Kurienreform

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Kurienreform meint die Veränderung der Leitungs- und Verwaltungsorgane des Heiligen Stuhls, der Römischen Kurie.

Die erste maßgebliche Kurienreform führte Papst Sixtus V. im Jahr 1588 durch. Das in Avignon entstandene, moderne kuriale System war bereits vor der Reformation in heftige Kritik geraten, speziell weil religiöse, wirtschaftliche und politische Interessen - in damaliger Zeit oft unvermeidlich - sehr eng miteinander verknüpft waren.

Mit der Apostolischen Konstitution „Sapienti consilio” vom 29. Juni 1908 (AAS XXII [1930] 425-426) erfolgte im Pontifikat Pius X. eine Kurienreform (427-440), mit der ältere Institutionen abgeschafft wurden. Neu gegründet wurde von ihm die Kongregation für die Sakramentendisziplin sowie die Religiosenkongregation aus der Konsistorialkongregation ausgegliedert. Die älteste Kongregation, der Inquisition, wurde in Heiliges Offizium umbenannt.

Exakt 400 Jahre nach der von Papst Sixtus V. im Jahr 1588 durchgeführten Kurienreform bestätigte Papst Johannes Paul II. in der Apostolischen Konstitution Pastor bonus die nachkonziliare Gestalt der Kurie, die auf Konzilspapst Paul VI. (Kurienreform 1967-1975) zurückgeht. In der Zeit zwischen diesen beiden Kurienreformen überwiegt starke Kontinuität. Sixtus V. gliederte die Mitwirkung der Kardinäle (zuvor vor allem im Konsistorium tätig) in Kongregationen auf. Deren wichtigste waren die Inquisition, die Konsistorialkongregation (heute: für Bischöfe), die Konzilskongregation (heute: für (Welt-) Klerus), die Ritenkongregation (heute: a) für Heiligsprechungen, b) für Gottesdienst); die Propaganda fide gründete Papst Gregor XV., die Ostkirchen-Kongregation Benedikt XV. Die Bildungskongregation weist auch eine lange Tradition auf; seit 2013 ist sie nicht mehr für Priesterseminare zuständig (sondern die Kleruskongregation).

Heute gehören den Kongregationen nicht mehr nur Kardinäle an (und diese aus allen Teilen der Welt); sogar der Präfekt muss nicht mehr zwingend Kardinal sein. In den Kongregationen sind also immer auch Bischöfe von überall her vertreten. Zu den Kongregationen sind seit 1965 mehrere päpstliche Räte hinzugetreten, zuletzt unter Benedikt XVI. ein Rat zur Förderung der Neuevangelisierung, der Anfang 2013 auch die Zuständigkeit für die Katechese erlangte.

Die Kurienreform ist auch heute eine populäre Forderung. Damit kann Richtiges und Notwendiges gemeint sein. Zumeist verlangen aber politische Kräfte eine Ecclesia semper reformanda (für diese lateinische Parole gibt es keine Quelle bei den Kirchenvätern; sie tritt erstmals in der Nadere Reformatie - näheren Reformation - in den Niederlanden des 16. Jh. auf), die damit nur eine lästige "Störerin" ihrer Geschäfte in Schranken weisen will. Es hat noch selten jemand glaubhaft machen können, warum der Vatikan auf den Hofstaat verzichten soll, während beispielsweise deutsche Diözesen über einen Personal- und Vermögensbestand herrschen, der den Vatikan um das Mehrfache übertrifft, allerdings auch vielfach ineffektiver und ineffizienter ist als die römische Behörde. Es mag ja sein, dass manches da zu kleingeistig gesehen wird. Aber solange der Jurisdiktionsprimat de facto aus dem Credo der Mehrheit des heutigen europäischen Katholizismus gestrichen wurde, ist nicht zu erkennen, dass je wieder freiwilliger Gehorsam auf ein Wort des Papstes hin einziehen wird. In der Praxis kann der Papst mit Bischöfen kooperieren, aber nur dann, wenn die etwaige Rückholung von Zuständigkeiten nicht sofort als Signal für "Fremdherrschaft" interpretiert würde. Nur strengerer Gehorsam im Prinzip führt dazu, dass im Petrusamt andererseits mehr Spielraum für Subsidiarität (unbeschadet der hierarchischen Verfassung der Kirche) gelassen werden kann.

Eine zukünftige Kurienreform könnte den Rat für die Öffentlichen Angelegenheiten der Kirche (aufgelöst 1988) wieder einführen, mit neuer Zweckbestimmung: Sämtliche Präfekten der Kongregationen würden dort regelmäßig mit dem Kardinalstaatssekretär die öffentliche Seite sämtlicher kurialer Vorgänge erörtern; und in Zweifelsfällen an den Papst appellieren. Auch könnte jeder päpstliche Rat einer Kongregation zugeordnet werden, sodass dessen Angelegenheiten vom dortigen Präfekten als "Schirmherr" höheren Ortes mitvertreten würde. Sobald neue Entscheidungen aus Rom bekannt werden, werden sie hier nachgetragen.