Tradition: Unterschied zwischen den Versionen

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Als '''Tradition''' (von lat. ''tradere'', ''trans-dare'' "weitergeben, überliefern") wird der Prozess von mündlicher oder [[Heilige Schrift|schriftlicher Überlieferung]] (Sensu obiectivo), wie auch der Inhalt dieser Weitergabe (sensu subiectivo<ref>siehe: [[Joseph Braun]]: Hand[[lexikon]] der katholischen [[Dogmatik]], [[Herder Verlag|Herder & Co.]], Freiburg im Breisgau 1926, S. 291, Tradition ([[Imprimatur]] Friburgi, die 17. Iulii 1926 Dr. Sester, Vic. Gen.)</ref>) bezeichnet.  
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'''[[Datei:KKK.jpg|thumb|right|Die Tradition schlägt sich in der [[Kirchengeschichte]] im [[Katechismus]] nieder]]'''
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Als '''Tradition''' (von lat. ''tradere'', ''trans-dare'' "weitergeben, überliefern") wird der Prozess von mündlicher und [[Heilige Schrift|schriftlicher Überlieferung]] (Sensu obiectivo), wie auch der Inhalt dieser Weitergabe (sensu subiectivo), der mit dem [[Tod]] des letzten [[Apostel]]s abgeschlossen ist<ref>siehe: [[Joseph Braun]]: Hand[[lexikon]] der katholischen [[Dogmatik]], [[Herder Verlag|Herder & Co.]], Freiburg im Breisgau 1926, S. 291, Tradition ([[Imprimatur]] Friburgi, die 17. Iulii 1926 Dr. Sester, Vic. Gen.)</ref>, bezeichnet. Sie wird auch Erblehre genannt und ist ein Teil des [[Depositum fidei]].
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Nicht alle [[Wahrheit]]en, die [[Gott]] geoffenbart hat, sind in der [[Heiligen Schrift]] aufgeschrieben. Manche wurden von den [[Apostel]]n nur gepredigt und sind dann von der [[Kirche]] als kostbares Erbe überliefert worden. Die meisten dieser Wahrheiten wurden schon bald nach der Zeit der Apostel von heiligen und gelehrten Männern aufgeschrieben ([[Kirchenväter]]).<ref>[[Katholischer Katechismus der Bistümer Deutschlands 1955#51. Die Kirche schöpft ihre Lehre aus der Heiligen Schrift und aus der mündlichen Überlieferung]].</ref>
  
 
==Die Bedeutung==
 
==Die Bedeutung==
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Die Tradition ist fortdauernde Entwicklung bei Unveränderlichkeit des [[Wesen]]s. So sagt es [[Vinzenz von Lerins]]: Die Tradition ist wie ein [[Kind]]. Es entwickelt sich an jedem Tag. Es wird klüger, größer, reifer, besser ausgebildet. Auf der anderen Seite verändert es sich nicht wesentlich. Es ist als [[Mensch]] geboren, entwickelt sich als Mensch, stirbt als Mensch. Es verändert sich nicht wesentlich. In diesem Sinn verträgt der Begriff zwei Gegensätze: eine fortdauernde Entwicklung und eine Infragestellung von Veränderung. Dank diesem, wenn auf die Lehre der [[Kirche]] geschaut wird, sieht man,  dass es in dieser Lehre eine Entwicklung gibt, aber diese Entwicklung streicht nie das [[Evangelium]] durch und darf nicht das Rückgrat der Kirche durchstreichen.<ref>[https://de.catholicnewsagency.com/story/exklusiv-das-komplette-interview-mit-erzbischof-gadecki-zur-familiensynode-0071 Das komplette Interview mit] Erzbischof [[Stanislaw Gadecki]] zur Familiensynode, [[CNA]] am 5. Oktober 2015</ref> Die Aufgabe der [[Päpste]] bezüglich der Tradition ist es "die von den [[Apostel]]n überlieferte [[Offenbarung]] oder das anvertraute [[Depositum fidei|Glaubensgut]] unter dem Beistand des [[Heiligen Geist]]es gewissenhaft zu hüten und getreu [[Hermeneutik|auszulegen]]." Sie haben nicht die Aufgabe [[Neuerer|neuartige]] Lehren zu verkünden.<ref>vgl. [[Pius IX.]], [[Erstes Vatikanisches Konzil ]], [[Dogmatische Konstitution]] [[Pastor aeternus]] über die [[Kirche]] Christi – [[Dogma]] der [[Unfehlbarkeit]] des Papstes vom 18. Juli 1870, [[Pastor aeternus (Wortlaut)#die die Päpste in verschiedener Weise ausgeübt und|Nr. 17]].</ref> Dies bedeutet jedoch, dass neue und alte Lehren verkündet werden dürfen und sollen, sofern diese aus dem Stamm der [[Bibel|schriftlichen]] und mündlichen Tradition herauswachsen. Dann ist der [[Papst]] wie ein Hausherr, der "aus seinem reichen Vorrat Neues und Altes hervorholt" (vgl. {{B|Mt|13|52}}).
  
 
Die Bedeutung der "ungeschriebenen - das heißt also nicht in der Heiligen Schrift enthaltenen - Überlieferungen" für den [[Glauben]] hat der hl. [[Johannes von Damaskus|Johannes Damaszenos]] unterstrichen, als er erklärte: "Wenn euch jemand ein [[Evangelium]] verkündet, das von dem, welches die heilige [[Katholische Kirche]] von den heiligen [[Apostel]]n, [[Kirchenväter|Vätern]] und [[Konzil]]ien empfangen und bis zum heutigen Tag bewahrt hat, verschieden ist, schenkt ihm kein Gehör". Der hl. Augustinus sagte Jahrhunderte früher: "Von dem, woran die Gesamtkirche festhält" und "was schon immer befolgt wurde, glaubt man ganz zu Recht, dass es nur von der Autorität der Apostel überliefert worden sein kann".<ref>[[Apostolisches Schreiben]] ''[[Duodecimum saeculum]]'' an die [[Bischöfe]] der [[Katholische Kirche]] zur Zwölfhundertjahrfeier des [[II. Konzil von Nizäa|II. Konzils von Nizäa]] vom [[4. Dezember]] [[1987]]: Bilderrede, III,3, in: PG 94, 1320-1321; B. Kotter, Die Schriften des Johannes von Damaskos, Bd. III (Contra imaginum calumniatores orationes tres), in: "Patristische Texfe und Studien" 17, Berlin/New York, 1975, III,3, S. 72-73. </ref>
 
Die Bedeutung der "ungeschriebenen - das heißt also nicht in der Heiligen Schrift enthaltenen - Überlieferungen" für den [[Glauben]] hat der hl. [[Johannes von Damaskus|Johannes Damaszenos]] unterstrichen, als er erklärte: "Wenn euch jemand ein [[Evangelium]] verkündet, das von dem, welches die heilige [[Katholische Kirche]] von den heiligen [[Apostel]]n, [[Kirchenväter|Vätern]] und [[Konzil]]ien empfangen und bis zum heutigen Tag bewahrt hat, verschieden ist, schenkt ihm kein Gehör". Der hl. Augustinus sagte Jahrhunderte früher: "Von dem, woran die Gesamtkirche festhält" und "was schon immer befolgt wurde, glaubt man ganz zu Recht, dass es nur von der Autorität der Apostel überliefert worden sein kann".<ref>[[Apostolisches Schreiben]] ''[[Duodecimum saeculum]]'' an die [[Bischöfe]] der [[Katholische Kirche]] zur Zwölfhundertjahrfeier des [[II. Konzil von Nizäa|II. Konzils von Nizäa]] vom [[4. Dezember]] [[1987]]: Bilderrede, III,3, in: PG 94, 1320-1321; B. Kotter, Die Schriften des Johannes von Damaskos, Bd. III (Contra imaginum calumniatores orationes tres), in: "Patristische Texfe und Studien" 17, Berlin/New York, 1975, III,3, S. 72-73. </ref>
  
 
Für die [[Katholische Kirche]] gehört die Tradition zu den Quellen der göttlichen [[Offenbarung]] neben der [[Heilige  Schrift|Heiligen Schrift]]; sie "gibt das [[Wort Gottes]], das von [[Christus]], dem Herrn und vom Heiligen Geist den [[Apostel]]n anvertraut wurde, unversehrt an deren Nachfolger weiter."<ref>Zweites Vatikanisches Konzil: [[Dogmatische Konstitution]] [[Dei verbum]] Nr. 9; vgl. [[KKK]] Nr. 80-83.</ref> Die Heilige Überlieferung, die [[Heilige Schrift]] und das [[Lehramt]] der [[Kirche]] sind so miteinander verknüpft und einander zugesellt, dass das eine nicht ohne die anderen besteht und alle zusammen, jedes auf seine Weise, durch das Tätigsein des einen [[Heiligen Geist]]es wirksam zum Heil der Seelen beitragen.<ref>[[DV]] [[Dei verbum (Wortlaut)#KAPITEL II: DIE WEITERGABE DER GÖTTLICHEN OFFENBARUNG|Nr. 10]]: [[KKK]] 95; [[Augustinus von Hippo]], De Doctr. Christ. III., 18, 26: I, L 34, 75-76; [[CSEL]] 80, 95.</ref>  
 
