In un duplice e saldo legame

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Ansprache
In un duplice e saldo legame

von Papst
Pius XII.
an Neuvermählte
Die Autorität in der Familie

24. September 1941

(Quelle: Ansprachen Pius XII. an Neuvermählte, Josef Habbel Verlag Regensburg 1950, S. 241-249, Übersetzt und eingeleitet von DDr. Friedrich Zimmermann. Imprimatur Regensburg, den 11. Juli 1949 J. Franz, Generalvikar; Download).

Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist


Mit einem doppelten festen Band, geliebte Neuvermählte, pflegt die Familie sich zu entwickeln und zu wachsen, die ihr mit so großer Freude und Hoffnung zu Füßen des Altars vor dem Priester gegründet habt. Es ist das Band, das unter dem gemeinsamen Dache die Ehegatten untereinander und mit den Kindern einigt und verknüpft. Beim ersten Lallen, das aus der Wiege kommt, freut sich die Mutter, freut sich der Vater, freuen sich die Verwandten und Freunde; und in dieser Morgenröte des jungen Lebens, siehe! da taucht auch zum ersten Mal die Autorität des Vaters und nach ihm die der Mutter auf; denn sie fühlen in sich die Pflicht und tragen gewissenhaft Sorge dafür, dass die Taufe aus jenem Kinde ein Gotteskind macht, seine Erbschuld auslöscht, ihm das Leben der Gnade vermittelt und ihm die Tore des Paradieses öffnet; denn den Kindern gehört das Himmelreich (Mt 19, 14). Wie muss ein solcher Gedanke einen Vater adeln, der sich seines Glaubens an Christus rühmt, und eine Mutter trösten, die das Heil ihrer Kinder liebt! So beginnt jedes Kind, das das Siegel der göttlichen Kindschaft empfängt und am Quell des übernatürlichen Wassers trinkt, in der Kirche wie ein Pilger den Weg des Lebens durch die unsicheren und gefährlichen Pfade der Welt.

Was wird wohl aus diesem Kinde werden? "Quis, putas, puer iste erit?" (Lk 1, 66). Die Kinder sind Schilfrohre, vom Winde bewegt, sind Blumen, deren Blütenkronen auch die sanften Winde manches Blatt rauben, sind jungfräuliche Furchen, in die Gott die Samenkörner des Guten gesät hat, denen aber die Sinne und Gedanken des Menschenherzens, die zum Bösen geneigt sind von Jugend auf (Gen 8, 21), wegen der Hoffart des Lebens und der Begierlichkeit der Augen und des Genusses gefährlich werden (vgl. 1. Joh 2, 16). Wer wird jenen Schilfrohren Halt geben? Wer wird jene Blumen schützen? Wer wird jene Furchen pflegen und in ihnen jene Samenkörner des Guten zum Wachsen bringen trotz der Nachstellungen des Bösen? Zuerst die Autorität, welche die Familie und die Kinder leitet: eure Autorität, ihr Eltern! Die Väter und Mütter in unsern Tagen führen oft Klage darüber, dass es ihnen nicht mehr gelingt, ihre Kinder zum Gehorsam zu bringen. Es seien launische Kinder, die auf keinen hören. Jungen, die jede Führung ablehnen, Jungmänner und Mädchen, die jeden Rat verschmähen, taub sind gegen jede Ermahnung, voll Verlangen, bei Spielen und Wettkämpfen zu glänzen, die alles nach ihrem eignen Kopf tun wollen, weil sie meinen, sie verständen wohl allein die Notwendigkeiten des modernen Lebens. Kurz, das neue Geschlecht ist gewöhnlich (es gibt gewiss: so viele schöne und herrliche Ausnahmen!) nicht geneigt, sich vor der Autorität von Vater und Mutter zu beugen. Und was ist der Grund für diese unbelehrbare Haltung? Gewöhnlich pflegt man dafür anzugeben, dass heute die Kinder wohl oft keinen Sinn mehr haben für Gehorsam, für die Achtung, die sie ihren Eltern und ihrem Wort schuldig sind: in der Atmosphäre starken jugendlichen Selbstbewusstseins, in der sie leben, arbeitet alles darauf hin, dass sie sich freimachen von jeder Abhängigkeit von den Eltern und sie überflüssig machen; alles, was sie in ihrer Umgebung sehen und hören, steigert, begeistert und verhärtet schließlich ihr Wesen und zügelt nicht ihren Hang nach Unabhängigkeit, ihre Verachtung vor der Vergangenheit und ihre Sehnsucht nach der Zukunft.

