargeboten hat für das Leben der Welt » (MR 15).

7. Die ständige Sorge für geeignete Mittel

Die ständige Sorge für die Mittel, die für die kontemplative Dimension von Nutzen sind, ist eine unbedingte Folgerung der Treue zu den übernatürlichen Erfordernissen eines jeden Ordenslebens, gemäß der Eigenart der einzelnen Institute. Einige von den Mitteln, für die es zu sorgen gilt, entsprechen in besonderer Weise den Erfordernissen einer tiefgreifenden Harmonisierung zwischen aktiver und kontemplativer Dimension. Ihnen widmet deshalb diese Vollversammlung die folgenden Hinweise und lenkt zugleich die Aufmerksamkeit und das Pflichtbewußtsein der Verantwortlichen der Institute und der einzelnen Ordensleute darauf.

B) ERNEUERTE PFLEGE DES LEBENS IM HEILIGEN GEISTE

8. Das Wort Gottes

Das Anhören und die Betrachtung des Wortes Gottes bedeuten die tägliche Begegnung mit der « überragenden Erkenntnis Jesu Christi » (PC 6; ES II, 16, § 1). Das Konzil ermahnt mit Eifer und Nachdruck alle an Christus Glaubenden, zumal die Glieder religiöser Gemeinschaften, sich diese erhabene Erkenntnis anzueignen (DV 25).

Ein solches persönliches und gemeinsames Bemühen, das geistliche Leben damit zu nähren, daß man dem betrachtenden Gebet mehr Zeit widmet (vgl. ES II, 21), wird aber noch an Wirksamkeit und sogar apostolischer Aktualität gewinnen, wenn das Wort nicht nur in seinem eigenen und sachlichen Reichtum aufgenommen wird, sondern auch in der greifbaren Wirklichkeit der Geschichte, die wir leben, und im Lichte des kirchlichen Lehramtes.

9. Die zentrale Stellung der Eucharistie

Die Feier der Eucharistie und die lebendige Teilnahme an ihr, « der Quelle und dem Höhepunkt des ganzen christlichen Lebens » (LG 11), bilden den unersetzlichen Mittelpunkt und Beleber der kontemplativen Dimension einer jeden Ordensgemeinschaft (vgl. PC 6; ET 47-48).

Deshalb sollen die Ordenspriester der täglichen Feier des eucharistischen Opfers einen vorrangigen Platz einräumen. Alle Ordensleute, Männer und Frauen, sollen alle Tage aktiv daran teilnehmen (vgl. SC 48), unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse, unter denen ihre Gemeinschaften leben und wirken. « Mit Nachdruck wird jene vollkommene Teilnahme an der Messe empfohlen, bei der die Gläubigen nach der Kommunion des Priesters aus derselben Opferfeier den Herrenleib empfangen » (SC 55; vgl. ET 47; Synode 1971). « Die Verpflichtung, täglich (am eucharistischen Opfer) teilzunehmen, wird den Ordensleuten helfen, täglich ihre Selbsthingabe an den Herrn zu erneuern.

Im Namen des Herrn versammelt, haben die Ordensgemeinschaften die Eucharistie als ihren natürlichen Mittelpunkt. Deshalb ist es normal, daß sie in sichtbarer Weise um ein Oratorium herum zusammenleben, worin die Gegenwart des Allerheiligsten Sakramentes das um Ausdruck bringt und verwirklicht, was die Hauptaufgabe jeder Ordensfamilie sein muß » (vgl. ET 48) (Botschaft des Papstes an die Plenaria, Nr. 2).<ref>Für ein vertieftes Verständnis und die Wertschätzung « des Geheimnisses und der Verehrung der allerheiligsten Eucharistie » wird es für alle Ordenspersonen von Nutzen sein, den Brief zu kennen und zu bedenken, den Papst Johannes Paul II. für den Gründonnerstag 1980 an alle Bischöfe der Kirche gesandt hat.

Desgleichen wird es besonders unter dem Gesichtspunkt der Ausbildung notwendig sein, ernsthafte Beachtung zu schenken: der Instruktion uber die liturgische Ausbildung in den Seminarien, die von der Hl. Kongregation für das katholische Bildungswesen am 3. Januar 1979 erlassen worden ist, und dem Rundbrief derselben Hl. Kongregation vom 6. Januar 1980 « über einige Aspekte der geistlichen Ausbildung in den Seminarien ».

