Edith Stein: Unterschied zwischen den Versionen

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== Biografie ==
 
== Biografie ==
  
Edith Stein wurde am 12. Oktober 1981 in Breslau am jüdischen Versöhnungstag Yom Kippur geboren. Ihre Eltern waren Juden. Sie wurde daher im jüdischen Glauben erzogen. Als Gymnasiastin und Studentin war sie ungläubig und engagierte sich für Frauenrechte. Edith Stein studierte in Breslau und Göttingen Philosophie. Sie war Schülerin des berühmten Philosophen Edmund Husserl, bei dem sie auch promovierte und anschließend Assistentin wurde.  
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Am [[12. Oktober]] [[1891]], zu Yom Kippur (Versöhnungstag), dem höchsten jüdischen Feiertag, wird Edith Stein als elftes und letztes Kind von Siegfried und Auguste Stein in Breslau geboren. Die Eltern sind gläubige Juden, die zwar alle jüdischen Feste begehen, dem Glauben aber ansonsten keine besonders große Bedeutung beimessen.
  
1922 konvertierte sie zum Christentum und ließ sich am 1. Januar taufen. Ausschlaggebend war die Lektüre der Autobiographie der heiligen [[Theresa von Avila]]. Anschließend war sie als Gymniasallehrerin und Dozentin an einem wissenschaftichen Instituts in Münster tätig. 1933 erhielt sie Berufsverbot. 1934 trat sie, trotz großer Schuldgefühle ihrer streng jüdischen Mutter gegenüber, in den Orden der [[Karmelitinnen]] in Köln ein. Sie nahm den Namen '''Teresia Benedicta a Cruce''' (''Teresia vom Kreuze gesegnet'') an. Auch ihre Schwester Rosa ging in den Karmel, um sich vorerst taufen zu lassen.
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Ediths Vater Siegfried, der einen Holzhandel betreibt, stirbt, als Edith noch nicht zwei Jahre alt ist. Die Mutter Auguste Stein übernimmt nun neben der Erziehung ihrer sieben Kinder (vier sind schon im Kindesalter gestorben) den Holzhandel und führt ihn zu einem wirtschaftlichen Aufschwung. Die Mutter ist eine beeindruckende Persönlichkeit, die für ihre Kinder, auch für Edith, stets ein großes Vorbild bleibt. Edith ist stolz auf ihre jüdische Herkunft und bekennt sich auch später als Atheistin und dann als Christin zu ihren Wurzeln.
  
Aus politischen Gründen übersiedelten die beiden Schwestern später in den Karmel von Echt/Holland, wo Rosa 1940 das Ordenskleid annahm. In Echt, wie auch schon zuvor in Köln, verfasste Edith Stein mehrere wissenschaftliche Schriften, unter ihnen auch Abhandlungen über den hl. [[Johannes vom Kreuz]].
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Schon in der Schule fällt Edith durch ihre Disziplin, Entschiedenheit, Genügsamkeit und Intelligenz auf, Eigenschaften, die sie von ihrer Mutter geerbt hat.
  
Anfang August 1942 wurden Edith Stein und ihre Schwester Rosa nach einem holländischen Hirtenwort zur Judenverfolgung von der Gestapo abgeholt und inhaftiert. Am 7. August 1942 wurde sie nach Auschwitz deportiert, wo sie zwei Tage später in einer Gaskammer starb.  
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Mit vierzehn Jahren ([[1905]]) gewöhnt sich Edith bewusst das Beten ab und bezeichnet sich als Atheistin. Sie beginnt, sich für soziale Angelegenheiten zu interessieren und für Frauenrechte und das Recht auf gleiche Bildung für alle zu kämpfen.
  
(Genau ein Jahr nach dem Tod der Geschwister wurde der Oberösterreicher [[Franz Jägerstätter]] von den Nationalsozialisten in Breslau enthauptet, weil er den Kriegsdienst verweigerte.)
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Nach ihrem Abitur in Breslau (mit Auszeichnung) im Jahr [[1911]] fasst Edith den Entschluss, Lehrerin zu werden und beginnt in Breslau Geschichte, Deutsch, Philosophie und Psychologie zu studieren. Das Studium der Psychologie in Breslau befriedigt sie wenig.
  
