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Version vom 20. September 2007, 02:34 Uhr
Inhaltsverzeichnis
Biographie
Papst Pius X. wurde als Giuseppe Melchiore Sarto in Riese bei Treviso am 2. Juni 1835 als Sohn wenig wohlhabender Eltern geboren. Er starb am 20. August 1914, unter dem Eindruck des Weltkrieges, im allgemeinen Ruf persönlicher Heiligkeit. Papst Pius XII., der ihn persönlich sehr verehrte, hat seinen mittelbaren Vorgänger und Förderer am 3. Juni 1951 seliggesprochen und bereits am 29. Mai 1954, im Marianischen Jahr, förmlich kanonisiert. Pius X. ist damit einer von nur fünf heiligen Päpsten des gesamten II. Jahrtausends der Kirchengeschichte und der erste heiliggesprochene Papst seit Pius V.
Sarto trat im Alter von 15 Jahren zu Padua in das Seminar ein und wurde, nach Absolvierung des üblichen Bildungsgangs, am 18. September 1858 zum Priester geweiht. Nach Kaplansjahren in Tombolo wurde er 1867 Pfarrer in Salzano und 1875 Kathedralkanoniker in Treviso, wo er Kanzler der bischöflichen Kurie und Direktor des Seminars war. Seit 1884 Bischof von Mantua, erhob Papst Leo XIII. seinen Nachfolger am 12. Juni 1893 zum Kardinal (Titelkirche: S. Bernardo alle Terme) und ernannte ihn zum Patriarchen von Venedig.
Pontifikat
Das Konklave nach dem Ableben des über 25 Jahre regierenden Leo versammelte 62 Kardinäle, die sich mit der Wahl zunächst schwer taten. Der Kardinal-Fürsterzbischof von Krakau sprach namens des Kaisers in Wien ein Veto gegen den Favoriten Mariano Rampolla del Tindaro aus, den Staatssekretär des verstorbenen Papstes. Doch auch unabhängig davon zog Kardinal Sarto mehr und mehr Stimmen auf sich. Er wehrte sich gegen die Wahl, die schließlich am 4. August 1903 mit großer Einmütigkeit folgte: Der neue Papst erhielt 50 Stimmen im 7. Wahlgang (Krönung am 9. August im Petersdom). Erstmals seit Jahrhunderten (wahrscheinlich seit Coelestin V.) wurde ein Papst ganz ohne diplomatische oder kuriale Erfahrungen gewählt, der bislang ausschließlich pastoral tätig war.
Der insbesondere in Italien überaus populäre Pius X. stellte sein energisches Programm bereits mit der Antrittsenzyklika vom 4. Oktober 1903 unter das Leitwort "Omnia instaurare in Christo" und führte Reformen durch, die teils massiv mit liebgewordenen Traditionen brachen. Er förderte die eucharistische Frömmigkeit, die häufige Kommunion, die Frühkommunion der Kinder, die Priesterbildung und die Kirchenmusik. Er gab Anstöße zur Liturgiereform, reformierte die Römische Kurie durchgreifend und gab eine gänzlich neue, erstmalige Kodifikation des gesamten kirchlichen Rechts in Auftrag, die 1917 abgeschlossen werden konnte.
In der internationalen Diplomatie wenig bewandert, riskierte er um 1905 einen schweren Konflikt mit Frankreich, da er die dort eingeführte rigorose Trennung von Staat und Kirche nicht billigen konnte. Die moderne Tendenz französischer Theologie war zugleich der Hauptangriffspunkt des mit großer Vehemenz geführten Kampfes gegen die von Pius X. als Modernismus zusammengefasste Versuchung, in der Theologie die Lehre der Kirche dem momentanen wissenschaftlichen Erkenntnisstand unterzuordnen. Die Brüchigkeit des optimistischen Humanismus der "guten alten Zeit" hat sich in der Katastrophe des 1. Weltkriegs dann so grausam bewahrheitet, dass die kritische Position des Papstes auf furchtbare Weise bestätigt wurde.
In der eigentlichen Fachdiskussion hatte Pius X. mit der Enzyklika Pascendi, und der vorausgegangegen Instruktion des Hl. Offiziums Lamentabili sane exitu (die überwiegend Sätze von Alfred Loisy verwarf), beide von 1907, dem Modernismus bereits den Todesstoß versetzt. Fast sämtliche Theologen wandten sich von diesen Lehrmeinungen ab, ohne dass die aufgeworfenen Fragen jedoch hinreichend konstruktiv erörtert worden waren. Das leisteten später u.a. die Dokumente des II. Vatikanischen Konzils, insbesondere Dei Verbum und Lumen Gentium.
Das Programm, das Pius X. dem Papsttum des 20. Jahrhunderts vorgab, blieb für sämtliche Nachfolger in hohem Maße vorbildlich. Die vormals tadellose Reputation des Hl. Papstes in der europäischen katholischen Öffentlichkeit leidet seit den 1970er Jahren jedoch darunter, dass der Traditionalismus den antimodernen Kurs Pius X., der zu seiner Zeit alternativlos war, in die Zukunft meint verschärft fortschreiben zu müssen. Dabei werden jedoch nur bestimmte Teilaspekte der Lehre Pius X. herausgegriffen, die, außerhalb des Kontextes vitalen kirchlichen Lebens, gelegentlich wie Leerformeln zur defensiven Identitätsfeststellung verwendet werden.
Pius X. zielte energisch auf eine universale, insbesondere gesellschaftliche Geltung der wahren Religion. Um dasselbe Ziel zu erreichen, hat sein Verehrer und Nachfolger Johannes XXIII. die Erfolg versprechende Methode des Aggiornamento gewählt. Die Saat dieser beiden Patriarchen von Venedig, die im 20. Jh. auf den Stuhl Petri berufen wurden, ist bereits anfanghaft aufgegangen.
Wichtige Entscheidungen
- 20. Dezember 1905: Dekret "Sacra Tridentina Synodus" (DH 3375 ff.) tägliche Kommunion
- 8. September 1907: Enzyklika "Pascendi dominici gregis" (DH 3475 ff.) Verurteilung des Modernismus
- 18. November 1907: Motu proprio "Praestantia Scripturae" (DH 3503) Bibelkommission
Die Schreiben des Papstes werden in der Liste von Lehramtstexten gesammelt.
Literatur
- Anton de Waal, Papst Pius X. Ein Lebensbild des heiligen Vaters. Mit einem Rückblick auf die letzten Tage Leos XIII, München 1904.
- Wilhelm Hünermann, Brennendes Feuer. Papst Pius X., Innsbruck u.a. 1954.
Weblinks
- Eintrag im Biographisch-Bibliographischen Kirchenlexikon (BBKL)
- Eintrag in der Catholic Encyclopedia (engl.)
- Rundbrief der Benediktinerabtei St-Joseph de Clairval von Flavigny
Vorgänger Leo XIII. |
Papst 1903 - 1914 |
Nachfolger Benedikt XV. |