Zu vergleichen ist auch die Instruktion der Hl. Kongregation fur die Sakramente und den Gottesdienst: «Inaestimabile donum», über einige Normen betreffend die Verehrung des Geheimnisses der Eucharistie » (3. April 1980).</ref>

10. Erneuerte Feier des Bußsakramentes

Dem Bußsakrament; das «die in der Taufe empfangene grundlegende Gnadengabe der "metanoia" erneuert und stärkt» (Konst.Poenitemini, AAS 68 [1966] 180), kommt eine besonders eindringliche Funktion für das Wachstum des geistlichen Lebens zu. Es gibt keine kontemplative Dimension ohne das persönliche und gemeinschaftliche Bewußtsein sich bekehren zu müssen.

Mit dem Dekret vom 8. Dezember 1970 hat diese Hl. Kongregation diese Wahrheit in Erinnerung gerufen und die Aufmerksamkeit der Ordensleute, und zumal der Obern, auf die verschiedenen Weisen hingelenkt, die für eine angemessene Auswertung dieses Sakramentes notwendig sind (vgl. AAS 63 [1971], 318 f).

Die Väter der Vollversammlung weisen erneut hin:

auf einen angemessenen und regelmäßigen persönlichen Empfang; auf die kirchliche und brüderliche Dimension, die bei der Feier dieses Sakramentes stärker in Erscheinung tritt, wenn sie mittels eines Gemeinschaftsritus vollzogen wird (vgl. LG 11; Konst. Poenitemini, I, lc), wobei jedoch die Beichte immer ein persönlicher Akt bleibt.

11. Die Seelenführung

Auch die Seelenführung im engeren Sinn verdient es, ihren rechten Platz im Verlauf der geistlichen und kontemplativen Entwicklung der Personen wiederzuerlangen. Sie kann in der Tat nicht durch psychologisch pädagogische Erfindungen ersetzt werden.

Deshalb wird man jene «Gewissensleitung», für die PC 14 «die geschuldete Freiheit» verlangt, mit der Verfügbarkeit zuständiger und befähigter Personen empfehlen müssen.

Solche Verfügbarkeit sollen vor allem die Priester anbieten, die aufgrund ihrer eigentümlichen pastoralen Aufgabe die Wertschätzung und die fruchtbare Inanspruchnahme derselben fordern werden. Aber auch die anderen Obern und Erzieher, die sich der Betreuung der einzelnen, ihnen anvertrauten Personen widmen, werden dazu beitragen, wenn auch auf andere Art und Weise, ihnen Führung zu geben bei der Prüfung ihrer Berufung und Sendung und in der Treue zu derselben.

12. Stundengebet

« Das Stundengebet als öffentliches Gebet der Kirche, ist Quelle der Frömmigkeit und Nahrung für das persönliche Gebet » (SC 90). Es « ist so angeordnet, daß dadurch der gesamte Verlauf des Tages geheiligt wird » (SC 84).

Die Freundlichkeit, mit der die Ordensgemeinschaften bereits auf die Ermahnung der Kirche geantwortet haben, daß auch die Gläubigen jeden Standes sich der Feier des Gotteslobes anschließen möchten, zeigt, wie gut sie die Wichtigkeit der damit gegebenen innigeren Teilnahme am Leben der Kirche verstanden haben (ES II, 20).

Von dem Eifer und der Treue, die alle Ordensleute diesem Gebet widmen werden, wird auch die kontemplative Dimension ihres Lebens immer wieder Anregung und Nahrung empfangen. Zu diesem Zweck könnte der in den Lesungen des Stundengebets enthaltene geistliche Reichtum noch mehr ausgeschöpft werden.

13. Die Jungfrau Maria

Die Beispielhaftigkeit der Jungfrau Maria für jedes gottgeweihte Leben und für die Teilnahme an der apostolischen Sendung der Kirche (ET 56; LG 65) tritt besonders hell in Erscheinung, wenn man sie in den geistlichen Haltungen darstellt, die für sie bezeichnend waren: Maria, die hörende Jungfrau; Maria, die betende Jungfrau (Marialis Cultus, 17-18) bietet sich dar "als das vorzüglichste Vorbild der Kirche in der Ordnung des Glaubens, der Liebe und der vollkommenen Einheit mit Christus (LG 63), das heißt, jener inneren Haltung, mit der die Kirche, vielgeliebte Braut und mit ihrem Herrn eng verbunden, ihn anruft und durch ihn dem ewigen Vater Anbetung erweist" (MC 16). Sie, die unerschrocken aufrecht unter dem Kreuze des Herrn steht, lehrt die Betrachtung des Leidens.

