Quanta cura (Wortlaut)

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Nachfolgend dokumentiert kathpedia die Enzyklika Quanta cura von Papst Pius IX. (8. Dezember 1864) in deutscher Übersetzung:

An alle Ehrwürdigen Brüder, die Patriarchen, Primaten, Erzbischöfe und Bischöfe,
welche die Gnade und die Gemeinschaft des Apostolischen Stuhles haben.
Ehrwürdige Brüder, Gruß und Apostolischen Segen!

Mit welcher Sorge und Hirtenwachsamkeit die Römischen Päpste, Unsere Vorgänger, der ihnen von Christus, dem Herrn selbst, in der Person des seligsten Apostelfürsten, des hochheiligen Petrus, anvertrauten Aufgabe und Amtspflicht, die Lämmer und Schafe zu weiden, nachgekommen sind, und es niemals unterlassen haben, die gesamte Herde des Herrn sorgfältig mit den Aussagen des Glaubens zu nähren, sie mit der heilsamen, unverletzten Lehre zu tränken und vertraut zu machen, und sie von vergifteten Weiden fernzuhalten, ist allen und besonders Euch, Ehrwürdige Brüder, wohlbekannt und offenkundig. In der Tat, Unsere Vorgänger, die Vertreter und Verteidiger der erhabenen katholischen Religion, der Wahrheit und der Gerechtigkeit, kannten in ihrer großen Fürsorge um das Heil der Seelen kein wichtigeres Anliegen, als mit ihren höchst weisen Hirtenbriefen und Konstitutionen alle Irrlehren und Irrtümer aufzudecken und zu verurteilen, die im Widerspruch zu unserem Göttlichen Glauben, zur Lehre der katholischen Kirche, zur Ehrbarkeit der Sitten und zum ewigen Seelenheil der Menschen stehen, die häufig schwere Gefahren hervorgerufen und in beklagenswerter Weise die Kirche und die staatliche Gemeinschaft verheert haben. Darum haben Unsere Vorgänger mit apostolischem Starkmut, den ruchlosen Umtrieben gegen die gottlosen Menschen, stets Widerstand geleistet. Den Fluten der tobenden See gleich, schäumen diese ihre eigene Verwirrung und Ordnungslosigkeit aus und versprechen die Freiheit, während sie selbst Sklaven der Verderbnis sind. Mit ihren trügerischen Meinungen und höchst verderblichen Schriften waren sie bemüht, die Grundlagen der katholischen Religion und der bürgerlichen Gesellschaft zu erschüttern, jede Tugend und Gerechtigkeit aus der menschlichen Gemeinschaft auszurotten, die Seele und den Geist zu verderben, die Unvorsichtigen und die unerfahrene Jugend von den rechten Grundsätzen der Sitten abzubringen, sie zugrundezurichten, in die Fallstricke des Irrtums zu führen und sie schließlich vom Schoß der katholischen Kirche gewaltsam zu entfernen. Wie Euch wohlbekannt ist, Ehrwürdige Brüder, haben Wir, kaum durch den verborgenen Ratschluß der Göttlichen Vorsehung und ohne irgendwelche eigenen Verdienste, als Wir auf diesen Stuhl Petri erhoben wurden, zum unermeßlichen inneren Schmerz Unserer Seele, den furchtbaren, durch so viele verkehrte und verruchte Meinungen erregten Sturm und die schweren, nie genug zu beweinenden Schäden gewahrt, die aus derartig vielen Irrtümern heraus das christliche Volk treffen. Nach der Pflicht Unseres Apostolischen Amtes, folgend der glorreichen Fährte Unserer Vorgänger, haben Wir Unsere Stimme erhoben und mit mehreren veröffentlichten Enzykliken, Apostolischen Ansprachen im Konsistorium und anderen Apostolischen Schreiben, die hauptsächlichsten Irrtümer unseres höchst betrüblichen Zeitalters verurteilt. Zugleich haben Wir Eure ausgezeichnete bischöfliche Wachsamkeit angeregt und alle Unsere geliebten Kinder der katholischen Kirche immer wieder ermahnt und ermuntert, die Wirkungen einer so grauenvollen Suche absolut zu verabscheuen und