Traditionalismus: Unterschied zwischen den Versionen

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Im ganz allgemeinen Sinne könnte man als '''Traditionalismus''' die starke Traditionsgebundenheit einer bestimmten Gruppe bezeichnen. Dabei unterscheidet sich der Traditionalismus von der gewöhnlichen Traditionsgebundenheit, ohne die keine Religion existieren kann, dadurch, dass er ein starres Traditionsverständnis aufweist und jede Neuerung im Sinne einer "lebendigen Tradition" ablehnt.
 
Im ganz allgemeinen Sinne könnte man als '''Traditionalismus''' die starke Traditionsgebundenheit einer bestimmten Gruppe bezeichnen. Dabei unterscheidet sich der Traditionalismus von der gewöhnlichen Traditionsgebundenheit, ohne die keine Religion existieren kann, dadurch, dass er ein starres Traditionsverständnis aufweist und jede Neuerung im Sinne einer "lebendigen Tradition" ablehnt.
  
Im typisch theologischen Sinne war der Traditionalismus eine vom [[Lehramt]] der [[Kirche]] verurteilte Bewegung des 19. Jahrhunderts. Er war eine Gegenbewegung gegen den [[Rationalismus]] der [[Aufklärung]] und eng verwandt mit dem [[Irrationalismus]] der [[Romantik]]. Er zeichnete sich dadurch aus, dass er die Philosophie und die natürlichen Grundlagen der [[Theologie]] verachtete und die [[Offenbarung]] in ihrer Allmacht umso mehr in den Vordergurnd stellen wollte. Die Vernunftgemäßheit des Glaubens wurde abgelehnt und dieser zu einer blinden Zustimmung herabgewürdigt. Dadurch verschwimmen in seinem Denken Natur und [[Gnade]], Autorität Gottes und der Gesellschaft, [[Glaube]] und Wissen. Durch das Verschwimmen von Kultur und Religion bzw. Staat und Kirche kann der Traditionalismus die Trennung von Staat und Kirche und damit die Religionsfreiheit (auch im Sinne des [[Zweiten Vatikanischen Konzils]]) nicht akzeptieren. Insgesamt wurde ein statischer Begriff von Offenbarung und [[Tradition]] kultiviert, der die Lebendigkeit der Tradition übersieht. Es wurde nicht klar zwischen der Tradition im engeren Sinne (die zusammen mit der Heiligen Schrift den Fluß der Offenbarung bildet) und den vielen Traditionen unterschieden.
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Im typisch theologischen Sinne war der Traditionalismus eine vom [[Lehramt]] der [[Kirche]] verurteilte Bewegung des 19. Jahrhunderts. Er war eine Gegenbewegung gegen den [[Rationalismus]] der [[Aufklärung]] und eng verwandt mit dem [[Irrationalismus]] der [[Romantik]]. Er zeichnete sich dadurch aus, dass er die Philosophie und die natürlichen Grundlagen der [[Theologie]] verachtete und die [[Offenbarung]] in ihrer Allmacht umso mehr in den Vordergurnd stellen wollte. Die Vernunftgemäßheit des Glaubens wurde abgelehnt und dieser zu einer blinden Zustimmung herabgewürdigt. Dadurch verschwimmen in seinem Denken Natur und [[Gnade]], Autorität Gottes und der Gesellschaft, [[Glaube]] und Wissen. Durch das Verschwimmen von Kultur und Religion bzw. Staat und Kirche kann der Traditionalismus die Trennung von Staat und Kirche und damit die Religionsfreiheit (auch im Sinne des [[Zweites Vatikanisches Konzil|Zweiten Vatikanischen Konzils]]) nicht akzeptieren. Insgesamt wurde ein statischer Begriff von Offenbarung und [[Tradition]] kultiviert, der die Lebendigkeit der Tradition übersieht. Es wurde nicht klar zwischen der Tradition im engeren Sinne (die zusammen mit der Heiligen Schrift den Fluß der Offenbarung bildet) und den vielen Traditionen unterschieden.
  
