Ad apostolorum principis (Wortlaut)

Aus kathPedia
Version vom 1. März 2013, 10:13 Uhr von Oswald (Diskussion | Beiträge) (Die Seite wurde neu angelegt: „<center> Enzyklika {|align="center" cellpadding=5px; !bgcolor="silver"|'''Ad apostolorum principis''' |} unseres Heiligen Vaters <br> [[Pius …“)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Zur Navigation springenZur Suche springen
Enzyklika
Ad apostolorum principis

unseres Heiligen Vaters
Pius XII.
an die Ehrwürdigen Brüder, und geliebten Söhne, die Erzbischöfe, Bischöfe, die anderen Oberhirten, und den übrigen Klerus, sowie das chinesische Volk, die in Frieden und Gemeinschaft mit dem Apostolischen Stuhle leben
über die verfolgte Kirche Chinas
29. Juni 1958

(Offizieller lateinischer Text AAS X50 [1958] 601-614)

(Quelle: Herder-Korrespondenz, Dreizehnter Jahrgang 1958/59; Zweites Heft, November 1958, S. 96-100)

Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist


Ehrwürdige Brüder und geliebte Söhne
Gruß und Apostolischen Segen !

An des Apostelfürsten Grab in der Pracht der Vatikanischen Basilika weihte, wie ihr wisst, Unser unmittelbarer Vorgänger, Papst Pius XI., vor 32 Jahren "die Blüte und Erstlingsfrucht des chinesischen Episkopats" (AAS XVIII, 1926, S. 432) feierlich zu Bischöfen und hob sie zur Fülle des Priestertums empor. In jener feierlichen Stunde sprach er aus väterlichem Herzen heraus die Worte: "Ehrwürdige Brüder, ihr seid gekommen, um Petrus zu sehen. Von ihm habt ihr ja auch den Hirtenstab erhalten, den ihr für eure apostolischen Wege und um die Herde zu sammeln braucht. Petrus hat euch in Liebe umarmt, die ihr die große Hoffnung erweckt, dass die Wahrheit des Evangeliums bei euren Mitbürgern verbreitet wird" (ebd.).

Die Verfolgung der Kirche

Die Erinnerung an diese Ansprache überkommt Uns heute, Ehrwürdige Brüder und geliebte Söhne, da die Katholische Kirche in eurem Vaterland Bedrängnis erleidet. Sicher war die Hoffnung Unseres großen Vorgängers weder vergeblich, noch wurde sie durch Erfolglosigkeit enttäuscht. Denn ganze Reihen heiligmäßiger Hirten und Künder des Evangeliums folgten jener ersten Schar von Bischöfen, die Petrus, in seinem Nachfolger fortlebend, zum Weiden jener auserwählten Herde Gottes ausgesandt hatte. Auch blühten neue religiöse Werke auf, von denen viele jedoch Schwierigkeiten für eine gedeihliche Entwicklung erlitten. Als Wir dann darauf mit großer Freude die kirchliche Hierarchie in China gründeten, haben Wir jene Hoffnung geteilt, sie verstärkt in Uns genährt und breitere Wege sich eröffnen sehen für die Ausbreitung des göttlichen Königreiches Christi. Doch verdunkelte sich zu Unserem großen Schmerz wenige Jahre später der Himmel mit Gewitterwolken. Für eure christlichen Gemeinden, von denen einige schon seit langer Zeit in Blüte standen, kamen traurige und leiderfüllte Zeiten. Wir sahen, wie die Missionare, darunter viele durch apostolischen Eifer hervorragende Erzbischöfe und Bischöfe, sowie Unser apostolischen Internuntius, aus China vertrieben, wie Bischöfe, Priester, Mönche, Nonnen und viele Christgläubige eingekerkert oder Angst und Bedrängnis jeder Art unterworfen wurden.