zu vermeiden. Namentlich in Unserer ersten Enzyklika, die Wir Euch am 9. November 1846 geschrieben haben, sowie mit den beiden, im Konsistorium gehaltenen Ansprachen vom 9. Dezember 1854 und 9. Juni 1862, in denen Wir die ungeheuerlichen Meinungen verurteilten, die vor allem in diesem Zeitalter zum allergrößten Schaden der Seelen und zum Nachteil der bürgerlichen Gesellschaft herrschen. Diese stehen im äußersten Widerspruch nicht nur zur katholischen Kirche, zu ihrer heilsamen Lehre und zu ihren ehrwürdigen Rechten, sondern auch zu dem ewigen natürlichen Gesetz, das Gott in das Innere und in das Herz aller Menschen eingegraben hat, sowie zu der rechten Vernunft. Aus ihnen erhalten fast alle anderen Irrtümer ihren Ursprung. Obwohl Wir es nicht unterlassen haben, die wichtigsten Hauptirrtümer dieser Art häufig öffentlich zu verbieten und zu verwerfen, so verlangt dennoch das Interesse der katholischen Kirche, das Uns von Gott anvertraute Heil der Seelen und die Wohlfahrt der bürgerlichen Gesellschaft, dass Wir Eure Hirtensorgfalt wiederholt zur Bekämpfung anderer verkehrter Meinungen aufrufen, welche aus den erwähnten Irrtümern und aus ihrem Ursprung hervorbrechen. Diese falschen und verkehrten Meinungen müssen umso mehr verabscheut werden, als sie gerade danach streben, die heilsame Gewalt zu hemmen und zu beseitigen, welche die katholische Kirche nach der Anordnung und dem Gebot ihres göttlichen Stifters bis an das Ende der Zeiten, sowohl gegenüber dem einzelnen Menschen, als auch gegen die Nationen, Völker und ihre Herrscher, unbehindert ausüben muß, sowie die gegenseitige Gemeinsamkeit und Eintracht der Absichten zwischen Kirche und Staat abzuschaffen, die zu allen Zeiten dem geistlichen und bürgerlichen Bereich förderlich und heilsam war [FN: Gregor XVI., Enzyklika Mirari vos vom 15. August 1832.]. Ihr wißt sehr wohl, Ehrwürdige Brüder, dass es heutzutage viele gibt, die das absurde und gottlose Prinzip des sogenannten Naturalismus auf die staatliche und bürgerliche Gesellschaft anwenden und zu lehren wagen. Die beste Staatsverfassung und der bürgerliche Fortschritt erforderten unbedingt, dass die menschliche Gesellschaft aufgebaut und regiert werde, ohne dabei irgendeine Rücksicht auf die Religion zu nehmen, als ob diese nicht existieren würde, oder zumindest keinen Unterschied zwischen der wahren und der falschen Religion zu machen. Im Gegensatz zur Lehre der Heiligen Schrift, der Kirche und der heiligen Väter behaupten sie ohne zu zögern: Der beste Zustand der Gesellschaft sei, der Staatsgewalt nicht die Verpflichtung zuzuerkennen, durch gesetzlich festgelegte Strafen die Übeltäter und Entehrer der katholischen Religion in Schranken zu halten, außer wenn die öffentliche Ruhe dies erfordern sollte. Von dieser absolut falschen Vorstellung über die Regierung des Staates, scheuen sie sich nicht, die irrige Meinung zu begünstigen, welche für die katholische Kirche und das Heil der Seelen im höchsten Grad zum Untergang führt, die bereits Unser unmittelbarer Vorgänger seligen Andenkens, Gregor XVI., als Wahnsinn bezeichnet hat [FN: Ebd.], und zwar, die Gewissens- und Religionsfreiheit sei das eigene Recht eines jeden Menschen. Dieses Recht müsse das Gesetz in jeder wohlgeordneten Gesellschaft proklamieren und sicherstellen. Für die Bürger bestehe ein Recht auf eine allgemeine Freiheit, die weder durch die kirchliche, noch durch die staatliche Autorität eingeschränkt werden darf, und die ihnen erlaubt, ihre Ansichten und Empfindungen durch das gesprochene Wort, durch Druckschriften, oder auf andere Weise offen bekanntzugeben und zu erklären. Während sie dies leichtfertig behaupten, bedenken und erwägen sie nicht, dass sie die Freiheit des Verderbens [FN: Augustinus, Epist. 