Litteris encyclicis

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Regeln

Heilige Kongregation für die Glaubenslehre
von Papst
Paul VI.
für die Diözesan- und Ordensbehörden zur Behandlung von Laisierungsfällen mit Dispens von den Weiheverpflichtungen
13. Januar 1971
(Offizieller lateinischer Text: AAS LXIII [1971] 303-308)

(Quelle: Deutsche Fassung auf der Seite des Vatikans - HK 25 [1971] 196-197)
Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist


I. Was vor einer Eingabe von Laisierungsgesuchen an den Heiligen Stuhl getan werden muß, um gefährdete Priester von einer Amtsniederlegung zurückzuhalten

1. Vor einer Eingabe eines Laisierungsgesuches mit Dispens von den Weiheverpflichtungen an die heilige Kongregation für die Glaubenslehre müssen die betreffenden Ordinarien, das heißt die Diözesanbischöfe für die Weltpriester und die höheren Oberen für die Ordensleute, eine angemessene Zeit lang alles versuchen, um dem Antragsteller zu helfen, seine Schwierigkeiten zu überwinden (vgl. „Sacerdotalis caelibatus“, Abschnitt 87), z. B. durch eine Versetzung von dem Ort, wo er Gefahren ausgesetzt ist, wobei, je nach Fall Mitbrüder, Freunde, Verwandte, Ärzte und Psychologen Hilfe leisten sollen.

2. Bleiben diese Bemühungen erfolglos und tritt der Antragsteller von seinem Dispensgesuch nicht zurück, so ist es an der Zeit, sich die dafür notwendigen Informationen zu beschaffen.

II. Über die Art und Weise der Informationsbeschaffung

1. Damit die heilige Kongregation für die Glaubenslehre aus der Kenntnis des Falles entscheiden kann, ob dem Papst die Laisierung mit Dispens von den entsprechenden Verpflichtungen vorgeschlagen werden soll, genügt das Gesuch des Antragstellers allein nicht. Vielmehr muß es durch Informationen, die von der zuständigen kirchlichen Autorität gemäß Abschnitt III eingeholt worden sind, gestützt werden. Diese Untersuchung wird durchgeführt, damit die vom Antragsteller vorgebrachten Gründe für eine Laisierung mit Dispens von den betreffenden Verpflichtungen wahrheitsgemäß offenliegen; damit nämlich durch Befragungen, Dokumente, Zeugenaussagen und medizinische Gutachten u. dgl. ersichtlich werde, ob das Gesuch des Antragsstellers auf Wahrheit beruht.

2. Diese Untersuchung trägt nicht den Charakter eines Gerichtsprozesses. Mit ihr soll nicht gemäß Kanon 1093-1098 die Ungültigkeit der Weihe oder der Übernahme der Weihepflichten bewiesen werden; sie dient lediglich dazu, einem Priester, der in den Laienstand zurückversetzt wird, nach Möglichkeit zugleich die Dispens von den Weihepflichten zu gewähren. Deshalb darf die zuständige Autorität kein Gericht im eigentlichen Sinne einsetzen, sondern hat lediglich, entweder selbst oder durch einen delegierten Priester, eine Untersuchung vorzunehmen, die eher mit ihrem pastoralen Amt zu tun hat. Diese Untersuchung ist jedoch nach genau festgelegten Regeln durchzuführen, nämlich durch Vorlage bestimmter Fragen und Entgegennahme bestimmter Antworten. Die kirchliche Autorität selbst hat ein abschließendes wahrheitsgemäßes Votum abzugeben.

3. Die Untersuchung erstreckt sich besonders auf folgende Punkte:

a) auf allgemeine Angaben zum Antragsteller: Geburtstag und Geburtsort, Kindheitsanamnese, Familienverhältnisse, aus denen der Antragsteller stammt, seine sittliche Formung, Studien, die über ihn im Hinblick auf den Empfang der Weihe vorgenommenen Skrutinien (für einen Ordensmann gilt das gleiche im Hinblick auf die Gelübdeablegung), Ort und Zeit der Priesterweihe, sein bisheriger priesterlicher Dienst, sein augenblicklicher kirchenrechtlicher wie zivilrechtlicher Status und dergleichen mehr.

