Ingruentium malorum (Wortlaut)

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Enzyklika
Ingruentium malorum

von Papst
Pius XII.
Das Rosenkranzgebet und die Not unserer Zeit
15. September 1951

(Offizieller lateinischer Text AAS 43 [1951] 577-582)

(Quelle: Rudolf Graber: Die marianischen Weltrundschreiben der Päpste in den letzten hundert Jahren, Echter-Verlag Würzburg 19542, S. 203-208; Mit kirchlicher Druckerlaubnis. Die Nummerierung folgt der englischen Fassung [1])

Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist


Rosenkranz als Herz.jpg
Ehrwürdige Brüder,
Gruß und Apostolischen Segen

Marienliebe des Papstes und des katholischen Volkes

1 Beim Anblick der hereinbrechenden übel haben Wir, seitdem Wir durch den Ratschluss der göttlichen Vorsehung auf die Höhe des Stuhles Petri berufen worden sind, niemals aufgehört, dem so mächtigen Schutz der Gottesmutter die Geschicke der Menschheitsfamilie anzuvertrauen. Wir haben zu diesem Zwecke, wie ihr wohl wisst, wiederholt aufmunternde Hirtenschreiben erlassen.

2 Es ist euch, ehrwürdige Brüder, auch bekannt, mit welchem Eifer und mit welch freudiger Bereitschaft und Einmütigkeit die christlichen Völker allenthalben auf Unsere Einladung geantwortet haben. Großartige Kundgebungen des Glaubens und der Liebe zur erhabenen Himmelskönigin haben dies mehrfach in schönster Weise erwiesen, vor allem jenes Ereignis, das den ganzen Erdkreis mit Freude erfüllte und das Wir im Vorjahr gewissermaßen mit Unseren eigenen Augen schauen durften, als Wir auf dem Petersplatz, umgeben von einer unermesslichen Menge von Gläubigen, feierlich verkündeten, die seligste Jungfrau Maria sei mit Leib und Seele in den Himmel aufgenommen.

3 So schön die Erinnerung an all diese Dinge ist und so sehr sie Uns ermutigt, weiterhin fest auf die göttliche Barmherzigkeit zu hoffen, so fehlt es indessen in der Gegenwart nicht an mancherlei Gründen, die Unser väterliches Herz bedrücken und mit tiefer Traurigkeit und Angst erfüllen.

Die düstere Zeitlage und der Ansturm der Gottlosigkeit

4 Ihr kennt ja, ehrwürdige Brüder, unsere wahrhaft schlimmen Zeitverhältnisse: Die brüderliche Einheit unter den Nationen, die schon seit so langer Zeit zerrissen ist, sehen Wir noch nicht überall wiederhergestellt; im Gegenteil, überall gewahren Wir, wie die Geister von Hass und Feindseligkeiten zerrüttet werden, und immer noch liegt die Drohung neuer blutiger Konflikte über den Völkern. Dazu kommt der ganz verheerende Sturm der Verfolgungen, der in mehreren Teilen der Welt gegen die Kirche wütet und sie aufs schmerzlichste heimsucht, und zwar durch Freiheitsberaubung, durch Verleumdungen und Bedrängnis jeder Art, und mitunter sogar durch Vergießung von Märtyrerblut.

5 Wir sehen, wie zahlreiche Unserer Söhne in jenen Gegenden vielen und großen Nachstellungen ausgesetzt sind, einzig zu dem Zwecke, dass sie den Glauben ihrer Väter verleugnen und die Einheit mit dem Apostolischen Stuhl jammervoll preisgeben sollen. Schließlich können Wir auch keineswegs mit Schweigen über ein neues Verbrechen hinweggehen, auf das Wir mit tiefem Schmerz nicht nur eure Aufmerksamkeit, sondern auch jene des ganzen Klerus, der einzelnen Eltern und auch der staatlichen Obrigkeiten hinzulenken wünschen: Wir meinen jenen verruchten und gottlosen Ansturm gegen die zarte Unschuld der Jugend. Nicht einmal das unschuldige Kindesalter wird verschont, vielmehr wagt man es, leider, frevlerisch gerade diese Blumen in dem mystischen Garten der Kirche zu vernichten, die die schönste Hoffnung der Religion und der Kirche bilden. Wenn man all dies bedenkt, so ist es kein Wunder, dass die Völker weithin unter der Last der göttlichen Züchtigungen seufzen und von der Furcht vor noch größeren Heimsuchungen so sehr bedrückt werden.