105 al. 166.] verkünden. Es wäre ihnen freigestellt, alles mit den Mitteln menschlicher Überzeugung zu erörtern, da es an solchen Menschen niemals fehlen würde, die es wagen, der Wahrheit zu widerstehen und auf die Geschwätzigkeit der menschlichen Weisheit zu vertrauen. Der christliche Glaube und die christliche Weisheit vermögen es, aus der Lehre unseres Herrn Jesus Christus selbst zu erkennen, wie sehr diese höchst lügenhafte Eitelkeit gemieden werden muß [FN: Leo, Epist. 164 al. 133, § 2 edit. Ball.]. Wo die Religion aus der bürgerlichen Gesellschaft verbannt sowie die Lehre und Autorität der göttlichen Offenbarung verworfen wurde, wird sogar der wahre Begriff der Gerechtigkeit und des menschlichen Rechts verdunkelt und geht verloren. Materielle Gewalt tritt an die Stelle der Gerechtigkeit und des gesetzmäßigen Rechts. Daher ist es verständlich, weshalb einige Menschen, indem sie die sichersten Grundsätze der gesunden Vernunft mißachten und an die letzte Stelle setzen, miteinander auszurufen wagen: Der Wille des Volkes, kundgegeben durch die sogenannte „öffentliche Meinung“ oder auf irgendeine andere Weise, begründe das oberste Gesetz, unabhängig von jedem göttlichen und menschlichen Recht. In der politischen Ordnung haben vollendete Tatsachen bereits durch ihre Vollendung die Bedeutung einer Rechtskraft. Wer versteht und empfindet nicht ganz deutlich, dass die menschliche Gesellschaft, gelöst von der Bindung an die Religion und des wahren Rechts, keine andere Ausrichtung mehr haben kann, als sich den Erwerb und die Anhäufung von Reichtümern zum Ziel zu setzen? Sie folgen in ihren Handlungen keinem anderen Gesetz mehr, als der ungezähmten Begierde des Herzens, den eigenen Gelüsten und dem persönlichen Vorteil zu dienen. Deshalb verfolgen diese Menschen mit bitterem Haß die Ordensgemeinschaften, obgleich sie sich um die Kirche, die Zivilisation und die Wissenschaft überaus verdient gemacht haben. Sie bekunden, dass diese Gemeinschaften keinen gesetzlichen Anspruch auf ihr Fortbestehen haben und stimmen den Lügen der Irrlehrer zu. Unser Vorgänger seligen Andenkens, Pius VI., erklärte mit großer Weisheit: Die Aufhebung der Orden verletzt den Stand der öffentlichen Ausübung der Evangelischen Räte sowie die von der Kirche empfohlene Lebensweise, die im Einklang mit der Lehre der Apostel steht. Sie beleidigt die ausgezeichneten Ordensgründer persönlich, die Wir auf den Altären verehren, und die unter der Eingebung Gottes diese Gesellschaften gegründet haben [FN: Schreiben an Kardinal de la Rochefoucault vom 10. März 1791.]. Außerdem verkünden sie in gottloser Weise, den Bürgern und der Kirche die Befugnis zu entziehen, die diesen genehmigt, Almosen um der christlichen Liebe willen austeilen zu dürfen. Auch das Gesetz sei abzuschaffen, welches an gewissen Tagen die knechtliche Arbeit aus Rücksicht auf den Gottesdienst verbietet, wobei sie höchst trügerisch einwenden, das Verbot und Gesetz stehe im Widerspruch zu den Grundsätzen einer guten Volkswirtschaft. Nicht damit zufrieden, die Religion aus der Öffentlichkeit des Staates zu verdrängen, wollen sie die Religion selbst aus dem privaten Bereich der Familien fernhalten. Diese Menschen lehren den verderblichen und todbringenden Irrtum des Kommunismus und des Sozialismus. Indem