Catechesi tradendae (Wortlaut)

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Nachsynodales Apostolisches Schreiben
Catechesi tradendae

unseres Heiligen Vaters
Johannes Paul II.
über die Katechese in unserer Zeit unter besonderer Berücksichtigung der Kinder- und Jugendkatechese
16. Oktober 1979
Die IV. Ordentliche Generalversammlung der Weltbischofssynode in Rom fand am 30. September - 29. Oktober 1977 statt
(Offizieller lateinischer Text: AAS 71 [1979] 1277-1340)

(Quelle: Das Mahnschreiben in deutscher Sprache auf der Vatikanseite)
Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist


Einleitung

Der letzte Auftrag Christi

1 Die Katechese wurde von der Kirche immer als eine ihrer wichtigsten Aufgaben betrachtet; denn bevor der auferstandene Christus zu seinem Vater zurückkehrte, gab er den Aposteln einen letzten Auftrag: alle Völker zu Jüngern zu machen und sie alles befolgen zu lehren, was er ihnen geboten hatte [Vgl. Mt 28; 19—20.]. Er übertrug ihnen damit die Sendung und Vollmacht, den Menschen das zu verkünden, was sie selber vom Wort des Lebens gehört und mit den Augen gesehen, was sie geschaut und mit ihren Händen berührt hatten [Vgl. 1 Joh 1,1.]. Zugleich vertraute er ihnen die Sendung und Vollmacht an, alles verbindlich zu erklären, was er selber ihnen erschlossen hatte, seine Worte und Taten, seine Zeichen und Gebote. Damit sie diese Sendung erfüllen könnten, verlieh er ihnen den Heiligen Geist.

Sehr bald bezeichnete man mit Katechese die Gesamtheit der Bemühungen der Kirche, Jünger zu gewinnen und den Menschen Hilfen zu bieten für den Glauben, dass Jesus der Sohn Gottes ist, damit sie so durch den Glauben das Leben in seinem Namen haben [Vgl. Joh 20,31.], ferner sie in diesem Leben zu unterweisen und zu formen und so den Leib Christi aufzubauen. Die Kirche hat hierfür unablässig ihre Kräfte eingesetzt.

Ein Anliegen Pauls VI.

2 Die letzten Päpste haben der Katechese einen hervorragenden Platz in ihrer Hirtensorge eingeräumt. Mein verehrter Vorgänger Paul VI. hat durch seine Taten, seine Predigt und seine maßgebliche Interpretation des II. Vatikanischen Konzils — das er als den großen Katechismus für die moderne Zeit ansah —, durch sein ganzes Leben der Katechese der Kirche in sehr beispielhafter Weise gedient. Am 18. März 1971 hat er das "Allgemeine Katechetische Direktorium" gebilligt, das die Kleruskongregation vorbereitet hatte. Dieses Direktorium bleibt das Grunddokument für die Anregung und Ausrichtung der katechetischen Erneuerung in der ganzen Kirche. Er gründete ferner im Jahre 1975 den Internationalen Rat für die Katechese. In meisterhafter Weise hat er die Rolle und Bedeutung der Katechese in Leben und Sendung der Kirche bestimmt, als er sich am 25. September an die Teilnehmer des I. Internationalen Kongresses für Katechese wandte[Vgl. AAS 63 (1971) 758—764.], und hat dieses Thema in seinem Apostolischen Schreiben Evangelii Nuntiandi [Vgl. Nr. 44 ; vgl. auch Nr. 45—48 und 54:AAS 68(1976) 34—35; 35—38; 43.] ausdrücklich wieder aufgegriffen. Es war sein Wunsch dass die Katechese, insbesondere die Kinder- und Jugendkatechese, das Thema der 4. Generalversammlung der Bischofssynode war [Bekanntlich kann nach dem Motu prorio Apostolica Sollicitudo vom 15. September 1965 (AAS 57[1965] 775—780) die Bischofssynode in der Form einer Generalversammlung, als außerordentliche oder als Sonderversammlung zusammentreten, Im vorliegenden Apostolischen, Schreiben beziehen sich die Ausdrücke "Synode" oder "Väter der Synode" oder "Synodenaula" immer, wenn nicht anders angegeben, auf die 4. Generalversammlung der Bisschofssynode, die im Oktober 1977 in Rom über das Thema der Katechese stattfand.], die im Oktober 1977 stattfand und an der ich selbst zu meiner Freude teilnehmen konnte.