Die beiden zuletzt genannten Merkmale zusammen mit der Ablehung der Religionsfreiheit finden sich auch bei dem Neo-Traditionalismus, der sich im 20. Jahrhundert in der Folge der sich auf das [[Zweites Vatikanisches Konzil|Zweite Vatikanische Konzil]] berufenden Reformen bildete. Auch er wurde in gewissem Sinne durch das Lehramt zusammen mit den durch ihn hervorgerufenen schismatischen Exzessen verurteilt ([[Motu proprio]] [[Ecclesia Dei]]). Dieses stellte sich eindeutig auf die Seite eines lebendigen Traditionsbegriffes und blieb damit dem Traditionsbegriff, der die römisch-katholische Kirche spätestens seit dem [[Frühmittelalter]] prägt, treu.
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Die beiden zuletzt genannten Merkmale zusammen mit der Ablehung der Religionsfreiheit finden sich auch bei dem '''Neo-Traditionalismus''', der sich im 20. Jahrhundert in der Folge der sich auf das Zweite Vatikanische Konzil berufenden Reformen bildete. Auch er wurde in gewissem Sinne durch das Lehramt zusammen mit den durch ihn hervorgerufenen schismatischen Exzessen verurteilt ([[Motu proprio]] [[Ecclesia Dei]]). Dieses stellte sich eindeutig auf die Seite eines lebendigen Traditionsbegriffes und blieb damit dem Traditionsbegriff, der die römisch-katholische Kirche spätestens seit dem [[Frühmittelalter]] prägt, treu.
  
 
==Weblink==
 
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*[http://kath.net/detail.php?id=12554 Über den Vulgärtraditionalismus] (kath.net-Interview mit DDr. David Berger]
 
*[http://kath.net/detail.php?id=12554 Über den Vulgärtraditionalismus] (kath.net-Interview mit DDr. David Berger]
 
[[Kategorie:Irrlehren]]
 
[[Kategorie:Irrlehren]]

Version vom 21. September 2006, 08:10 Uhr

Im ganz allgemeinen Sinne könnte man als Traditionalismus die starke Traditionsgebundenheit einer bestimmten Gruppe bezeichnen. Dabei unterscheidet sich der Traditionalismus von der gewöhnlichen Traditionsgebundenheit, ohne die keine Religion existieren kann, dadurch, dass er ein starres Traditionsverständnis aufweist und jede Neuerung im Sinne einer "lebendigen Tradition" ablehnt.

Im typisch theologischen Sinne war der Traditionalismus eine vom Lehramt der Kirche verurteilte Bewegung des 19. Jahrhunderts. Er war eine Gegenbewegung gegen den Rationalismus der Aufklärung und eng verwandt mit dem Irrationalismus der Romantik. Er zeichnete sich dadurch aus, dass er die Philosophie und die natürlichen Grundlagen der Theologie verachtete und die Offenbarung in ihrer Allmacht umso mehr in den Vordergurnd stellen wollte. Die Vernunftgemäßheit des Glaubens wurde abgelehnt und dieser zu einer blinden Zustimmung herabgewürdigt. Dadurch verschwimmen in seinem Denken Natur und Gnade, Autorität Gottes und der Gesellschaft, Glaube und Wissen. Durch das Verschwimmen von Kultur und Religion bzw. Staat und Kirche kann der Traditionalismus die Trennung von Staat und Kirche und damit die Religionsfreiheit (auch im Sinne des Zweiten Vatikanischen Konzils) nicht akzeptieren. Insgesamt wurde ein statischer Begriff von Offenbarung und Tradition kultiviert, der die Lebendigkeit der Tradition übersieht. Es wurde nicht klar zwischen der Tradition im engeren Sinne (die zusammen mit der Heiligen Schrift den Fluß der Offenbarung bildet) und den vielen Traditionen unterschieden.

Die beiden zuletzt genannten Merkmale zusammen mit der Ablehung der Religionsfreiheit finden sich auch bei dem Neo-Traditionalismus, der sich im 20. Jahrhundert in der Folge der sich auf das Zweite Vatikanische Konzil berufenden Reformen bildete. Auch er wurde in gewissem Sinne durch das Lehramt zusammen mit den durch ihn hervorgerufenen schismatischen Exzessen verurteilt (Motu proprio Ecclesia Dei). Dieses stellte sich eindeutig auf die Seite eines lebendigen Traditionsbegriffes und blieb damit dem Traditionsbegriff, der die römisch-katholische Kirche spätestens seit dem Frühmittelalter prägt, treu.

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