b) auf die Ursachen und näheren Umstände bzw. Verhältnisse der Schwierigkeiten des Antragstellers oder eines Defektes: vor der Weihe: z. B. Krankheiten, physische oder psychische Unreife, Fehltritte im 6. Gebot während der Ausbildungszeit im Seminar oder dem Ordensinstitut, Drängen von seiten der Familie, Fehlurteile des Oberen im Gewissensbereich (mit Erlaubnis des Antragstellers) oder im Rechtsbereich über die Berufseignung; nach der Weihe: mangelhafte Anpassung an den priesterlichen Beruf, Notsituationen oder Krisen im geistlichen Leben oder im Glaubensleben selbst, Irrtümer hinsichtlich des Zölibats und des Priestertums, unsittlicher Lebenswandel und dergleichen mehr.

c) auf die Glaubwürdigkeit des Antragstellers: ob seine Angaben der Wahrheit entsprechen.

d) auf eine Befragung von Zeugen, die mit der Sache zu tun haben, z. B. der Eltern, Brüder und Schwestern, der Oberen, der Studienkollegen im Seminar oder im Noviziat, der Oberen oder Mitbrüder im Priesteramt, soweit es der Sache nutzt.

e) je nach der Art des Falles und soweit es der Sache nutzt, auf Untersuchungsergebnisse amtlicher Sachverständiger auf medizinischem, psychologischem und psychiatrischem Gebiet. Die für die Untersuchung verantwortliche Autorität kann darüber hinaus all das hinzufügen, was sie für ein umfassenderes Verständnis des Falles an Nützlichem in Erfahrung gebracht hat. Alles Vorgenannte soll jedoch nach Möglichkeit unter Eid ausgesagt und als Sekretum behandelt werden.

4. Nach Einreichen des Laisierungsgesuches bei seinem Ordinarius und bis zu einer Antwort der heiligen Kongregation ist dem Antragsteller die Ausübung der Weihegewalt ad cautelam untersagt (vgl. Kanon 1997).

III. Über die von Amts wegen für die Durchführung der Untersuchung zuständige Autorität

1. An sich kommt die Aufgabe, von Amts wegen einen Laisierungsfall mit Dispens von den entsprechenden Verpflichtungen über die Glaubenskongregation dem Papst vorzulegen, dem Ordinarius des Antragstellers zu, das heißt dem Inkardinationsordinarius für die Weltpriester, dem höheren Ordensoberen für die Ordenspriester.

2. Der Inkardinationsordinarius bzw. der höhere Ordensobere benötigt für die Durchführung der Untersuchung nach den jetzigen Regeln nicht die vorherige Erlaubnis der Glaubenskongregation, sondern nimmt sie im allgemeinen kraft seines Amtes und aufgrund eigenen Rechts vor. Ist die Untersuchung abgeschlossen, so übersendet die zuständige Autorität der heiligen Kongregation für die Glaubenslehre die Akten. Dieses heilige Dikasterium wird den Fall so bald wie möglich prüfen und ihn, wenn sie ihn für unterstützenswert hält, dem Papst vorlegen, dem allein der Entscheid darüber zusteht, ob die Laisierung mit Dispens zu gewähren ist.

3. Sollte der antragstellende Priester längere Zeit von der eigenen Diözese bzw. vom Sitz des höheren Oberen abwesend sein, so gilt folgendes:

a) Wendet sich dieser an den Ordinarius, sei es den Bischof oder den Ordensoberen, so soll dieser den Ordinarius des Ortes, wo sich der Antragsteller für gewöhnlich aufhält, bitten, die Untersuchung vorzunehmen und diesem alles dazu Wissenswerte mitteilen.

b) Wendet sich der Antragsteller an den Ordinarius seines gewöhnlichen Aufenthaltsortes, so soll dieser den Vorgesetzten des Antragstellers, den Diözesan- oder Ordensoberen, davon benachrichtigen und von ihm die für die Durchführung der Untersuchung notwendigen Unterlagen erbitten.

In beiden Fällen soll der Ordinarius des gewöhnlichen Aufenthaltsortes des Antragstellers die Befragungsunterlagen mit seinem Votum an den Vorgesetzten des Antragstellers, den Diözesan- oder Ordensoberen schicken.