Für die [[Katholische Kirche]] gehört die Tradition zu den Quellen der göttlichen [[Offenbarung]] neben der [[Heilige  Schrift|Heiligen Schrift]]; sie "gibt das [[Wort Gottes]], das von [[Christus]], dem Herrn und vom Heiligen Geist den [[Apostel]]n anvertraut wurde, unversehrt an deren Nachfolger weiter."<ref>Zweites Vatikanisches Konzil: [[Dogmatische Konstitution]] [[Dei verbum]] Nr. 9; vgl. [[KKK]] Nr. 80-83.</ref> Die Heilige Überlieferung, die [[Heilige Schrift]] und das [[Lehramt]] der [[Kirche]] sind so miteinander verknüpft und einander zugesellt, dass das eine nicht ohne die anderen besteht und alle zusammen, jedes auf seine Weise, durch das Tätigsein des einen [[Heiligen Geist]]es wirksam zum Heil der Seelen beitragen.<ref>[[DV]] [[Dei verbum (Wortlaut)#KAPITEL II: DIE WEITERGABE DER GÖTTLICHEN OFFENBARUNG|Nr. 10]]: [[KKK]] 95; [[Augustinus von Hippo]], De Doctr. Christ. III., 18, 26: I, L 34, 75-76; [[CSEL]] 80, 95.</ref>  
 
Die Aufgabe der [[Päpste]] bezüglich der Tradition ist es "die von den [[Apostel]]n überlieferte [[Offenbarung]] oder das anvertraute [[Depositum fidei|Glaubensgut]] unter dem Beistand des [[Heiligen Geist]]es gewissenhaft zu hüten und getreu [[Hermeneutik|auszulegen]]." Sie haben nicht die Aufgabe [[Neuerer|neuartige]] Lehren zu verkünden.<ref>vgl. [[Pius IX.]], [[Erstes Vatikanisches Konzil ]], [[Dogmatische Konstitution]] [[Pastor aeternus]] über die [[Kirche]] Christi – [[Dogma]] der [[Unfehlbarkeit]] des Papstes vom 18. Juli 1870, [[Pastor aeternus (Wortlaut)#die die Päpste in verschiedener Weise ausgeübt und|Nr. 17]].</ref> Dies bedeutet jedoch, dass neue und alte Lehren verkündet werden dürfen und sollen, sofern diese aus dem Stamm der [[Bibel|schriftlichen]] und mündlichen Tradition herauswachsen. Dann ist der [[Papst]] wie ein Hausherr, der "aus seinem reichen Vorrat Neues und Altes hervorholt" (vgl. {{B|Mt|13|52}}).
 
  
 
==Lehramtliche Aussagen zur Tradition==
 
==Lehramtliche Aussagen zur Tradition==
  
===Das [[Konzil von Trient]] ===
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===Das [[Konzil von Trient]]: [[Sacrosancta oecumenica (1)]] 1546 ===
:"Der hochheilige [...] Kirchenrat von Trient [...], sich stets vor Augen stellend, dass [...] in der Kirche die eigene Reinheit des Evangeliums, welches [[Jesus Christus]], unser Herr, der Sohn Gottes, als das vorher durch die Propheten in den heiligen Schriften Verheißene zuerst mit eigenem Munde verkündigte und hernach, als die Quelle aller heilsamen Wahrheit und Sittenlehre, durch seine [[Apostel]] (Mt 28,19; Mk 16,15) allen Kreaturen zu predigen befahl, erhalten werden möge, und einsehend, dass diese [[Wahrheit]] und Lehre enthalten ist in den geschriebenen Büchern, und in den ungeschriebenen Überlieferungen, welche von den Aposteln aus dem Munde Christi selbst empfangen, oder (2 Thess 2,14) von diesen Aposteln, unter Eingebung des [[Heiligen Geist]]es, gleichsam von Hand zu Hand überliefert worden und bis zu uns gekommen sind, nimmt an und verehrt [...] alle Bücher, sowohl des [[Altes Testament|Alten]] als des [[Neues Testament|Neuen Testaments]], dieweil der eine [[Gott]] der Urheber von beiden ist; ebenso auch die Überlieferungen selbst, sowohl die, welche den [[Glauben]], als welche die [[Sitte]]n betreffen, weil sie entweder mündlich von [[Christus]], oder vom [[Heiligen Geist]]e angegeben, und in steter Aufeinanderfolge in der [[Katholische Kirche|katholischen Kirche]] erhalten wurden."<ref>zitiert nach: [[II. Vatikanum]], Dogmatische Konstitution über die göttliche Offenbarung [[Dei verbum]], 7f. </ref>
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:"Der hochheilige [...] Kirchenrat von Trient [...], sich stets vor Augen stellend, dass [...] in der Kirche die eigene Reinheit des Evangeliums, welches [[Jesus Christus]], unser Herr, der Sohn Gottes, als das vorher durch die Propheten in den heiligen Schriften Verheißene zuerst mit eigenem Munde verkündigte und hernach, als die Quelle aller heilsamen Wahrheit und Sittenlehre, durch seine [[Apostel]] (Mt 28,19; Mk 16,15) allen Kreaturen zu predigen befahl, erhalten werden möge, und einsehend, dass diese [[Wahrheit]] und Lehre enthalten ist in den geschriebenen Büchern, und in den ungeschriebenen Überlieferungen, welche von den Aposteln aus dem Munde Christi selbst empfangen, oder (2 Thess 2,14) von diesen Aposteln, unter Eingebung des [[Heiligen Geist]]es, gleichsam von Hand zu Hand überliefert worden und bis zu uns gekommen sind, nimmt an und verehrt [...] alle Bücher, sowohl des [[Altes Testament|Alten]] als des [[Neues Testament|Neuen Testaments]], dieweil der eine [[Gott]] der Urheber von beiden ist; ebenso auch die Überlieferungen selbst, sowohl die, welche den [[Glauben]], als welche die [[Sitte]]n betreffen, weil sie entweder mündlich von [[Christus]], oder vom [[Heiligen Geist]]e angegeben, und in steter Aufeinanderfolge in der [[Katholische Kirche|katholischen Kirche]] erhalten wurden."<ref>zitiert nach: [[II. Vatikanum]], Dogmatische Konstitution über die göttliche Offenbarung [[Dei verbum]], 7f.; [[DH]] 1501 </ref>
  
 
Aus der [[Definition]] des Konzils von Trient ist die Frage, ob und wie weit die [[Wahrheit]]en des Glaubens wenigstens einschlussweise auch in der [[Heilige Schrift|Heiligen Schrift]] enthalten sind, nicht entschieden.<ref>Bernhard Brinkmann: Katholisches Hand[[lexikon]], [[Butzon & Bercker Verlag]] Kevelaer 1960, S. 256, Überlieferung (2. Auflage; [[Imprimatur]] N. 4-18/60 Monasterii, die 2. Februarii 1960, Böggering Vicarius Eppi Generalis).</ref>  
 
Aus der [[Definition]] des Konzils von Trient ist die Frage, ob und wie weit die [[Wahrheit]]en des Glaubens wenigstens einschlussweise auch in der [[Heilige Schrift|Heiligen Schrift]] enthalten sind, nicht entschieden.<ref>Bernhard Brinkmann: Katholisches Hand[[lexikon]], [[Butzon & Bercker Verlag]] Kevelaer 1960, S. 256, Überlieferung (2. Auflage; [[Imprimatur]] N. 4-18/60 Monasterii, die 2. Februarii 1960, Böggering Vicarius Eppi Generalis).</ref>  
  
=== Das [[Zweites Vatikanisches Konzil|Zweite Vatikanische Konzil]]: [[Dei verbum]], [[Dei verbum (Wortlaut)#KAPITEL II: DIE WEITERGABE DER GÖTTLICHEN OFFENBARUNG|Nr. 7-10]]===
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=== Das [[Erstes Vatikanisches Konzil]]: Dogmatische Konstitution [[Pastor aeternus]] 1870, [[Pastor aeternus (Wortlaut)#die die Päpste in verschiedener Weise ausgeübt und|Nr. 17]] ===
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"Die römischen Päpste aber haben [[Analogie des Glaubens|das als festzuhaltende Lehre erklärt, was sie unter göttlichem Beistand als mit der Heiligen Schrift und den apostolischen Überlieferungen im Einklang stehend erkannt hatten]]. Zu dem Zweck beriefen sie, je nachdem Zeitumstände und Weltlage es nahe legten, entweder allgemeine Konzilien, oder befragten die auf dem ganzen Erdkreis verbreitete Kirche über ihre Glaubensansicht; andere Male wieder geschah es auf kleinen Synoden, oder sie bedienten sich anderer Hilfsmittel, wie sie die göttliche [[Vorsehung]] ihnen gerade darbot. Denn Petri Nachfolgern ward der Heilige Geist nicht dazu verheißen, dass sie aus seiner Eingebung heraus neue Lehren verkündeten. Ihre Aufgabe ist vielmehr, die von den Aposteln überlieferte Offenbarung oder das anvertraute Glaubensgut unter dem Beistand des Heiligen 'Geistes gewissenhaft zu ''hüten'' und ''getreu auszulegen''."
  
