Gewissen

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Das Gewissen<ref>1. Dem Wortlaut nach besagt «Gewissen» ein Wissen, genauer ein Mit- oder Zugleich wissen, d. h. ein gesamthaftes oder zusammenfassendes sittliches Urteil über das Handeln. Darauf deuten auch die griechische und lateinische Bezeichnung (Syneidesis, Conscientia) hin.
2. Der Sache nach ist das Gewissen das moralische Bewusstsein als befehlendes oder richterliches Urteil der Vernunft über die sittliche Beschaffenheit des menschlichen Tuns und Lassens.
Es kann in doppelter Bedeutung genommen werden:
a) als natürliche Anlage oder Fertigkeit der praktischen Vernunft, die obersten sittlichen Grundsätze leicht zu erkennen. Das ist das Gewissen im uneigentlichen Sinne; es wird auch Urgewissen genannt;
b) als aktuelles sittliches Werturteil der praktischen Vernunft über die vom Handelnden augenblicklich zu vollziehenden Handlungen. Das ist das eigentliche Gewissen.
entnommen aus: Bernard Kälin OSB: Lehrbuch der Philosophie II, Einführung in die Ethik, umgearbeitet von Dr. P. Raphael Fäh OSB, Selbstverlag Benediktinerkollegium Sarnen 1954, S. 88, Nr. 130, Gewissen (Imprimatur Curiae, die 8, Juni 1954 † Christianus Caminada. Episcopus).</ref> ist im Herzen des Menschen eine Stimme, die sagt, was gut und was böse ist. Es ist die natürliche Fähigkeit des Menschen, das Gute und Böse zu unterscheiden. Tut der Mensch das Gute, so lobt es, tut er das Böse, so tadelt es. Es treibt den Menschen zugleich auch an, das Gute zu tun. Jeder Mensch, auch der Heide und der Gottlose, hat ein Gewissen, Man kann es nicht wegschaffen. Es stammt von Gott, der sein heiliges Gesetz ins Herz des Menschen geschrieben hat.<ref>Einheitskatechismus #Erster Glaubensartikel: "Ich glaube an Gott, den allmächtigen Vater, Schöpfer des Himmels und der Erde"; Österreichische Bischofskonferenz: Katechismus der katholischen Religion#67. LEHRSTÜCK: WIR ERKENNEN DIE SITTLICHE ORDNUNG IN UNSEREM GEWISSEN.</ref>

In den "Büchern des Gewissens" werden die Taten (Verdienste und Missverdienste) der Menschen im Einzelgericht bewertet und verzeichnet (Offb 20, 12) und beim Allgemeinen Gericht aufgeschlagen d.h. offenbar werden.<ref> Johannes Bonaventura: Breviloquium#Siebenter Teil: Das Weltgericht.</ref> Davon zu unterscheiden ist das Buch des Lebens.

Weitere Erklärung und Aufgabe

Das Gewissen ist die subjektive Sittennorm, d.h. jenes Urteil der praktischen Vernunft, das die objektive Sittennorm in der konkreten Einzelhandlung zur Anwendung bringt (VS, Nr. 55). Es ist ein Akt der Einsicht der Person, der es obliegt, die allgemeine Erkenntnis des Guten auf eine bestimmte Situation anzuwenden und so ein Urteil über das richtige zu wählende Verhalten zu fällen (VS, 32). Es ist "ein hohes Tribunal", dessen Urteil im Licht der moralischen Normen, die von Gott geoffenbart und von der Kirche unter dem Beistand des Heiligen Geistes authentisch vorgelegt werden, ständiger Schärfung bedarf.<ref>Ad-limina-Ansprachen von Papst Johannes Paul II. an die DBK im November 1999#Hoherpriester als Förderer liturgischen Lebens, Nr. 6.</ref> Wenn das Gewissen nicht verbildet ist, entspricht es der objektiven sittlichen Ordnung,<ref>Bernhard Brinkmann: Katholisches Handlexikon, Butzon & Bercker Verlag Kevelaer 1960, S. 95, Gewissen (2. Auflage; Imprimatur N. 4-18/60 Monasterii, die 2. Februarii 1960, Böggering Vicarius Eppi Generalis).</ref> d.h. „Im Falle des rechten Gewissens handelt es sich um die vom Menschen angenommene objektive Wahrheit, im Falle des irrenden Gewissens handelt es sich um das, was der Mensch ohne Schuld subjektiv für wahr hält (VS, Nr. 62).

