Episcoporum delectum (Wortlaut)
Episcoporum delectum |
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Rates für die öffentlichen Angelegenheiten der Kirche
unseres Heiligen Vaters
Paul VI.
über die Kandidaten, die in der lateinischen Kirche zum Bischofsamt berufen werden
25. März 1972
(Quelle: Nachkonziliare Dokumentation – im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz, Band 38, Kleriker- und Weiherecht, Sammlung neuer Erlasse, lateinischer und deutscher Text, S. 132-151, von den Deutschen Bischöfen approbierte Übersetzung, Paulinus Verlag Trier 1977, 2. verbesserte Auflage; Imprimatur N. 26 / 23, Treveris die 3.10.1973 Vicarius Generalis Hofmann).
Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist |
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Die Auswahl der Bischöfe muss so getroffen werden, dass in das Führungsamt der Kirche „Hirten berufen werden, die Vorbild für die Herde sind aus innerem Herzensdrang" (1 Pt 5, 3). Der Apostolische Stuhl hat bereits früher durch Erlass besonderer Bestimmungen für verschiedene Nationen dafür Sorge getragen.
Jetzt ist es aber erforderlich, dass auch in diesem Punkt die Vorschriften des Zweiten Vatikanischen Konzils rechtsverbindlich wirksam werden. Daher hat Papst Paul VI. zu dieser Frage die Wünsche vieler Mitbrüder im Bischofsamt gehört, die Meinungen der zuständigen Kurienbehörden erfragt und daraufhin bestimmt, dass ausgeführt werde, was in Nr. 10 des Motu Proprio "Ecclesiae Sanctae" gesagt ist: "Die Bischofskonferenzen sollen nach Normen, die vom Apostolischen Stuhl aufgestellt sind oder noch aufgestellt werden, jährlich in kluger und geheimer Besprechung über Geistliche, die im Bereich der Bischofskonferenz zu Bischöfen erhoben werden könnten, beraten und die Namen der Kandidaten dem Apostolischen Stuhl vorlegen." Er hat deshalb angeordnet, dass über diese Frage mit größter Sorgfalt ein Textentwurf erarbeitet und den Bischofskonferenzen zur Prüfung unterbreitet werde.
Nachdem dies alles geschehen ist, hat der Papst die beigefügten Normen über die Geistlichen approbiert, die in der Lateinischen Kirche zum Bischofsamt berufen werden können. Diese Normen treten am 21. Mai 1972 in Kraft. Gleichzeitig werden alle eingangs erwähnten Sonderregelungen aufgehoben. Das den Orientalischen Kirchen eigene Recht wird dadurch nicht berührt.
Alle entgegenstehenden Bestimmungen sind aufgehoben.
NORMEN ÜBER DIE KANDIDATEN, DIE IN DER LATEINISCHEN KIRCHE ZUM BISCHÖFLICHEN DIENST BERUFEN WERDEN
ARTIKEL I
1 Es ist Recht und Pflicht der Bischöfe, dem Vorschlagsrecht dem Apostolischen Stuhl solche Priester aus ihren Diözesan- und auch aus dem Ordensklerus, sofern sie im Diözesanen Dienst stehen, zu benennen, die nach ihrem Urteil würdig und geeignet für den bischöflichen Dienst sind. Auch Priester aus einem anderen Jurisdiktionsbereich, die ihnen gut bekannt sind, können sie nennen.
2 Um diese hohe, nicht leichte Aufgabe zu erfüllen, müssen die einzelnen Diözesanbischöfe wie auch die anderen Ortsordinarien, ausgenommen die Generalvikare, sich um genaue Kenntnis der Kandidaten und um alle erforderlichen Informationen bemühen. Diese Auskünfte sollen sie entweder selbst oder je nach Lage in der Weise einholen, dass sie sich innerhalb ihres Jurisdiktionsbereichs mit Priestern aus dem Domkapitel oder dem Gremium der Diözesankonsultoren, aus dem Priesteramt und aus dem Diözesan- und Ordensklerus wie auch mit Laien beraten. Das darf jedoch nicht auf Sitzungen der betreffenden Organe geschehen.