Papst [[Johannes Paul II.]] sprach sie am [[1. Mai]] [[1987]] selig und am [[11. Oktober]] [[1998]] heilig.
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Nachdem sie [[1913]] die Schriften des Göttinger Professors Edmund Husserl (Begründer der Phänomenologie) kennengelernt hat, beschließt sie, nach Göttingen zu wechseln, um bei Husserl Philosophie zu studieren.
  
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In der Philosophie sucht Edith nach dem Sinn des Lebens. Die Phänomenologie Husserls ermöglicht ihr dabei, unvoreingenommen sich allen Phänomenen gedanklich zu öffnen, auch der Frage nach Gott. Angeregt durch den Philosophen [[Max Scheler]] in Göttingen beginnt Edith, sich mit dem katholischen Glauben auseinanderzusetzen. Später schreibt sie über diese Begegnungen: „''Das war meine erste Berührung mit dieser bis dahin völlig unbekannten Welt. Sie führte mich noch nicht zum Glauben. Aber sie erschloß mir einen Bereich von ‚Phänomenen’, an denen ich nun nicht mehr blind vorbeigehen konnte. Nicht umsonst wurde uns beständig eingeschärft, daß wir alle Dinge vorurteilsfrei ins Auge fassen, alle ‚Scheuklappen’ abwerfen sollten. Die Schranken der rationalistischen Vorurteile, in denen ich aufgewachsen war, ohne es zu wissen, fielen, und die Welt des Glaubens stand plötzlich vor mir.''“ (Stein, Edith: „Aus dem Leben einer jüdischen Familie“; S. 229f.)
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Das Staatsexamen in Göttingen besteht Edith Stein 1915 mit Auszeichnung. Danach stellt sie sich dem Roten Kreuz zur Verfügung und wird als Schwester im
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Militärlazarett eingesetzt. Nach ihrer Rückkehr widmet sie sich wieder der Arbeit an ihrer Dissertation.
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[[1916]] wird Edmund Husserl nach Freiburg berufen. Edith Stein besteht ihr Doktorexamen in Freiburg summa cum laude.
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Von [[1916]] bis [[1918]] ist Edith Stein wissenschaftliche Assistentin bei Edmund Husserl in Freiburg.
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Der Tod von Husserls Assistenten Adolf Reinach im ersten Weltkrieg (1917) trifft Edith Stein schwer. Von seiner Witwe Anna Reinach wird sie um Ordnung des Nachlasses gebeten. Tief beeindruckt erkennt Edith, wie gut diese den Tod ihres Mannes mit Hilfe ihres Glaubens bewältigt und sogar noch Trost spenden kann.
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Immer mehr beginnt Edith, sich mit christlichen Autoren und dem Neuen Testament zu beschäftigen. Intellektuell ist sie immer mehr von der Wahrheit des katholischen Glaubens
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überzeugt.
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Zwischen [[1919]] und [[1932]] versucht Edith Stein insgesamt viermal ihre Habilitation zu erreichen. Ihr Bemühen bleibt vergeblich. Niemand wagt es, einer Frau, noch dazu einer Jüdin, eine universitäre Laufbahn zu ermöglichen.
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An einem Sommerabend im Jahr [[1921]] findet Edith im Haus ihrer Freunde Hedwig Martius und Theodor Conrad in Bergzabern die Selbstbiographie der Heiligen [[Teresa von Avila]]. Das Buch nimmt sie so gefangen, dass sie es in einem Zug bis zur Morgendämmerung ausliest. Als sie es schließt, sagt Edith zu sich selbst: „''Das ist die Wahrheit''“. Sie hatte ständig nach der Wahrheit gesucht, nun trat sie ihr gegenüber, nicht als abstrakter Begriff, sondern als Person, als lebendiger Gott. Entschlossen, zum katholischen Glauben überzutreten und sich auf die Taufe vorzubereiten, kauft sie sich einen katholischen Katechismus. Sie spürt die Sehnsucht, [[Karmelitinnen|Karmelitin]] wie die Hl. Theresa von Avila zu werden.