:'''7''' Was Gott zum Heil aller Völker geoffenbart hatte, das sollte so hat er in Güte verfügt - '''für alle Zeiten unversehrt erhalten bleiben''' und allen Geschlechtern weitergegeben werden. Darum hat Christus der Herr, in dem die ganze Offenbarung des höchsten Gottes sich vollendet (vgl. 2 Kor 1,20; 3,16 - 4,6), den Aposteln geboten, das Evangelium, das er als die Erfüllung der früher ergangenen prophetischen Verheißung selbst gebracht und persönlich öffentlich verkündet hat, allen zu predigen als die Quelle jeglicher Heilswahrheit und Sittenlehre<ref> Vgl. {{B|Mt|28|19-20}} und {{B|Mk|16|15}} [[Konzil von Trient]], [[Dekret]] [[Sacrosancta oecumenica (1) (Wortlaut)|über die kanonischen Schriften]]: [[Enchiridion symbolorum|Denz.]] 783 (1501).</ref> und ihnen so göttliche Gaben mitzuteilen. Das ist treu ausgeführt worden, und zwar sowohl durch die Apostel, die durch mündliche Predigt, durch Beispiel und Einrichtungen weitergaben, was sie aus Christi Mund, im Umgang mit ihm und durch seine Werke empfangen oder was sie unter der Eingebung des Heiligen Geistes gelernt hatten, als auch durch jene Apostel und apostolischen Männer, die unter der Inspiration des gleichen Heiligen Geistes die Botschaft vom Heil niederschrieben.<ref> Vgl. [[Konzil von Trient]], a. a. O.; [[I. Vatikanum|I. Vat. Konzil]], Dogm. Konst. über den katholischen Glauben Dei Filius, Kap. 2: [[Enchiridion symbolorum|Denz.]] 1787 (3006).</ref> Damit das Evangelium in der Kirche für immer unversehrt und lebendig bewahrt werde, haben die Apostel Bischöfe als ihre Nachfolger zurückgelassen und ihnen "ihr eigenes Lehramt überliefert".<ref> [[Irenäus von Lyon|Irenäus]], Adv. Hær. III.,3, 1: PG 7, 848; Harvey 2,9.</ref> Diese Heilige Überlieferung und die Heilige Schrift beider Testamente sind gleichsam ein Spiegel, in dem die Kirche Gott, von dem sie alles empfängt, auf ihrer irdischen Pilgerschaft anschaut, bis sie hingeführt wird, ihn von Angesicht zu Angesicht zu sehen, so wie er ist (vgl. 1 Joh 3,2).
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=== Das [[Zweites Vatikanisches Konzil|Zweite Vatikanische Konzil]]: [[Dogmatische Konstitution]] [[Dei verbum]] 1965, [[Dei verbum (Wortlaut)#KAPITEL II: DIE WEITERGABE DER GÖTTLICHEN OFFENBARUNG|Nr. 7-10]]===
  
:'''8''' Daher mußte die apostolische Predigt, die in den inspirierten Büchern besonders deutlichen Ausdruck gefunden hat, in ununterbrochener Folge bis zur Vollendung der Zeiten bewahrt werden. Wenn die Apostel das, was auch sie empfangen haben, überliefern, mahnen sie die Gläubigen, die Überlieferungen, die sie in mündlicher Rede oder durch einen Brief gelernt haben (vgl. 2 Thess 2,15), festzuhalten und für den Glauben zu kämpfen, der ihnen ein für allemal überliefert wurde (vgl. Jud 3).<ref> Vgl. [[II. Konzil von Nizäa]]: [[Enchiridion symbolorum|Denz.]]  303 (602). IV. Konzil von Konstantinopel, Sess. X. can. 1: [[Enchiridion symbolorum|Denz.]]  336 (650-652).</ref> Was von den Aposteln überliefert wurde, umfaßt alles, was dem Volk Gottes hilft, ein heiliges Leben zu führen und den Glauben zu mehren. So führt die Kirche in Lehre, Leben und Kult durch die Zeiten weiter und übermittelt allen Geschlechtern alles, was sie selber ist, alles, was sie glaubt.
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:Was Gott zum Heil aller Völker geoffenbart hatte, das sollte so hat er in Güte verfügt - ''für alle Zeiten unversehrt erhalten bleiben'' und allen Geschlechtern weitergegeben werden. [...] Daher mußte die apostolische Predigt, die in den inspirierten Büchern besonders deutlichen Ausdruck gefunden hat, in ununterbrochener Folge ''bis zur Vollendung der Zeiten bewahrt'' werden. Wenn die Apostel das, was auch sie empfangen haben, überliefern, mahnen sie die Gläubigen, die Überlieferungen, die sie in mündlicher Rede oder durch einen Brief gelernt haben (vgl. 2 Thess 2,15), festzuhalten und für den Glauben zu kämpfen, der ihnen ein für allemal überliefert wurde (vgl. Jud 3).<ref> Vgl. [[II. Konzil von Nizäa]]: [[Enchiridion symbolorum|Denz.]]  303 (602). IV. Konzil von Konstantinopel, Sess. X. can. 1: [[Enchiridion symbolorum|Denz.]]  336 (650-652).</ref> Was von den Aposteln überliefert wurde, umfaßt alles, was dem [[Volk Gottes]] hilft, ein heiliges Leben zu führen und den Glauben zu mehren. So führt die Kirche in Lehre, Leben und Kult durch die Zeiten weiter und übermittelt allen Geschlechtern alles, was sie selber ist, alles, was sie glaubt.
  
:Diese apostolische Überlieferung kennt in der Kirche unter dem Beistand des Heiligen Geistes einen Fortschritt <ref> Vgl. [[I. Vatikanum|L Vat. Konzil]], Dogm. Konst. über den katholischen Glauben [[Dei filius]], Kap. 4: [[Enchiridion symbolorum|Denz.]]  1800 (3020).</ref>: es wächst das Verständnis der überlieferten Dinge und Worte durch das Nachsinnen und Studium der Gläubigen, die sie in ihrem Herzen erwägen (vgl. Lk 2,19.51), durch innere Einsicht, die aus geistlicher Erfahrung stammt, durch die Verkündigung derer, die mit der Nachfolge im Bischofsamt das sichere Charisma der Wahrheit empfangen haben; denn die Kirche strebt im Gang der Jahrhunderte ständig der Fülle der göttlichen Wahrheit entgegen, bis an ihr sich Gottes Worte erfüllen.
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:Diese apostolische Überlieferung kennt in der Kirche unter dem Beistand des Heiligen Geistes einen Fortschritt <ref> Vgl. [[I. Vatikanum|I. Vat. Konzil]], Dogm. Konst. über den katholischen Glauben [[Dei filius]], Kap. 4: [[Enchiridion symbolorum|Denz.]]  1800 (3020).</ref>: es wächst das Verständnis der überlieferten Dinge und Worte durch das Nachsinnen und Studium der Gläubigen, die sie in ihrem Herzen erwägen (vgl. Lk 2,19.51), durch innere [[Einsicht]], die aus geistlicher Erfahrung stammt, durch die [[Verkündigung]] derer, die mit der Nachfolge im [[Bischof]]samt das sichere [[Charisma]] der [[Wahrheit]] empfangen haben; denn die [[Kirche]] strebt im Gang der Jahrhunderte ständig der Fülle der göttlichen Wahrheit entgegen, bis an ihr sich Gottes Worte erfüllen.
  
:Die Aussagen der heiligen Väter bezeugen die lebenspendende Gegenwart dieser Überlieferung, deren Reichtümer sich in Tun und Leben der glaubenden und betenden Kirche ergießen. Durch dieselbe Überlieferung wird der Kirche der vollständige Kanon der Heiligen Bücher bekannt, in ihr werden die Heiligen Schriften selbst tiefer verstanden und unaufhörlich wirksam gemacht. So ist Gott, der einst gesprochen hat, ohne Unterlaß im Gespräch mit der Braut seines geliebten Sohnes, und der Heilige Geist, durch den die lebendige Stimme des Evangeliums in der Kirche und durch sie in der Welt widerhallt, führt die Gläubigen in alle Wahrheit ein und läßt das Wort Christi in Überfülle unter ihnen wohnen (vgl. Kol 3,16).
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:Die Aufgabe aber, das geschriebene oder überlieferte<ref> Vgl. [[I. Vatikanum|I. Vatikanum|I. Vat. KonziI]], Dogm. Konst. über den katholischen Glauben [[Dei filius]], Kap. 3: [[Enchiridion symbolorum|Denz.]] 1792 (3011).</ref> Wort Gottes verbindlich zu erklären, ist nur dem lebendigen [[Lehramt]] der [[Kirche]] anvertraut<ref> Vgl. [[Pius XII.]], Enz. [[Humani generis]], 12. Aug. 1950: AAS 42 (1950) 568-569; [[Enchiridion symbolorum|Denz.]] 2314 (3886).</ref>, dessen Vollmacht im Namen Jesu Christi ausgeübt wird. Das Lehramt ist nicht über dem Wort Gottes, sondern dient ihm, indem es nichts lehrt, als was überliefert ist, weil es das Wort Gottes aus göttlichem Auftrag und mit dem Beistand des Heiligen Geistes voll Ehrfurcht hört, heilig bewahrt und treu auslegt und weil es alles, was es als von Gott geoffenbart zu glauben vorlegt, aus diesem einen Schatz des Glaubens schöpft.
 
