Antlitz Christi

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Das Antlitz Christi (ital. "volto santo", hl. Angesicht) ist ein überaus häufiger Gegenstand der Darstellung sakraler Kunst, weil es, wie etwa auch das Herz Jesu, eine spezielle, christozentrische Verehrung prägt.

volto santo

Das Heilige Angesicht des Erlösers wird überdies in der Gegenwart immer mehr zum "Gegenüber" religiöser Betrachtung. Ein Grund für diese Besinnung könnte die Entdeckung von 1898 sein, als das dreidimensionale Abbild auf dem Grabtuch von Turin im Fotonegativ überraschend als positive Ansicht hervortrat. Der Besuch von Papst Benedikt XVI. in Manoppello am 1. September 2006 wird weitere Aufmerksamkeit auf die Suche nach dem wahren Abbild Christi lenken. Die dortige Reliquie ist nach neuen Forschungen mutmaßlich als das bis ca. 1610 in Rom als "wahre Ikone" ("vera ikon") verehrte Bild Christi anzusehen (das so gen. Schweißtuch der Veronika).

Für eine besondere Beziehung der Heiligen zum Antlitz Christi gibt es etliche Beispiele. So hat die Hl. Therese von Lisieux ihrem Ordensnamen (Theresia vom Kinde Jesu) 1889 "et de la Sainte Face" hinzufügt. Die dialogische Situation des modernen Menschen "von Angesicht zu Angesicht" könnte in der besonderen Verehrung des Antlitzes Christi ihre adäquate Antwort gefunden haben, so wie die Herz Jesu-Verehrung seit dem 17. Jahrhundert ein notwendiges Gegengewicht zum Rationalismus setzte.

Die im 20. Jahrhundert neu ins Zentrum des Interesses gerückten Reliquien von Turin (und Manoppello), ihre Echtheit einmal unterstellt, geben der Aussage des Evangelisten Johannes (Joh 20,8) neues Gewicht ("er sah: und glaubte") und verschaffen der christlichen Kirchengeschichte ein plausibles Argument dafür, weshalb die frühe Gemeinde das jüdische Bilderverbot zu überwinden fähig war. Unaufgeklärt waren bislang auch die Gründe der zügigen Durchsetzung einer einheitlichen ikonographischen Physiognomie Jesu seit dem 4. Jahrhundert n.Chr. (vgl. Mandylion).

Weihe an das Hl. Angesicht Jesu (Auszug)

(...) Liebes Antlitz Jesu, während wir den ewigen Tag erwarten, wo wir Ihre unendliche Herrlichkeit schauen werden, besteht unser einziger Wunsch darin, Ihre göttlichen Augen zu bezaubern, indem auch wir unser Gesicht verbergen, damit uns hier auf der Erde niemand erkennen kann ... Jesus, unser Himmel, ist ja Ihr verhüllter Blick! (...)

Thérèse de l'Enfant Jesus et de la Sainte Face, 6. August 1896

Kommentar

"Meist ist die kleine Heilige ja nur mit ihrem 1. Adelsprädikat vom Kinde Jesu bekannt: Zum Lebensprogramm zahlreicher Menschen in allen Erdteilen wurde ihr Weg der geistlichen Kindheit. Freilich darf man bezweifeln, ob dieser Weg immer verstanden wurde. Bekanntlich haben André Combes, Ida Friederike Görres und Hans Urs von Balthasar die geistliche Kindheit erst einmal von so mancher kitschigen Verzerrung sowie von Nebeln der Verniedlichung befreien müssen. (...) Wenn es bei ihr um etwas nicht geht, dann ist es der Anbau noch einer Seitenkapelle an den katholischen Dom. Vielmehr stehen wir bei Theresias 2. Adelstitel vor dem Zentralmysterium ihres Lebens wie ihres göttlichen Auftrages, (...). Vom Antlitz des Gottmenschen allein, das Theresia eben nicht nur verehrt, sondern in dessen Licht sie lebt (...), geht jenes stille klare Licht aus, das uns in der gegenwärtigen "Stunde der Finsternis und der Blitze" (Papst Paul VI.) den Weg erhellen kann."

Hanswerner Reißner, Von der Gerechtigkeit zur Liebe (1985), S. 73 f.