sie sich dazu bekennen, vertreten sie den Irrtum, die häusliche Gemeinschaft oder die Familie leite den Grund ihres Bestehens nur aus dem bürgerlichen Recht ab. Alle Rechte der Eltern über ihre Kinder und an erster Stelle das Recht ihrer Unterweisung und Erziehung, stammen nur aus dem bürgerlichen Recht und hängen von diesem ab. Mit diesen gottlosen Meinungen und Umtrieben beabsichtigen diese Betrüger, vor allem die heilbringende Lehre und die Gewalt der katholischen Kirche aus dem Unterricht und aus der Erziehung der Jugend vollständig zu verbannen, und dadurch die noch beeinflußbaren Gemüter der Jugend mit der schädlichen Irrlehre und jeglichen Lastern anzustecken und zu verderben. Diejenigen, die sich das Ziel gesetzt haben, die Kirche und den Staat in Verwirrung zu stürzen, die Ordnung in der Gesellschaft umzustoßen und alle göttlichen und menschlichen Rechte zu vernichten, richten, wie bereits erwähnt, alle ihre verruchten Pläne und Künste, ihr Handeln und ihr Tun, besonders auf die unerfahrene Jugend, um diese zu betrügen und zu verderben. Stets haben diese Menschen gerade alle Hoffnung auf die Verführung der Jugend gesetzt. Darum hören sie niemals auf, dem Welt- und Ordensklerus, von welchem, wie es zuverlässige Urkunden und Denkmäler der Geschichte glänzend bezeugen, viele große Vorteile auf die christliche und bürgerliche Gesellschaft und auf die Wissenschaft ausgegangen sind, auf die schändlichste Weise übel mitzuspielen. Sie verkünden, dieser Klerus müsse als Feind der nützlichen Wissenschaft und des Fortschrittes der Zivilisation von jeder Sorge und Verantwortung für den Unterricht und der Erziehung der Jugend entfernt werden. Andere hingegen wagen es, die ruchlosen und oft verurteilten Lügen der Erneuerer wieder aufzugreifen und mit einer besonderen Unverschämtheit die höchste Gewalt der Kirche und des Heiligen Stuhles, die ihr von Christus dem Herrn übertragen wurde, der Willkür der staatlichen Macht zu unterwerfen und alle Rechte dieser Kirche und des Heiligen Stuhles zu leugnen, welche zur äußeren Ordnung gehören. Sie schämen sich nicht zu behaupten: Die Gesetze der Kirche verpflichteten nur dann im Gewissen, wenn sie durch die staatliche Behörde veröffentlicht würden. Die Verfügungen und Dekrete der Römischen Päpste, welche die Religion und die Kirche betreffen, bedürften der Bestätigung und Billigung, zumindest aber der Zustimmung der Staatsgewalt. Die Apostolischen Konstitutionen [FN: Clemens XI., In eminenti; Benedikt XIV., Providas Romanorum; Pius VII., Ecclesiam; vgl. Leo XIII., Quo graviora.], durch welche die geheimen Gesellschaften, ganz gleich, ob von ihnen der Eid auf Geheimhaltung verlangt wird oder nicht, und deren Anhänger und Begünstiger mit dem Ausschluß aus der Kirche bestraft werden, hätten keine bindende Kraft in den Ländern des Erdkreises, wo solche Vereinigungen von der staatlichen Regierung geduldet werden. Die Exkommunikation, die vom Konzil von Trient und von den Römischen Päpsten über diejenigen verhängt wurde, die gegen die Rechte und Besitztümer der Kirche vorgehen und an sich reißen, beruhe auf einer Vermischung der geistlichen Ordnung mit der politischen und staatlichen Ordnung zur Verfolgung eines rein weltlichen Gewissens. Die Kirche dürfe nichts verfügen und entscheiden, was die Gewissen der Gläubigen im Hinblick auf den Gebrauch der zeitlichen Dinge binden könnte. Der Kirche stehe nicht das Recht zu, die Verletzer ihrer Gesetze mit zeitlichen Strafen zu bedrohen. Es entspreche den Grundsätzen der