Maria hilft

6 Trotzdem darf der Gedanke einer so unheil drohenden Lage uns nicht niederdrücken, ehrwürdige Brüder; eingedenk vielmehr jenes göttlichen Wortes: "Bittet, und es wird euch gegeben werden, suchet, und ihr werdet finden" (Lk 11,9), eilt mit nur noch um so größerem Vertrauen zur Gottesmutter, bei der das christliche Volk in den Stunden der Gefahr stets seine besondere und gewohnte Zuflucht gefunden hat; ist sie ja "die Ursache des Heiles für das ganze Menschengeschlecht geworden" (S. Irenäus, Adv. haer. 3, 22; MG 7, 959.).

Der Oktober-Rosenkranz

7 Deshalb schauen Wir mit freudiger Erwartung und neuer Hoffnung auf den wiederkehrenden Monat Oktober. Es ist ein frommer Brauch, dass während dieser Zeit die Gläubigen häufiger in die Kirchen kommen, um ihre Gebete mittels des heiligen Rosenkranzes an Maria zu richten.

8 Es ist Unser Wunsch, ehrwürdige Brüder, dass dieses Gebet in diesem Jahr mit noch größerem Eifer verrichtet werde, so wie dies durch die wachsende Not geboten ist. Ist Uns doch in der Tat nur zu gut bekannt, wie wirksam und machtvoll dieses Gebet die mütterliche Hilfe der allerseligsten Jungfrau herabruft. Und obgleich dieses Gebet sicherlich nicht das einzige Mittel ist, um diese Hilfe zu erwirken, so sind Wir dennoch der Meinung, dass das marianische Rosenkranzgebet das beste und wirksamste Mittel dazu ist; dies legt übrigens auch sein mehr himmlischer als irdischer Ursprung sowie seine innerste Natur uns nahe.

Das Wesen des Rosenkranzgebetes

Gibt es denn tatsächlich Gebete, die sich blumengleich besser und schöner zum mystischen Kranze winden ließen als das Gebet des Herrn und der Englische Gruß? Wenn man dann außerdem zu den mündlichen Gebeten die Betrachtung der heiligen Geheimnisse hinzufügt, so erwächst daraus ein anderer sehr großer Vorteil, nämlich, dass alle, auch die einfachsten und am wenigsten unterrichteten Menschen darin ein leicht zu gebrauchendes Mittel finden, um ihren Glauben zu vermehren und zu behüten.

9 Die häufige Betrachtung der Geheimnisse lässt die Seelen unmerklich die in denselben liegende Kraft verspüren und sie davon allmählich ganz durchdrungen werden; die Hoffnung auf die übernatürlichen Güter wird außerordentlich gestärkt; kraftvoll und milde zugleich werden wir zum Wandel in den Fußstapfen Christi und seiner Mutter angeregt. Das Beten mit seiner Wiederholung immer gleichlautender Formeln, weit entfernt, es fruchtlos und langweilig zu machen, besitzt im Gegenteil, wie die Erfahrung lehrt, die wunderbare Kraft, dem Betenden Vertrauen einzuflößen und dem mütterlichen Herzen Mariens sanfte Gewalt anzutun.

Der Rosenkranz in der Familie

10 Es sei euch, ehrwürdige Brüder, daher eine Herzenssache, dafür zu sorgen, dass die Christgläubigen die günstige Gelegenheit des kommenden Rosenkranzmonats dazu benützen, dieser heilsamen Gebetsübung aufs fleißigste nachzukommen. Sie sollen dieses Gebet von Tag zu Tag mehr schätzen und pflegen!

11 Auf eure Anregung hin möge das christliche Volk in besonderer Weise den Wert, die Wirkkraft und die Vorzüge dieses Gebetes erfahren.

12 Einen besonderen Herzenswunsch aber möchten Wir hier aussprechen, nämlich den, dass im häuslichen Bereich allenthalben der Brauch des Rosenkranzgebetes wieder aufblühe, dass dieser Brauch ehrfürchtig gehütet werde und neue Verbreitung finde. Vergeblich wird man der zusammenbrechenden bürgerlichen Gesellschaft Heilung zu bringen suchen, wenn nicht die häusliche Gemeinschaft, dieser Ursprung und Urgrund allen menschlichen Zusammenlebens, mit allem Ernst zu den Richtlinien des Evangeliums zurückgeführt wird.