Wir konnten nicht anders handeln als Unsere klagende Stimme erheben und durch Unsere Rundschreiben Cupimus imprimis vom 18. Januar 1952 (AAS XLIV, 1952, S. 152 ff.) die ungerechte Verfolgung verurteilen. In diesem Rundschreiben haben Wir um der Wahrheit und der Gewissenspflichten Unseres Amtes willen daran erinnert, dass die Katholische Kirche als keinem Volk der Erde fremdartig, entgegengesetzt oder gar feindlich zu betrachten sei. Im Gegenteil, sie ist nur von der mütterlichen Sorge bewegt, alle Völker in gleicher Liebe zu umfassen, keine weltliche Machtstellung zu erstreben, sondern nach Kräften die Herzen aller Menschen zur Erlangung himmlischer Güter zu führen. Wir ermahnten außerdem die Missionare, nicht die Interessen einer einzigen Nation zu vertreten, sondern, da sie aus allen Ländern der Erde, in einer einzigen göttlichen Liebe verbunden, kommen, nichts anderes zu wünschen und zu suchen, als die Grenzen des Reiches Gottes auszuweiten. Deshalb ist es offensichtlich, dass ihr Wirken weder überflüssig noch schädlich, sondern wohltätig und notwendig ist, da es dem eifrigen chinesischen Klerus auf dem Gebiet des christlichen Apostolats Hilfe leistet. Etwa zwei Jahre später, am 7. Oktober 1954, ging euch ein weiteres Rundschreiben zu, die Enzyklika Ad sinarum gentem (AAS XLVII, 1955, S. 5 ff.), in welcher Wir die gegen die chinesischen Katholiken erhobenen Anschuldigungen zurückwiesen und öffentlich verkündeten, dass die Christen niemandem an wahrer Treue und Liebe zum irdischen Vaterland nachstehen und nachstehen können. Wenn in eurem Vaterland die trügerische Lehre von den "drei Autonomien" verbreitet wurde, so haben Wir euch auf Grund Unseres universalen göttlichen Lehramtes ermahnt, dass jene Lehre, wie sie von ihren Propagandisten verstanden wird, weder in ihrer theoretischen Bedeutung noch in ihren konkreten Folgerungen von einem Katholiken gutgeheißen werden kann, da sie die Geister von der notwendigen Einheit der Kirche abspenstig macht.

Die gegenwärtige Lage der Kirche

Heute jedoch müssen Wir darauf hinweisen, dass die Kirche bei euch in den vergangenen Jahren in eine noch schlechtere Lage geraten ist. Sicher - und das ist ein großer Trost für Uns in den zahlreichen und großen Betrübnissen - hat weder euer unerschütterlicher Glaube während eurer lang andauernden Verfolgung nachgelassen, noch ist eure heiße Liebe zum göttlichen Erlöser und seiner Kirche erkaltet. Ihr habt vielmehr diesen unerschütterlichen Glauben und diese heiße Liebe in beinahe unzähligen Fällen, von denen zwar nur ein kleiner Teil öffentlich bekannt wurde, bewahrt und erwiesen, für die alle ihr jedoch einst die ewige Belohnung von Gott erhalten werdet.

Doch halten Wir es für Unsere Pflicht, offen mit tiefster Bitternis und besorgtem Herzen zu erklären, dass die Verhältnisse bei euch durch hinterlistige Machenschaften insofern noch schlimmer geworden sind, als jene von Uns schon als falsch verworfene Lehre bis zu den extremsten Konsequenzen und im Dienste weitgehendster Schädigungen ausgebaut zu werden scheint.

Die "patriotischen Katholiken"

Denn nach einem schlauen Aktionsplan wurde die Vereinigung "patriotisch" genannter Katholiken gegründet und die Mitgliedschaft mit allen Mitteln erzwungen. Das Ziel dieser Vereinigung ist es - wie des öfteren verkündet wurde -, Klerus und Gläubige im Namen der Vaterlandsliebe zusammenzuführen, den Patriotismus zu pflegen, den Frieden unter den Völkern zu fördern und den bei euch schon begonnenen "Aufbau des Sozialismus" zu billigen und weiterzutreiben sowie den herrschenden Schichten beim so genannten Schutz der politischen und religiösen Freiheit zu helfen. Aber es ist nur allzu offensichtlich, dass eine Vereinigung solcher Art, die mit den Allgemeinplätzen vom Schutz des Friedens und des Vaterlandes einfache Menschen in den Irrtum führen kann, das Ziel verfolgt, vorsätzlich schädliche Absichten durchzusetzen. Unter dem fadenscheinigen Vorwand der Vaterlandsliebe strebt diese Vereinigung bewusst darauf hin, den Katholiken schrittweise die Gebote des atheistischen Materialismus beizubringen, in denen Gott und die Grundlagen der Religion geleugnet werden.