Die Stimme des Gewissens spricht primär, indem sie uns warnt, in einer konkreten Situation das sittlich Schlechte (= böse) zu tun, von dem wir bereits prinzipiell wissen, dass es sittlich schlecht und unerlaubt ist. Es bezieht sich mehr auf die Vermeidung eines sittlichen Übels als auf das rein sittlich Positive, das zu tun wir nicht verpflichtet sind.<ref> Dietrich von Hildebrand: Die Enzyklika „Humanae vitae“, Ein Zeichen des Widerspruches 1968, S. 37 (zum Herunterladen bei Kathtube).</ref> Wer öfters seinem Gewissen nicht folgt, stumpft es ab. Ein Mensch, der immer wieder gegen sein Gewissen handelt, wird gewissenlos. Er fällt in immer schwerere Sünden und schließlich in die schlimmsten Laster. Er ist wie ein Blinder, der auf einen Abgrund zugeht.<ref>Katholischer Katechismus der Bistümer Deutschlands 1955#93. Das Gewissen.</ref>

Wenn der Mensch auf das Gewissen hört, kann der kluge Mensch die Stimme Gottes, der zu ihm spricht (»in den Ohren des Herzens: Tu dies, meide jenes«)<ref>Enzyklika Dominum et vivificantemüber den Heiligen Geist im Leben der Kirche und der Welt, Das Blut, welches das Gewissen reinigt, Nr. 42-45</ref>, vernehmen. Denn der Mensch hat ein Gesetz, das von Gott seinem Herzen eingeschrieben ist Röm 2, 14-15), dem zu gehorchen seine Würde ist und gemäß dem er gerichtet werden wird. Das Gewissen ist die verborgenste Mitte und das Heiligtum im Menschen, wo er allein ist mit Gott, dessen Stimme in diesem seinem Innersten zu hören ist (GS, Nr. 16). Das Gewissen ist „ein Gesetz des Geistes“ und ist darüber hinaus „eine unmittelbare Einsprechung“, die „auch den Begriff der Verantwortlichkeit, der Pflicht, einer Drohung und einer Verheißung“ in sich schließt. Es ist ein Bote dessen, der sowohl in der Natur als auch in der übernatürlichen Gnade hinter einem Schleier zu uns spricht und uns durch seine Stellvertreter lehrt und regiert (KKK 1778).<ref> von John Henry Newman.</ref>

„Wenn die Menschen heute von Gewissen reden, meinen sie nicht die Rechte Gottes, sondern: Heute gehört es überall zum guten Ton, das Gewissen als eine „Schöpfung des Menschen zu betrachten“, als das „Recht, zu denken, zu sprechen, zu schreiben und zu handeln, wie es ihrem Urteil oder ihrer Laune passt, ohne dabei irgendwie an Gott zu denken.“ (John Henry Newman).<ref>Gewissen und Glaube, untrennbare Geschwister Kath.net am 9. April 2014 von Andreas Laun.</ref>

