Cum matrimonialium (Wortlaut)

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Motu proprio
Cum matrimonialium

von Papst
Paul VI.
Erlass einiger Normen für eine schnellere Abwicklung der Eheprozesse in den Orientalischen Kirchen
8. September 1973

(Offizieller lateinischer Text: AAS 65 [1973] 577-581)

(Quelle: Nachkonziliare Dokumentation – im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz, Band 39, Kirchliches Prozessrecht, Sammlung neuer Erlasse, lateinisch und deutscher Text, S. 46-59, von den Deutschen Bischöfen approbierte Übersetzung, Paulinus Verlag Trier 1976; Imprimatur N. 9 / 76, Treveris die 28.6.1976 Vicarius Generalis d. m. Israel)

Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist


Einleitend

Da die Zahl der Eheprozesse in unseren Tagen ständig wächst, haben Wir in der Absicht, die Heiligkeit und die wahre Natur des Ehebandes zu schützen und gleichzeitig das geistliche Wohl der Gläubigen zu fördern, mit dem Apostolischen Schreiben Motu proprio "Causas matrimoniales" vom 28. März 1971 bereits Maßregeln getroffen, dass in der Lateinischen Kirche die Eheprozesse schneller durchgeführt werden.

Da Uns durch göttliche Fügung die Sorge für alle Kirchen anvertraut ist, haben Wir jetzt, damit die Hirtenliebe der Kirche in gleicher Weise in den Orientalischen Kirchen aufleuchte, nach Anhören Unserer Ehrwürdigen Brüder der Patriarchen und der meisten Ortsoberhirten, beschlossen, einige Normen zu erlassen über die Zusammensetzung der kirchlichen Gerichte in den Orientalischen Kirchen und eine einfachere Form des gerichtlichen Eheverfahrens.

Zu diesem Zweck beschließen und erlassen Wir nun auf Grund sicherer Erkenntnis und kraft Unserer Apostolischen Autorität mit vorliegendem Motu proprio für die Orientalischen Kirchen des ganzen Erdkreises die folgenden Normen. Die Übrigen Vorschriften des geltenden orientalischen Kirchenrechts, welche Unser Vorgänger Papst Pius XII. in dem Apostolischen Schreiben "Sollicitudinem nostram" vom 6. Januar 1950 erlassen hat, bleiben in Kraft.

Das zuständige Gericht

I. Für Eheprozesse der Getauften ist aus eigenem Recht der kirchliche Richter zuständig.

II. Streitsachen über die rein bürgerlichen Wirkungen der Ehe gehören - unbeschadet der Personalstatuten, wo solche gelten - wenn sie in der Hauptsache verhandelt werden, vor das weltliche Gericht; sie können jedoch in Form eines Zwischenstreites oder einer Nebenklage auch vom kirchlichen Richter aus eigener Vollmacht untersucht und entschieden werden.

III. Alle Eheprozesse, welche die in can. 15 n. 1 des Apostolischen Schreibens "Sollicitudinem nostram" (IOiud.) genannten Personen betreffen, werden ausschließlich von der Kongregation oder dem Gerichtshof oder der Sonderkommission durchgeführt, welche(n) der Papst in jedem Einzelfall damit beauftragt hat.

IV. § 1. Für alle übrigen Ehenichtigkeitsprozesse ist zuständig:

a) das Gericht des Ortes, an dem die Ehe geschlossen wurde; oder

b) das Gericht des Ortes, an dem der beklagte Ehepartner einen nicht nur vorübergehenden Aufenthalt hat, der durch ein kirchliches Dokument oder auf andere rechtmäßige Weise nachgewiesen werden kann; oder

c) das Gericht des Ortes, an dem tatsächlich das meiste Beweismaterial zu erheben ist, wenn sowohl der Ordinarius des gewöhnlichen Aufenthaltsortes des Beklagten, als auch der Ortsoberhirt und der Vorsitzende des angegangenen Gerichtes ihre Zustimmung erteilen.

§ 2. Wenn der im vorhergehenden § 1 c) genannte Fall eintritt, soll das Gericht vor Klageannahme den Beklagten fragen, ob er Einwände vorzubringen hat gegen das Gericht, welches der Kläger angegangen hat.

§ 3. Falls die Umstände der Orte oder der Personen, von denen in § 1 die Rede ist, sich wesentlich geändert haben, so kann das Verfahren in besonders gelagerten Fällen - solange noch nicht der Aktenschluss verfügt ist - an ein anderes, gleichfalls zuständiges Gericht überwiesen werden, wenn die Prozessparteien und die beiden (tauschenden) Gerichte zustimmen.