heiligen Theologie und des öffentlichen Rechts, das Eigentumsrecht an Gütern, welche sich im Besitz der Kirche, der Ordensgemeinschaften und anderen frommen Institutionen befinden, der Staatsregierung zuzuerkennen und für sie in Anspruch zu nehmen. Sie schämen sich nicht, sich offen und vor der ganzen Welt zu dem Ausspruch und Grundsatz der Irrlehrer zu bekennen, aus dem so viele verkehrte Meinungen und Irrtümer hervorgehen. Sie erklären nachdrücklich: Die Gewalt der Kirche sei nicht kraft göttlichen Rechtes getrennt und unabhängig von der staatlichen Gewalt. Eine solche Trennung und Unabhängigkeit könne nicht aufrechterhalten werden, ohne dass die Kirche in wesentliche Rechte der staatlichen Gewalt eingreifen und dieselbe an sich reißen würde. Ferner können Wir die Verwegenheit von denjenigen nicht übergehen, welche die gesunde Lehre nicht ertragen und behaupten: Den Entscheidungen und Dekreten des Apostolischen Stuhles, die das allgemeine Wohl der Kirche, ihre Rechte und Disziplin zum Gegenstand haben, sofern diese die Glaubens- und Sittenlehre nicht berühren, könne ohne Sünde und ohne irgendeine Gefährdung die Zustimmung und der Gehorsam des katholischen Bekenntnisses verweigert werden. Jeder muß klar und offen sehen und verstehen, wie sehr dies im Widerspruch zum katholischen Glaubenssatz der Vollgewalt steht, die dem römischen Papst durch Christus unserem Herrn selbst aus göttlicher Macht übertragen wurde, um die gesamte Kirche zu weiden, zu regieren und zu verwalten. Inmitten einer so großen Anzahl von verkehrten und entarteten Meinungen haben Wir, im vollen Bewußtsein Unserer Apostolischen Pflicht und in Unserer höchsten Sorge um unsere heilige Religion, die gesunde Lehre und das Uns von Gott anvertraute Heil der Seelen sowie für das Wohl der menschlichen Gesellschaft selbst, erneut Unsere Apostolische Stimme erhoben. Deshalb verwerfen, verbieten und verurteilen Wir, kraft Unserer Apostolischen Autorität, alle und jede in diesem Schreiben einzeln erwähnten verkehrten Meinungen und Lehren. Wir wünschen und befehlen, dass dieselben von allen Kindern der katholischen Kirche als verworfen, verboten und verurteilt betrachtet werden. Ihr selbst, Ehrwürdige Brüder, wißt am besten, dass in diesen Zeiten die Hasser der Wahrheit und Gerechtigkeit sowie die verbissensten Feinde unserer Religion durch verderbliche Bücher, Flugschriften und Zeitungen, die auf dem ganzen Erdkreis verbreitet werden, die Völker betrügen und mit böswilligen lügenhaften Vorspiegelungen weitere gottlose Lehren aussäen. Ferner ist Euch bekannt, dass es auch in unserem Zeitalter einige Personen gibt, die, getrieben und aufgestachelt durch den Geist Satans, bei dem Grad an Gottlosigkeit angelangt sind, dass sie unseren Herrn Jesus Christus leugnen und seine Gottheit mit unheilvoller Frechheit bekämpfen. Wir müssen Euch, Ehrwürdige Brüder, Unser höchstes und wohlverdientes Lob aussprechen. Ihr habt keineswegs versäumt, Eure bischöfliche Stimme gegen eine derartig große Gottlosigkeit zu erheben. Daher wenden Wir Uns mit Unserem Schreiben wiederum liebevoll an Euch. Ihr, die Ihr zur Teilnahme an Unserer Hirtensorge berufen, Uns in Unserer bitteren Trübsal, durch Eure vorzügliche Frömmigkeit und Ergebenheit, zur Freude und zum Trost gereicht sowie durch Eure außerordentliche Liebe, Treue und Ehrerbietung, auf das engste mit Uns und diesem Apostolischen Stuhl verbunden seid, erfüllt Euer erhabenes und wichtiges bischöfliches Amt mit Kraft und Eifer. Von Eurem hervorragenden Hirteneifer erwarten Wir, dass Ihr das Schwert des Geistes ergreift, welches das Wort Gottes ist, und gestärkt in der Gnade unseres Herrn Jesus Christus, mit doppelter Bemühung täglich mehr darauf achtet, dass sich die Eurer Sorge anvertrauten Gläubigen der schädlichen Kräuter enthalten, die Jesus Christus nicht pflegt, da sie nicht vom Vater gepflanzt sind [Ignatius Antioch., ad Philad. 