Lo spiritu del signore

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Gründonnerstagsschreiben
Lo spiritu del signore

von Papst
Johannes Paul II.
an alle Priester der Kirche
über die durch die Gnade des Heiligen Geistes veranstaltete Bischofssynode 1990
10. März 1991

(Quelle: Der Apostolische Stuhl 1991. S. 953-958)
Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist


Ein Priester
Liebe Brüder im Priestertum Christi !

1. "Der Geist des Herrn ruht auf mir" (Lk 4,18; vgl. Jes 61,1). Während wir in den Domkirchen unserer Diözesen zur Liturgie der Chrisammesse um den Bischof versammelt sind, hören wir diese Worte, die Christus in der Synagoge von Nazaret gesprochen hat. Als Jesus zum ersten Mal vor der Gemeinde seines Herkunftsortes auftritt, liest er aus dem Buch des Propheten Jesaja die Worte von der Ankündigung des Messias: "Der Geist des Herrn ruht auf mir; denn der Herr hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt" (Lk 4,18). In ihrer unmittelbaren Bedeutung weisen diese Worte auf die prophetische Sendung des Herrn als Verkünder des Evangeliums hin. Aber wir können sie auf die vielfältige Gnade anwenden, die uns darin mitgeteilt wird.

Die Erneuerung der Priesterversprechen am Gründonnerstag ist verbunden mit dem Ritus der Weihe der heiligen Öle, die bei einigen Sakramenten der Kirche Ausdruck jener Salbung des Heiligen Geistes sind, die aus der Fülle kommt, die in Christus ist. Die Salbung des Heiligen Geistes verwirklicht zuerst die übernatürliche Gabe der heiligmachenden Gnade, durch die der Mensch in Christus zum Teilhaber an der göttlichen Natur und am Leben der Heiligsten Dreifaltigkeit wird. Diese Beschenkung ist in jedem von uns die innere Quelle der christlichen Berufung und jeder Berufung in der Gemeinschaft der Kirche als Volk Gottes des Neuen Bundes.

Am heutigen Tag blicken wir also auf Christus, der Fülle, Quelle und Vorbild aller Berufungen und im besonderen der Berufung zum priesterlichen Dienst ist - als besondere Teilhabe an seinem Priestertum durch den priesterlichen Charakter der Weihe.

In ihm allein gibt es die Fülle der Salbung, die Fülle der Gabe, die für alle und für jeden einzelnen da ist: Sie ist unerschöpflich. Zu Beginn des triduum sacrum, während die gesamte Kirche durch die Liturgie in einzigartiger Weise in das Ostergeheimnis Christi eindringt, lesen wir am Beispiel des Meisters, der vor dem letzten Abendmahl den Jüngern die Füße wäscht, die Tiefe unserer Berufung ab, die eine Berufung zum Dienst ist, die gelebt werden muß. Während dieses Abendmahles wird Christus aus der in ihm vorhandenen Fülle der Gabe des Vaters, mit der durch ihn der Mensch beschenkt wird, das Sakrament seines Leibes und seines Blutes in den Gestalten von Brot und Wein einsetzen und wird es - das Sakrament der Eucharistie - für alle Zeiten, bis zu seiner endgültigen Wiederkunft in Herrlichkeit, den Händen der Apostel und durch sie den Händen der Kirche anvertrauen.

In der Kraft des Heiligen Geistes, der seit dem Pfingsttag in der Kirche wirksam ist, ist durch die lange Reihe der Priestergenerationen dieses Sakrament nun im gegenwärtigen Augenblick der Geschichte des Menschen und der Welt, die in Christus endgültig Hellsgeschichte geworden ist, auch uns anvertraut worden.

Ein jeder von uns, liebe Brüder, durchläuft heute geistig und mit dem Herzen noch einmal den eigenen Weg zum Priestertum und, im Anschluß daran, seinen Weg im Priestertum, der ein Weg des Lebens und des Dienstes ist und der für uns im Abendmahlssaal seinen Anfang genommen hat. Wir alle erinnern uns an den Tag und die Stunde, als wir, auf dem Kirchenboden kniend, gemeinsam die Allerheiligenlitanei gesprochen hatten und dann der Bischof jedem von uns schweigend die Hände auflegte. Die Handauflegung ist seit der Zeit der Apostel das Zeichen für die Übertragung des Heiligen Geistes, der selbst letzter Urheber der heiligen Vollmacht des Priesters ist: Vollmacht aufgrund der sakramentalen Weihe und Vollmacht aufgrund des übertragenen Amtes.