13 Gerade für die Durchführung dieser überaus schwierigen Aufgabe erklären Wir nachdrücklich den Brauch des häuslichen Rosenkranzgebetes für besonders geeignet. Was ist das doch für ein liebliches und überaus gottgefälliges Schauspiel, wenn bei Tagesschluss das christliche Haus vom wiederholten Lobgebet auf die erhabene Himmelskönigin erfüllt ist! Das ist die Stunde, wo dieses Gemeinschaftsgebet Eltern und Kinder, die von des Tages Arbeit heimkehren, vor dem Bilde der allerseligsten Jungfrau in wunderbarer seelischer Einheit versammelt und verbindet; ja, es verbindet sie auch in frommer Weise mit den Abwesenden und mit den Verstorbenen und schlingt endlich um sie alle noch enger das süße Band der Liebe zur allerseligsten Jungfrau Maria; als liebevollste Mutter wird sie im Kreise ihrer Kinder mitten unter ihnen zugegen sein und ihnen in reichem Maße die Gaben der Eintracht und des häuslichen Friedens schenken.

14 So wird das Heim der christlichen Familie dem Vorbild der heiligen Familie zu Nazareth gleichen; es wird eine Wohnstätte der Heiligkeit auf Erden, ja gleichsam ein Tempel werden, in dem der marianische Rosenkranz nicht allein als die bevorzugte Art und Weise des Gebetes täglich mit lieblichem Duft gen Himmel emporsteigt, sondern sich als erfolgreichste Schule christlicher Lebensart und christlicher Tugend erweist. Die Betrachtung der wunderbaren Erlösungsgeheimnisse wird nämlich bewirken, dass die Erwachsenen auf Grund des herrlichen augenfälligen Beispiels von Jesus und Maria sich darangewöhnen, dieses auch in das tägliche Leben umzusetzen; sie werden daraus in Nöten und Bedrängnissen Trost schöpfen und von diesen Vorbildern angespornt zu ihrem eigenen Besten zu jenen himmlischen Gütern und Schätzen zurückgeführt werden, "an die kein Dieb kommt und die keine Motte verzehrt" (Lk 12,33). In die Seele der Kinder aber senkt diese Betrachtung der Rosenkranzgeheimnisse die Grundwahrheiten des christlichen Glaubens so ein, dass in ihren unschuldigen Herzen gleichsam von selber die Liebe zum gütigsten Heiland aufblüht, wenn sie durch das leuchtende Vorbild ihrer Eltern, die vor der Majestät Gottes anbetend das Knie beugen, schon von zarter Kindheit an durch Erfahrung lernen, wie viel das Gemeinschaftsgebet vor Gottes Thron vermag.

Der Rosenkranz das Heilmittel für die Nöte der Zeit

15 Aufs neue also und mit Nachdruck bekennen Wir unbedenklich, dass Wir Unsere große Hoffnung auf den marianischen Rosenkranz setzen, um Heilung für die Nöte unserer Zeit zu erlangen; denn die Kirche stützt sich nicht auf Gewalt und Waffen, auch nicht auf menschliche Hilfsquellen, sondern allein auf die Hilfe von oben, wie sie gerade durch solche Gebete gewonnen wird; die Kirche gleicht hierin David, der nur mit einer Schleuder ausgerüstet war, und so geht sie unerschrocken gegen den höllischen Feind zum Angriff über, dem sie die Worte des Hirtenknaben entgegenrufen kann: "Du kommst zu mir mit Schwert, Lanze und Schild; im aber komme zu dir im Namen des Herrn der Heerscharen...; und all dies Volk hier soll erkennen, dass nicht durch Schwert und Lanze der Herr die Rettung bringt" (1 Kön 17,44.49).

16 Deshalb, ehrwürdige Brüder, ist es Unser sehnlichster Wunsch, dass alle Gläubigen eurem Beispiel und eurer Mahnung folgen und Unserer eigenen väterlichen Aufforderung einmütig und einstimmig mit derselben Glut der Liebe in Ehrfurcht entsprechen. Wenn das Böse und die Kraftanstrengungen der Bösen immer weiter anwachsen, so soll in gleicher Weise von Tag zu Tag mehr auch der fromme Sinn aller Guten erstarken und seine Kraft entfalten! Ihr Streben soll darauf gerichtet sein, von unserer liebreichsten Mutter gerade durch das ihr sicherlich so liebe Rosenkranzgebet zu erflehen, dass für die Kirche und die menschliche Gesellschaft möglichst bald wieder bessere Zeiten anbrechen!