Einteilungen und Verantwortung

Einteilungen

1. Bezüglich der Handlung unterscheidet man das vorausgehende (conscientia antecedens) und das nachfolgende Gewissen (conscientia consequens).
Entscheidend für die Sittlichkeit der Handlung ist das vorausgehende Gewissen; denn dieses ist die unmittelbare Norm des Handelns. Es kann gebietend, verbietend oder erlaubend sein.
Das nachfolgende Gewissen ist entweder lobend, tadelnd oder entschuldigend. Das tadelnde Gewissen offenbart sich besonders in den Gewissensbissen oder Gewissensqualen.
2. Hinsichtlich der Übereinstimmung mit der objektiven Sittennorm (Richtigkeit) unterscheidet man das wahre (richtige) Gewissen und das irrige (falsche) Gewissen. Letzteres kann verschuldet oder unverschuldet falsch sein.
3. Hinsichtlich der Sicherheit des Urteils im Handelnden unterscheidet man ein sicheres, ein wahrscheinliches und ein zweifelndes Gewissen.
Beim sicheren Gewissen bestehen keinerlei Bedenken oder Befürchtungen, das gefällte Gewissensurteil könnte falsch sein.
Doch beachte: Subjektive Sicherheit und sachliche Richtigkeit sind nicht dasselbe; denn auch das unüberwindlich irrige Gewissen kann als subjektiv sicheres Gewissensurteil auftreten.
Beim wahrscheinlichen Gewissen sind die Gründe vorwiegend zugunsten des Gewissensurteils; aber es bestehen doch Befürchtungen, es könnte vielleicht auch falsch sein.
Beim zweifelnden Gewissen bleibt das Urteil sozusagen unentschieden, ob eine Handlung gut oder schlecht, erlaubt oder unerlaubt sei. Beruht diese Unentschiedenheit darauf, weil keine oder keine beachtlichen Gründe weder dafür noch dagegen bestehen, so spricht man von negativem Zweifel. Beruht die Unentschiedenheit jedoch darauf, weil für die Erlaubtheit und Nichterlaubtheit der Handlung ungefähr gleich wichtige Gründe sprechen, so nennt man das einen positiven Zweifel.
4. Ferner unterscheidet man ein wohl ausgebildetes und ein verbildetes Gewissen. Das verbildete Gewissen ist entweder zu weit (lax, abgestumpft) oder zu eng, ängstlich (perplex, verwirrt, ratlos).
a) Das wohlausgebildete Gewissen ist wachsam, da es nicht bloß den wichtigen Pflichten, sondern auch den gewöhnlichen Entscheidungen die gebührende Beachtung schenkt.
Es wird zartes Gewissen genannt, wenn es feinfühlig auch kleine und kleinste Pflichten, selbst bloße Ratschläge zum Bessern wahrnimmt und willig erfüllt, und auch in heiklen Fällen die richtige sittliche Norm zu finden und anzuwenden weiß.
b) Das verbildete Gewissen ist zu weit (lax, abgestumpft), wenn es größere Fehler für gering, kleine Fehler überhaupt nicht mehr achtet. Es beruht auf einem vernachlässigten Pflichtbewusstsein und ist darum in der Regel ein (wenigstens teilweise) bewußt irriges Gewissen.
Das verbildete Gewissen ist zu eng, ängstlich, wenn es ohne sachlichen Grund sittliche Übertretung (Sünde, Schuld) fürchtet, wo keine vorhanden ist; es sieht kleine Fehler und Unvollkommenheiten für schwer schuldbar an und ist häufig grundlosen Zweifeln und Unsicherheiten ausgesetzt.
Das ängstliche Gewissen wird in Konfliktsfällen zum perplexen (verwirrten, ratlosen) Gewissen, so dass es in jedem Fall (beim Handeln wie beim Nichthandeln, beim so oder so Handeln) eine Übertretung erblickt.<ref>entnommen aus: Bernard Kälin OSB: Lehrbuch der Philosophie II, Einführung in die Ethik, umgearbeitet von Dr. P. Raphael Fäh OSB, Selbstverlag Benediktinerkollegium Sarnen 1954, S. 90+91, Nr. 133, Gewissen, Einteilungen (Imprimatur Curiae, die 8, Juni 1954 † Christianus Caminada. Episcopus).</ref>