Eine fruchtbare Synode

3 Am Ende dieser Synode haben die Väter dem Papst eine sehr reichhaltige Dokumentation übergeben. Sie enthält die verschiedenen Beiträge, die im Verlauf der Sitzungen gemacht worden sind, ferner die Ergebnisse der Arbeitsgruppen, die Botschaft, welche die Väter der Synode mit einer Zustimmung an das Volk Gottes gerichtet haben [Bischofssynode De catechesi hoc nostro tempore tradenda praesertim pueris atque iuvenibus, Ad Populum Dei Nuntius, Vatikan, 28. 10. 1977; vgl. L'Osservatore Romano, 30. Oktober 1977, S. 3 — 4.], und vor allem die eindrucksvolle Reihe von "Vorschlägen", in denen sie ihre Ansicht zu sehr vielen Aspekten der Katechese in der heutigen Zeit zum Ausdruck gebracht haben.

Diese Synode hat in einer intensiven Atmosphäre der Dankbarkeit und der Hoffnung gearbeitet. Sie sah in der katechetischen Erneuerung ein kostbares Geschenk des Heiligen Geistes an die Kirche von heute, ein Geschenk, auf das die, christlichen Gemeinschaften überall in der Welt und auf allen Ebenen mit bewundernswerter Hochherzigkeit und erfinderischer Hingabe antworten. Die hierbei notwendige Unterscheidung konnte daher von einer sehr lebendigen Wirklichkeit ausgehen und beim Volk Gottes mit einer großen Aufgeschlossenheit für die Gnade des Herrn und für die Weisungen des Lehramtes rechnen.

Der Sinn dieses Schreibens

4 Im gleichen Geiste des Glaubens und der Hoffnung richte ich heute an euch, ehrwürdige Brüder und liebe Söhne und Töchter, dieses Apostolische Schreiben. Aus dem äußerst weitgespannten Themenbereich wird es nur einige besonders aktuelle und entscheidende Aspekte bieten, um die beglückenden Früchte der Synode zu sichern. Es greift im wesentlichen die Überlegungen auf, die Papst Paul VI. schon vorbereitet hatte, indem er die von der Synode hinterlassenen Dokumente ausgiebig verwertete. Papst Johannes Paul I., dessen Eifer und Begabung als Katechet uns alle mit Bewunderung erfüllt haben, hatte diese Vorlagen übernommen und war im Begriff, sie zu veröffentlichen, als Gott ihn plötzlich zu sich rief. Uns allen hat er das Beispiel einer Katechese geboten, die im Grundsätzlichen wurzelte und zugleich volkstümlich war, geformt aus Gesten und einfachen Worten, die in allen Herzen ein Echo finden konnten. Ich greife also das Erbe dieser beiden Päpste auf, um dem Wunsch der Bischöfe zu entsprechen, wie er ausdrücklich am Ende der 4. Generalversammlung der Synode ausgesprochen und von Papst Paul VI. in seiner Schlußansprache angenommen worden ist [Vgl. AAS 69 (1977) 633.].

Ich tue das auch, um einer der Hauptpflichten meines apostolischen Amtes zu entsprechen. Die Katechese ist mir während meines Dienstes als Priester und Bischof schon immer ein zentrales Anliegen gewesen.

Es ist mein brennender Wunsch, dass dieses Apostolische Schreiben, das sich an die ganze Kirche richtet, die Kraft des Glaubens und des christlichen Lebens mehre, den bereits laufenden Initiativen neuen Schwung verleihe, die Kreativität freilich mit der nötigen Wachsamkeit anrege und dazu beitrage, in den Gemeinden die Freude darüber zu verbreiten, der Welt das Geheimnis Christi nahebringen zu dürfen.

Unser einziger Lehrer ist Jesus Christus

Mit der Person Christi verbinden

5 Die 4. Generalversammlung der Bischofssynode hat oft betont, dass Christus im Zentrum jeder echten Katechese stehen muss. Wir können diese Aussage in zwei Bedeutungen gelten lassen, die sich weder widersprechen noch einander ausschließen, sondern sich gegenseitig bedingen und ergänzen.

Man will hiermit zuerst unterstreichen, dass wir im Kern der Katechese wesentlich eine Person vorfinden, nämlich Jesus von Nazareth, einziger Sohn vom Vater, voll Gnade und Wahrheit [9 Vgl. Joh 1, 14.], der für uns gelitten hat und gestorben ist und der jetzt als Auferstandener für immer mit uns lebt. Jesus ist "der Weg, die Wahrheit und das Leben"[Joh 14,6.]; somit besteht das christliche Leben darin, Christus nachzufolgen, es ist eine "Nachfolge Christi".