Wenn Wir jetzt zu Kindern oder jungen Leuten sprächen, dann würde Unsere Absicht dahin gehen, diese Gründe für ihren mangelhaften und widerwilligen Gehorsam zu untersuchen und zu erörtern. Da Wir aber Uns an euch wenden, geliebte Neuvermählte, die ihr wohl bald Gelegenheit haben werdet, die väterliche und mütterliche Autorität auszuüben, wollen Wir eure Aufmerksamkeit auf einen andern Punkt von besonderer Bedeutung lenken. Die reibungslose Ausübung der Autorität hängt nicht nur von jenen ab, die gehorchen müssen, sondern auch und zwar in weitem Maße von jenen, die zu befehlen haben. Ganz deutlich gesagt: etwas anderes ist das Recht auf den Besitz der Autorität, das Recht, Befehle zu geben, und etwas anderes ist jenes moralische Übergewicht, das die erfolgreiche, tätige und wirksame Autorität begründet und ziert, der es gelingt, bei andern sich Achtung zu verschaffen und wirklich Gehorsam zu erreichen. Das erste Recht wird euch von Gott übertragen mit dem Augenblick, der euch zu Vater und Mutter macht. Das zweite Vorrecht muss man erwerben und bewahren; denn es kann verloren gehen, wie es auch gesteigert werden kann. Nun wird das Recht, euren Kindern zu befehlen, ziemlich wenig bei ihnen erreichen, wenn es nicht begleitet ist von jener Macht und jenem persönlichen Einfluss auf sie, die euch erst den wirklichen Gehorsam sichern. Wie und auf welche kluge Art werdet ihr denn eine solche moralische Macht erobern, erhalten und steigern können?

Gott gewährt einigen die natürliche Gabe zu befehlen, die Gabe, bei andern ihren Willen durchsetzen zu können. Das ist ein kostbares Geschenk; ob es ganz im Geistigen ruht oder zum Teil in der äußeren Persönlichkeit, in der Haltung, im Wort, im Blick, in der Miene, das ist oft schwer zu sagen, aber es ist gleichzeitig ein Geschenk, das man fürchten muss. Missbraucht es nicht, wenn ihr es besitzt, bei der Erziehung eurer Kinder, ihr möchtet sonst ihre Seelen in der Furcht einschließen und erhalten und aus ihnen Sklaven und nicht liebenswürdige Kinder machen. Mildert diese Macht durch die Weitherzigkeit der Liebe, die ihrer Liebe entgegenkommt, durch freundliche, geduldige, eifrige und ermunternde Güte! Hört auf die Mahnung des großen Apostels Paulus: "Ihr Väter, verbittert eure Kinder nicht, damit sie den Mut nicht verlieren", "Patres, nolite ad indignationem provocare filios vestros, ut non pusillo animo fiant" (Kol 3, 21)! Denkt daran, ihr Eltern, dass Strenge nur dann zurecht besteht, wenn das Herz gütig ist!