Verantwortlichkeit

Bei allem, was der Mensch sagt und tut, ist er verpflichtet, sich genau an das zu halten, wovon er weiss, dass es recht und richtig ist.<ref>vgl. KKK 1778; Bernard Kälin: Lehrbuch der Philosophie II, Nr. 86.</ref> Maßgeblich für die sittliche Verantwortlichkeit bezüglich einer Handlung ist das Urteil des Gewissens im Augenblick der Tat, nicht eine spätere Einsicht. Einem unüberwindlich irrtümlichen Gewissen darf der Mensch folgen, wenn es ihm etwas als sittlich erlaubt hinstellt, und muss ihm folgen, wenn es ihm etwas als geboten oder verboten erklärt. Solange einer ernstlich zweifelt, ob etwas sittlich erlaubt ist oder nicht, darf er es nicht tun, es sei denn, er habe ein ängstliches oder skrupulöses Gewissen, das aus nichtigen Gründen etwas für unerlaubt hält. Ein solches Gewissen ist das Gegenteil von einem laxen Gewissen, das sich ohne hinreichende Gründe einredet, etwas sei, jedenfalls unter den gegebenen Umständen, erlaubt. Wenn ein wirklicher Zweifel bezüglich einer sittlichen Verpflichtung besteht, etwas zu tun oder zu lassen, brauchen die Gründe gegen die Verpflichtung nicht sicher zu sein, um sich mit Sicherheit sagen zu können, dass die Verpflichung jedenfalls in diesem Falle nicht besteht, aber sie müssen wenigstens wirklich wahrscheinlich sein (Probabilismus).<ref>Brinkmann: Katholisches Handlexikon, S. 95, Gewissen.</ref>

Gesetz und Gewissen

Das Urteil des Gewissens begründet nicht das Gesetz, aber es bestätigt die Autorität des Naturgesetzes und der praktischen Beziehung in Beziehung zum höchsten Gut, dessen Anziehungskraft die menschliche Person erfährt und dessen Gebote sie annimmt: "Das Gewissen ist keine autonome und ausschließliche Instanz, um zu entscheiden, was gut und was böse ist; ihm ist vielmehr ein Prinzip des Gehorsams gegenüber der objektiven Norm tief eingeprägt, welche die Übereinstimmung seiner Entscheidungen mit den Geboten und Verboten begründet und bedingt, die dem menschlichen Verhalten zugrunde liegen (VS, Nr. 60; DoV, Nr. 43).

Durch das Gewissensurteil vernimmt und erkennt der Mensch die Anordnungen des natürlichen Sittengesetzes. Dieses drückt die ersten, wesentlichen Gebote aus, die das sittliche Leben regeln. Es ist das vornehmste von allen, das in die Herzen der einzelnen Menschen durch den Schöpfer geschrieben und eingemeißelt ist, weil es selbst die menschliche Vernunft ist, die recht zu handeln befiehlt und zu sündigen verbietet. Diese Vorschrift der menschlichen Vernunft kann aber nur dann die Kraft eines Gesetzes haben, wenn sie die Stimme und Auslegerin einer höheren Vernunft ist, der unser Geist und unsere Freiheit unterworfen sein müssen (KKK 1954f). „Die Frage, ob etwas an sich gut oder böse ist, kann nie vom Gewissen beantwortet werden; sie ist für das Sprechen des Gewissens immer schon vorausgesetzt.“<ref> Dietrich von Hildebrand: Die Enzyklika „Humanae vitae“, S. 36. </ref>

"Da, wo es keine absolut verpflichtenden und von allen Umständen und Eventualitäten unabhängigen Normen gibt, erfordert die "einmalige" Situation in ihrer Einzigkeit eine sorgfältige Prüfung, um zu entscheiden, welche Gebote hier anzuwenden sind und in welcher Weise.<ref> Pius XII.: Ansprache Soyez les bienvenues am 19. April 1952.</ref>