Unter dem Vorwand, den Frieden zu schützen, heckt diese Vereinigung falsche Verdächtigungen und Beschuldigungen aus und verbreitet sie. Viele Kleriker und Bischöfe sowie der Heilige Stuhl selbst werden angeklagt, unsinnige weltliche Herrschaftspläne zu hegen und zu pflegen, zustimmend und bewusst die Ausbeutung des Volkes zu betreiben sowie sich schließlich auf Grund vorgefasster Meinungen feindselig gegen das chinesische Volk zu betragen.

Während diese Vereinigung die Notwendigkeit der Freiheit in religiösen Dingen betont, wodurch die Beziehungen zwischen kirchlicher und weltlicher Gewalt erleichtert würden, verfolgt sie in Wirklichkeit das Ziel, die geheiligten Rechte der Kirche zurückzusetzen und nicht zu beachten und die Kirche dadurch der staatlichen Gewalt zu unterwerfen. Alle Mitglieder werden dazu aufgehetzt, die ungerechten Erlasse zu billigen, durch die die Missionare verbannt sowie Bischöfe, Priester, Mönche, Nonnen und viele Laien in den Kerker gesperrt werden. Ebenso sollen sie den Maßnahmen zustimmen, durch welche die Ausübung der Jurisdiktionsgewalt vieler rechtsmässiger Bischöfe hartnäckig verhindert wird. Darüber hinaus müssen sie Prinzipien verteidigen, die der Einheit der Kirche, der Katholizität und der hierarchischen Konstitution völlig zuwiderlaufen. Sie müssen die Unternehmen billigen, durch welche der schuldige Gehorsam des Klerus und der Gläubigen zu ihren rechtmäßigen Oberhirten untergraben und die Gemeinschaft der Katholiken zum Heiligen Stuhl gelöst wird.

Um diese unheilvollen Grundsätze leichter zu verbreiten und allen einzuprägen, benutzt diese Vereinigung so genannter patriotischer Katholiken verschiedene Mittel bis zur Anwendung von Gewalt und Unterdrückung; besonders eine genauso umfangreiche wie lärmende Pressepropaganda, Tagungen und Kongresse, bei denen auch die Nichtwilligen durch Verlockung, Drohung und Täuschung zur Teilnahme gezwungen werden. Wenn einer dabei mutig die Wahrheit verteidigen will, wird seine Stimme leicht überschrien und zum Schweigen gebracht. Er selbst wird als Feind des Vaterlandes und der neuen gesellschaftlichen Ordnung gebrandmarkt.

Die Indoktrinationen

Außerdem sind die "Schulungskurse" zu nennen, auf denen die Teilnehmer jene falsche Lehre aufzunehmen und zu verarbeiten gezwungen werden. Dazu werden Priester, Mönche und Nonnen, Seminaristen und Laien jeden Standes und jeden Alters befohlen. In fast endlosen, Wochen und Monate dauernden Vorlesungen und Diskussionen werden die Kräfte des Verstandes und des Willens ausgehöhlt, so dass den Teilnehmern eine fast mit physischer Vergewaltigung erzwungene Zustimmung abgepresst wird, die insofern fast nichts Menschliches mehr an sich hat, als sie nicht, wie es richtig wäre, der freien Entscheidung überlassen wird. Dazu kommen jene Methoden, durch die auf jede Art und Weise, privat und öffentlich, durch Nachstellung, List und Einschüchterung, Verwirrung erzeugt wird. So genannte "Bekenntnisse" werden erpresst, die Menschen werden in Lager zur "Umerziehung" getrieben, vor "Volksgerichte" werden sogar ehrwürdige Bischöfe auf schändliche Weise zur Aburteilung gezerrt.