In der Wiederbelebung ihrer Verehrung, gemäß der Lehre und der Überlieferung der Kirche (LG 66-67; MC 2. und 3. Teil), finden die Ordensleute den sicheren Weg, der die kontemplative Dimension ihres ganzen Lebens erhellt und stärkt.

"Das kontemplative Leben der Ordensleute wäre unvollständig, wenn es sich nicht auf eine kindliche Liebe zu Ihr ausrichtete, die die Mutter der Kirche und der gottgeweihten Seelen ist. Eine solche Liebe zur seligsten Jungfrau wird sich kundtun mit der Feier ihrer Feste und im besonderen mit den täglichen Gebeten zu ihren Ehren, vor allem mit dem Rosenkranz. Das tägliche Rosenkranzgebet ist eine jahrhundertealte Tradition bei den Ordensleuten, und deshalb ist es nicht unnütz, daran zu erinnern, wie vorteilhaft, wie duftend und wirksam ein solches Gebet ist, das uns die Geheimnisse des Herrenlebens zur Betrachtung darbietet" (Botschaft des Papstes an die Plenaria, Nr. 2).

14. Unentbehrlichkeit der persönlichen und gemeinschaftlichen Aszese

Eine großmütige Aszese ist immerzu erfordert für die tägliche "Bekehrung zum Evangelium" (vgl. Konst. Poenitemini, II-II, 1. c; Mk 1, 15). Sie erscheint daher als unentbehrlich auch für die kontemplative Dimension eines jeden Ordenslebens.

Deshalb müssen sich die Ordensgemeinschaften in der Kirche darstellen als betende und zugleich als büßende Gemeinschaften (vgl. ES II, 22), eingedenk der Weisung des Konzils, daß die Buße "nicht nur eine innere und individuelle, sondern auch eine äußere und soziale" sein soll (SC 110).

Auf diese Weise werden die Ordensleute auch Zeugnis geben von der geheimnisvollen Beziehung zwischen Entsagung und Freude, zwischen Opfer und Weitung des Herzens, zwischen Zucht und geistiger Freiheit (ET 29). Im besonderen ist das Wachstum in der kontemplativen Dimension sicherlich nicht vereinbar mit dem unterschiedslosen und zuweilen unklugen Gebrauch der Massenmedien; mit einem übertriebenen und nach außen gekehrten Aktivismus, mit einem Klima von Ausgelassenheit, das im Widerspruch steht zu den tiefsten Erwartungen jedes gottgeweihten Lebens: "Die Suche nach der Vertrautheit mit Gott erfordert unerläßlich eine Stille des ganzen Menschen, sowohl für die, welche Gott inmitten des Lärms finden sollen, als auch für die kontemplativen Menschen" (ET 46).

"Um dahin zu gelangen, brauchen sie die Stille ihres ganzen Wesens, und das erfordert Zonen wirklicher Stille und die nötige Selbstzucht, um die Verbindung mit Gott zu begünstigen" (Papstbotschaft an die Plenaria, Nr. 2).

Alle diese Mittel werden eine angemessenere und fruchtbarere Anwendung finden, wenn sie begleitet sind von der persönlichen und gemeinschaftlichen Ausübung der auf das Evangelium gegründeten Unterscheidungsgabe; von einer ernsthaften und regelmäßig wiederholten Überprüfung der Tätigkeiten; von einer ununterbrochenen Ausbildung der Fähigkeit, immer tiefer die geheimnisvolle und heilige Dichte der täglichen Wirklichkeit zu erkennen (Ereignisse, Personen, Dinge), mit der ausdrücklichen Zielsetzung, die Tätigkeit des Ordensmannes und der Ordensfrau niemals von ihrer kirchlichen Höhe auf eine einfache horizontale und rein irdische Beschäftigung absinken zu lassen.

C) GEISTLICHE BELEBUNG DER GEMEINSCHAFT

15. Die klösterliche Gemeinschaft

Die klösterliche Gemeinschaft ist in sich selbst eine übernatürliche Wirklichkeit, und als solche Gegenstand der Kontemplation: als "im Namen des Herrn vereinte Familie" (vgl. PC 15; Mt 18, 20) ist sie ihrer Natur nach der Ort, wo es in besonderer Weise möglich sein muß, die Gotteserfahrung in ihrer ganzen Fülle zu erreichen und sie den anderen mitzuteilen.