Gewissensbildung und Gewissenserziehung

Das richtige und wahrhaftige Gewissen muss geformt und das sittliche Urteil erhellt werden. Ein gut gebildetes Gewissen urteilt richtig und wahrhaftig. Es folgt bei seinen Urteilen der Vernunft und richtet sich nach dem wahren Gut, das durch die Weisheit des Schöpfers gewollt ist. Es wird durch die Erziehung und durch die Aneignung des Wortes Gottes und der Lehre der Kirche gebildet.<ref>Es gibt verschiedene Ausdrucksformen des Gesetzes. Das ewige Gesetz ist der göttliche Ursprung aller Gesetze. Daraus fließt das erschaffene natürliche Sittengesetz, dann das geoffenbarte Gesetz, das aus dem Gesetz des Alten Bundes und dem Gesetz des Neuen Bundes besteht; schließlich die staatlichen und kirchlichen Gesetze (vgl. KKK 1950-1986).</ref> Das zweite Vatikanische Konzil sagt: "Bei ihrer Gewissensbildung müssen jedoch die Christgläubigen die heilige und sichere Lehre der Kirche sorgfältig vor Augen haben. Denn nach dem Willen Christi ist die katholische Kirche die Lehrerin der Wahrheit; ihre Aufgabe ist es, die Wahrheit, die Christus ist, zu verkündigen und authentisch zu lehren, zugleich auch die Prinzipien der sittlichen Ordnung, die aus dem Wesen des Menschen selbst hervorgehen, autoritativ zu erklären und zu bestätigen" (VS, Nr. 64 - DHu 14). Denn das Lehramt der Kirche<ref>"Das Lehramt der Kirche erfindet die Lehre nicht, es lehrt die Forderungen der sittlichen Ordnung, damit in ihrem Licht das Urteil des Gewissens wahr sein kann. Der Gläubige hat das Recht, vom Lehramt die Unterweisung über die sittliche Wahrheit zu erhalten. Und man kann nicht sagen, dass das Lehramt der Kirche den "Rechten des Gewissens" entgegensteht. Wenn die menschliche Vernunft und das auf die Offenbarung gegründete Lehramt, freilich in verschiedener Weise, Zugang zu der Wahrheit haben, die in Gott begründet ist, wird das von der Vernunft aufgeklärte Gewissen in diesem anderen Licht, das ihm durch das Lehramt zukommt, nicht bloß eine Auffassung unter anderen sehen, sondern die Hilfe, die unserer menschlichen Natur in ihrer Schwachheit und Begrenztheit von der göttlichen Vorsehung zuteil wird.

Das kirchliche Lehramt ersetzt also nicht das sittliche Gewissen der Menschen; es hilft ihm, sich herauszubilden, die Wahrheit der Dinge, das Geheimnis und die Berufung der menschlichen Person, den tiefen Sinn ihrer Handlungen und ihrer Beziehungen zu entdecken. Denn das Gewissen darf sich niemals der Willkür überlassen; es kann sich täuschen, wenn es sich nach dem richtet, was ihm vernünftigerweise gut erscheint; aber es hat die Pflicht, sich dem der Wahrheit entsprechenden Guten zuzuwenden." : Ansprache an die Vollversammlung des Päpstlichen Rates für die Familie vom 13. Dezember 1985, Nr. 2.</ref> ist von Christus eingesetzt worden, um das Gewissen zu erleuchten. In seinem Namen besitzt es eine echte und eigene Lehrautorität. Man kann daher nicht sagen, ein Gläubiger habe sich sorgfältig um die Wahrheit bemüht, wenn er das nicht berücksichtigt, was das Lehramt sagt; wenn er es mit irgendeiner anderen Erkenntnisquelle auf eine Stufe stellt und sich zum Richter über es macht; wenn er im Zweifelsfall lieber der eigenen Meinung oder der von Theologen folgt und diese der sicheren Lehre des Lehramtes vorzieht. In einer solchen Situation noch von der Würde des Gewissens reden, ohne etwas hinzuzufügen, entspricht nicht der Lehre des II. Vatikanischen Konzils und dem, was die ganze Überlieferung der Kirche bezeugt.<ref>Ansprache Con viva gioia an die Teilnehmer des Zweiten Internationalen Kongresses für Moraltheologie vom 12. November 1988, Nr. 4.</ref>

Für uns Menschen, die schlechten Einflüssen unterworfen und stets versucht sind, dem eigenen Urteil den Vorzug zu geben und die Lehren der kirchlichen Autorität zurückzuweisen, ist die Gewissenserziehung unerlässlich (vgl. KKK 1783, KKKK 374). Dazu gehört die Wahrnehmung der Moralprinzipien, ihre Anwendung durch eine Beurteilung der Gründe und der Güter unter den gegebenen Umständen, und schließlich das Urteil über die auszuführenden oder bereits durchgeführten konkreten Handlungen. Das Gewissen wird durch die Gaben des Heiligen Geistes unterstützt und durch die Ratschläge weiser Menschen orientiert. Darüber hinaus sind das Gebet und die Gewissenerforschung für die sittliche Bildung von großem Nutzen (vgl. KKK 1780; KKKK 374).