Der Christ und sein Vaterland

Gegen diese Methoden, welche die ursprünglichsten Menschenrechte verletzen und die geheiligte Freiheit der Kinder Gottes mit Füßen treten, müssen die Gläubigen aus allen Teilen der Erde, ja alle Einsichtigen voll Abscheu mit Uns ihre Stimme erheben und diese Gewissensverletzung von Staatsbürgern beklagen. Wenn nun diese Verbrechen im Namen der Vaterlandsliebe vollbracht werden, so halten Wir es für Unsere Pflicht, allen in Erinnerung zu rufen, dass die Kirche durch ihre Lehre die Katholiken ermahnt und auffordert, ihr Vaterland aufrichtig zu lieben, die Träger der staatlichen Gewalt unter Beachtung des göttlichen, natürlichen und positiven Rechtes zu achten und wirksam mitzuarbeiten, wodurch alle die Werke gefördert werden, die zum friedlichen und geordneten täglichen Fortschritt des Vaterlandes beitragen können. Unablässig hat die Kirche dem Geist ihrer Söhne das Wort des göttlichen Erlösers eingeprägt: "Gebt dem Kaiser, was des Kaiser ist, und Gott, was Gottes ist" (Luk. 20, 25). Wir zitieren diesen Leitsatz, weil er grundsätzlich festlegt, dass die Gebote der christlichen Religion niemals mit dem wahren Nutzen und Vorteil des Vaterlandes im Widerspruch stehen. Doch muss man beachten: Wenn die Christen aus Gewissenspflicht dem Kaiser, d. h. der menschlichen Autorität, das geben müssen, was ihr zusteht, so kann der Kaiser, d. h. die politischen Gewalten, den Staatsbürgern keinen Gehorsam für das auferlegen, was Gott und nicht ihnen zusteht. Noch weniger kann Gehorsam verlangt werden für das, was die Rechte Gottes usurpiert oder die Gläubigen von ihren religiösen Pflichten abzulassen sowie von der Einheit der Kirche und ihrer rechtmäßigen Hierarchie abzufallen zwingt. In solchen Fällen werden die einzelnen Christen in ruhiger Gelassenheit und mit festem Willen zweifellos die Worte wiederholen, die der heilige Petrus und die übrigen Apostel den ersten Verfolgern der Kirche zuriefen: "Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen" (Apg. 5, 29).

Der Christ und der Friede

In geschwollener Weise sprechen die Förderer dieser Vereinigung, die den Patriotismus für sich beansprucht, immer wieder vom Frieden und fordern die Katholiken ungestüm auf, mit allen Mitteln zu seiner Festigung beizutragen. Scheinbar sind solche Worte völlig gut und recht. Denn wer ist mehr zu loben als der Wegbereiter eines festen und dauerhaften Friedens? Aber ihr wisst sehr gut, Ehrwürdige Brüder und geliebte Söhne, dass der Friede nicht auf bloßen Worten ruht und sich nicht flüchtiger, aus Opportunitätsgründen erwachsener Formeln bedient, denen dann Initiative und Taten widersprechen, die ihrerseits nicht mit dem Gedanken und den Grundsätzen des Friedens, sondern mit Hass, Zwietracht und Feindseligkeit in Einklang stehen. Der echte Friede muss von den Grundsätzen der Gerechtigkeit und der Liebe durchlebt sein, die jener "Friedensfürst" lehrte, der sich mit diesem Titel wie mit einem königlichen Ehrenzeichen schmückte. Der echte Friede ist jener, den die Kirche stiften will, der dauerhaft, gerecht und unparteiisch ist, der rechten Wertordnung entsprechend, der die Einzelbürger, die Familien und die Völker unter Achtung vor den Rechten eines jeden und besonders vor den Rechten Gottes in gegenseitiger brüderlicher Liebe und Hilfsbereitschaft verbindet.

Die Kirche erstrebt und erwartet im Geiste des Friedens eine solche Eintracht aller Völker und wünscht, dass jede Nation einen ihrer Würde entsprechenden Platz einnimmt. Die Kirche, die stets mit freundlichem Blick auf die Ereignisse und Wechselfälle eures Vaterlandes schaute, hat schon damals, als sie durch Unseren unmittelbaren Vorgänger sprach, gewünscht, dass "die legitimen Bestrebungen und die Rechte dieses zahlenmäßig größten Volkes voll anerkannt würden, dessen menschliche und bürgerliche Kultur in die älteste Vorzeit zurückreicht, dem in vergangenen Jahrhunderten bei großem Wohlstand zuweilen große Blütezeiten beschieden waren und von dem man vermuten kann, dass es auch in Zukunft große Bedeutung haben werde, sofern es nur nach Gerechtigkeit und Ehrenhaftigkeit strebt" (vgl. Botschaft Papst Pius' XI. vom 1. August 1928 an den Apostolischen Delegaten in China, AAS XX, 1928, S. 245).

Wie aus Radio- und Pressemeldungen hervorgeht, gibt es nun leider sogar im Klerus Personen, die den Verdacht und die Beschuldigung gegen den Heiligen Stuhl vorzubringen wagen, als sei er eurem Vaterland feindlich gesinnt.

[Fortsetzung folgt]