3.]. Hört niemals auf, den Gläubigen einzuprägen, dass jedes wahre Glück auf die Menschen unserer hocherhabenen Religion, ihrer Lehre und Übung zuströmt, und dass selig ist das Volk, dessen Herr sein Gott ist [FN: Ps. 143.]. Lehret, dass die Reiche auf der Grundlage des katholischen Glaubens bestehen [Coelestinus, epist. 22 ad Synod. Ephes.], und dass nichts so tödlich, ins Verderben stürzend und derartig der Gefahren ausgesetzt ist, als wenn wir der Meinung sind, es wäre für uns völlig ausreichend, bei unserer Geburt den freien Willen empfangen zu haben und daher nichts weiter von Gott verlangen. Das bedeutet, dass wir unseren Urheber vergessen und Seiner Herrschaft abschwören, um zu zeigen, dass wir frei sind [FN: Innocentius I., epist. 29 ad episc. Conc. Carthag.]. Unterlasset auch nicht zu lehren, dass die Herrschergewalt nicht nur der Regierung der Welt, sondern besonders zum Schutz der Kirche verliehen wurde [Leo I., epist. 156 al. 125.]. Nichts kann den Oberhäuptern und Königen der Staaten einen größeren Nutzen und Ruhm erlangen, als wenn sie, wie Unser Vorgänger, der höchst weise und starkmütige hl. Papst Felix, an Kaiser Zeno schrieb, die katholische Kirche von ihren Gesetzen Gebrauch machen lassen und niemandem erlauben, ihrer Freiheit entgegenzutreten. Es steht fest, dass es für ihre Angelegenheiten heilsam ist, sofern es sich um die Sache Gottes handelt, wenn sie sich nach seiner Anordnung bemühen, den königlichen Willen den Priestern Jesu Christi zu unterwerfen anstatt vorzuziehen [Pius VII., Enzykl. Diu satis vom 15. Mai 1800.]. Ehrwürdige Brüder, es ist in jeder Beziehung notwendig, ganz besonders während dieser großen Nöte innerhalb der Kirche und der bürgerlichen Gesellschaft, die einer gewaltigen Verschwörung der Feinde gegen die katholische Kirche und gegen den Heiligen Stuhl sowie dem Chaos der Irrtümer gegenüberstehen, mit Vertrauen dem Thron der Gnade zu nahen, um Barmherzigkeit zu erlangen und die Gnade in rechtzeitiger Hilfe zu finden. Daher hielten Wir es für notwendig, die Frömmigkeit aller Gläubigen aufzumuntern, damit sie ohne Unterlaß mit Uns und mit Euch den gütigsten Vater des Lichtes und Erbarmens höchst demütig mit inständigen Bitten anflehen, und in der Fülle des Glaubens immer zu unserem Herrn Jesus Christus fliehen, der uns in Seinem Blut mit Gott versöhnt hat, um Sein teuerstes Herz, das Opfer Seiner glühenden Liebe zu uns, mit Eifer und Beständigkeit anzurufen. Möge Er mit Seiner großen Liebe alles an Sich ziehen, damit alle Menschen durch Seine heiligste Liebe entflammt werden und nach Seinem Herzen würdig wandeln, um Gott in allem wohlgefällig zu sein und Früchte in jedem guten Werk zu bringen. Ohne jeden Zweifel sind jedoch für Gott die Gebete der Menschen angenehmer, die mit reinen Seelen und ohne jeden Makel behaftet vor Ihn treten. Mit Apostolischer Freigebigkeit haben wir es daher für ratsam erachtet, die Unserer Obhut anvertrauten himmlischen Schätze der Kirche zu ergründen, damit die Gläubigen, die in wahrer Frömmigkeit entbrannt und durch das Sakrament der Buße von ihren Sünden gereinigt, mit großem Vertrauen ihre Gebete Gott