Die gegenseitige brüderliche Annahme in der Liebe trägt dazu bei, "eine Umgebung zu schaffen, die geeignet ist, den geistlichen Fortschritt eines jeden ihrer Mitglieder zu fördern" (ET 39).

Gerade deswegen brauchen die Ordensleute einen "Ort des Gebetes" im Innern ihrer eigenen Häuser, wo der tägliche Versuch zur Begegnung mit Gott, der Quelle der Gemeinschaft in Liebe, ständig neuen Antrieb und Stütze findet.

Die wirkliche Gegenwart des Herrn Jesus Christus im Altarssakrament, andächtig bewahrt und angebetet, wird für sie lebendiges Zeichen einer Gemeinschaft sein, die Tag für Tag in der Liebe neu aufgebaut wird.

16. Der Obere in der Gemeinschaft

Der Obere übt in der Gemeinschaft eine Rolle der Belebung aus (MR 13), die zugleich geistlicher und pastoraler Art ist, gemäß der « Gnade der Einheit », die jedem Institut eigen ist (PC 8).

Jene, die berufen sind, den Dienst der Autorität auszuüben, müssen verstehen und zum Verständnis verhelfen, daß in diesen Gemeinschaften von gottgeweihten Menschen der Geist des Dienens zum Wohle aller Brüder Ausdruck der Liebe wird, mit der Gott sie liebt (PC 14).

Dieser Geist einheitsfördernder Belebung verlangt also, daß die Obern und Oberinnen weder abgeneigt noch teilnahmslos seien gegenüber den pastoralen Notwendigkeiten, noch gänzlich von reinen Verwaltungsaufgaben in Anspruch genommen, sondern sich an erster Stelle als Führer zum geistlichen und zugleich apostolischen Wachstum jedes einzelnen und der ganzen Gemeinschaft fühlen und angenommen werden.

D) DIE KONTEMPLATIVE DIMENSION IN DER AUSBILDUNG

17. Die Ordensausbildung

Die Ordensausbildung, die anfängliche wie die fortdauernde, hat auf ihren verschiedenen Stufen als Hauptzweck, die Ordensleute in die Gotteserfahrung einzuführen und ihnen zu helfen, dieselbe fortschreitend in ihrem Leben zu vervollkommnen. Dazu ist es notwendig, daß «man das Apostolat gebührend hervorhebt» (MR 27). Das vorrangige Ziel, das in den Instituten des tätigen Lebens erreicht werden muß, ist die gegenseitige Durchdringung von Innerlichkeit und Tätigkeit, so daß im Bewußtsein jedes einzelnen der Vorrang des Lebens im Geiste gepflegt wird (MR 4), woraus die Gnade der Einheit entspringt, die der geistlichen Liebe eigentümlich ist.

Nun verlangt aber die betont kirchliche Dimension des Ordenslebens (LG 44; ET 50; MR 10) die Verwirklichung der Ausbildung unter allen Gesichtspunkten in tiefer Verbundenheit mit der Gesamtkirche. Jedoch auch so, daß jede Ordensperson ihre Berufung in konkreter und wirksamer Weise in jener Ortskirche und für die Ortskirche leben kann, zu der sie entsprechend der Sendung ihres Institutes geschickt worden ist.

« Ihr seid - hat der Papst gesagt - aufgrund eurer Berufung für die Gesamtkirche da mittels eurer Sendung in eine bestimmte Ortskirche. Infolgedessen verwirklicht sich eure Berufung für die Gesamtkirche innerhalb der Strukturen der Ortskirche. Man muß alles daransetzen, daß sich das gottgeweihte Leben in den einzelnen Ortskirchen entwickelt, damit es beitrage zur geistlichen Auferbauung derselben, damit es ihre besondere Stärke ausmache. Die Einheit mit der Gesamtkirche mittels der Ortskirche: das ist euer Weg » (Johannes Paul II an die Generalobern, 24-XI-1978).

18. Die Vertiefung der Eigenart

Die Kenntnis der Eigenart des Institutes (MR 11), dessen Mitglied man ist, stellt einen wesentlichen Bestandteil dar in der Ausbildung zur kontemplativen Dimension.

Auch in dieser Sicht also ist es wichtig, jenen allgemeinen Grundsatz der Erneuerung zu pflegen, den das Dekret Perfectae Caritatis als « ständige Rückkehr zu den Quellen » definiert.