Die Besetzung der Gerichte

V. § 1. Für den Fall, dass in einem Gericht der

1. oder 2. Instanz ein Kollegium aus drei geistlichen Richtern nicht gebildet werden kann, erhält der Patriarch bzw. der Großerzbischof die Vollmacht, nach Anhören der Ständigen Synode zu gestatten, dass in den genannten Instanzen das Kollegium mit zwei Klerikern und einem (männlichen) Laien besetzt wird. Außerhalb des Patriarchates oder Archiepiskopates hat der Metropolit dieselbe Vollmacht - nach Anhören der beiden der Präzedenzordnung nach ersten Bischöfe der Kirchenprovinz. In allen anderen Fällen ist der Apostolische Stuhl anzugehen.

§ 2. Wenn im Gericht der ersten Instanz auch durch Hinzunahme eines Laien das Kollegium, von dem § 1 handelt, nicht gebildet werden kann, so können in Einzelfällen dieselben Amtsinhaber und auf dieselbe Weise wie in § 1 bestimmt ist, Ehenichtigkeitsprozesse einem Geistlichen als Einzelrichter übertragen. Dieser Richter muss gemäß den Kanones 227-452 und 468-500 des Apostolischen Schreibens "Sollicitudinem nostram" vorgehen und - wo dies möglich ist - für den Prozess einen Beisitzer und einen Vernehmungsrichter hinzuziehen

VI. Für das Amt des Beisitzers und des Vernehmungsrichters in den Gerichten jeder Instanz können (männliche) Laien berufen werden; das Amt des Notars jedoch können sowohl Männer als auch Frauen übernehmen.

VII. Die Laien, die diese Ämter übernehmen sollen, sollen sich auszeichnen (durch Treue) im katholischen Glauben, einen guten Lebenswandel und zugleich durch Kenntnis des kanonischen Rechts. Wenn es jedoch darum geht, einem Laien ein Richteramt gemäß Nr. V § 1 zu übertragen, so sollen jene bevorzugt werden, die bereits Erfahrung im Gerichtswesen besitzen.

Das Berufungsverfahren

VIII. § 1. Gegen das erste Urteil, welches eine Ehe für ungültig erklärt, muss der Ehebandverteidiger innerhalb der gesetzlichen Frist Berufung an das höhere Gericht einlegen; falls er dies unterlässt, ist er vom Gerichtsvorsitzenden oder dem Einzelrichter aufzufordern, dies zu tun.

§ 2. Dem Gericht der zweiten Instanz hat der Ehebandverteidiger seine Stellungnahme vorzulegen und zu sagen, ob er gegen die erstinstanzliche Entscheidung etwas einzuwenden hat oder nicht. Zu dieser Stellungnahme soll das Kollegium, wenn es dies für angebracht hält, die Meinung der Parteien und ihrer Anwälte einholen.

§ 3. Nach Überprüfung des Urteils und der Stellungnahmen des Ehebandverteidigers und der Parteien und ihrer Anwälte - sofern diese angefordert und gegeben wurden - erlässt das Richterkollegium ein Dekret, mit dem es entweder die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt, oder den Prozess zu einem ordentlichen Verfahren in zweiter Instanz zulässt. Im ersten Fall haben, wenn keine Beschwerde eingelegt wird, die Eheleute, bei denen kein anderes Hindernis vorliegt, das Recht, nach Ablauf von zehn Tagen seit der Verkündigung des Dekretes, eine neue Ehe einzugehen.

IX. § 1. Der Ehebandverteidiger und die Prozesspartei, die sich beschwert fühlt, haben das Recht, gegen das Dekret (des Richterkollegiums), welches das erstinstanzliche Urteil bestätigt, innerhalb von zehn Tagen nach der Verkündigung des Dekretes, an das nächsthöhere Gericht Beschwerde einzulegen, aber nur, wenn neue und schwerwiegende Beweisgründe vorgelegt werden und diese unmittelbar zur Hand sind. Diese Beweisgründe müssen dem Gericht der dritten Instanz innerhalb eines Monats nach Einlegung der Beschwerde zugestellt werden.

§ 2. Der Ehebandverteidiger der dritten Instanz kann, nach Anhören des Gerichtsvorsitzenden, von der Beschwerde zurücktreten; in diesem Fall erklärt das Gericht den Rechtsstreit für beendet. Wenn jedoch eine Prozesspartei die Beschwerde einlegt, so hat das Gericht, nachdem es die beigebrachten Beweise geprüft hat, innerhalb eines Monats nach Einlegung der Beschwerde, durch ein Dekret entweder die Beschwerde abzuweisen oder den Prozess zu einem ordentlichen Verfahren in dritter Instanz anzunehmen.