Die gesamte Liturgie des triduum sacrum führt uns näher an das Ostergeheimnis heran, in dem diese Vollmacht ihren Ursprung hat, um Dienst und Sendung zu sein. Darauf können wir die Worte aus dem Buch des Jesaja (vgl. Jes 61,1) anwenden, die Jesus in der Synagoge von Nazaret gesprochen hat: "Der Geist des Herrn ruht auf mir; denn der Herr hat mich gesalbt. Er hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt."

2. Liebe Brüder, in meinem Gründonnerstagsbrief an euch im vergangenen Jahr ging es mir darum, eure Aufmerksamkeit auf die Vollversammlung der Bischofssynode zu lenken, die dem Thema Priesterausbildung gewidmet sein sollte. Die Versammlung wurde im vergangenen Oktober abgehalten, und zur Zeit sind wir daran, gemeinsam mit dem Rat des Generalsekretariats der Synode die Veröffentlichung des diesbezüglichen Dokumentes vorzubereiten. Aber noch bevor dieser Text veröffentlicht ist, möchte ich euch schon heute sagen, daß die Synode selbst eine große Gnade war. Jede Synode ist immer für die Kirche eine Gnade besonderer Verwirklichung der Kollegialität des Episkopats der Gesamtkirche. Dieses Mal ist die Erfahrung in einzigartiger Weise bereichert worden, denn bei der Synodenversammlung haben die Bischöfe von Ländern das Wort ergriffen, in denen die Kirche erst vor kurzem sozusagen aus den Katakomben hervorgekommen ist.

Die menschliche Dimension des priesterlichen Dienstes muß in Gott verwurzelt sein. Eine weitere Gnade der Synode war eine neue Reife in der Auffassung vom priesterlichen Dienst in der Kirche; eine Reife, die der Zeit angemessen ist, in der sich unsere Sendung entfaltet. Diese Reife äußert sich als ein vertieftes Verständnis des eigentlichen Wesens des sakramentalen Priestertums - und daher auch des persönlichen Lebens jedes Priesters, das heißt seiner Teilhabe am Heilsmysterium Christi: Sacerdos alter Christus. Dieser Ausdruck weist darauf hin, wie notwendig es für das Verstehen der priesterlichen Wirklichkeit ist, von Christus auszugehen. Nur so können wir der Wahrheit über den Priester voll entsprechen, der aus den Menschen ausgewählt und für die Menschen eingesetzt wird zum Dienst vor Gott" (Hebr 5,1). Die menschliche Dimension des priesterlichen Dienstes muß, um ganz glaubwürdig zu sein, in Gott verwurzelt sein. In der Tat, dieser Dienst ist durch all das, was in ihm Dienst für die Menschen" ist, Dienst vor Gott": Er dient dem vielfältigen Reichtum dieser Beziehung. Ohne eine Anstrengung, um jener "Salbung mit dem Geist des Herrn", die ihn in das Amtspriestertum einsetzt, voll zu entsprechen, vermag der Priester jene Erwartungen nicht zu erfüllen, die die Menschen - die Kirche und die Welt - zu Recht mit ihm verbinden. Das alles hängt eng mit der Frage der priesterlichen Identität zusammen. Es läßt sich schwer sagen, aus welchen Gründen in der Zeit nach dem Konzil das Bewußtsein für diese Identität in manchen Kreisen verunsichert worden ist. Das mag von einer unzutreffenden Auslegung des Konzilslehramtes der Kirche im Zusammenhang mit gewissen, der Kirche fremden ideologischen Voraussetzungen und bestimmten "Trends", die aus dem kulturellen Bereich herrühren, abhängen. In letzter Zeit scheint sich - auch wenn dieselben Voraussetzungen und bestimmten "Trends" weiterhin wirksam sind - ein bedeutsamer Wandel in den Kirchengemeinden selbst abzuzeichnen. Die Laien sehen die unabdingbare Notwendigkeit von Priestern als Vorbedingung für ihr authentisches Leben und Apostolat. Dieses Erfordernis macht sich seinerseits bemerkbar, ja wird in zahlreichen Situationen zwingend aufgrund des Mangels oder der ungenügenden Zahl von Verwaltern der Geheimnisse Gottes. Das betrifft, wie die jüngste Enzyklika über die Missionen zeigt, unter einem anderen Gesichtspunkt auch die Länder der Erstevangelisierung.