Die Erziehung des Gewissens ist eine lebenslange Aufgabe. Schon in den ersten Jahren leitet sie das Kind dazu an, das durch das Gewissen wahrgenommene innere Gesetz zu erkennen und zu erfüllen. Eine umsichtige Erziehung regt zu tugendhaftem Verhalten an. Sie bewahrt oder befreit vor Furcht, Selbstsucht und Stolz, falschen Schuldgefühlen und Regungen der Selbstgefälligkeit, die durch menschliche Schwäche und Fehlerhaftigkeit entstehen können. Gewissenserziehung gewährleistet die Freiheit und führt zum Frieden des Herzens (KKK 1784).

Es gibt drei allgemeine Regeln (KKK 1789, KKK 375), um sich ein Gewissensurteil zu bilden:

  1. Es ist nie erlaubt, Böses zu tun, damit daraus etwas Gutes hervorgehe.<ref>z.B. Um ein Krankenhaus bauen zu können, darf niemals ein Bankraub gemacht werden.</ref>
  2. Die sogenannte goldene Regel: „Alles, was ihr von anderen erwartet, das tut auch ihnen“ (Mt 7, 12).
  3. Die christliche Liebe achtet immer den Nächsten und sein Gewissen; dies bedeutet freilich nicht, dass etwas als gut angenommen wird, was objektiv schlecht ist.

Das kluge Urteil des Gewissens anerkennt praktisch und konkret die Wahrheit über das sittlich Gute, die im Gesetz der Vernunft ausgedrückt ist. Als klug bezeichnet man den Menschen, der sich diesem Urteil gemäß entscheidet.

Gewissenserforschung

Um die Stimme des Gewissens vernehmen und ihr folgen zu können, muss man in sich gehen. Dieses Streben nach Innerlichkeit ist umso nötiger, als das Leben uns oft in Gefahr bringt, jegliche Überlegung, Selbstprüfung und Selbstbesinnnung zu unterlassen (KKK 1779).

Die Gewissenserforschung ist eine persönliche Rechenschaft des Menschen über sein sittliches Verhalten, um die sittlichen Verfehlungen aufrichtig zu bereuen.<ref>Brinkmann: Katholisches Handlexikon, S. 96, Gewissenserforschung.</ref> In ihr lernt er, "seine eigenen Schwächen, die mangelhaften Seiten seines Temperaments und die komplexen Verflechtungen seiner Fehler besser zu erkennen."<ref> 17. April 1986 Ansprache an die Vollversammlung der Kongregation für die Sakramente Erstbeichte und Generalabsolution.</ref> Dann »lassen die Personen und Gruppen von der blinden Willkür ab und suchen sich nach den objektiven Normen der Sittlichkeit zu richten« (GS, Nr. 16). Sie ist eine notwendige Voraussetzung für die Beichte und sollte von den Priestamtskandidaten<ref>Kongregation für den Klerus : Ratio fundamentalis institutionis sacerdotalis 2016 (Grundordnung für die Ausbildung der Priester) vom 8. Dezember 2016, Nr. 106.</ref> und von den Priestern täglich<ref>vgl. Zweites Vatikanisches Konzil: Dekret Presbyterorum ordinis über Dienst und Leben der Priester vom 7. Dezember 1965, Nr. 18; Johannes Paul II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Pastores dabo vobis, Nr. 6. </ref> gepflegt werden.

Sinnvoll ist hierbei die Benutzung des Gewissensspiegels und die Kenntnis der Formeln der katholischen Lehre.