3 In jenen kirchlichen Bezirken, die Missionsinstituten anvertraut sind, steht nach der in der Kongregation für die Evangelisation der Völker üblichen Praxis den entsprechenden Generaloberen das Recht zu, Kandidaten aus ihrem Institut vorzuschlagen. Dem Apostolischen Stuhl bleibt es aber vorbehalten, anders vorzugehen, wenn er es für opportun hält.
ARTIKEL II
1 Die Namen der Kandidaten sollen in der Regel von den Bischöfen auf ihren Konferenzen besprochen und vorgeschlagen werden. Doch hat auch jeder einzelne Bischof und jeder der in Art, I Nr. 2 genannten Ordinarien das Recht, dem Apostolischen Stuhl Kandidaten unmittelbar vorzuschlagen.
2 Die Bischofskonferenzen, um die es sich hier handelt, sind Herkömmlicherweise Bischofskonferenzen der Kirchenprovinzen, die aus den Bischöfen und den anderen oben genannten Ordinarien der betreffenden Kirchenprovinz bestehen. Besondere örtliche Umstände können interprovinziale, regionale oder nationale Konferenzen nahe legen; davon ist jedoch der Apostolische Stuhl vorher in Kenntnis zu setzen.
ARTIKEL III
1 An dieser Konferenz nehmen mit den gleichen Rechten alle Bischöfe der Provinz, der Region oder des Landes teil, die nach dem Statut der betreffenden Bischofskonferenz dieser mit beschließendem Stimmrecht angehören,
2 Die Tagesordnung vorzubereiten und die Konferenz zu leiten, ist bei Konferenzen auf Provinzebene Aufgabe der Metropoliten oder bei seiner Abwesenheit Aufgabe des ältesten Suffraganbischofs; bei regionalen oder nationalen Konferenzen Aufgabe des Vorsitzenden der Bischofskonfeferenz.
ARTIKEL IV
1 Die Konferenzen sollen nach der Vorschrift von Motu Proprio "Ecclesiae Sanctae" (Teil I) Nr. 10 in regelmäßigen Zeitabständen gehalten werden. Es ist angebracht, sie dann anzusetzen, wenn die Bischöfe zur gewohnten Tagung zusammenkommen.
2 Zu bestimmter Zeit sollen die Konferenzen dazu einberufen werden, dass die Bischöfe Kandidaten vorschlagen oder gegebenenfalls über bereits früher vorgeschlagene Kandidaten sich weitere Auskünfte verschaffen. Es kann auch sein, dass einer der früher vorgeschlagenen Kandidaten nicht mehr auf der Liste stehen bleiben kann wegen vorgerückten Alters oder wegen Krankheit oder aus irgendeinem anderen Grund, durch den er für das Bischofsamt untauglich geworden ist.
ARTIKEL V
Angemessene Zeit vor Konferenzbeginn sollen jene, die zur Teilnahme berechtigt und verpflichtet sind, die Namen der Vorzuschlagenden dem Vorsitzenden zusenden, der sich seinerseits bemühen soll, den Konferenzmitgliedern die vollständige Namensliste mit der nötigen Vorsicht mitzuteilen.
Diese sollen die Namen der Kandidaten prüfen und von jedem anmerken, was sie genau wissen.
ARTIKEL VI
1 Die Auskünfte und die Bemerkungen über die einzelnen Kandidaten sollen sich die Bischöfe mitteilen und dabei erklären, ob sie die Information aus eigener Kenntnis geben oder sie als von anderen gehört weitergeben.