19. Eine gediegene intellektuelle Ausbildung

Eine gediegene intellektuelle Ausbildung, die den Zielsetzungen der Berufung und der Sendung des eigenen Institutes entspricht, dient ebenfalls als Grundlage für ein ausgewogenes und reiches Leben des Gebetes und der Kontemplation. Deshalb werden Studium und zeitgemäße Anpassung empfohlen als Faktoren einer gesunden Erneuerung des Ordenslebens in der Kirche und für die Gesellschaft unserer Zeit (PC 2 c-d; ES II, 16): « Die Studien sollen nicht so ausgerichtet werden, als wären sie eine schlecht verstandene Selbstverwirklichung, um persönliche Zwecke zu erreichen, sondern so, daß sie den Anforderungen der apostolischen Planungen der jeweiligen Ordensfamilie genügen können, im Einklang mit den Notwendigkeiten der Kirche» (MR 26).

20. Das Erfordernis angemessener Befähigung der Erzieher

Das Erfordernis angemessener Befähigung ergibt sich demnach sehr klar für alle, die Verantwortung in der Ausbildung übernehmen:

menschliche Begabungen, wie Intuition und Kontaktfreudigkeit; vertiefte Gottes- und Gebetserfahrung; Weisheit, die vom aufmerksamen und langdauernden Hinhören auf das Wort Gottes herkommt; Liebe zur Liturgie und Verständnis für ihre Aufgabe in der geistlichen und kirchlichen Erziehung; die notwendige Zuständigkeit im kulturellen Bereich; Verfügbarkeit an Zeit und gutem Willen, um sieh der persönlichen Betreuung der einzelnen Kandidaten zu widmen, und nicht nur der Gruppe.

E) FÖRDERUNG DER KONTEMPLATIVEN DIMENSION IN DEN ORTSKIRCHEN

21. Der Bischof als «Vervollkommner seiner Herde»

Der pastorale Dienst des Bischofs, der an erster Stelle auf die Heiligung der ihm anvertrauten Kirche gerichtet ist, hebt die ihm zustehende Aufgabe hervor, « (seine) Herde zu vervollkommnen, indem er sich bemüht, die Priester, Ordensleute und Laien, entsprechend der besonderen Berufung eines jeden, auf dem Weg der Heiligkeit voranschreiten zu lassen » (CD 15; vgl. MR 7).

Aus diesem Grunde werden sich die Hirten der Ortskirchen, vor allem bei der Förderung des Gebetslebens und der kontemplativen Dimension, bald für « Vervollkommner » ihrer Brüder halten (MR 7; 28), gemäß der Berufung eines jeden, bald für Zeugen der eigenen persönlichen Heiligung (MR 9 d).

Unter diesem Gesichtswinkel gewinnt ihre Hirtensorge für die Berufe, auch für die verschiedenen Formen gottgeweihten Lebens (MR 32), größere Bedeutung und, gleichzeitig damit, ihr Bemühen, daß es in den bereits bestehenden Gemeinschaften nicht am geistlichen Beistand mangele. Indem er darüber hinaus das Verständnis für das Ordensleben und seine Hochachtung fördert, und zwar noch eher und mehr als die von den verschiedenen Instituten ausgeübten Tätigkeiten, wird der Bischof die gegenseitige Zusammenarbeit zwischen Klerus und Ordensleuten bereitwilliger und ergiebiger machen (vgl. MR 37). Damit wird auch die Vorbereitung von Priestern besser gesichert, die imstande sein werden, das geistliche und apostolische Leben der Ordensmänner und -frauen zu stützen und zu begleiten, gemäß der Natur des Ordenslebens und den Zielsetzungen des jeweiligen Institutes. « Die Ordensfrauen ihrerseits müssen im Klerus die Beichtväter und Seelenführer finden können, die ihnen dazu helfen können, ihre Weihe besser zu verstehen und zu leben. Der Einfluß der Priester ist übrigens sehr oft entscheidend für die Entdeckung einer Berufung zum Ordensstand und für ihre nachfolgende Förderung » (Papstbotschaft an die Plenaria, Nr. 4). Zu diesem Zweck erscheint das Studium des gottgeweihten Lebens in seinen mannigfaltigen Formen und verschiedenen Ausprägungen schon von der Ausbildung im Seminar her als notwendig, im Hinblick auf eine vollständige kirchliche Vorbereitung des Diözesanklerus (vgl. MR 30 a; ebda 49, 1).