Der wesentliche und wichtigste Inhalt der Katechese ist, um einen Ausdruck zu verwenden, der dem heiligen Paulus lieb war, aber auch von der zeitgenössischen Theologie geschätzt wird, "das Geheimnis Christi". Katechisieren heißt in gewisser Weise, jemanden anleiten, dieses Geheimnis in all seinen Dimensionen zu erforschen: "enthüllen, wie jenes Geheimnis Wirklichkeit geworden ist, ... mit allen Heiligen dazu fähig sein, die Länge und Breite, die Höhe und Tiefe zu ermessen und die Liebe Christi zu verstehen, die alles Erkennen übersteigt. ... mehr und mehr von der ganzen Fülle Gottes erfüllt"[Eph 3, 9. 18—19.] werden. Es geht also darum, in der Person Christi den gesamten ewigen Plan Gottes aufzuzeigen, der sich in ihr erfüllt. Es ist das Bemühen, die Bedeutung der Taten und Worte Christi und der von ihm gewirkten Zeichen zu verstehen; denn sie verhüllen und offenbaren zugleich sein Geheimnis. In diesem Sinn ist es das Endziel der Katechese, jemanden nicht nur in Kontakt, sondern in Gemeinschaft, in Lebenseinheit mit Jesus Christus zu bringen: er allein kann zur Liebe des Vaters im Heiligen Geiste hinführen und uns Anteil am Leben der Heiligsten Dreifaltigkeit geben.

Die Lehre Christi vermitteln

6 Christus im Zentrum der Katechese bedeutet aber auch, dass in ihr nicht jeder seine eigene Lehre oder die eines anderen Meisters vermitteln will, sondern die Lehre Jesu Christi, die Wahrheit, die er mitteilt, oder genauer: die Wahrheit, die er ist [Vgl. Joh 14, 6.]. Man muss also sagen, dass in der Katechese nur Christus, das fleischgewordene Wort und der Sohn Gottes, gelehrt wird — und alles andere im Hinblick auf ihn. Und Christus allein ist Lehrer, jeder andere nur in dem Maße, wie er Christi Wort weitergibt und es so Christus ermöglicht, durch seinen Mund zu lehren. Jeder Katechet — welchen Verantwortungsgrad er auch immer in der Kirche haben mag— muss daher ständig darum besorgt sein, durch seinen Unterricht und sein Verhalten die Lehre und das Leben Jesu selber hervortreten zu lassen. Er sucht die Aufmerksamkeit und Zustimmung von Herz und Verstand des Glaubensschülers keineswegs auf sich selber und die eigenen Meinungen festzulegen. Vor allem darf er seine persönlichen Meinungen und Wertungen nicht so auf- drängen, als wären diese die Lehre und die Lektionen aus dem Leben Christi. Jeder Katechet müßte auf sich selber die geheimnisvollen Worte Jesu anwenden können: "Meine Lehre stammt nicht von mir, sondern von dem, der mich gesandt hat [Joh 7,16. Dies ist ein bevorzugtes Thema des vierten Evangeliums: vgl. Joh 3, 34; 8, 28; 12, 49 — 50; 14, 24; 17, 8. 14.]." Dies tat auch der heilige Paulus, als er eine Frage von größter Wichtigkeit behandelte: "Ich habe vom Herrn empfangen, was ich euch überliefert habe[1 Kor 11,23: das Wort "überliefern", hier vom heiligen Paulus verwendet, wird öfter im Apostolischen Schreiben Evangelii Nuntiandi benutzt, um die Verkündigung der Kirche zu beschreiben, z.B. Nr. 4, 15, 78, 79.]." Welch ständigen Umgang mit dem Wort Gottes, wie es vom Lehramt der Kirche überliefert wird, welch inniges Verhältnis zu Christus und zum Vater, welchen Gebetsgeist und wieviel Selbstlosigkeit muss der Katechet haben, um sagen zu können: "Meine Lehre stammt nicht von mir! "

Christus als Lehrer

7 Diese Lehre ist nicht ein Gebäude von abstrakten Wahrheiten, sondern vielmehr die Vermittlung des lebendigen Geheimnisses Gottes. Die Würde dessen der im Evangelium lehrt, sowie die Art seiner Lehre übersteigen in jeder Hinsicht die anderen "Lehrer" in Israel; denn es besteht ein einzigartiges Band zwischen dem, was er sagt, was er tut und was er ist. Dennoch bleibt bestehen, dass die Evangelien ganz klar von Augenblicken berichten, wo Jesus "lehrt". "Was Jesus getan und gelehrt hat [Apg 1,1.]": in diesen Worten am Beginn der Apostelgeschichte faßt der heilige Lukas zwei Pole innerhalb der Sendung Christi zusammen und unterscheidet sie zugleich.