Die Krise der priesterlichen Identität überwinden

Dieser Priestermangel - ein in verschiedener Hinsicht in Zunahme begriffenes Phänomen - wird dazu beitragen müssen, die Krise der priesterlichen Identität zu überwinden. Die Erfahrung der letzten Jahrzehnte zeigt immer deutlicher, wie sehr wir den Priester in der Kirche und in der Welt brauchen und das nicht in irgendeiner Jaisierten Form, sondern eben in jener, die man aus dem Evangelium und aus der reichen Tradition der Kirche entnehmen kann. Das Lehramt des II. Vatikanischen Konzils ist Ausdruck und Bestätigung dieser Tradition im Sinne einer angemessenen Erneuerung (accommodata renovatio); und genau in diese Richtung wiesen sowohl die Interventionen der Teilnehmer an der letzten Synode als auch jene der Vertreter der Priester, die aus verschiedenen Teilen der Welt zur Synode eingeladen worden waren. Der Prozeß zur Wiederbelebung von Priesterberufen vermag den Priestermangel nur teilweise wiedergutzumachen. Auch wenn der globale Prozeß positivi ist, entstehen dennoch Disproportionen zwischen den verschiedenen Teilen der kirchlichen Gemeinschaft in der ganzen Welt. Die erstellte Übersicht ist sehr unterschiedlich.

Diese Übersicht wurde anläßlich der Synode nicht nur zu statistischen Zwecken, sondern auch im Hinblick auf einen möglichen "Austausch der Gaben", d. h. gegenseitige Hilfe, eingehendsten Analysen unterzogen. Die Opportunität einer solchen Hilfe drängt sich von selbst auf, wenn man weiß, daß es Orte gibt, wo für einige hundert Gläubige ein Priester zur Verfügung steht, und daß es auch Orte gibt, wo es für zehntausend Gläubige und sogar eine noch größere Zahl nur einen Priester gibt. Ich möchte in diesem Zusammhang einige Worte aus dem Dekret des II. Vatikanischen Konzils über "Dienst und Leben der Priester" in Erinnerung rufen: "Die Geistesgabe, die den Priestern in ihrer Weihe verliehen wurde, rüstet sie nicht für irgendeine begrenzte und eingeschränkte Sendung, sondern für die alles umfassende und universale Heilssendung, bis an die Grenzen der Erde (Apg 1,8) ... Die Priester mögen also daran denken, daß ihnen die Sorge für alle Kirchen am Herzen liegen muß" (Presbyterorum ordinis, 10). Der beängstigende Priestermangel in manchen Gegenden macht diese Worte des Konzils heute aktueller denn je. Ich wünsche mir, daß man insbesondere in den an Klerikern reicheren Diözesen über diese Worte ernsthaft nachdenken und sie auf möglichst großzügige Weise in die Tat umsetzen möge.

Auf jeden Fall muß überall für jeden Ort unbedingt gebetet werden, daß "der Herr der Ernte Arbeiter für seine Ernte aussende" (vgl. Mt 9,38). Das ist das Gebet um Berufe und es ist zudem das Gebet darum, daß jeder Priester in seiner Berufung zu einer immer größeren Reife gelange: im Leben und im Dienst. Diese Reife trägt in besonderer Weise zur Vermehrung der Priesterberufe bei. Er muß einfach sein Priestertum lieben, sich selbst ganz dafür einsetzen, damit die Wahrheit über das Amtspriestertum auf diese Weise für die anderen anziehend wird. Am Leben eines jeden von uns muß das Geheimnis Christi ablesbar sein, in dem der "sacerdos" als "alter Christus" seinen Ursprung hat.

3. Als Christus im Abendmahlssaal von den Aposteln Abschied nahm, verhieß er ihnen den Paraklet, einen anderen Beistand - den Heiligen Geist, "der vom Vater und vom Sohn ausgeht". Er sagte nämlich: "Es ist gut für euch, daß ich fortgehe. Denn wenn ich nicht fortgehe, wird der Beistand nicht zu euch kommen; gehe ich aber, so werde ich ihn zu euch senden (Joh 16,7). Diese Worte heben die Beziehung zwischen dem letzten Abendmahl und Pfingsten besonders hervor. Um den Preis seines "Weggangs" durch das Kreuzesopfer auf Golgota (noch vor seinem "Weggang" zum Vater am vierzigsten Tag nach der Auferstehung) bleibt Christus in der Kirche. Er bleibt in der Kraft des Beistandes, des Heiligen Geistes, der Lebendig macht" (Joh 6,63), der Leben schafft: Es ist der Geist, der dieses göttliche Leben schafft", das sich im Ostergeheimnis Christi als mächtiger erwiesen hat als der Tod, Leben, das mit der Auferstehung Christi in der Geschichte des Menschen begonnen hat.