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Nach den vielen Enttäuschungen und Leiden der Jahre davor (der unerfüllte Habilitationswunsch; die Unmöglichkeit, eine erfüllende Arbeit zu finden; unerwiderte Liebe und der Verlust einiger Freunde im ersten Weltkrieg) empfindet sie ihren Entschluss, katholisch zu werden, als große Befreiung.
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Am [[1. Jänner]] [[1922]], dem Fest der Beschneidung des Herrn, wird Edith in Bergzabern getauft, am [[2. Februar]], dem Fest der Reinigung Mariens im Tempel, wird sie in der Hauskapelle des Bischofs von Speyer gefirmt. Beide Festtage sind von Edith Stein bewusst gewählt, da hier die jüdischen Wurzeln des Christentums deutlich zum Vorschein kommen. Ihre Konversion zum Christentum ist für Edith auch eine Wiederentdeckung ihres eigenen Judentums, und sie besteht darauf, sich als Judenchristin zu bezeichnen.
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Mit ihrem Wunsch, Christentum und Judentum zu versöhnen, ist sie allerdings ihrer Zeit weit voraus. Schon in der eigenen Familie wird ihr die bestehende Trennung schmerzlich bewusst: „''Eben jetzt habe ich schwere Tage. Für meine Mutter ist der Übertritt das Schlimmste, was ich ihr antun kann, und mir ist es schrecklich zu sehen, wie sie sich damit quält und ich ihr nichts erleichtern kann. Denn es gibt hier eine absolute Grenze des Verständnisses.''“ (Stein, Edith: „Briefe an Roman Ingarden“; Brief 78, 15. 10. 1921, S. 142)
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Von [[1923]] bis [[1931]] ist Edith Lehrerin am Mädchenlyzeum und an der Lehrerinnenausbildungsanstalt der Dominikanerinnen von St. Magdalena in Speyer. Sie übersetzt Werke von [[John Henry Kardinal Newman]] und von [[Thomas von Aquin]]. Daneben beginnt eine ausgedehnte Vortragstätigkeit über verschiedene Themen wie z.B. die Eucharistie, die Erziehung, die Wahrheit, das Verhältnis von Mann und Frau, oder die Hl. [[Elisabeth von Thüringen]]. Besonders nimmt sie sich der „Frauenfrage der katholischen Frauen in Deutschland“ an und hält ab [[1928]] einschlägige Vorträge in Deutschland, Österreich und der Schweiz.
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Seit ihrer Taufe versucht Edith Arbeit und Gebet zu verbinden. Die regelmäßige Teilnahme am Chorgebet und die Anbetung sind ihr wichtig, auch ihre Verbundenheit mit der Gottesmutter Maria vertieft sich.
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[[1932]], nach ihrem letzten vergeblichen Habilitationsversuch in Freiburg, wird sie Dozentin am Deutschen Institut für wissenschaftliche Pädagogik in Münster.
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Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland im Jahr [[1933]] muss sie ihre Lehrtätigkeit in Münster allerdings wieder beenden. In der Karwoche schreibt sie einen Brief an den Papst, um ihn zu einer Enzyklika in der „Judenfrage“ zu bewegen.
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Dass sie keine Vorlesungen mehr halten würde, sieht Edith auch als barmherzige Fügung. Nun kann sie sich ihren Herzenswunsch erfüllen, Karmelitin zu werden. Nach Monaten des Gebets und im Vertrauen auf die Führung Gottes tritt sie am [[14. Oktober]] [[1933]] als „Theresa Benedicta a Cruce“ in den Karmel von Köln ein. Es bleibt für sie eine große Wunde, dass ihre Mutter diesen Entschluss nicht verstehen und bejahen kann.