 
:'''9''' Die Heilige Überlieferung und die Heilige Schrift sind eng miteinander verbunden und haben aneinander Anteil. Demselben göttlichen Quell entspringend, fließen beide gewissermaßen in eins zusammen und streben demselben Ziel zu. Denn die Heilige Schrift ist Gottes Rede, insofern sie unter dem Anhauch des Heiligen Geistes schriftlich aufgezeichnet wurde. '''Die Heilige Überlieferung aber gibt das Wort Gottes, das von Christus dem Herrn und vom Heiligen Geist den Aposteln anvertraut wurde, unversehrt an deren Nachfolger weiter, damit sie es unter der erleuchtenden Führung des Geistes der Wahrheit in ihrer Verkündigung treu bewahren, erklären und ausbreiten.''' So ergibt sich, daß die Kirche ihre Gewißheit über alles Geoffenbarte nicht aus der Heiligen Schrift allein schöpft. Daher sollen beide mit gleicher Liebe und Achtung angenommen und verehrt werden.<ref> Vgl. [[Konzil von Trient]], Dekret über die kanonischen Schriften: [[Enchiridion symbolorum|Denz.]]  783 (1501).</ref>
 
 
 
:'''10''' Die Heilige Überlieferung und die Heilige Schrift bilden den einen der Kirche überlassenen heiligen Schatz des Wortes Gottes. Voller Anhänglichkeit an ihn verharrt das ganze heilige Volk, mit seinen Hirten vereint, ständig in der Lehre und Gemeinschaft der Apostel, bei Brotbrechen und Gebet (vgl. Apg 8,42 griech.), so daß im Festhalten am überlieferten Glauben, in seiner Verwirklichung und seinem Bekenntnis ein einzigartiger Einklang herrscht zwischen Vorstehern und Gläubigen.<ref> Vgl. [[Pius XII.]], Apost. Konst. [[Munificentissimus deus]], 1. Nov. 1950: [[AAS]] 42 (1950) 756. Vgl. die Worte Cyprians: "die Kirche, das mit dem Priester vereinte Volk und die ihrem Hirten anhängende Herde", Ep. 66, 8: CSEL 3, 2, 733.</ref>
 
 
 
:Die Aufgabe aber, das geschriebene oder überlieferte<ref> Vgl. [[I. Vatikanum|I. Vatikanum|I. Vat. KonziI]], Dogm. Konst. über den katholischen Glauben [[Dei filius]], Kap. 3: [[Enchiridion symbolorum|Denz.]] 1792 (3011).</ref> Wort Gottes verbindlich zu erklären, ist nur dem lebendigen Lehramt der Kirche anvertraut<ref> Vgl. [[Pius XII.]], Enz. [[Humani generis]], 12. Aug. 1950: AAS 42 (1950) 568-569; [[Enchiridion symbolorum|Denz.]] 2314 (3886).</ref>, dessen Vollmacht im Namen Jesu Christi ausgeübt wird. Das Lehramt ist nicht über dem Wort Gottes, sondern dient ihm, indem es nichts lehrt, als was überliefert ist, weil es das Wort Gottes aus göttlichem Auftrag und mit dem Beistand des Heiligen Geistes voll Ehrfurcht hört, heilig bewahrt und treu auslegt und weil es alles, was es als von Gott geoffenbart zu glauben vorlegt, aus diesem einen Schatz des Glaubens schöpft.
 
 
 
:Es zeigt sich also, daß die Heilige Überlieferung, die Heilige Schrift und das Lehramt der Kirche gemäß dem weisen Ratschluß Gottes so miteinander verknüpft und einander zugesellt sind, daß keines ohne die anderen besteht und daß alle zusammen, jedes auf seine Art, durch das Tun des einen Heiligen Geistes wirksam dem Heil der Seelen dienen.
 
  
 
=== [[Papst]] [[Paul VI.]] ===  
 
=== [[Papst]] [[Paul VI.]] ===  
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:"Es steht dem Papst und den Konzilien zu, ein unterscheidendes Urteil darüber zu fällen, was in den Traditionen der Kirche, will man dem Herrn und dem Heiligen Geist die Treue wahren, unaufgebbar ist, und zwar das hinterlegte [[Glaubensgut]], und was dagegen auf einen neuen Stand gebracht werden kann und muss, um das Gebet und die Sendung der Kirche über die verschiedenen Orte und Zeiten hin zu erleichtern, die göttliche Botschaft in die heutige Sprache zu übersetzen und sie, ohne unangebrachte Kompromisse, besser zu verkündigen. Die Tradition ist also nicht vom lebendigen [[Lehramt]] der Kirche zu trennen, ebensowenig wie sie von der [[Heiligen Schrift]] zu lösen ist."<ref>Paul VI., Brief [[Cum te]] an [[Marcel Lefebvre]], Alterzbischof-Bischof von Tulle, vom [[11. Oktober]] [[1976]].</ref>
 
:"Es steht dem Papst und den Konzilien zu, ein unterscheidendes Urteil darüber zu fällen, was in den Traditionen der Kirche, will man dem Herrn und dem Heiligen Geist die Treue wahren, unaufgebbar ist, und zwar das hinterlegte [[Glaubensgut]], und was dagegen auf einen neuen Stand gebracht werden kann und muss, um das Gebet und die Sendung der Kirche über die verschiedenen Orte und Zeiten hin zu erleichtern, die göttliche Botschaft in die heutige Sprache zu übersetzen und sie, ohne unangebrachte Kompromisse, besser zu verkündigen. Die Tradition ist also nicht vom lebendigen [[Lehramt]] der Kirche zu trennen, ebensowenig wie sie von der [[Heiligen Schrift]] zu lösen ist."<ref>Paul VI., Brief [[Cum te]] an [[Marcel Lefebvre]], Alterzbischof-Bischof von Tulle, vom [[11. Oktober]] [[1976]].</ref>
  
:"Wir aber in den Ländern alter christlicher Prägung müssen uns klar vor Augen halten, dass beim Aufbau der Kirche ein Faktor unerläßlich ist, nämlich die Tradition, die in Jahrhunderten vollbrachte Arbeit derer, die vor uns an der Kirche gebaut haben. Wir sind Erben, wir führen ein in der Vergangenheit begonnenes Werk weiter. Wir müssen Geschichtsbewusstsein haben und in uns die Haltung einer [[Treue]] ausformen, die demütig ist und glücklich über alles, was uns vergangene Jahrhunderte an Lebendigem und Echtem beim Aufbau des [[Mystischer Leib Christi|mystischen Leibes Christi]] hinterlassen haben. Wir müssen uns hüten vor der Gewissenlosigkeit des [[Revolution]]sgeistes, wie er für so viele Menschen [[Zeichen der Zeit|unserer Zeit bezeidchend]] ist, diese [[Gewissen]]losigkeit möchte die Arbeit früherer Generationen beiseite schieben und glaubt, das Heil der Menschen dadurch einleiten zu können, dass sie alles zurückweist, was uns die von einem [[Lehramt]] mit Sinn für Kontinuität und Ursprünglichkeit bestätigte Erfahrung bewahrt hat, und das Unternehmen einer neuen Zivilisation beim Punkte Null beginnen läßt".<ref> aus: [[Ingo Dollinger]], [[Klarheit]] und [[Wahrheit]] S. 38-39: vom 14. Juli 1976.</ref>
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:"Wir aber in den Ländern alter christlicher Prägung müssen uns klar vor Augen halten, dass beim Aufbau der Kirche ein Faktor unerläßlich ist, nämlich die Tradition, die in Jahrhunderten vollbrachte Arbeit derer, die vor uns an der Kirche gebaut haben. Wir sind Erben, wir führen ein in der Vergangenheit begonnenes Werk weiter. Wir müssen Geschichtsbewusstsein haben und in uns die Haltung einer [[Treue]] ausformen, die demütig ist und glücklich über alles, was uns vergangene Jahrhunderte an Lebendigem und Echtem beim Aufbau des [[Mystischer Leib Christi|mystischen Leibes Christi]] hinterlassen haben. Wir müssen uns hüten vor der [[Gewissen]]losigkeit des [[Revolution]]sgeistes, wie er für so viele Menschen [[Zeichen der Zeit|unserer Zeit bezeidchend]] ist, diese Gewissenlosigkeit möchte die Arbeit früherer Generationen beiseite schieben und glaubt, das Heil der Menschen dadurch einleiten zu können, dass sie alles zurückweist, was uns die von einem [[Lehramt]] mit Sinn für Kontinuität und Ursprünglichkeit bestätigte Erfahrung bewahrt hat, und das Unternehmen einer neuen Zivilisation beim Punkte Null beginnen läßt".<ref> aus: [[Ingo Dollinger]], [[Klarheit]] und [[Wahrheit]] S. 38-39: vom 14. Juli 1976; [http://www.kathtube.com/player.php?id=45859 Download].</ref>
  
 
== Die mündliche Tradition und die schriftliche in der [[Bibel]] ==
 
== Die mündliche Tradition und die schriftliche in der [[Bibel]] ==
  
In der Katholischen Kirche kommt der Tradition eine große Bedeutung zu. Im Unterschied zu den Protestanten und Freikirchen, die sich auf die Heilige Schrift als Hauptquelle stützen ("sola scriptura"), steht die [[Katholische Kirche]] sozusagen auf zwei Standbeinen: der mündlichen Tradition und der [[Heilige Schrift|Heiligen Schrift]].  
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In der Katholischen Kirche kommt der Tradition eine große Bedeutung zu. Im Unterschied zu den Protestanten und Freikirchen, die sich auf die Heilige Schrift als ausschließliche Quelle stützen ("sola scriptura"), steht die [[Katholische Kirche]] sozusagen auf zwei Standbeinen: der mündlichen Tradition und der [[Heilige Schrift|Heiligen Schrift]].  
  
