Hermeneutik

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Version vom 9. September 2015, 09:16 Uhr von Oswald (Diskussion | Beiträge) (Hermeneutik des Zweiten Vatikanischen Konzils)
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Vorlage:Überarbeiten Die Hermeneutik verfolgt als philosophischer Forschungszweig das Problem des menschlichen Verstehens. Sie wirft daher auch die Frage nach der je gültigen Interpretation von Texten auf.

Für die immer schon wichtige Frage der philosophischen Erkenntnislehre, hat insbesondere Hans-Georg Gadamer, inspiriert durch Martin Heidegger, eine wesentliche Aktualisierung der Problematik erbracht (1960: Wahrheit und Methode).

In der Theologie geriet das Problem des Verstehens, bereits vermittelt durch den Protestanten Rudolf Bultmann (gleichfalls von Heidegger beeinflusst), auch katholischerseits um die Mitte des 20. Jh. in den Mittelpunkt der Diskussion. Aus dieser "neuen" Perspektive verbreitete sich (von neuem) die Überzeugung, die christliche Wahrheit bedürfe heute einer gänzlich neuen Interpretation (vgl. Hans Küng). Zum Teil erzeugte die Amalgamierung wenig durchdachter, oft nur "aufgeschnappter" philosophischer Schlagworte mit einigen zentralen Irrtümern (aus früheren Zeiten) völlig skurrile Blüten, etwa wenn die christliche Sozialistin Dorothee Sölle eine "Tod-Gottes-Theologie" formulierte.

Die sehr ernsthafte philosophische Fragestellung nach den Bedingungen richtigen Verstehens, begünstigte also schließlich eine Erosion der traditionellen Frömmigkeit, ohne dass ein einziges intellektuelles Problem des Glaubens -- (und Probleme des Glaubens gibt es), dadurch erkennbar gelöst worden wäre.

Hermeneutik beim Verständnis der Heiligen Schrift

Für die Exegese der Heiligen Schrift hat die hermeneutische Methode seit der Enyzklika Papst Pius' XII. Divino afflante Spiritu (1943) eine besondere Bedeutung, wenn es darum geht, den Entstehungszusammenhang der biblischen Schriften und auch ihre Wirkungsgeschichte (Tradition) zu erforschen und die Bibel auf diesem Hintergrund auszulegen.

Bereits die Lehre der Alten Kirche vom vierfachen Schriftsinn (lat. quatuor sensus scripturae) war eine hermeneutische Herangehensweise an die Bibel, indem sie über eine bloß buchstäblich historische Auslegung hinaus auch eine allegorische, moralische (als Handlungsanweisung für den Glaubenden) und anagogische (Ausdruck der Hoffnung) Auslegung für zulässig erachtete.

Hermeneutik des Zweiten Vatikanischen Konzils

Papst Benedikt XVI. stellt im Dezember 2005 zur Auslegung des Zweiten Vatikanischen Konzils die Frage "warum die Rezeption des Konzils in einem großen Teil der Kirche so schwierig gewesen" sei und erklärt antwortend: "Nun ja, alles hängt ab von einer korrekten Auslegung des Konzils oder – wie wir heute sagen würden – von einer korrekten Hermeneutik, von seiner korrekten Deutung und Umsetzung. Die Probleme der Rezeption entsprangen der Tatsache, dass zwei gegensätzliche Hermeneutiken miteinander konfrontiert wurden und im Streit lagen. Die eine hat Verwirrung gestiftet, die andere hat Früchte getragen, was in der Stille geschah, aber immer deutlicher sichtbar wurde, und sie trägt auch weiterhin Früchte. Auf der einen Seite gibt es eine Auslegung, die ich »Hermeneutik der Diskontinuität und des Bruches« nennen möchte; sie hat sich nicht selten das Wohlwollen der Massenmedien und auch eines Teiles der modernen Theologie zunutze machen können. Auf der anderen Seite gibt es die »Hermeneutik der Reform«, der Erneuerung des einen Subjekts Kirche, die der Herr uns geschenkt hat, unter Wahrung der Kontinuität; die Kirche ist ein Subjekt, das mit der Zeit wächst und sich weiterentwickelt, dabei aber immer sie selbst bleibt, das Gottesvolk als das eine Subjekt auf seinem Weg. Die Hermeneutik der Diskontinuität birgt das Risiko eines Bruches zwischen vorkonziliarer und nachkonziliarer Kirche in sich. (Weihnachtsansprache an die Römische Kurie 2005).

Literatur

  • Hans-Georg Gadamer, Wahrheit und Methode, 1960
  • Paul Ricoeur, Die Interpretation, (dt.) 1969