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Im Kloster arbeitet Edith Stein weiterhin hauptsächlich im intellektuellen Bereich, wie sie auch selbst schreibt: „''An sich gilt es gleich bei uns, ob man Kartoffeln schält, Fenster putzt oder Bücher schreibt. Im allgemeinen verwendet man aber die Leute zu dem, wozu sie am ehesten taugen, und darum habe ich viel seltener Kartoffeln zu schälen als zu schreiben.''“ (Stein, Edith: „Briefe an Roman Ingarden“; Brief 160, Sommer 1937, S. 238)
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Ihre Hauptwerke entstehen daher alle im Kloster: [[1936]] beendet sie „Endliches und Ewiges Sein“, [[1941]]/[[42|1942]] arbeitet sie an „Kreuzeswissenschaften“ (eine Studie über [[Johannes vom Kreuz]]), das sie nicht mehr ganz beenden kann. Daneben entstehen zahlreiche kleinere Werke.
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Am [[14. September]] [[1936]] stirbt Ediths Mutter Auguste Stein, Ediths Schwester Rosa wird am [[24. Dezember]] getauft.
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Am [[21. April]] [[1938]] legt Edith Stein ihre Ewigen Gelübde ab. Sechs Tage später, am [[27. April]] stirbt Edmund Husserl in Freiburg.
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Am [[31. Dezember]] [[1938]] übersiedelt sie in den Karmel von Echt in Holland, um der von den Nationalsozialisten ausgehenden Lebensgefahr zu entkommen. Ihre Schwester Rosa, die als Laienhelferin im Karmel aufgenommen ist, folgt ihr wenig später nach.
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Sie verbringt viel Zeit im Sühnegebet für die Untaten dieser Zeit, überlegt, ob sie Gott ihr Leben anbieten soll wie [[Esther]] im Alten Testament. Am Passionssonntag [[1939]] bietet sie sich dem Herzen Jesu als Opfer der Versöhnung für den wahren Frieden an. Diese Gedanken hält sie zu Fronleichnam auch schriftlich fest (Echter Testament).
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Nach der Besetzung Hollands durch Deutschland versucht Edith mit ihrer Schwester Rosa im Schweizer Karmel von Le Pâquier Aufnahme zu finden, was aber von den Schweizer Behörden zu zögerlich behandelt wird.
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Am [[26. Juli]] [[1942]] protestieren die holländischen Bischöfe gegen das Verbrechen der Judenverfolgung, indem sie ihr Telegramm vom [[11. Juli]] an den Reichsstatthalter Artur Seyß-Inquart von den Kanzeln der Kirchen verlesen lassen. In Reaktion darauf verhaften die NS-Behörden in den Niederlanden alle zum katholischen Glauben konvertierten Juden, die bisher verschont geblieben sind.
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Am [[2. August]] werden Edith und Rosa Stein im Karmel von Echt verhaftet und ins Sammellager Amsfoort überführt. Am [[4. August]] erfolgt der Weitertransport ins Durchgangslager Westbork. Am [[7. August]] beginnt der Abtransport Richtung Osten. Am Bahnhof von Schifferstadt wird sie das letzte Mal gesehen, dann gibt es keine Aufzeichnungen mehr über sie. Vermutlich ist sie am [[9. August]] [[1942]] gleich nach ihrer Ankunft in Auschwitz oder in Birkenau in der Gaskammer ermordet worden.
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Außer Edith und Rosa sterben noch zwei weitere der Stein-Geschwister, nämlich Paul und Elfriede, in Konzentrationslagern. Else, Erna und Arno können rechtzeitig auswandern.
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Am [[1. Mai]] [[1987]] wird Edith Stein in Köln von Papst [[Johannes Paul II.]] seliggesprochen.
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Am [[11. Oktober]] [[1998]] erfolgt die Heiligsprechung in Rom.
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Am [[1. Oktober]] [[1999]] wird Edith Stein (zusammen mit [[Brigitte von Schweden]] und [[Katharina von Siena]]) von Johannes Paul II. zur Mit-Patronin Europas ernannt.
  