"Die Kirchenväter und [[Theologe]]n der ersten Jahrhunderte betrachteten den Glauben der ganzen Kirche als einen sicheren Bezugspunkt, um zu erkennen, was zur apostolischen Überlieferung gehört." Dabei spielte in einigen Fällen "vor allem der Glaube der Laien eine entscheidende Rolle". Im 4. Jahrhundert „wurde die der unfehlbaren Kirche übertragene göttliche Überlieferung weitaus mehr von den Gläubigen als vom Episkopat verkündet und beibehalten“.<ref>Internationale theologische Kommission: "[[Sensus fidei im Leben der Kirche (Wortlaut)|Sensus fidei im Leben der Kirche]]", 5. März 2014, Nr. 23f.26, unter Berufung auf den seligen [[John Henry Newman]].</ref>
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"Die [[Kirchenväter]] und [[Theologe]]n der ersten Jahrhunderte betrachteten den Glauben der ganzen Kirche als einen sicheren Bezugspunkt, um zu erkennen, was zur apostolischen Überlieferung gehört." Dabei spielte in einigen Fällen "vor allem der Glaube der Laien eine entscheidende Rolle". Im 4. Jahrhundert „wurde die der unfehlbaren Kirche übertragene göttliche Überlieferung weitaus mehr von den Gläubigen als vom Episkopat verkündet und beibehalten“.<ref>Internationale theologische Kommission: "[[Sensus fidei im Leben der Kirche (Wortlaut)|Sensus fidei im Leben der Kirche]]", 5. März 2014, Nr. 23f.26, unter Berufung auf den seligen [[John Henry Newman]].</ref>
  
 
== Ursprung und Geschichte der Tradition ==
 
== Ursprung und Geschichte der Tradition ==
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Begonnen hat die Geschichte des Volkes Gottes im Alten Bund mit Personen des Judentums, die ihre Lehren und Gotteserfahrungen mündlich weitergaben und später in Schriften festhielten. Wir unterscheiden im [[Altes Testament|Alten Testament]]: Die fünf Bücher Mose, die Geschichts-, die Weisheits- und Prophetenbücher.  
 
Begonnen hat die Geschichte des Volkes Gottes im Alten Bund mit Personen des Judentums, die ihre Lehren und Gotteserfahrungen mündlich weitergaben und später in Schriften festhielten. Wir unterscheiden im [[Altes Testament|Alten Testament]]: Die fünf Bücher Mose, die Geschichts-, die Weisheits- und Prophetenbücher.  
  
Zur gleichen Zeit der Aufzeichnung der [[Heilige_Schrift|Heiligen Schrift]], wurden im babylonischen Exil Erklärungen zum Schriftsinn und Erläuterungen zu Glaubensinhalten aufgezeichnrt. Das so entstande Werk des ''Talmud'' - hebr.: Lehre - ist zum Teil in die Schriften der [[Kirchenväter]] aufgenommen worden. Die Kirchenväter behandeln jedoch besonders die Lehren der apostolischen Zeit und zählen zu den wichtigsten Quellen der Tradition.  
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<!--  Unbelegt: Zur gleichen Zeit der Aufzeichnung der [[Heilige_Schrift|Heiligen Schrift]], wurden im babylonischen Exil Erklärungen zum Schriftsinn und Erläuterungen zu Glaubensinhalten aufgezeichnrt. Das so entstande Werk des ''Talmud'' - hebr.: Lehre - ist zum Teil in die Schriften der [[Kirchenväter]] aufgenommen worden. Die Kirchenväter behandeln jedoch besonders die Lehren der apostolischen Zeit und zählen zu den wichtigsten Quellen der Tradition. -->
 
 
 
Im Neuen Bund überlieferten die [[Apostel]] die Lehre über [[Jesus Christus]], sowohl mündlich als auch in den Schriften des [[Neues Testament|Neuen Testaments]], den [[Evangelium|Evangelien]], den [[Neues_Testament|Briefen]] und der [[Johannes-Apokalypse|Apokalypse]]. Deshalb kann man die Bibel vor allem als ein Werk der Tradition bezeichnen. Denen, welche die Apostel die Hände im [[Weihesakrament]] aufgelegt haben und allen, welche die Lehre Christi weitertrugen gehört zur Tradition. Allmählich wurde aus der "apostolischen Überlieferung" die "Überlieferung der Väter" bzw. die "kirchliche Überlieferung", die als Erklärung der apostolischen Überlieferung zu verstehen ist.<ref>[[Apostolisches Schreiben]] ''[[Duodecimum saeculum]]'' an die [[Bischöfe]] der [[Katholische Kirche]] zur Zwölfhundertjahrjeier des [[II. Konzil von Nizäa|II. Konzils von Nizäa]] vom [[4. Dezember]] [[1987]]. </ref>
 
Im Neuen Bund überlieferten die [[Apostel]] die Lehre über [[Jesus Christus]], sowohl mündlich als auch in den Schriften des [[Neues Testament|Neuen Testaments]], den [[Evangelium|Evangelien]], den [[Neues_Testament|Briefen]] und der [[Johannes-Apokalypse|Apokalypse]]. Deshalb kann man die Bibel vor allem als ein Werk der Tradition bezeichnen. Denen, welche die Apostel die Hände im [[Weihesakrament]] aufgelegt haben und allen, welche die Lehre Christi weitertrugen gehört zur Tradition. Allmählich wurde aus der "apostolischen Überlieferung" die "Überlieferung der Väter" bzw. die "kirchliche Überlieferung", die als Erklärung der apostolischen Überlieferung zu verstehen ist.<ref>[[Apostolisches Schreiben]] ''[[Duodecimum saeculum]]'' an die [[Bischöfe]] der [[Katholische Kirche]] zur Zwölfhundertjahrjeier des [[II. Konzil von Nizäa|II. Konzils von Nizäa]] vom [[4. Dezember]] [[1987]]. </ref>
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{{Vorlage:Leiste revelatio}}
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== Überlieferte [[Ritus|Riten]], [[Volksfrömmigkeit]], [[Brauch|Gebräuche]] ==
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== Apostolische Überlieferung und kirchliche Überlieferungen ==
 
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:Nr. 83: Die Überlieferung kommt von den Aposteln her und gibt das weiter, was diese der Lehre und dem Beispiel Jesu entnahmen und vom [[Heiligen Geist]] vernahmen. Die erste Christengeneration hatte ja noch kein schriftliches [[Neues Testament]], und das Neue Testament selbst bezeugt den Vorgang der lebendigen Überlieferung.
In der [[Katholische Kirche|katholischen Kirche]] besteht eine Pluralität von "Traditionen", z.B. liturgische [[Ritus|Riten]], verschiedene theologische Schulen, unterschiedlichste geistliche Gemeinschaften. Im [[Zweifel]] haben die Einheit im Glauben und in der [[Hierarchie]] Vorrang.
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:Die theologischen, disziplinären, liturgischen oder religiösen Überlieferungen (oder Traditionen), die im Laufe der Zeit in den [[Ortskirche]]n entstanden, sind etwas anderes. Sie stellen an die unterschiedlichen Orte und Zeiten angepasste besondere Ausdrucksformen der großen Überlieferung dar. Sie können in deren Licht unter der Leitung des [[Lehramt]]es der [[Kirche]] beibehalten, abgeändert oder auch aufgegeben werden ([[KKK]], [[Katechismus der Katholischen Kirche I. Teil: Das Glaubensbekenntnis#II Die Beziehung zwischen der Überlieferung und der Heiligen Schrift|Nr. 83]]).
  