Die Milde mit der Autorität verbinden, heißt siegen und triumphieren in jenem Kampf, zu dem euch eure elterliche Stellung verpflichtet. Übrigens ist für alle jene, die zu gebieten haben, die Grundvoraussetzung einer wohltätigen Herrschaft über den Willen anderer die Herrschaft über sich selbst, über die eigenen Leidenschaften und Sinne. Keine Autorität ist stark und geachtet, wenn die Untergebenen nicht tief im Herzen spüren, dass sie in ihren Anordnungen gelenkt wird von der Vernunft, dem Vertrauen, dem Pflichtgefühl; denn dann fühlen die Untergebenen auch, dass der Pflicht auf der einen Seite der Gehorsam auf der andern Seite entsprechen muss. Wenn die Befehle, die ihr euren Kindern gebt, wenn die Vorwürfe, die ihr ihnen macht, aus den Eingebungen des Augenblicks stammen, aus Ausbrüchen der Ungeduld, aus falschen Voraussetzungen oder aus blinden oder schlecht beherrschten Gefühlen, dann kann es meistens nicht anders sein, als dass sie ihnen willkürlich, zusammenhanglos, vielleicht auch ungerecht und unangebracht vorkommen. Heute seid ihr gegen diese armen Kleinen unvernünftig in eurer Forderung, von einer unerbittlichen Strenge, morgen lasst ihr alles durchgehen. Ihr beginnt damit, ihnen eine Kleinigkeit abzuschlagen, die ihr einen Augenblick nachher, müde von ihrem Weinen oder ihrem Trotz, ihnen gewährt, um zu verhüten, dass die Same nicht mit einer Szene endet, die auf die Nerven geht. Warum versteht ihr denn nicht, Herr zu sein über die Stimmungen eures Herzens, eure Phantasie zu züngeln, euch selbst zu beherrschen, da ihr doch die Absicht und die Sorge habt, eure Kinder zu regieren? Wenn es euch bisweilen scheint, dass ihr nicht ganz Herr seid über euch selbst, dann verschiebt auf später, auf eine gelegenere Stunde, den Tadel, den ihr anbringen wollt, die Strafe, die ihr glaubt verhängen zu müssen. In der versöhnlichen und ruhigen Festigkeit eures Geistes werden euer Wort und eure Strafe eine ganz andere Wirkung, eine mehr erzieherische und gebieterische Kraft haben als beim Ausbruch einer unbeherrschten Leidenschaft.

Vergesst nicht, dass die Kinder, auch sehr kleine, ganz Ohr sind im Aufpassen und Beobachten und unverzüglich den Wechsel eurer Stimmung bemerken. Von der Wiege an, kaum dass sie soweit sind, die Mutter von jeder anderen Frau unterscheiden zu können, werden sie schnell merken, welche Gewalt über schwache Eltern ein Eigensinn oder ein Tränenausbruch hat, und sie werden sich in ihrer kindlichen Boshaftigkeit nicht scheuen, sie zu missbrauchen. Hütet euch drum vor allem, was eure Autorität bei ihnen vermindern könnte! Hütet euch davor, diese Autorität zu zerstören durch die Spielereien ständiger, unausgesetzter Ermahnungen und Zurechtweisungen, die ihnen schließlich lästig fallen; sie werden sie anhören, aber nicht ernst nehmen. Hütet euch davor, eure Kinder zu täuschen oder zu hintergehen mit Gründen oder Erklärungen, die auf schwachen Füßen stehen oder unwahr sind und leichthin abgegeben werden, um euch aus der Verlegenheit zu ziehen und lästige Fragen abzuwehren. Wenn es euch nicht gut scheint, ihnen die wirklichen Gründe einer Anordnung oder einer Tatsame auseinanderzusetzen, dann wird es heilsamer sein, euch auf ihr Vertrauen zu euch, auf ihre Liebe zu euch zu berufen. Fälscht die Wahrheit nicht, allenfalls verschweigt sie ihnen; Ihr ahnt vielleicht gar nicht, welche Verwirrungen und welche Krisen eines Tages in jenen jungen Seelen entstehen, wenn sie merken, dass man ihre natürliche Gutgläubigkeit missbraucht hat. Hütet euch auch davor, durchblicken zu lassen, dass ihr nicht eins seid untereinander und verschieden denkt über die Art, eure Kinder erzieherisch zu behandeln: sie würden dann recht bald darauf ausgehen, die Autorität der Mutter gegen die des Vaters oder die des Vaters gegen die der Mutter auszuspielen, und sie würden nur schwer der Versuchung widerstehen, eine solche Uneinigkeit auszunutzen für die Befriedigung all ihrer Einfälle. Hütet euch endlich davor, darauf zu warten, dass eure Kinder in die Jahre gekommen sind, um über sie gut und ruhig, zugleich aber fest und kraftvoll eure Autorität auszuüben, die vor keinem Tränenstrom oder keiner Trotszene zurückweicht! Schon von klein auf, von der Wiege an, mit dem Aufdämmern ihrer kindlichen Vernunft sollen sie liebevolle und zarte, aber auch weise und kluge Hände über sich erfahren und spüren. Autorität ohne Schwäche sei die eure, aber eine Autorität, die aus der Liebe kommt und ganz von der Liebe durchdrungen und getragen ist. Ihr sollt die ersten Lehrer und die ersten Freunde eurer Kinder sein. Wenn wirklich Vater- und Mutterliebe - d. h. eine in jeder Hinsicht christliche und nicht eine mehr oder weniger selbstsüchtige Liebe - eure Befehle lenken, dann werden eure Kinder davon berührt und ihnen nachkommen aus tiefstem Herzen, ohne dass es vieler Worte bedarf; denn die Sprache der Liebe ist beredter in schweigendem Tun als im Laut der Lippen. Tausend kleine unmerkliche Zeichen, ein Wechsel im Ton, eine unauffällige Geste, ein flüchtiger Ausdruck im Gesicht, ein Zeichen der Zustimmung offenbaren ihnen besser als alle Beteuerungen, wie viel Liebe hinter einem Verbot steht, das sie betrübt, wie viel Wohlwollen sich verbirgt in einer Ermahnung, die ihnen lästig vorkommt, und so wird das Wort der elterlichen Autorität ihnen nicht wie ein lastendes Gewicht oder wie ein verhasstes Joch erscheinen, das man möglichst bald abschütteln muss, sondern als die höchste Offenbarung eurer Liebe.