 
== Literatur ==
 
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* [http://www.karmel.at/edith/esg/wetter.htm Edith Stein, Zur Wahrheit berufen - vom Kreuz gesegnet]. Ein Lebensbild von Kard. Dr. [[Friedrich Wetter]]
 
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* {{Clairval|http://www.clairval.com/lettres/de/99/zh288992499.htm}}
 
* {{Clairval|http://www.clairval.com/lettres/de/99/zh288992499.htm}}
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* [http://www.edith-stein.de www.edith-stein.de]
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* [http://www.edith-stein.net www.edith-stein.net]
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* [http://www.edith-stein-taufkirche.de www.edith-stein-taufkirche.de]
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* [http://www.edytastein.org.pl www.edytastein.org.pl]
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* [http://www.karmel.at/edith/ www.karmel.at/edith/]
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Version vom 8. November 2006, 23:26 Uhr

Edith Stein (Sr. Teresia Benedicta a Cruce OCD; * 12. Oktober 1891 in Breslau; † 9. August 1942 im KZ Auschwitz-Birkenau) ist Mitpatronin Europas und eine Philosophin. Ihr Gedenktag ist der 9. August.

Biografie

Am 12. Oktober 1891, zu Yom Kippur (Versöhnungstag), dem höchsten jüdischen Feiertag, wird Edith Stein als elftes und letztes Kind von Siegfried und Auguste Stein in Breslau geboren. Die Eltern sind gläubige Juden, die zwar alle jüdischen Feste begehen, dem Glauben aber ansonsten keine besonders große Bedeutung beimessen.

Ediths Vater Siegfried, der einen Holzhandel betreibt, stirbt, als Edith noch nicht zwei Jahre alt ist. Die Mutter Auguste Stein übernimmt nun neben der Erziehung ihrer sieben Kinder (vier sind schon im Kindesalter gestorben) den Holzhandel und führt ihn zu einem wirtschaftlichen Aufschwung. Die Mutter ist eine beeindruckende Persönlichkeit, die für ihre Kinder, auch für Edith, stets ein großes Vorbild bleibt. Edith ist stolz auf ihre jüdische Herkunft und bekennt sich auch später als Atheistin und dann als Christin zu ihren Wurzeln.

Schon in der Schule fällt Edith durch ihre Disziplin, Entschiedenheit, Genügsamkeit und Intelligenz auf, Eigenschaften, die sie von ihrer Mutter geerbt hat.

Mit vierzehn Jahren (1905) gewöhnt sich Edith bewusst das Beten ab und bezeichnet sich als Atheistin. Sie beginnt, sich für soziale Angelegenheiten zu interessieren und für Frauenrechte und das Recht auf gleiche Bildung für alle zu kämpfen.

Nach ihrem Abitur in Breslau (mit Auszeichnung) im Jahr 1911 fasst Edith den Entschluss, Lehrerin zu werden und beginnt in Breslau Geschichte, Deutsch, Philosophie und Psychologie zu studieren. Das Studium der Psychologie in Breslau befriedigt sie wenig.

Nachdem sie 1913 die Schriften des Göttinger Professors Edmund Husserl (Begründer der Phänomenologie) kennengelernt hat, beschließt sie, nach Göttingen zu wechseln, um bei Husserl Philosophie zu studieren.

In der Philosophie sucht Edith nach dem Sinn des Lebens. Die Phänomenologie Husserls ermöglicht ihr dabei, unvoreingenommen sich allen Phänomenen gedanklich zu öffnen, auch der Frage nach Gott. Angeregt durch den Philosophen Max Scheler in Göttingen beginnt Edith, sich mit dem katholischen Glauben auseinanderzusetzen. Später schreibt sie über diese Begegnungen: „Das war meine erste Berührung mit dieser bis dahin völlig unbekannten Welt. Sie führte mich noch nicht zum Glauben. Aber sie erschloß mir einen Bereich von ‚Phänomenen’, an denen ich nun nicht mehr blind vorbeigehen konnte. Nicht umsonst wurde uns beständig eingeschärft, daß wir alle Dinge vorurteilsfrei ins Auge fassen, alle ‚Scheuklappen’ abwerfen sollten. Die Schranken der rationalistischen Vorurteile, in denen ich aufgewachsen war, ohne es zu wissen, fielen, und die Welt des Glaubens stand plötzlich vor mir.“ (Stein, Edith: „Aus dem Leben einer jüdischen Familie“; S. 229f.)

Das Staatsexamen in Göttingen besteht Edith Stein 1915 mit Auszeichnung. Danach stellt sie sich dem Roten Kreuz zur Verfügung und wird als Schwester im Militärlazarett eingesetzt. Nach ihrer Rückkehr widmet sie sich wieder der Arbeit an ihrer Dissertation.

1916 wird Edmund Husserl nach Freiburg berufen. Edith Stein besteht ihr Doktorexamen in Freiburg summa cum laude.

Von 1916 bis 1918 ist Edith Stein wissenschaftliche Assistentin bei Edmund Husserl in Freiburg.

Der Tod von Husserls Assistenten Adolf Reinach im ersten Weltkrieg (1917) trifft Edith Stein schwer. Von seiner Witwe Anna Reinach wird sie um Ordnung des Nachlasses gebeten. Tief beeindruckt erkennt Edith, wie gut diese den Tod ihres Mannes mit Hilfe ihres Glaubens bewältigt und sogar noch Trost spenden kann.

Immer mehr beginnt Edith, sich mit christlichen Autoren und dem Neuen Testament zu beschäftigen. Intellektuell ist sie immer mehr von der Wahrheit des katholischen Glaubens überzeugt.