 
[[Papst]] [[Pius XII.]] sagt im Hinblick auf den öffentlichen Kult: "Die [[Liturgie]] der Kirche [...] kehrt zur Vergangenheit zurück, ohne diese knechtisch nachzuahmen, und schafft zugleich Neues, in den Zeremonien selbst, im [[Liturgiesprache|Gebrauch der Volkssprache]], im Volksgesang und im Kirchenbau"<ref>Ansprache [[Vous Nous avez]] vom 23. September 1956</ref>, bei der Gestaltung der [[Liturgische Kleidung|liturgischen Gewänder]], Ordensgewänder u.a. Diese Dinge können im Vertrauen auf den [[Heiliger Geist|Heiligen Geist]] verändert und angepasst werden. Sie betreffen nicht den Kern der Überlieferung der Glaubens- uns Sittenlehre, müssen jedoch den Glauben zeitgemäß fördern.
 
[[Papst]] [[Pius XII.]] sagt im Hinblick auf den öffentlichen Kult: "Die [[Liturgie]] der Kirche [...] kehrt zur Vergangenheit zurück, ohne diese knechtisch nachzuahmen, und schafft zugleich Neues, in den Zeremonien selbst, im [[Liturgiesprache|Gebrauch der Volkssprache]], im Volksgesang und im Kirchenbau"<ref>Ansprache [[Vous Nous avez]] vom 23. September 1956</ref>, bei der Gestaltung der [[Liturgische Kleidung|liturgischen Gewänder]], Ordensgewänder u.a. Diese Dinge können im Vertrauen auf den [[Heiliger Geist|Heiligen Geist]] verändert und angepasst werden. Sie betreffen nicht den Kern der Überlieferung der Glaubens- uns Sittenlehre, müssen jedoch den Glauben zeitgemäß fördern.
  
 
[[Joachim Kardinal Meisner]] sagte am Ende seiner 25-jährigen Amtszeit als Erzbischof von Köln 2014, die [[Kirche]] sei konservativ, und die Tradition sei ihr Lebenselixier. Das bedeute, dass die Kirche heute immer auf die Meinungen früherer Generationen zurückkommen müsse.<ref>vgl. [http://www.kath.net/news/45183 Es ging mir darum, Christus berührbar zu machen!] [[Joachim Kardinal Meisner]] zieht positive Bilanz seiner Zeit in Köln. [[Kath.net]] am 7. März 2014</ref>  
 
[[Joachim Kardinal Meisner]] sagte am Ende seiner 25-jährigen Amtszeit als Erzbischof von Köln 2014, die [[Kirche]] sei konservativ, und die Tradition sei ihr Lebenselixier. Das bedeute, dass die Kirche heute immer auf die Meinungen früherer Generationen zurückkommen müsse.<ref>vgl. [http://www.kath.net/news/45183 Es ging mir darum, Christus berührbar zu machen!] [[Joachim Kardinal Meisner]] zieht positive Bilanz seiner Zeit in Köln. [[Kath.net]] am 7. März 2014</ref>  
 
"Traditionen" existieren auch in den christlichen [[Konfession]]en, die "der Tradition" keinen normativen Charakter zubilligen.
 
  
 
== Literatur ==
 
== Literatur ==
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* [[Robert Bellarmin]]: ''Disputationen über die Streitpunkte des christlichen Glaubens. Band I: Über das geschriebene und ungeschriebene Wort Gottes'', [[Verlagsbuchhandlung Sabat]] 2012 (Hardcover, 256 Seiten, ISBN 978-3-943506-02-0).
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* Marc Stegherr: ''Die Renaissance der katholischen Tradition'', [[Patrimonium Verlag]] 2020 (604 Seiten, ISBN 978-3-86417-034-8 Broschur).
 
* [[Eduard Kamenicky]] (Hg. von Matthias Silvert): Tradition der Kirche - und was sie unaufgebbar erscheinen lässt [[Josef Kral Verlag]] Abensberg 1991 (40 Seiten; ISBN 3-87-442-032-9; [http://www.kath-info.de/tradition.html Online]).
 
* [[Eduard Kamenicky]] (Hg. von Matthias Silvert): Tradition der Kirche - und was sie unaufgebbar erscheinen lässt [[Josef Kral Verlag]] Abensberg 1991 (40 Seiten; ISBN 3-87-442-032-9; [http://www.kath-info.de/tradition.html Online]).
  
 
== Weblinks ==
 
== Weblinks ==
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* {{Youtube|Wie kommt die Offenbarung Jesu bis zu uns?|bYkJgpGfDFk|Kanal=|Autor=[[Nina Sophie Heereman]]|Datum=6. Oktober 2014|size=8:15 Min.}}
 
*[http://www.kath-info.de/traditionn.html P. Engelbert Recktenwald Tradition und Lehramt] auf [[Kath-info]]
 
*[http://www.kath-info.de/traditionn.html P. Engelbert Recktenwald Tradition und Lehramt] auf [[Kath-info]]
 
*[http://www.summorum-pontificum.de/themen/2-vatikanum/102-tradition-welche-tradition.html Tradition? Welche Tradition?] Von Clemens Victor Oldendorf am 23. Juli 2012 bei www.summorum-pontificum.de
 
*[http://www.summorum-pontificum.de/themen/2-vatikanum/102-tradition-welche-tradition.html Tradition? Welche Tradition?] Von Clemens Victor Oldendorf am 23. Juli 2012 bei www.summorum-pontificum.de
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*[http://www.kath.net/news/40896 Die untrennbare Einheit von Heiliger Schrift und Tradition] [[Kath.net]] am 12. April 2013
  
 
== Anmerkungen ==
 
== Anmerkungen ==

Version vom 20. Januar 2021, 09:38 Uhr

Die Tradition schlägt sich in der Kirchengeschichte im Katechismus nieder

Als Tradition (von lat. tradere, trans-dare "weitergeben, überliefern") wird der Prozess von mündlicher und schriftlicher Überlieferung (Sensu obiectivo), wie auch der Inhalt dieser Weitergabe (sensu subiectivo), der mit dem Tod des letzten Apostels abgeschlossen ist<ref>siehe: Joseph Braun: Handlexikon der katholischen Dogmatik, Herder & Co., Freiburg im Breisgau 1926, S. 291, Tradition (Imprimatur Friburgi, die 17. Iulii 1926 Dr. Sester, Vic. Gen.)</ref>, bezeichnet. Sie wird auch Erblehre genannt und ist ein Teil des Depositum fidei.

Nicht alle Wahrheiten, die Gott geoffenbart hat, sind in der Heiligen Schrift aufgeschrieben. Manche wurden von den Aposteln nur gepredigt und sind dann von der Kirche als kostbares Erbe überliefert worden. Die meisten dieser Wahrheiten wurden schon bald nach der Zeit der Apostel von heiligen und gelehrten Männern aufgeschrieben (Kirchenväter).<ref>Katholischer Katechismus der Bistümer Deutschlands 1955#51. Die Kirche schöpft ihre Lehre aus der Heiligen Schrift und aus der mündlichen Überlieferung.</ref>

Die Bedeutung

Die Tradition ist fortdauernde Entwicklung bei Unveränderlichkeit des Wesens. So sagt es Vinzenz von Lerins: Die Tradition ist wie ein Kind. Es entwickelt sich an jedem Tag. Es wird klüger, größer, reifer, besser ausgebildet. Auf der anderen Seite verändert es sich nicht wesentlich. Es ist als Mensch geboren, entwickelt sich als Mensch, stirbt als Mensch. Es verändert sich nicht wesentlich. In diesem Sinn verträgt der Begriff zwei Gegensätze: eine fortdauernde Entwicklung und eine Infragestellung von Veränderung. Dank diesem, wenn auf die Lehre der Kirche geschaut wird, sieht man, dass es in dieser Lehre eine Entwicklung gibt, aber diese Entwicklung streicht nie das Evangelium durch und darf nicht das Rückgrat der Kirche durchstreichen.<ref>Das komplette Interview mit Erzbischof Stanislaw Gadecki zur Familiensynode, CNA am 5. Oktober 2015</ref> Die Aufgabe der Päpste bezüglich der Tradition ist es "die von den Aposteln überlieferte Offenbarung oder das anvertraute Glaubensgut unter dem Beistand des Heiligen Geistes gewissenhaft zu hüten und getreu auszulegen." Sie haben nicht die Aufgabe neuartige Lehren zu verkünden.<ref>vgl. Pius IX., Erstes Vatikanisches Konzil , Dogmatische Konstitution Pastor aeternus über die Kirche Christi – Dogma der Unfehlbarkeit des Papstes vom 18. Juli 1870, Nr. 17.</ref> Dies bedeutet jedoch, dass neue und alte Lehren verkündet werden dürfen und sollen, sofern diese aus dem Stamm der schriftlichen und mündlichen Tradition herauswachsen. Dann ist der Papst wie ein Hausherr, der "aus seinem reichen Vorrat Neues und Altes hervorholt" (vgl. {{#ifeq: Evangelium nach Matthäus | Tradition |{{#if: Mt|Mt|Evangelium nach Matthäus}}|{{#if: Mt |Mt|Evangelium nach Matthäus}}}} 13{{#if:52|,52}} EU | BHS =bibelwissenschaft.de">EU | #default =bibleserver.com">EU }}).

