Kasuistik: Unterschied zwischen den Versionen

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(Papst Pius XII. zur Kasuistik)
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In der Theologie und Lehre der Jesuiten erhielt die Kasuistik im 17. und 18. Jahrhundert einen hohen Stellenwert.
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In der Rundfunkansprache [[La famiglia è la culla]] über das Wesen des christlichen [[Gewissen]]s, seine Bedeutung und Stellung innerhalb der christlichen Moral und über die Gewissenserziehung vom 23. März 1952, weist Papst [[Pius XII.]] eine postulierte "Neue Moral" der [[Situationsethik ]] mit den Worten zurück: "Wie in der dogmatischen Lehre, so möchte man auch in der [[Christliches Sittengesetz|katholischen Sittenordnung]] eine radikale Revision vornehmen, um daraus eine neue Wertung abzuleiten. Der erste Schritt, oder besser gesagt der erste Schlag gegen das Gebäude der christlichen sittlichen Normen soll darin bestehen, dass man sie loslöst von der, wie man behauptet, beengenden und bedrückenden Überwachung durch die Autorität der Kirche. Die Moral soll von den Spitzfindigkeiten der kasuistischen Methode befreit, zu ihrer ursprünglichen Form zurückgeführt und einfach hin der Einsicht und der Bestimmung des individudlen Gewissens anheimgestellt werden."
  
 
Im [[Judentum]] versteht man darunter die [[Rabbi|rabbinische]] Schultradition, die Vorschriften der [[Thora]] auf konkrete gesellschftliche Situationen der Gemeinde und deren Umfeld hin auszulegen.
 
Im [[Judentum]] versteht man darunter die [[Rabbi|rabbinische]] Schultradition, die Vorschriften der [[Thora]] auf konkrete gesellschftliche Situationen der Gemeinde und deren Umfeld hin auszulegen.

Version vom 18. März 2020, 08:50 Uhr

Die Kasuistik (von lat. casus = Fall, Vorkommen) beschäftigt sich mit dem Verhältnis zwischen allgemeinen Normen und konkreten Einzelfällen. Dabei geht es zum einen darum, wie Gesetze oder Handlungsanweisungen im besonderen Fall anzuwenden sind, zum anderen umgekehrt darum, wie das für eine konkrete Handlungssituation geltende bzw. anzuwendende Gesetz gefunden werden kann. Die Kasuistik ist deshalb von Bedeutung, wenn allgemeine Normen die konkreten Handlungen nicht eindeutig oder hinreichend bestimmen. Außerdem kann es vorkommen, dass in einzelnen Handlungs- oder Entscheidungssituationen einander widersprechende Normen anwendbar sind, so dass es zu Gewissenskonflikten kommt.

Die Kasuistik findet Anwendung in der Rechtslehre, Philosophie und Moraltheologie.

In der Theologie und Lehre der Jesuiten erhielt die Kasuistik im 17. und 18. Jahrhundert einen hohen Stellenwert.

In der Rundfunkansprache La famiglia è la culla über das Wesen des christlichen Gewissens, seine Bedeutung und Stellung innerhalb der christlichen Moral und über die Gewissenserziehung vom 23. März 1952, weist Papst Pius XII. eine postulierte "Neue Moral" der Situationsethik mit den Worten zurück: "Wie in der dogmatischen Lehre, so möchte man auch in der katholischen Sittenordnung eine radikale Revision vornehmen, um daraus eine neue Wertung abzuleiten. Der erste Schritt, oder besser gesagt der erste Schlag gegen das Gebäude der christlichen sittlichen Normen soll darin bestehen, dass man sie loslöst von der, wie man behauptet, beengenden und bedrückenden Überwachung durch die Autorität der Kirche. Die Moral soll von den Spitzfindigkeiten der kasuistischen Methode befreit, zu ihrer ursprünglichen Form zurückgeführt und einfach hin der Einsicht und der Bestimmung des individudlen Gewissens anheimgestellt werden."

Im Judentum versteht man darunter die rabbinische Schultradition, die Vorschriften der Thora auf konkrete gesellschftliche Situationen der Gemeinde und deren Umfeld hin auszulegen.

Die berühmteste kasuistische Schrift des Mittelalters ist die Summa casuum poenitentiae von dem Dominikaner Raimund de Pennaforte. Ursprünglich für den Gebrauch innerhalb des Ordens gedacht, wurde die Schrift jedoch schnell auch außerhalb angenommen und verbreitet.

Kant bezeichnete die philosophische Kasuistik als "Dialektik des Gewissens".