Zwischen 1919 und 1932 versucht Edith Stein insgesamt viermal ihre Habilitation zu erreichen. Ihr Bemühen bleibt vergeblich. Niemand wagt es, einer Frau, noch dazu einer Jüdin, eine universitäre Laufbahn zu ermöglichen.

An einem Sommerabend im Jahr 1921 findet Edith im Haus ihrer Freunde Hedwig Martius und Theodor Conrad in Bergzabern die Selbstbiographie der Heiligen Teresa von Avila. Das Buch nimmt sie so gefangen, dass sie es in einem Zug bis zur Morgendämmerung ausliest. Als sie es schließt, sagt Edith zu sich selbst: „Das ist die Wahrheit“. Sie hatte ständig nach der Wahrheit gesucht, nun trat sie ihr gegenüber, nicht als abstrakter Begriff, sondern als Person, als lebendiger Gott. Entschlossen, zum katholischen Glauben überzutreten und sich auf die Taufe vorzubereiten, kauft sie sich einen katholischen Katechismus. Sie spürt die Sehnsucht, Karmelitin wie die Hl. Theresa von Avila zu werden.

Nach den vielen Enttäuschungen und Leiden der Jahre davor (der unerfüllte Habilitationswunsch; die Unmöglichkeit, eine erfüllende Arbeit zu finden; unerwiderte Liebe und der Verlust einiger Freunde im ersten Weltkrieg) empfindet sie ihren Entschluss, katholisch zu werden, als große Befreiung.

Am 1. Jänner 1922, dem Fest der Beschneidung des Herrn, wird Edith in Bergzabern getauft, am 2. Februar, dem Fest der Reinigung Mariens im Tempel, wird sie in der Hauskapelle des Bischofs von Speyer gefirmt. Beide Festtage sind von Edith Stein bewusst gewählt, da hier die jüdischen Wurzeln des Christentums deutlich zum Vorschein kommen. Ihre Konversion zum Christentum ist für Edith auch eine Wiederentdeckung ihres eigenen Judentums, und sie besteht darauf, sich als Judenchristin zu bezeichnen.

Mit ihrem Wunsch, Christentum und Judentum zu versöhnen, ist sie allerdings ihrer Zeit weit voraus. Schon in der eigenen Familie wird ihr die bestehende Trennung schmerzlich bewusst: „Eben jetzt habe ich schwere Tage. Für meine Mutter ist der Übertritt das Schlimmste, was ich ihr antun kann, und mir ist es schrecklich zu sehen, wie sie sich damit quält und ich ihr nichts erleichtern kann. Denn es gibt hier eine absolute Grenze des Verständnisses.“ (Stein, Edith: „Briefe an Roman Ingarden“; Brief 78, 15. 10. 1921, S. 142)

Von 1923 bis 1931 ist Edith Lehrerin am Mädchenlyzeum und an der Lehrerinnenausbildungsanstalt der Dominikanerinnen von St. Magdalena in Speyer. Sie übersetzt Werke von John Henry Kardinal Newman und von Thomas von Aquin. Daneben beginnt eine ausgedehnte Vortragstätigkeit über verschiedene Themen wie z.B. die Eucharistie, die Erziehung, die Wahrheit, das Verhältnis von Mann und Frau, oder die Hl. Elisabeth von Thüringen. Besonders nimmt sie sich der „Frauenfrage der katholischen Frauen in Deutschland“ an und hält ab 1928 einschlägige Vorträge in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Seit ihrer Taufe versucht Edith Arbeit und Gebet zu verbinden. Die regelmäßige Teilnahme am Chorgebet und die Anbetung sind ihr wichtig, auch ihre Verbundenheit mit der Gottesmutter Maria vertieft sich.

1932, nach ihrem letzten vergeblichen Habilitationsversuch in Freiburg, wird sie Dozentin am Deutschen Institut für wissenschaftliche Pädagogik in Münster.

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland im Jahr 1933 muss sie ihre Lehrtätigkeit in Münster allerdings wieder beenden. In der Karwoche schreibt sie einen Brief an den Papst, um ihn zu einer Enzyklika in der „Judenfrage“ zu bewegen.