22. Die Eingliederung der Ordensleute in die Kirche

Die Ordensleute ihrerseits - Männer und Frauen - müssen Zeugnis geben für ihre wirksame und herzliche Zugehörigkeit « zur Familie der Diözese » (CD 34). Und das nicht nur damit, daß sie sich gemäß dem eigenen Charisma, für die Erfordernisse der Ortskirche (CD 35; vgl. MR passim) zur Verfügung stellen, sondern noch mehr dadurch, daß sie ihre geistliche Erfahrung den Diözesanpriestern anbieten und Gebetstreffen für alle Gläubigen leichter machen.

« Sodann gibt es noch ein besonderes Problem, auf dessen Wichtigkeit heute wohl hingewiesen werden muß: es handelt sich um die engen Beziehungen, die zwischen den Ordensinstituten und dem Klerus bestehen in bezug auf die kontemplative Dimension, die das Grundelement jedes dem Herrn geweihten Lebens bilden muß.

Für die Weltpriester ist es ein Bedürfnis, in der Kontemplation die Kraft und die Stütze für ihr Apostolat zu schöpfen. Wie in der Vergangenheit müssen sie diesbezüglich normalerweise eine Stütze bei erfahrenen Ordensleuten finden sowie in der Verbindung mit Klöstern, die bereit sind, sie für die geistlichen Übungen aufzunehmen, sowie für Zeiten der Sammlung und Geisteserneuerung » (Papstbotschaft an die Plenaria, Nr. 4). Außerdem kann ihre Teilnahme an den von der Ortskirche unternommenen Gebetsübungen dazu beitragen, das geistliche Leben der ganzen christlichen Gemeinde zu stärken und zu bereichern (vgl. MR 24, 25).

23. Die Mitverantwortlichkeit und Eintracht bei der Zusammenarbeit

Die Mitverantwortlichkeit und die Eintracht bei der Zusammenarbeit in den Ortskirchen werden wirksam gefördert werden, auch im Hinblick auf den geistlichen Fortschritt, durch regelmäßige Kontakte zwischen dem Bischof und den Verantwortlichen der Ordensinstitute in den Diözesen; desgleichen durch die Schaffung und das gute Funktionieren von geeigneten Einrichtungen auf der Ebene der Bischofskonferenzen und der Konferenzen für Ordensleute (vgl. CD 35, 5-6; ES II, 42-43; ET 50; MR 29, 36, 50, 54, 56, 59, 62, 65).

III. RICHTLINIEN FÜR DIE SPEZIFISCH KONTEMPLATIVEN INSTITUTE

24. Wichtigkeit solcher lnstitute

Mit der Anerkennung des grundlegenden Wertes der dem spezifisch kontemplativen Leben geweihten Institute von Männern und Frauen bekundet die Vollversammlung mit besonderer Freude ihre Hochachtung und ihre Dankbarkeit für das, was dieselben in der Kirche darstellen. Diese ist nämlich aufgrund ihrer Natur dadurch gekennzeichnet, daß sie «voll Eifer in der Tätigkeit und der Beschauung hingegeben » ist, und zwar so, « daß dabei das Menschliche in ihr auf das Göttliche hingeordnet und ihm untergeordnet ist, das Sichtbare auf das Unsichtbare, die Tätigkeit auf die Beschauung » (SC 2). Überzeugt von der besonderen gnadenvollen Aufgabe, die diese Institute im Volke Gottes haben, ermahnt sie dieselben auch weiterhin mit Treue der Gesamtkirche wie auch den Teilkirchen, in die sie eingegliedert sind, den Beitrag ihrer spezifischen Berufung und Sendung zu leisten.

Sie ermahnt sie auch, ihr reiches kontemplatives Erbe geistlicher und lehrhafter Natur zu bewahren und zu nähren; denn dieses stellt einen Anruf an die Welt dar und eine Antwort an die Menschen, die in unseren Tagen, auch außerhalb der christlichen Tradition, mit Unruhe nach Weisen und Erfahrungen von Kontemplation suchen, die nicht immer echt sind (vgl. Papstbotschaft an die Plenaria, Nr. 3).

25. Aktualität des spezifisch kontemplativen Lebens

Die, welche zum spezifisch kontemplativen Leben berufen sind, gelten als « einer der kostbarsten Schätze der Kirche ». Dank einem besonderen Charisma « haben sie den besseren Teil erwählt » (vgl. Lk 10,12), nämlich den des Gebetes, des Schweigens, der Kontemplation, der ausschließlichen Liebe zu Gott und der gänzlichen Hingabe an seinen Dienst... Die Kirche rechnet gar sehr mit ihrem geistlichen Beitrag » (Papstbotschaft an die Plenaria, Nr. 3).