2 Die Kandidaten sind so zu prüfen, dass Klarheit darüber besteht, ob sie jene Gaben besitzen, mit denen ein guter Seelenhirt und Lehrer des Glaubens unbedingt ausgerüstet sein muss: ob sie nämlich in gutem Ruf stehen, einen untadeligen Lebenswandel führen, urteilsfähig und klug sind, einen ausgeglichenen und festen Charakter besitzen, ob sie am rechten Glauben beharrlich festhalten, dem Apostolischen Stuhl wie auch dem kirchlichen Lehramt treu ergeben sind; ob sie gründliche Kenntnis der Dogmatik, Moraltheologie und des Kirchenrechts haben, sich auszeichnen durch Frömmigkeit, Opfergeist und pastoralen Eifer und zum Führungsamt geeignet sind. Ferner ist zu achten auf hohe Intelligenz, Studiengang, soziale Gesinnung, darauf, dass sie dialog- und kooperationsfähig sowie zeitoffen sind und sich in lobenswerter Weise bemühen, unparteiisch zu sein; auch Familienherkunft, Alter, Gesundheit und etwaige Erbanlagen sind zu berücksichtigen.
ARTIKEL VII
1 Nach Abschluss der mündlichen Aussprache ist über jeden einzelnen Kandidaten entweder schriftlich oder in anderer geeigneter Weise durch Stimmabgabe oder Stimmenthaltung abzustimmen.
2 Die Abstimmung muss geheim sein, damit die Wahlfreiheit gewährleistet bleibt. Es ist angebracht, dass außer dem Votum angegeben wird, für welche Diözese oder für welches Amt man den Kandidaten am geeignetsten hält.
3 Nach der Abstimmung sind die Stimmzettel so zu überprüfen, dass eine genaue Stimmauszählung gesichert ist.
4 Wenn es angebracht erscheint, kann der Vorsitzende die Bischöfe zu einer neuen Aussprache über einen oder mehrere Kandidaten auffordern und für eine abermalige Abstimmung sorgen, damit die besonderen Merkmale eines Kandidaten desto klarer hervortreten.
ARTIKEL VIII
1 Vor Abschluss der Konferenz ist eine Liste, jener aufzustellen, die als würdig und geeignet für das Bischofsamt dem Apostolischen Stuhl vorgeschlagen werden sollen.
2 Gleichfalls vor Abschluss der Konferenz ist alles zu vernichten, woraus sich die Stimmabgabe der einzelnen erschließen lässt. Über alles, was auf der Konferenz verhandelt wurde, ist nach Norm des Rechtes ein Protokoll anzufertigen.
3 Sehr zu wünschen ist, dass die Bischöfe nicht auseinandergehen, bevor das Protokoll verlesen, gebilligt und unterschrieben ist.
ARTIKEL IX
Der Vorsitzende der Konferenz hat durch den päpstlichen Legaten ein vollständiges Sitzungsprotokoll und die Liste der Kandidaten an den Apostolischen Stuhl einzusenden.
ARTIKEL X
1 In den Ländern, in denen mehrere Kirchenprovinzen bestehen, soll die Kandidatenliste, die auf einer Provinzial- oder Regionalkonferenz aufgestellt wurde, dem Vorsitzenden der nationalen Bischofskonferenz zur Kenntnisnahme übergeben werden, wenn Zweidrittel der mit beschließendem Stimmrecht der nationalen Bischofskonferenz angehörenden Mitglieder dieses für angebracht halten, damit der Vorsitzende der nationalen Bischofskonferenz im Hinblick auf die Erfordernisse und Gegebenheiten des ganzen Landes zusätzliche Bemerkungen und Angaben machen kann.
2 Falls die in Nr. 1 bestimmte Mehrheit der Mitglieder der nationalen Bischofskonferenz es für angebracht hält, kann festgelegt werden, dass das ständige Gremium der Konferenz oder eine nicht zu große aus Mitgliedern der Vollversammlung für bestimmte Zeit gewählte Sonderkommission unter Leitung des Vorsitzenden der nationalen Konferenz die in Nr. 1 genannten Bemerkungen und Angaben macht.