Und wird mit der Liebe nicht das Beispiel zusammengehen? Wie sollen die Kleinen, die von Natur aus bereitwillige Nachahmer sind, gehorchen lernen, wenn sie sehen, dass in allem die Mutter tut, was den Anordnungen des Vaters entgegen ist, ja sogar über ihn sich beklagt, wenn sie innerhalb der häuslichen Wände ständig ehrfurchtslose Kritiken über jede Autorität hören, wenn sie merken, dass ihre Eltern die ersten sind, die das nicht tun, was Gott und die Kirche gebieten? Wenn sie aber einen Vater und eine Mutter vor Augen haben, die in ihrer Art zu sprechen und zu handeln das Beispiel der Achtung vor den rechtmäßigen Obrigkeiten und der ständigen Pflichttreue geben; von einem so erbaulichen Bild werden sie mit größerem Erfolg als von einer einstudierten Ermahnung lernen, was wahrer christlicher Gehorsam ist und wie sie selbst ihn gegen ihre Eltern betätigen können. Seid überzeugt, geliebte Vermählte, dass das gute Beispiel das kostbarste Erbe ist, das ihr euren Kindern schenken und hinterlassen könnt! Es ist der unvergängliche Anblick eines Schatzes von Werken und Taten, von Worten und Ratschlägen, von frommen Betätigungen und tugendhaften Schritten, der stets lebendig haften wird in ihrem Gedächtnis als eine der eindrucksvollsten und teuersten Erinnerungen, die eure Person in ihnen lebendig machen wird in den Stunden des Zweifels und Schwankens zwischen Gut und Bös, zwischen Gefahr und Sieg. In trüben Augenblicken, wenn der Himmel sich verdunkelt, werdet ihr ihnen wieder in einem Lichte erscheinen, das ihren Weg erhellen und leiten wird in Erinnerung an jenen Weg, den ihr schon gegangen seid und der angefüllt ist mit jener Arbeit und Mühe, die das Unterpfand des irdischen und himmlischen Glückes sind. Ist das vielleicht ein Traum? Nein, das Leben, das ihr mit eurer Familie beginnt, ist kein Traum, es ist ein Weg, den ihr geht, umkleidet mit einer Würde und Autorität, der eine Schule und Lehrzeit sein soll für die Nachkommen, die eures Blutes sind.

Möge der himmlische Vater, der euch berufen hat zur Teilnahme an der Größe seiner Vaterschaft und auch seine Autorität euch übertragen hat, euch die Gnade geben, sie in seiner Nachahmung weise und liebevoll auszuüben. Indem wir von Ihm diese Gnade für euch und alle christlichen Eltern erflehen, erteilen Wir euch, geliebte Neuvermählte, aus übervollem Vaterherzen den Apostolischen Segen.