Bestimmungen für Sonderfälle

X. Wenn auf Grund eines sicheren authentischen Dokumentes, das über jeden Verdacht erhaben ist, das Bestehen eines trennenden Ehehindernisses feststeht und sich gleichzeitig mit gleicher Sicherheit, welche auf Grund eines sicheren authentischen Dokumentes oder auf andere rechtmäßige Weise gewonnen worden ist, ergibt, dass eine Dispens von diesen Hindernissen nicht erteilt wurde, kann der Ortsoberhirt (Hierarch) in diesen Fällen die im Recht vorgeschriebenen Formalitäten unterlassen und nach der Ladung der Prozessparteien und unter Beteiligung des Ehebandverteidigers die Ungültigkeit der Ehe erklären.

XI. Ebenso kann der Hierarch - unter denselben Bedingungen und auf dieselbe Weise, wie sie in Nr. X beschrieben sind - die Nichtigkeit einer Ehe erklären, wenn der Prozess eingeleitet wurde wegen eines Mangels in der kanonischen Eheschließungsform, oder weil ein gültiges Mandat des Stellvertreters nicht vorlag.

XII. Gegen diese Erklärung muss der Ehebandverteidiger, wenn er die begründete Meinung hat, dass die Ehehindernisse oder die Mängel, von denen die Nr. X und XI handeln, nicht sicher vorliegen, oder dass davon wahrscheinlich dispensiert wurde, an den Richter der zweiten Instanz appellieren. Diesem (Richter der zweiten Instanz) sind die Akten zuzustellen, und er ist schriftlich darauf hinzuweisen, dass es sich um einen Sonderfall handelt.

XIII. Der Richter der zweiten Instanz entscheidet nach der in Nr. X beschriebenen Weise wobei nur der Ehebandverteidiger zu beteiligen ist -, ob das Urteil zu bestätigen ist oder ob die Streitsache besser in einem ordentlichen Gerichtsverfahren zu verhandeln ist; in diesem Falle weist er sie an das Gericht der ersten Instanz zurück.

Übergangsbestimmungen

1. Eheprozesse, die nach einem ersten Urteil, welches die Nichtigkeit der Ehe feststellt, auf Grund einer rechtmäßigen Berufung bei dem Gericht der zweiten Instanz anhängig sind, werden an dem Tag, an dem dieses Apostolische Schreiben in Kraft tritt, vorübergehend suspendiert.

2. Der Ehebandverteidiger der zweiten Instanz soll eine Stellungnahme abgeben zu allen vorliegenden Akten - sowohl bezüglich der Entscheidung der ersten Instanz als auch über die Akten, die in der zweiten Instanz bis dahin ausgefertigt wurden - und sagen, ob er gegen die Entscheidung der ersten Instanz etwas einzuwenden hat, oder nicht. Zu dieser Stellungnahme soll das Richterkollegium, wenn es dies für angezeigt hält, die Meinung der Prozessparteien und ihrer Anwälte einholen.

3. Nach Überprüfung der Stellungnahmen des Ehebandverteidigers und der Prozessparteien und ihrer Anwälte - sofern diese angefordert und gegeben wurden - und des Urteils der ersten Instanz erlässt das Richterkollegium ein Dekret, mit dem es entweder das Urteil der ersten Instanz bestätigt, oder entscheidet, dass der Prozess in dem ordentlichen Gerichtsverfahren der zweiten Instanz weiterzuverhandeln ist. Im ersten Fall haben, wenn niemand Beschwerde einlegt, die Eheleute, bei denen kein anderes Hindernis vorliegt, das Recht, nach Ablauf von zehn Tagen seit der Verkündigung des Dekretes, eine neue Ehe einzugehen. Im zweiten Fall jedoch ist das Verfahren bis zum Endurteil fortzuführen.

Die oben erlassenen Normen bleiben in Kraft bis das kanonische Recht für die Orientalen gemäß den Dekreten und dem Geist des II. Vatikanischen Ökumenischen Konzils im ganzen neu gefasst ist.

Alles, was von Uns in diesem "Motu proprio" erlassenen Schreiben bestimmt worden ist, soll nach Unserem Willen gültig und rechtskräftig sein, und ihm soll nichts Gegenteiliges - selbst wenn es ganz besonderer Erwähnung wert wäre - entgegenstehen.

Gegeben zu Rom, bei Sankt Peter, am 8. September 1973,

dem Fest der Geburt der seligsten Jungfrau Maria,
im elften Jahre Unseres Pontifikates.

Paul VI. PP.

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