Das Priestertum steht ganz im Dienst dieses Lebens. Es gibt Zeugnis von ihm durch den Dienst des Wortes, es bringt dieses Leben hervor, läßt es immer wieder neu erstehen und vermehrt es durch den Dienst der Sakramente. Der Priester selbst lebt vor allem aus diesem Leben, das die tiefste Quelle seiner priesterlichen Reife und auch die Gewähr für die geistliche Fruchtbarkeit seines gesamten Dienstes ist! Das Sakrament der Priesterweihe prägt der Seele des Priesters ein besonderes Wesensmerkmal ein, das, einmal empfangen, als Quelle der sakramentalen Gnade, aller jener Gaben und Charismen, die der Berufung zum priesterlichen Dienst in der Kirche entsprechen, in ihm bleibt.

Erneuerung der sakramentalen Gnade des Priestertums

Die Gründonnerstags-Liturgie ist ein besonderer Augenblick des Kirchenjahres, in dem wir die sakramentale Gnade des Priestertums in uns erneuern und wiederbeleben können und sollen. Wir tun das vereint mit dem Bischof und mit dem gesamten Presbyterium, wobei wir die geheimnisvolle Wirklichkeit des Abendmahlssaales vor Augen haben: sowohl jene vom Gründonnerstag als auch jene von Pfingsten. Während wir in die göttliche Tiefe des Opfers Christi eintreten, öffnen wir uns zugleich gegenüber dem Heiligen Geist als dem Beistand, dessen Gabe unsere besondere Teilhabe an dem einen Priestertum Christi, des ewigen Priesters, ist. Durch den Heiligen Geist können wir "in persona Christi" wirken, wenn wir die Eucharistie feiern und den ganzen sakramentalen Dienst zum Heil der anderen vollbringen. Unser Zeugnis von Christus ist oft sehr unvollkommen und mangelhaft. Als Trost bleibt uns die Versicherung, daß vor allem er, der Geist der Wahrheit, von Christus Zeugnis ablegt (vgl. Joh 15,26). Möge sich unser menschliches Zeugnis vor allem seinem Zeugnis öffnen! Denn er selbst "ergründet die Tiefen Gottes" (vgl. 1 Kor 2,10), und nur er vermag diese "Tiefen", diese "großen Taten Gottes" (vgl. Apg 2,11) dem Verstand und den Herzen der Menschen nahezubringen, zu denen wir als Diener des Evangeliums vom Heil gesandt sind. je mehr wir das Gefühl haben, daß uns unsere Sendung überfordert, desto mehr müssen wir uns dem Wirken des Heiligen Geistes öffnen. Das gilt insbesondere dann, wenn die geistige und gefühlsmäßige Ablehnung, der Widerstand einer unter dem Einfluß des Geistes der Welt (vgl. 1 Kot 2,12) entstandenen Zivilisation besonders spürbar und stark wird. ,so nimmt sich auch der Geist unserer Schwachheit an.. ., er tritt für uns ein , Seufzen, das wir nicht in Worte fassen können" (Röm 8,26). Trotz des Widerstandes seitens des Verstandes, der Herzen und der vom "Geist der Welt" durchdrungenen Zivilisation hält dennoch in der ganzen Schöpfung die Erwartungen" an, von welcher der Apostel im Römerbrief schreibt: "Wir wissen, daß die gesamte Schöpfung bis zum heutigen Tag seufzt und in Geburtswehen liegt (Röm 8,22), "um befreit zu werden zur Freiheit und Herrlichkeit der Kinder Gottes" (ebd. 8,21). Möge dieses Bild des Paulus unser Priesterbewußtsein nicht loslassen und Stütze sein für das Leben und für den Dienst! Dann werden wir besser begreifen, warum der Priester für die Welt und für die Menschen notwendig ist.

Zeichen der Gemeinschaft, die Bischöfe, Priester und Diakone verbindet

4. "Der Geist des Herrn ruht auf mir." Noch ehe der Text des nachsynodalen Schreibens über die Priesterausbildung in unsere Hände gelangt, sollt ihr, liebe Brüder im Priesteramt, diesen Brief zum Gründonnerstag erhalten. Er soll Zeichen und Ausdruck jener Gemeinschaft sein, die uns alle - Bischöfe, Priester und auch Diakone - durch ein sakramentales Band verbindet. Möge er uns helfen, in der Kraft des Heiligen Geistes Jesus Christus, "dem Urheber und Vollender des Glaubens" (Hebr. 12,2), nachzufolgen. Mit meinem Apostolischen Segen.

Aus dem Vatikan, am 10. März, dem vierten Fastensonntag des Jahres 1991,

dem dreizehnten Jahr meines Pontifikats..

Johannes Paul II. PP.