4. Aus einem angemessenen Grund kann der antragstellende Priester die heilige Kongregation für die Glaubenslehre bitten, den Fall abweichend von der revidierten neuen Regelung einer anderen Autorität als dem Ordinarius, sei es dem Diözesan- oder dem Ordensoberen, zu übertragen. Aber auch in diesem Fall muß der Ordinarius, dem die genannte Kongregation die Durchführung der Untersuchung übertrug, vertraulich beim Diözesan- oder Ordensoberen des Antragstellers zweckdienliche Informationen und dessen Votum einholen; die Akten sind in diesem Fall direkt an die heilige Kongregation für die Glaubenslehre zu übersenden.

5. Ist der Antragsteller ein Ordenspriester oder hält er sich, falls er ein Weltpriester ist, nicht in der eigenen Diözese auf, so soll der Ordinarius des Aufenthaltsortes des Antragstellers die zuständige Autorität um ihre Meinung bitten, ob wegen der Dispens und einer kanonischen Eheschließung ein Ärgernis zu befürchten ist oder nicht.

IV. Übersendung der Akten an die Glaubenskongregation

Nach Abschluß der Untersuchung soll der Ordinarius des Antragstellers, der Diözesan- oder Ordensobere, der heiligen Kongregation für die Glaubenslehre folgende Unterlagen einreichen:

1. ein schriftliches Gesuch des Antragstellers;

2. die Untersuchungsakten (vgl. 111,3);

3. sein eigenes Votum. In ihm muß enthalten sein, was er unternommen hat, um dem Antragsteller bei der Überwindung seiner Schwierigkeiten zu helfen und was er zu tun gedenkt, um ein Ärgernis bei den Gläubigen, das eventuell aufgrund der Dispens entstehen könnte, zu vermeiden.

4. für die unter III, 5 aufgeführten Fälle ein Votum des Ordinarius des Aufenthaltsortes des Antragstellers über die Möglichkeit eines Ärgernisses in dem betreffenden Ort.

Die zuständigen Autoritäten mögen dafür sorgen, daß die Akten vollständig übersandt werden, da nur so die Gesuche schnell erledigt werden können; fehlt nämlich ein notwendiges Dokument, so verzögert sich die Abwicklung des Falles.

V. Das Laisierungsreskript mit Dispens von den Weihepflichten

1. Das Reskript enthält die Laisierung und die Dispens von den Weiheverpflichtungen als untrennbare Einheit. Dem Antragsteller ist es in keinem Fall erlaubt, beide Elemente zu trennen, das heißt letztere anzunehmen und erstere abzulehnen. Ist der Antragsteller ein Ordensmann, so entbindet das Reskript zugleich von den Gelübden. Darüber hinaus enthält es, soweit notwendig, die Absolution von zugezogenen Zensuren und die Legitimierung einer Nachkommenschaft. Es erhält in dem Augenblick Rechtskraft, in dem es dem Antragsteller vom zuständigen Ordinarius bekanntgegeben wird.

2. Das Reskript wird an den Vorgesetzten des Antragstellers gesandt, d. h. für Weltpriester an den Diözesanbischof und für Ordenspriester an den höheren Ordensoberen. Diese teilen es dem Antragsteller, ausgenommen in den unter 111,4 genannten Fällen, mit.

3. Ist der Antragsteller ein Diözesanpriester, der sich außerhalb der eigenen Diözese aufhält oder ein Ordenspriester, so benachrichtigt der Inkardinationsordinarius oder der höhere Ordensobere den Ordinarius des Aufenthaltsortes von der päpstlichen Dispens und bittet ihn gegebenenfalls, das Reskript dem Antragsteller mitzuteilen und die notwendige Delegation für eine kanonische Eheschließung zu erteilen. Sollten besondere Umstände etwas anderes nahelegen, soll sich der obenerwähnte Ordinarius an die heilige Kongregation wenden.

4. In den Taufbüchern der Pfarrei des Antragstellers oder seiner Partnerin wird vermerkt, daß der Ortsordinarius zu befragen sei, falls eine Information oder Dokumente benötigt werden.