Die Bedeutung der "ungeschriebenen - das heißt also nicht in der Heiligen Schrift enthaltenen - Überlieferungen" für den Glauben hat der hl. Johannes Damaszenos unterstrichen, als er erklärte: "Wenn euch jemand ein Evangelium verkündet, das von dem, welches die heilige Katholische Kirche von den heiligen Aposteln, Vätern und Konzilien empfangen und bis zum heutigen Tag bewahrt hat, verschieden ist, schenkt ihm kein Gehör". Der hl. Augustinus sagte Jahrhunderte früher: "Von dem, woran die Gesamtkirche festhält" und "was schon immer befolgt wurde, glaubt man ganz zu Recht, dass es nur von der Autorität der Apostel überliefert worden sein kann".<ref>Apostolisches Schreiben Duodecimum saeculum an die Bischöfe der Katholische Kirche zur Zwölfhundertjahrfeier des II. Konzils von Nizäa vom 4. Dezember 1987: Bilderrede, III,3, in: PG 94, 1320-1321; B. Kotter, Die Schriften des Johannes von Damaskos, Bd. III (Contra imaginum calumniatores orationes tres), in: "Patristische Texfe und Studien" 17, Berlin/New York, 1975, III,3, S. 72-73. </ref>

Für die Katholische Kirche gehört die Tradition zu den Quellen der göttlichen Offenbarung neben der Heiligen Schrift; sie "gibt das Wort Gottes, das von Christus, dem Herrn und vom Heiligen Geist den Aposteln anvertraut wurde, unversehrt an deren Nachfolger weiter."<ref>Zweites Vatikanisches Konzil: Dogmatische Konstitution Dei verbum Nr. 9; vgl. KKK Nr. 80-83.</ref> Die Heilige Überlieferung, die Heilige Schrift und das Lehramt der Kirche sind so miteinander verknüpft und einander zugesellt, dass das eine nicht ohne die anderen besteht und alle zusammen, jedes auf seine Weise, durch das Tätigsein des einen Heiligen Geistes wirksam zum Heil der Seelen beitragen.<ref>DV Nr. 10: KKK 95; Augustinus von Hippo, De Doctr. Christ. III., 18, 26: I, L 34, 75-76; CSEL 80, 95.</ref>

Lehramtliche Aussagen zur Tradition

Das Konzil von Trient: Sacrosancta oecumenica (1) 1546

"Der hochheilige [...] Kirchenrat von Trient [...], sich stets vor Augen stellend, dass [...] in der Kirche die eigene Reinheit des Evangeliums, welches Jesus Christus, unser Herr, der Sohn Gottes, als das vorher durch die Propheten in den heiligen Schriften Verheißene zuerst mit eigenem Munde verkündigte und hernach, als die Quelle aller heilsamen Wahrheit und Sittenlehre, durch seine Apostel (Mt 28,19; Mk 16,15) allen Kreaturen zu predigen befahl, erhalten werden möge, und einsehend, dass diese Wahrheit und Lehre enthalten ist in den geschriebenen Büchern, und in den ungeschriebenen Überlieferungen, welche von den Aposteln aus dem Munde Christi selbst empfangen, oder (2 Thess 2,14) von diesen Aposteln, unter Eingebung des Heiligen Geistes, gleichsam von Hand zu Hand überliefert worden und bis zu uns gekommen sind, nimmt an und verehrt [...] alle Bücher, sowohl des Alten als des Neuen Testaments, dieweil der eine Gott der Urheber von beiden ist; ebenso auch die Überlieferungen selbst, sowohl die, welche den Glauben, als welche die Sitten betreffen, weil sie entweder mündlich von Christus, oder vom Heiligen Geiste angegeben, und in steter Aufeinanderfolge in der katholischen Kirche erhalten wurden."<ref>zitiert nach: II. Vatikanum, Dogmatische Konstitution über die göttliche Offenbarung Dei verbum, 7f.; DH 1501 </ref>

Aus der Definition des Konzils von Trient ist die Frage, ob und wie weit die Wahrheiten des Glaubens wenigstens einschlussweise auch in der Heiligen Schrift enthalten sind, nicht entschieden.<ref>Bernhard Brinkmann: Katholisches Handlexikon, Butzon & Bercker Verlag Kevelaer 1960, S. 256, Überlieferung (2. Auflage; Imprimatur N. 4-18/60 Monasterii, die 2. Februarii 1960, Böggering Vicarius Eppi Generalis).</ref>

Das Erstes Vatikanisches Konzil: Dogmatische Konstitution Pastor aeternus 1870, Nr. 17

"Die römischen Päpste aber haben das als festzuhaltende Lehre erklärt, was sie unter göttlichem Beistand als mit der Heiligen Schrift und den apostolischen Überlieferungen im Einklang stehend erkannt hatten. Zu dem Zweck beriefen sie, je nachdem Zeitumstände und Weltlage es nahe legten, entweder allgemeine Konzilien, oder befragten die auf dem ganzen Erdkreis verbreitete Kirche über ihre Glaubensansicht; andere Male wieder geschah es auf kleinen Synoden, oder sie bedienten sich anderer Hilfsmittel, wie sie die göttliche Vorsehung ihnen gerade darbot. Denn Petri Nachfolgern ward der Heilige Geist nicht dazu verheißen, dass sie aus seiner Eingebung heraus neue Lehren verkündeten. Ihre Aufgabe ist vielmehr, die von den Aposteln überlieferte Offenbarung oder das anvertraute Glaubensgut unter dem Beistand des Heiligen 'Geistes gewissenhaft zu hüten und getreu auszulegen."

Das Zweite Vatikanische Konzil: Dogmatische Konstitution Dei verbum 1965, Nr. 7-10

Was Gott zum Heil aller Völker geoffenbart hatte, das sollte so hat er in Güte verfügt - für alle Zeiten unversehrt erhalten bleiben und allen Geschlechtern weitergegeben werden. [...] Daher mußte die apostolische Predigt, die in den inspirierten Büchern besonders deutlichen Ausdruck gefunden hat, in ununterbrochener Folge bis zur Vollendung der Zeiten bewahrt werden. Wenn die Apostel das, was auch sie empfangen haben, überliefern, mahnen sie die Gläubigen, die Überlieferungen, die sie in mündlicher Rede oder durch einen Brief gelernt haben (vgl. 2 Thess 2,15), festzuhalten und für den Glauben zu kämpfen, der ihnen ein für allemal überliefert wurde (vgl. Jud 3).<ref> Vgl. II. Konzil von Nizäa: Denz. 303 (602). IV. Konzil von Konstantinopel, Sess. X. can. 1: Denz. 336 (650-652).</ref> Was von den Aposteln überliefert wurde, umfaßt alles, was dem Volk Gottes hilft, ein heiliges Leben zu führen und den Glauben zu mehren. So führt die Kirche in Lehre, Leben und Kult durch die Zeiten weiter und übermittelt allen Geschlechtern alles, was sie selber ist, alles, was sie glaubt.
Diese apostolische Überlieferung kennt in der Kirche unter dem Beistand des Heiligen Geistes einen Fortschritt <ref> Vgl. I. Vat. Konzil, Dogm. Konst. über den katholischen Glauben Dei filius, Kap. 4: Denz. 1800 (3020).</ref>: es wächst das Verständnis der überlieferten Dinge und Worte durch das Nachsinnen und Studium der Gläubigen, die sie in ihrem Herzen erwägen (vgl. Lk 2,19.51), durch innere Einsicht, die aus geistlicher Erfahrung stammt, durch die Verkündigung derer, die mit der Nachfolge im Bischofsamt das sichere Charisma der Wahrheit empfangen haben; denn die Kirche strebt im Gang der Jahrhunderte ständig der Fülle der göttlichen Wahrheit entgegen, bis an ihr sich Gottes Worte erfüllen.
Die Aufgabe aber, das geschriebene oder überlieferte<ref> Vgl. I. Vatikanum|I. Vat. KonziI, Dogm. Konst. über den katholischen Glauben Dei filius, Kap. 3: Denz. 1792 (3011).</ref> Wort Gottes verbindlich zu erklären, ist nur dem lebendigen Lehramt der Kirche anvertraut<ref> Vgl. Pius XII., Enz. Humani generis, 12. Aug. 1950: AAS 42 (1950) 568-569; Denz. 2314 (3886).</ref>, dessen Vollmacht im Namen Jesu Christi ausgeübt wird. Das Lehramt ist nicht über dem Wort Gottes, sondern dient ihm, indem es nichts lehrt, als was überliefert ist, weil es das Wort Gottes aus göttlichem Auftrag und mit dem Beistand des Heiligen Geistes voll Ehrfurcht hört, heilig bewahrt und treu auslegt und weil es alles, was es als von Gott geoffenbart zu glauben vorlegt, aus diesem einen Schatz des Glaubens schöpft.

Papst Paul VI.