Deshalb « behalten ihre Institute auch bei der dringenden Notwendigkeit des aktiven Apostolats immer einen hervorragenden Platz im Mystischen Leibe Christi... Denn sie bringen Gott ein erhabenes Lobopfer dar und gereichen dem Volke Gottes durch überreiche Früchte der Heiligkeit zur Ehre und zum Vorbild und lassen es in geheimnisvoller apostolischer Fruchtbarkeit wachsen» (PC 7). Deshalb müssen sie mit Wirklichkeitssinn das Geheimnis « der Wüste » leben, in die sie ihr « Auszug » geführt hat. Das ist der Ort, wo sich inmitten des Kampfes der Versuchung - gemäß der Tradition - Himmel und Erde begegnen, wo die Welt, das trockene Land, zum Paradies wird... und die Menschheit selbst ihre Fülle erreicht (Venite seorsum, III. AAS 61 [1969] 681).

Deshalb kann man sagen, daß « wenn die Kontemplativen sich gewissermaßen im Herzen der Welt befinden, sie noch viel mehr das Herz der Kirche sind » (ebda). Das Dekret Ad Gentes enthält sogar die Behauptung, das beschauliche Leben bedeute, zur Fülle der Gegenwart der Kirche zu gehören, weshalb es dazu ermahnt, dasselbe überall einzuführen, zumal in den Missionen (AG 18; 40).

26. Das « apostolische Geheimnis » solcher Institute

Das Leben dieser Institute, « eine besondere Weise, das Paschageheimnis Christi zu leben und zum Ausdruck zu bringen, das ein Tod für das Leben ist » (Venite seorsum, I), ist ein besonderes Gnadengeheimnis, das das heiligste Gesicht der Kirche ausdrückt, als « betender Gemeinschaft », die sich mit ihrem Bräutigam Jesus Christus aus Liebe hinopfert, zur Ehre des Vater und für das Heil der Welt.

Deshalb ist ihr beschauliches Leben ihr erstes und grundlegendes Apostolat, weil es nach einem besonderen Plane Gottes ihre eigentümliche und bezeichnende Weise ist, Kirche zu sein, in der Kirche zu leben, die Verbindung mit der Kirche zu verwirklichen, eine Sendung in der Kirche zu erfüllen. In einer solchen Sicht also können sie, bei voller Achtung der vorrangigen apostolischen Aufgabe ihres eigenen Lebens, kraft deren sie « für Gott allein dasein müssen » (PC 7), und unter Wahrung der Gesetze der Klausur und der diesbezüglich erlassenen Vorschriften, sich öffnen für Erfahrungen von Hilfe und Teilnahme zur Förderung des Gebetes und des geistlichen Lebens von Menschen, die draußen leben - in der Treue zum eigenen Geist und zu den Traditionen einer jeden Familie (vgl. MR 25).

27. Notwendigkeit einer entsprechenden Ausbildung

Man legt Nachdruck auf die Notwendigkeit einer anfänglichen und fortdauernden Ausbildung, die angemessen ist für ihre Berufung und ihr Leben kontemplativer Suche nach Gott « in der Einsamkeit und im Schweigen, in anhaltendem Gebet und eifriger Buße » (PC 7); dabei muß das ernsthafte Bestreben obwalten, eine solche Ausbildung auf biblische, patristische, liturgische, theologische und spirituelle Grundlagen zu stellen sowie für eine solche Aufgabe geeignete Ausbilder und Ausbilderinnen vorzubereiten.

Besondere Aufmerksamkeit verdienen die jungen Kirchen sowie die Klöster, die abgelegen sind und keine Hilfen oder Mittel für diesen Zweck zur Verfügung haben. In Zusammenarbeit mit der Hl. Kongregation für die Evangelisierung der Völker und der Hl. Kongregation für die Orientalischen Kirchen muß man Mittel und Wege suchen, um solchen Klöstern auf dem Gebiet der Ausbildung wirksame Hilfe zu bieten (Ausbildergruppen, Bücher, briefliche Fortbildungskurse, Tonbänder, Kassetten, Schallplatten).