ARTIKEL XI
1 Wenn dem Apostolischen Stuhl Kandidaten für einen bischöflichen Dienst benannt werden sollen, sind die Listen der Bischofskonferenz der Kirchenprovinz oder in den in Art. II Nr. 2 genannten Fällen die Listen der regionalen oder nationalen Bischofskonferenz zu berücksichtigen.
2 Diese Listen beeinträchtigen jedoch nicht, die Freiheit des Papstes, dem auf Grund seines Amtes Stuhles an immer das Recht zusteht, auch von anderer Seite die Listen vorgeschlagene Männer auszuwählen und zu ernennen.
ARTIKEL XII
1 Bevor ein Kandidat zum Bischof ernannt wird, führt der Apostolische Stuhl sorgfältige und weitgehende Nachforschungen über ihn durch. Er konsultiert einzeln dazu Persönlichkeiten, die den Kandidaten gut kennen und imstande sind, zuverlässige Informationen und ein kluges, vor Gott wohlüberlegtes Urteil zu geben.
2 Die Durchführung dieser Untersuchung wird dem Päpstlichen Legaten übertragen, der entsprechend formulierte Fragen Geistlichen (Bischöfen, Priestern, Ordensmännern) vorlegt, Auf gleiche Weise können auch kluge und wirklich bewährte Laien befragt werden, die nützliche Kenntnis von dem Kandidaten haben.
ARTIKEL XIII
1 Wenn es sich darum handelt, eine Diözese zu besetzen oder einen Koadjutor mit Nachfolgerecht einzusetzen, fordert der Päpstliche Legat vom Kapitelsvikar vom Apostolischen Administrator oder Lage im Bistum vom Diözesanbischof selbst einen ausführlichen und sorgfältigen Bericht über den Stand und die Erfordernisse der Diözese an. Auch der Klerus und die Laien können befragt werden, vor allem die nach kanonischem Recht eingesetzten Gremien und deren Organe; desgleichen können Ordensleute befragt werden.
2 Abgesehen von jenen Fällen die durch Sonderrecht, Gewohnheit oder auf andere Welse rechtmäßig ausgenommen sind, bezüglich des sogenannten, dem Apostolischen Stuhl vorzulegenden Dreiervorschlags von Kandidaten, ist es Aufgabe des Päpstlichen Legaten einzeln zu befragen: den Metropoliten und die Suffraganbischöfe der Provinz, zu der die zu besetzende Diözese gehört oder an deren Konferenz sie teilnimmt, sowie den Vorsitzenden der nationalen Bischofskonferenz. Der Päpstliche Legat übermittelt die Äußerungen mit seiner eigenen Stellungnahme dem Apostolischen Stuhl. Außerdem kann er, wenn er es für opportun hält, einige Persönlichkeiten aus dem Domkapitel oder dem Gremium der Diözesankonsultoren sowie aus dem Diözesan- und Ordensklerus hören, vor allem Mitglieder des (bei besetztem Bischofsstuhl bestehenden) Priesterrats.
3 Wenn es sich darum handelt, Weihbischöfe zu ernennen, sollen jene, die das Vorschlagsrecht haben, in entsprechender Weise ähnlich verfahren.
ARTIKEL XIV
Alle, nämlich Bischöfe, Päpstliche Legaten, Priester wie Gläubige, die an der Durchführung dieser Anordnungen irgendwie beteiligt sind, müssen das sogenannte Päpstliche Amtsgeheimnis wahren, wie es die Sache selbst und die Rücksicht auf die in Frage stehenden Personen verlangt.
ARTIKEL XV
Unbeschadet des Wunsches des Zweiten Vatikanischen Konzils in Nr. 20 des Dekretes „Christus Dominus" über die Hirtenaufgabe der Bischöfe in der Kirche bezüglich der freien Bischofsernennung, werden die rechtmäßig gewährten oder wohlerworbenen Privilegien und die besonderen Verfahrensweisen, die vom Apostolischen Stuhl vertraglich vereinbart oder in anderer Weise approbiert sind, durch die vorstehenden Normen weder außer Kraft gesetzt noch sonst wie in ihrer Geltung eingeschränkt.