darbringen und dadurch Seine Barmherzigkeit und Gnade erlangen können. Kraft Unserer Apostolischen Autorität verleihen Wir daher durch dieses Schreiben einen vollkommenen Jubiläumsablaß, der jedem einzelnen der Gläubigen beider Geschlechter auf dem ganzen Erdkreis zukommt, und von Euch, Ehrwürdige Brüder, sowie von den rechtmäßigen Ortsordinarien in der Frist eines Monats bis zum ganzen zukünftigen Jahre 1865, jedoch nicht darüber hinaus, anzusetzen ist. Dies geschehe in der gleichen Art und Weise, wie Wir es zu Beginn Unseres Pontifikates in Unserem Apostolischen Rundschreiben in Breve-Form, Arcano divinae providentiae consilio, erlassen am 20. November 1846 an den gesamten Episkopat, verliehen haben, sowie mit allen Vollmachten, die durch dieses Schreiben von Uns erteilt wurden. Wir wollen jedoch, dass alles, was in dem erwähnten Breve geschrieben steht, beobachtet und das ausgenommen werde, was durch Uns als ausgenommen erklärt wurde. Dies verleihen Wir, ohne dass etwas Entgegenstehendes, auch wenn es einer speziellen und besonderen Erwähnung oder Derogation verdienen würde, dagegen aufkommen soll. Damit jeder Zweifel und jede Schwierigkeit ausgeräumt werde, haben Wir befohlen, ein Exemplar dieses Breves an Euch zu senden. Ehrwürdige Brüder, flehen wir aus innerstem Herzen und mit aller Kraft des Geistes die Barmherzigkeit Gottes an. Er selbst hat hinzugefügt: Meine Barmherzigkeit aber werde ich von ihnen nicht abziehen. Lasset uns bitten, und wir werden empfangen. Sollte sich jedoch die Gewährung um eine Weile verzögern, da wir schwer gesündigt haben, so lasset uns anklopfen – denn wer anklopft, dem wird aufgetan werden, solange nur unsere Gebete, Seufzer und Tränen an den Pforten anklopfen, in welchen wir verharren und ausdauern müssen, und das Gebet einmütig ist. Ein jeder bete zu Gott, nicht nur für sich, sondern für alle Brüder, wie der Herr uns zu beten gelehrt hat [FN: Cyprian, Epist. 11.]. Damit Gott umso eher Unsere, Eure und die Gebete und Wünsche aller Gläubigen erhört, wollen Wir voll Vertrauen die Vermittlung der Allerseligsten und Unbefleckten Jungfrau und Gottesgebärerin Maria anrufen, die alle Irrlehren in der ganzen Welt vernichtet hat. Unsere liebreichste Mutter ist ganz lieblich und voll von Erbarmen. Sie neigt sich allen zu, ist gütig und erbarmt sich der Nöte aller in ihrer allumfassenden Liebe [FN: Bernhard v. Clairv., Serm. de duodecim praerogat. B. M. V. ex verbis Apocal.. Da sie als Königin zur Rechten ihres Eingeborenen Sohnes, Unseres Herrn Jesus Christus, im goldenen, vielfach geschmückten Gewande steht, gibt es nichts, was sie nicht von Ihm zu erlangen imstande wäre. Rufen Wir auch die Fürbitte des heiligen Petrus, des Apostelfürsten, seines Mitapostels Paulus und aller Heiligen an, die bereits in das himmlische Reich gelangt, zu Freunden Gottes geworden sind und gekrönt die Palme besitzen. In ihrer Unsterblichkeit sind sie mit Sicherheit um das Heil unserer Seelen besorgt. Erbitten Wir für Euch schließlich aufrichtig die Fülle aller himmlischen Gaben von Gott. Als besonderes Unterpfand Unserer Liebe erteilen Wir Euch, Ehrwürdige Brüder, allen Geistlichen und den Eurer Obhut anvertrauten gläubigen Laien, in aller Liebe und von ganzem Herzen den Apostolischen Segen.

Gegeben zu Rom bei Sankt Peter, am 8. Dezember 1864, im zehnten Jahre seit der dogmatischen Erklärung von der Unbefleckten Empfängnis der Gottesgebärerin und Jungfrau Maria, im neunzehnten Jahre Unseres Pontifikates.

Pius PP. IX.


Anhang: Syllabus errorum