VI. Auflagen an den dispensierten Priester

1. An sich darf sich ein laisierter und von seinen Weihepflichten entbundener Priester nicht dort aufhalten, wo sein priesterlicher Status bekannt ist. Dies gilt um so mehr für einen bereits verheirateten Priester. Der Ordinarius des Aufenthaltsortes des Antragstellers kann jedoch, sofern notwendig, in gemeinsamer Beratung mit dem Inkardinationsordinarius oder dem höheren Ordensoberen, von dieser Klausel des Reskriptes dispensieren, wenn nicht vorauszusehen ist, daß die Anwesenheit des dispensierten Antragstellers zu einem Ärgernis führt.

2. Dem Ordinarius des Aufenthaltsortes des Antragstellers steht zusammen mit dem Diözesan- oder Ordensvorgesetzen die Entscheidung zu, auf welche Weise die Dispens wie auch die Eheschließung geheim zu halten ist, oder wie sie unter gebührenden Vorsichtsmaßnahmen den Verwandten, Freunden und dem Arbeitgeber mitgeteilt werden kann, damit auf den guten Ruf des Antragstellers sowie auf seine neuen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Rechte, die nun die eines Laien und Verheirateten sind, Rücksicht genommen wird.

3. Hält jedoch ein laisierter und von den Weihepflichten entbundener Priester seine Zusage, Ärgernis zu vermeiden, nicht ein, ja veröffentlicht er sogar seinen Fall (in Presse, Radio, Fernsehen und anderen Medien), um Ärgernis hervorzurufen, und zwar in der bösen Absicht, den heiligen Zölibat zu schmähen, so sind die betreffenden Ordinarien - im Falle eines Ordenspriesters der betreffende Obere - verpflichtet, öffentlich bekanntzugeben, daß der betreffende Priester laisiert und von den Weihepflichten entbunden wurde, weil ihn die Kirche für ungeeignet hielt, sein Priesteramt auszuüben.

4. Der Ordinarius, dem es zusteht, das Reskript dem Antragsteller bekanntzugeben, soll diesen eindringlich ermahnen, am Leben des Gottesvolkes in einer seinem neuen Stand entsprechenden Weise teilzunehmen, zu seiner Auferbauung beizutragen und so sich als liebender Sohn der Kirche zu erweisen. Zugleich aber hat er ihm mitzuteilen, daß es jedem laisierten und von den Weihepflichten entbundenen Priester verboten ist:

a) irgendeine Weihefunktion auszuüben, unbeschadet der Vorschrift von Kanon 882 und 892, § 2;

b) irgendeine liturgische Handlung in Gottesdiensten mit Volksbeteiligung zu übernehmen, wo seine Situation bekannt ist. Ebensowenig ist ihm erlaubt zu predigen;

c) irgendeine seelsorgliche Aufgabe zu übernehmen;

d) das Amt eines Rektors (oder irgendein anderes leitendes Amt), eines Spirituals und eines Dozenten in Seminaren, theologischen Fakultäten und ähnlichen Instituten zu übernehmen;

e) Rektor an einer katholischen Schule oder Religionslehrer in katholischen oder anderen Schulen zu sein. Der Ortsordinarius kann jedoch nach seinem klugen Ermessen in besonderen Fällen einem laisierten und von den Weihepflichten entbundenen Priester erlauben, Religionsunterricht in staatlichen und ausnahmsweise auch in katholischen Schulen zu erteilen, sofern nur kein Ärgernis oder keine Verwunderung zu befürchten ist.

5. Die betreffenden Ordinarien einschließlich der höheren Ordensoberen sollen die laisierten und von den Weihepflichten entbundenen Priester mit väterlicher und pastoraler Liebe begleiten und sie nach Möglichkeit in den zum Leben notwendigen Dingen unterstützen, damit sie sich einen angemessenen Lebensunterhalt leisten können.

VII. Über Fälle, in denen von Amts wegen vorzugehen ist

Das gleiche, was in diesen Regeln für jene Fälle festgelegt ist, in denen Priester von sich aus um Laisierung mit Dispens von den Weihepflichten nachsuchen, ist sinngemäß auch auf jene Fälle anzuwenden, in denen es notwendig erscheint, einen Priester aufgrund schlechten Lebenswandels oder wegen theologischer Irrtümer oder aus einem anderen schwerwiegenden Grund nach einer notwendigen Untersuchung zu laisieren und ihn aus Barmherzigkeit von seinen Verpflichtungen zu entbinden, damit er nicht in die Gefahr ewiger Verdammnis gerät.

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