Jesus hat gelehrt. Das bezeugt er von sich selbst: "Tag für Tag saß ich im Tempel und lehrte [Mt 26, 55; vgl. Joh 18, 20.]." Die Evangelisten beobachten es voll Staunen und sind überrascht, ihn immer und überall lehren zu sehen, und zwar auf eine Weise und mit einer Autorität, wie sie bis dahin unbekannt waren: "Wieder kam das Volk zu ihm, und er lehrte es, wie er gewohnt war [Mk 10,1.]"; "und sie waren bestürzt über seine Lehre, denn er lehrte sie wie einer, der Vollmacht hat [Mk 1, 22 ;vgl. auch Mt 5,2; 11,1; 13,54; 22,16; Mk 2,13; 4, 1; 6, 2.6; Lk 5,3.17; Joh 7, 14; 8, 2 u. a.]." Auch seine Feinde stellen dies fest, um ihn deswegen anklagen und verurteilen zu können: "Er wiegelt das Volk auf und verbreitet seine Lehre in ganz Judäa, von Galiläa bis hierher [Lk 23,5.]."

Er allein "Meister"

8 Wer so lehrt, verdient in einzigartiger Weise den Titel "Meister". Wie oft wird er nicht im ganzen Neuen Testament und zumal in den Evangelien als "Meister" bezeichnet [An fast 50 Stellen der vier Evangelien wird dieser Titel Jesus zugeschrieben. Er ist der gesamten jüdischen Überlieferung entnommen, hat aber hier eine neue Bedeutung, die Christus selber oft ins Licht zu rücken sucht.]! Vor allem die Zwölf, die übrigen Jünger und die Scharen der Zuhörer nennen ihn "Meister", mitunter voller Bewunderung, Vertrauen und Zärtlichkeit [Vgl. u. a; Mt 8, 19; Mk 4,38; 9,38; 10, 35; 13, 1; Joh 11,28.]. Sogar die Pharisäer und Sadduzäer, die Gesetzeslehrer und die Juden im allgemeinen verweigern ihm diesen Titel nicht: "Meister, wir möchten von dir ein Zeichen sehen [Mt 12, 38.]"; "Meister, was muss ich tun, um das ewige Leben zu erlangen? [Lk 10, 25; vgl. Mt 22, 16.] " Vor allem aber nennt Jesus sich selber, und zwar in besonders feierlichen und sehr bedeutsamen Augenblicken "Meister": "Ihr nennt mich Meister und Herr, und ihr habt recht; denn ich bin es [Joh 13, 13 —14; vgl. auch Mt 10, 25; 26, 18 u. par.]"; er stellt ferner die Einzigartigkeit, das Einmalige seines Meisterseins heraus: "Nur einer ist euer Meister [Mt 23, 8. Ignatius von Antiochien greift diese Feststellung auf und kommentiert sie wie folgt: "Wir haben den Glauben empfangen, und deswegen wollen wir auch als Jünger Jesu Christi, unseres einzigen Meisters, anerkannt werden" (Brief an die Magnesier, IX, 1, Funk 1, 239).]": Christus. Man versteht, dass im Verlauf von zwei Jahrtausenden Menschen jeder Herkunft, Rasse und Nation ihm in allen Sprachen der Erde diesen Titel voll Verehrung beigelegt und damit auf ihre Weise das Wort des Nikodemus aufgegriffen haben: "Wir wissen, du bist ein Lehrer, der von Gott gekommen ist [26 Joh 3,2.]."

Diese Gestalt des lehrenden Christus, zugleich erhaben und vertraut, beeindruckend und ermutigend und deshalb so anziehend, dass schon die Evangelisten sie mit ihrer Feder gezeichnet haben und danach die darstellende Kunst seit den Anfängen des Christentums [Die Darstellung Christi, des Lehrers, wie er seine Lehre verkündet, taucht schon in den römischen Katakomben auf. Sehr oft wird sie in den Mosaiken der römisch-byzantinischen Kunst des dritten und vierten Jahrhunderts verwandt. Sie bildet ebenfalls ein vorherrschendes künstlerisches Motiv bei den großen romanischen und gotischen Kathedralen des Mittelalters.] sie immer wieder zu ihrem Gegenstand erwählt hat, möchte auch ich am Beginn dieser Überlegungen zur Katechese in der Welt von heute besonders herausstellen.

[Fortsetzung folgt]