28. Hochachtung und Rücksichtnahme in den Beziehungen

Die Beziehungen des Bischofs zu den beschaulichen Klöstern, als Hirte, Führer und Vater, - Beziehungen, die schon von einer vorhergehenden Vollversammlung betont worden sind - verlangen die Fortsetzung des Studiums der verschiedenen Gesichtspunkte dieser Frage, damit das Vorhandensein und die Sendung solcher Klöster in den Teilkirchen mit der Hilfe der Hierarchie tatsächlich eine Gnade bedeute, welche die Verschiedenheit der Charismen zum Nutzen des ganzen Volkes Gottes widerspiegelt.

Die Vollversammlung ist auch der Ansicht, die Bischöfe sollten bei den Priestern (schon von der Vorbereitung im Seminar an - vgl. OT 19; MR 30b) und bei den Gläubigen die Kenntnis und die Achtung des spezifisch kontemplativen Lebens zu fördern suchen. Dieses « entfremdet die, welche dazu berufen sind, keineswegs von der Menschenfamilie... In der Einsamkeit, in der sie dem Gebete obliegen, vergessen die Kontemplativen niemals ihre Brüder. Wenn sie sich der häufigen Berührung mit ihnen entzogen haben, haben sie es nicht getan im Hinblick auf eine bequeme persönliche Ruhe, sondern um noch umfassender teilzunehmen an ihren Arbeiten, an ihren Schmerzen, an ihren Hoffnungen » (VS III).

29. Die päpstliche Klausur

Die Vollversammlung gibt ihrer Hochachtung Ausdruck für die Klöster der Ordensfrauen mit « päpstlicher Klausur ». Wenn die Trennung von der Welt zum Wesen des kontemplativen Lebens gehört, so stellt eine solche Klausur ein Zeichen und ein ausgezeichnetes Mittel dar, um jene Trennung in Übereinstimmung mit dem Geist der verschiedenen Institute zu verwirklichen.

Während sich deshalb die Vollversammlung die Einladung des II. Vatikanischen Konzils zu eigen macht, die Vorschriften in rechter Weise zu erneuern, so daß sie Rücksicht nehmen auf die besondern Umstände von Ort und Zeit (vgl. PC 16), ermahnt sie die vorgenannten Kloster sehr lebhaft, gemäß den mannigfachen Charismen und den Traditionen der einzelnen Institute, ihre eigentümliche « Trennung von der Welt » treu zu bewahren, als ein sehr geeignetes Mittel zur Förderung des kontemplativen Lebens.

SCHLUSS

30. Die kontemplative Dimension ist das eigentliche Geheimnis der Erneuerung jeglichen Ordenslebens; sie erneuert in lebenskräftiger Weise die Nachfolge Christi, weil sie zu einer erfahrungsmäßigen Erkenntnis von Ihm hinführt, die notwendig ist, um für Ihn das rechte Zeugnis ablegen zu können durch einen, der Ihn gehört hat, der Ihn gesehen hat mit den eigenen Augen, der Ihn betrachtet und mit den eigenen Händen berührt hat (vgl. 1 Joh 1,1; Phil 3,8).

Je mehr sich eine Ordensperson der kontemplativen Dimension öffnet, umso mehr wird sie auf die Erfordernisse des Reiches aufmerksam werden und zugleich ihre gottverbundene Innerlichkeit kräftig entwickeln, weil sie die Ereignisse mit jenem Glaubensblick beobachten wird, der ihr dazu hilft, in allen Dingen die göttliche Absicht zu erkennen. Nur wer diese kontemplative Dimension lebt, weiß den göttlichen Heilsplan in der Geschichte zu entdecken und kann die Fähigkeit besitzen, ihn in wirksamer und ausgewogener Weise zu verwirklichen.

« Eure Häuser müssen vor allem Stätten des Gebetes sein, der Sammlung, der Zwiesprache - persönlicher und vor allem gemeinschaftlicher - mit Dem, der der erste und hauptsächliche Gesprächspartner in der mühevollen Aufeinanderfolge eurer Tage ist und bleiben muß. Wenn ihr es versteht, dieses Klima starker und liebevoller Verbindung mit Gott lebendig zu erhalten, wird es euch möglich sein, jene Erneuerung des Lebens und der Ordenszucht, wozu euch das II. Vatikanische Konzil verpflichtet hat, ohne erschütternde Spannungen oder gefährliche Entgleisungen weiterzuführen » (Johannes Paul II, 24. November 1978).

Vatikanstadt, den 12. August 1980.

Kard. EDUARD PIRONIO,
Präfekt
+ Erzbischof AUGUSTINUS MAYER, O.S.B.,

Sekretär

Anmerkungen

<references />

Weblinks