Dass sie keine Vorlesungen mehr halten würde, sieht Edith auch als barmherzige Fügung. Nun kann sie sich ihren Herzenswunsch erfüllen, Karmelitin zu werden. Nach Monaten des Gebets und im Vertrauen auf die Führung Gottes tritt sie am 14. Oktober 1933 als „Theresa Benedicta a Cruce“ in den Karmel von Köln ein. Es bleibt für sie eine große Wunde, dass ihre Mutter diesen Entschluss nicht verstehen und bejahen kann.

Im Kloster arbeitet Edith Stein weiterhin hauptsächlich im intellektuellen Bereich, wie sie auch selbst schreibt: „An sich gilt es gleich bei uns, ob man Kartoffeln schält, Fenster putzt oder Bücher schreibt. Im allgemeinen verwendet man aber die Leute zu dem, wozu sie am ehesten taugen, und darum habe ich viel seltener Kartoffeln zu schälen als zu schreiben.“ (Stein, Edith: „Briefe an Roman Ingarden“; Brief 160, Sommer 1937, S. 238)

Ihre Hauptwerke entstehen daher alle im Kloster: 1936 beendet sie „Endliches und Ewiges Sein“, 1941/1942 arbeitet sie an „Kreuzeswissenschaften“ (eine Studie über Johannes vom Kreuz), das sie nicht mehr ganz beenden kann. Daneben entstehen zahlreiche kleinere Werke.

Am 14. September 1936 stirbt Ediths Mutter Auguste Stein, Ediths Schwester Rosa wird am 24. Dezember getauft.

Am 21. April 1938 legt Edith Stein ihre Ewigen Gelübde ab. Sechs Tage später, am 27. April stirbt Edmund Husserl in Freiburg.

Am 31. Dezember 1938 übersiedelt sie in den Karmel von Echt in Holland, um der von den Nationalsozialisten ausgehenden Lebensgefahr zu entkommen. Ihre Schwester Rosa, die als Laienhelferin im Karmel aufgenommen ist, folgt ihr wenig später nach.

Sie verbringt viel Zeit im Sühnegebet für die Untaten dieser Zeit, überlegt, ob sie Gott ihr Leben anbieten soll wie Esther im Alten Testament. Am Passionssonntag 1939 bietet sie sich dem Herzen Jesu als Opfer der Versöhnung für den wahren Frieden an. Diese Gedanken hält sie zu Fronleichnam auch schriftlich fest (Echter Testament).

Nach der Besetzung Hollands durch Deutschland versucht Edith mit ihrer Schwester Rosa im Schweizer Karmel von Le Pâquier Aufnahme zu finden, was aber von den Schweizer Behörden zu zögerlich behandelt wird.

Am 26. Juli 1942 protestieren die holländischen Bischöfe gegen das Verbrechen der Judenverfolgung, indem sie ihr Telegramm vom 11. Juli an den Reichsstatthalter Artur Seyß-Inquart von den Kanzeln der Kirchen verlesen lassen. In Reaktion darauf verhaften die NS-Behörden in den Niederlanden alle zum katholischen Glauben konvertierten Juden, die bisher verschont geblieben sind.

Am 2. August werden Edith und Rosa Stein im Karmel von Echt verhaftet und ins Sammellager Amsfoort überführt. Am 4. August erfolgt der Weitertransport ins Durchgangslager Westbork. Am 7. August beginnt der Abtransport Richtung Osten. Am Bahnhof von Schifferstadt wird sie das letzte Mal gesehen, dann gibt es keine Aufzeichnungen mehr über sie. Vermutlich ist sie am 9. August 1942 gleich nach ihrer Ankunft in Auschwitz oder in Birkenau in der Gaskammer ermordet worden.

Außer Edith und Rosa sterben noch zwei weitere der Stein-Geschwister, nämlich Paul und Elfriede, in Konzentrationslagern. Else, Erna und Arno können rechtzeitig auswandern.

Am 1. Mai 1987 wird Edith Stein in Köln von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.

Am 11. Oktober 1998 erfolgt die Heiligsprechung in Rom.

Am 1. Oktober 1999 wird Edith Stein (zusammen mit Brigitte von Schweden und Katharina von Siena) von Johannes Paul II. zur Mit-Patronin Europas ernannt.

Literatur

E. Stein, Die Frau in Ehe und Beruf, Bildungsfragen heute, Freiburg 1949

Weblinks


Dieser Artikel ist ursprünglich der Sektion Tagesheiliger bei www.kath.net entnommen.