17 Unser aller Gebet aber soll dahin gehen, es möge die mächtige Gottesmutter bestürmt von den Bitten ihrer vielen Kinder, von ihrem eingeborenen Sohne die Gnade erwirken, dass diejenigen, die unglückseligerweise vom Wege der Wahrheit und der Tugend abgeirrt sind, in sich gehen und wieder zurückfinden; dass Hasserfüllte Feindseligkeiten, diese wirklichen Quellen aller Zwietracht und aller Art von Elend, glücklich beigelegt werden; dass ferner der Friede, der wahre, gerechte und aufrichtige Friede, über jedem einzelnen und über den häuslichen Gemeinschaften, den Völkern und Nationen glückverheißend aufleuchte; endlich dass den Rechten der Kirche, wie es göttlicher Anordnung entspricht, sicherer Schutz zuteil werde, und dass jener segensreiche Einfluss, der von der Kirche ausgeht, ungehindert in die Herzen der Menschen, in die bürgerlichen Stände, sogar in die Adern des staatlichen Lebens einströmen könne. Auf diese Weise könnte die Völkerfamilie zu einem Bruderbund vereinigt und zu jenem Wohlstand geführt werden, der die Pflichten und Rechte aller gerecht verteilt, sie schützt und ordnet, einem Wohlstand, der niemand verletzt und der auf Grund des Aufeinanderangewiesenseins und der wechselseitigen freundschaftlichen Zusammenarbeit mit jedem Tag zunehmen möge!

Gebet für die Gefangenen und Verfolgten

18 Vergesst auch nicht, ehrwürdige Brüder und geliebte Söhne, wenn nun wieder der marianische Rosenkranz im Gebet durch eure Hände gleitet, vergesst dabei nicht, so wiederholen Wir, die unglücklichen Opfer der Kerker und Konzentrationslager und jene, die noch in Gefangenschaft gehalten werden. Ihr wisst ja, dass darunter auch Bischöfe sich befinden, die nur deswegen von ihren Bischofssitzen vertrieben wurden, weil sie die geheiligten Rechte Gottes und der Kirche heldenmütig verteidigt haben; darunter sind ferner Söhne, Väter und Mütter von Familien, die aus ihrem häuslichen Heim gewaltsam in weite Ferne weggeschleppt wurden und nun in unbekannten Ländern und unter unbekannten Himmelsstrichen im Elend leben.

19 So wie Wir diese Unglücklichen alle mit ganz besonderer Liebe umhegen und väterlichen Herzens umfangen, so sollt auch ihr euch von jener brüderlichen Liebe, die die christliche Religion entzündet und vermehrt, leiten lassen. Im Verein mit Uns sollt ihr in flehentlichem Gebet vor dem Altar der jungfräulichen Gottesmutter diese Unglücklichen ihrem mütterlichen Herzen anempfehlen. Zweifellos wird sie selber deren Leiden liebevoll mildern und lindern und ihnen die Hoffnung auf den ewigen Lohn vor Augen stellen; sie wird auch, worauf Wir fest vertrauen, sobald als möglich all dem Elend ein Ende machen.

20 Wir zweifeln auch nicht daran, ehrwürdige Brüder, dass ihr in eurem gewohnten Eifer und gewissenhaft diese Unsere väterlichen Mahnworte Eurem Klerus und Volke zur Kenntnis bringen werdet und zwar in einer Weise, die euch am geeignetsten scheint. Ebenso sind Wir gewiss, dass alle Unsere Kinder in Christo auf dem weiten Erdenrund gern und willig dieser Unserer Einladung Folge leisten werden.

21 Als Beweis Unseres Wohlwollens und als Unterpfand himmlischer Gnaden erteilen Wir euch allen und jedem einzelnen und eurer euch anvertrauten Herde, namentlich aber denen, die nach dieser Unserer Meinung besonders im Oktober fromm den Rosenkranz beten, in aller Liebe den Apostolischen Segen.

Gegeben zu Rom bei St. Peter, am 15. September, dem Feste der Sieben Schmerzen Mariens 1951,
im 13. Jahre Unseres Pontifikates
Pius XII. PP.

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