"Es steht dem Papst und den Konzilien zu, ein unterscheidendes Urteil darüber zu fällen, was in den Traditionen der Kirche, will man dem Herrn und dem Heiligen Geist die Treue wahren, unaufgebbar ist, und zwar das hinterlegte Glaubensgut, und was dagegen auf einen neuen Stand gebracht werden kann und muss, um das Gebet und die Sendung der Kirche über die verschiedenen Orte und Zeiten hin zu erleichtern, die göttliche Botschaft in die heutige Sprache zu übersetzen und sie, ohne unangebrachte Kompromisse, besser zu verkündigen. Die Tradition ist also nicht vom lebendigen Lehramt der Kirche zu trennen, ebensowenig wie sie von der Heiligen Schrift zu lösen ist."<ref>Paul VI., Brief Cum te an Marcel Lefebvre, Alterzbischof-Bischof von Tulle, vom 11. Oktober 1976.</ref>
"Wir aber in den Ländern alter christlicher Prägung müssen uns klar vor Augen halten, dass beim Aufbau der Kirche ein Faktor unerläßlich ist, nämlich die Tradition, die in Jahrhunderten vollbrachte Arbeit derer, die vor uns an der Kirche gebaut haben. Wir sind Erben, wir führen ein in der Vergangenheit begonnenes Werk weiter. Wir müssen Geschichtsbewusstsein haben und in uns die Haltung einer Treue ausformen, die demütig ist und glücklich über alles, was uns vergangene Jahrhunderte an Lebendigem und Echtem beim Aufbau des mystischen Leibes Christi hinterlassen haben. Wir müssen uns hüten vor der Gewissenlosigkeit des Revolutionsgeistes, wie er für so viele Menschen unserer Zeit bezeidchend ist, diese Gewissenlosigkeit möchte die Arbeit früherer Generationen beiseite schieben und glaubt, das Heil der Menschen dadurch einleiten zu können, dass sie alles zurückweist, was uns die von einem Lehramt mit Sinn für Kontinuität und Ursprünglichkeit bestätigte Erfahrung bewahrt hat, und das Unternehmen einer neuen Zivilisation beim Punkte Null beginnen läßt".<ref> aus: Ingo Dollinger, Klarheit und Wahrheit S. 38-39: vom 14. Juli 1976; Download.</ref>

Die mündliche Tradition und die schriftliche in der Bibel

In der Katholischen Kirche kommt der Tradition eine große Bedeutung zu. Im Unterschied zu den Protestanten und Freikirchen, die sich auf die Heilige Schrift als ausschließliche Quelle stützen ("sola scriptura"), steht die Katholische Kirche sozusagen auf zwei Standbeinen: der mündlichen Tradition und der Heiligen Schrift.

"Die Kirchenväter und Theologen der ersten Jahrhunderte betrachteten den Glauben der ganzen Kirche als einen sicheren Bezugspunkt, um zu erkennen, was zur apostolischen Überlieferung gehört." Dabei spielte in einigen Fällen "vor allem der Glaube der Laien eine entscheidende Rolle". Im 4. Jahrhundert „wurde die der unfehlbaren Kirche übertragene göttliche Überlieferung weitaus mehr von den Gläubigen als vom Episkopat verkündet und beibehalten“.<ref>Internationale theologische Kommission: "Sensus fidei im Leben der Kirche", 5. März 2014, Nr. 23f.26, unter Berufung auf den seligen John Henry Newman.</ref>

Ursprung und Geschichte der Tradition

Begonnen hat die Geschichte des Volkes Gottes im Alten Bund mit Personen des Judentums, die ihre Lehren und Gotteserfahrungen mündlich weitergaben und später in Schriften festhielten. Wir unterscheiden im Alten Testament: Die fünf Bücher Mose, die Geschichts-, die Weisheits- und Prophetenbücher.

Im Neuen Bund überlieferten die Apostel die Lehre über Jesus Christus, sowohl mündlich als auch in den Schriften des Neuen Testaments, den Evangelien, den Briefen und der Apokalypse. Deshalb kann man die Bibel vor allem als ein Werk der Tradition bezeichnen. Denen, welche die Apostel die Hände im Weihesakrament aufgelegt haben und allen, welche die Lehre Christi weitertrugen gehört zur Tradition. Allmählich wurde aus der "apostolischen Überlieferung" die "Überlieferung der Väter" bzw. die "kirchliche Überlieferung", die als Erklärung der apostolischen Überlieferung zu verstehen ist.<ref>Apostolisches Schreiben Duodecimum saeculum an die Bischöfe der Katholische Kirche zur Zwölfhundertjahrjeier des II. Konzils von Nizäa vom 4. Dezember 1987. </ref>

Zusammenhänge

CHristus A&O.JPG
Offenbarung Gottes: wo ? Sittenordnung Licht menschlicher Erkenntnis Universal-
wissenschaften
Tugenden
natürliche im "Buch" der
Schöpfung
Natürliches Sittengesetz
Vernunft: nimmt eine Wahrheit kraft ihrer inneren, mittelbaren oder unmittelbaren Offensichtlichkeit an
Philosophie erworbene Kardinaltugenden
übernatürliche (gnadenhafte) in der Bibel: in Christus und den Sakramenten Christliches Sittengesetz
Glaube: übernimmt eine Wahrheit aufgrund der Autorität des Wortes Gottes, der sich offenbart
(Glaubensgut: Tradition+Bibel)
Theologie geschenkte, eingegossene oder theologale

Ich bin das Alpha und das Omega, der Anfang und das Ende (Offb 21, 6).

Beziehung zwischen Natur + Gnade



Tabellarische Analogie

Andrej Rublëv-Dreifaltigkeit.jpg
Göttliche Person Offenbarungs-
quelle
Ähnlichkeit: Hervorgänge im innergöttlichen Leben
der Heiligsten Dreifaltigkeit (vgl. KKK, 101-104)
Vater Tradition Die Tradition ist der Ursprung der Bibel und der Analogie des Glaubens, wie aus Gott Vater der Sohn und der Heilige Geist hervorgeht
Sohn Heilige Schrift Die Bibel geht aus den Worten der Überlieferer (z. B. Mose, Propheten, Apostel) hervor, ähnlich wie aus Gott Vater Gott Sohn hervorgeht
Heiliger Geist Lehramtliche Analogie des Glaubens Die Analogie des Glaubens geht aus der Tradition und der Bibel hervor, ähnlich wie der Heilige Geist aus Gott Vater und Gott Sohn hervorgeht
Die Heiligste Dreifaltigkeit, gemalt von dem russischen Ikonenmaler Andrej Rublëv (um 1400) →


Apostolische Überlieferung und kirchliche Überlieferungen

Nr. 83: Die Überlieferung kommt von den Aposteln her und gibt das weiter, was diese der Lehre und dem Beispiel Jesu entnahmen und vom Heiligen Geist vernahmen. Die erste Christengeneration hatte ja noch kein schriftliches Neues Testament, und das Neue Testament selbst bezeugt den Vorgang der lebendigen Überlieferung.
Die theologischen, disziplinären, liturgischen oder religiösen Überlieferungen (oder Traditionen), die im Laufe der Zeit in den Ortskirchen entstanden, sind etwas anderes. Sie stellen an die unterschiedlichen Orte und Zeiten angepasste besondere Ausdrucksformen der großen Überlieferung dar. Sie können in deren Licht unter der Leitung des Lehramtes der Kirche beibehalten, abgeändert oder auch aufgegeben werden (KKK, Nr. 83).

Papst Pius XII. sagt im Hinblick auf den öffentlichen Kult: "Die Liturgie der Kirche [...] kehrt zur Vergangenheit zurück, ohne diese knechtisch nachzuahmen, und schafft zugleich Neues, in den Zeremonien selbst, im Gebrauch der Volkssprache, im Volksgesang und im Kirchenbau"<ref>Ansprache Vous Nous avez vom 23. September 1956</ref>, bei der Gestaltung der liturgischen Gewänder, Ordensgewänder u.a. Diese Dinge können im Vertrauen auf den Heiligen Geist verändert und angepasst werden. Sie betreffen nicht den Kern der Überlieferung der Glaubens- uns Sittenlehre, müssen jedoch den Glauben zeitgemäß fördern.

Joachim Kardinal Meisner sagte am Ende seiner 25-jährigen Amtszeit als Erzbischof von Köln 2014, die Kirche sei konservativ, und die Tradition sei ihr Lebenselixier. Das bedeute, dass die Kirche heute immer auf die Meinungen früherer Generationen zurückkommen müsse.<ref>vgl. Es ging mir darum, Christus berührbar zu machen! Joachim Kardinal Meisner zieht positive Bilanz seiner Zeit in Köln. Kath.net am 7. März 2014</ref>

Literatur

  • Robert Bellarmin: Disputationen über die Streitpunkte des christlichen Glaubens. Band I: Über das geschriebene und ungeschriebene Wort Gottes, Verlagsbuchhandlung Sabat 2012 (Hardcover, 256 Seiten, ISBN 978-3-943506-02-0).
  • Marc Stegherr: Die Renaissance der katholischen Tradition, Patrimonium Verlag 2020 (604 Seiten, ISBN 978-3-86417-034-8 Broschur).
  • Eduard Kamenicky (Hg. von Matthias Silvert): Tradition der Kirche - und was sie unaufgebbar erscheinen lässt Josef Kral Verlag Abensberg 1991 (40 Seiten; ISBN 3-87-442-032-9; Online).

Weblinks

Anmerkungen

<references />