Gewissensbisse

Vor der Tat mahnt uns das Gewissen zum Guten oder warnt uns vor dem Bösen; nach der Tat lobt es uns, wenn wir das Gute getan haben (gutes Gewissen), oder tadelt uns, wenn wir das Böse getan haben (schlechtes Gewissen; Gewissensbisse).<ref>Katholischer Katechismus der Bistümer Deutschlands 1955#93. Das Gewissen.</ref> Das nachfolgende Gewissen ist entweder lobend, tadelnd oder entschuldigend. Das tadelnde Gewissen offenbart sich besonders in den Gewissensbissen oder Gewissensqualen.<ref>Bernard Kälin OSB: Lehrbuch der Philosophie II, S. 90, Nr. 133.</ref> Der Schuldspruch des schlechten Gewissens jedoch, bleibt ein Unterpfand der Hoffnung und des Erbarmens. Indem er die begangene Verfehlung bezeugt, mahnt er, um Vergebung zu bitten, das Gute doch noch auszuführen und mit Hilfe der Gnade Gottes die Tugend unablässig zu pflegen (vgl. KKK 1781)

Das Gewissen spricht immer nur dann, wenn es sich um unser eigenes Tun und Lassen handelt; es sagt uns nicht, ob das Verhalten eines anderen sittlich richtig ist.<ref> Dietrich von Hildebrand: Die Enzyklika „Humanae vitae“, S. 36.</ref>

Das irrende Gewissen

Das Gewissensurteil ist kein unfehlbares Urteil: es kann irren.

Dem sicheren Urteil seines Gewissens muss der Mensch stets Folge leisten. Würde er bewusst dagegen handeln, so verurteilte er sich selbst. Es kann jedoch vorkommen, dass das Gewissen über Handlungen, die jemand plant oder bereits ausgeführt hat, aus Unwissenheit Fehlurteile fällt (KKK 1790).

An dieser Unkenntnis ist der betreffende Mensch oft selbst schuld, z. B. dann, wenn er „sich zuwenig darum müht, nach dem Wahren und Guten zu suchen, und das Gewissen aufgrund der Gewöhnung an die Sünde allmählich fast blind wird“ (GS 16). In diesem Fall ist er für das Böse, das er tut, verantwortlich (KKK 1791).

Unkenntnis über Christus und sein Evangelium, schlechte Beispiele anderer Leute, Verstrickung in Leidenschaften, Anspruch auf eine falsch verstandene Gewissensautonomie, Zurückweisung der Autorität der Kirche und ihrer Lehre, Mangel an Umdenkungswillen und christlicher Liebe können der Grund für Fehlurteile im sittlichen Verhalten sein (KKK 1792).

Wenn hingegen die Unkenntnis unüberwindlich<ref>Nichtsdestoweniger kann der Irrtum des Gewissens das Ergebnis einer unüberwindbaren Unwissenheit sein, das heißt einer Unkenntnis, derer sich der Mensch nicht bewußt ist und aus der er allein nicht heraus gelangen kann. In dem Fall, wo diese unüberwindliche Unkenntnis nicht schuldhaft ist, verliert das Gewissen - so erinnert uns das II. Vatikanische Konzil - nicht seine Würde, weil es, auch wenn es uns tatsächlich in einer von der objektiven sittlichen Ordnung abweichenden Weise anleitet, dennoch nicht aufhört im Namen jener Wahrheit vom Guten zu reden, zu deren aufrichtiger Suche der Mensch aufgerufen ist. (Veritatis splendor, Nr. 62)</ref> oder der Betreffende für das Fehlurteil nicht verantwortlich ist, kann ihm seine böse Tat nicht zur Last gelegt werden. Trotzdem bleibt sie ein Mangel, eine Unordnung. Aus diesem Grund müssen wir uns bemühen, Irrtümer des Gewissens zu beheben (KKK 1793).

Gewissensfreiheit, der Staat, moralische Beeinflussung und Zwang

Die Würde der menschlichen Person verlangt, dass das Gewissen frei und richtig urteilt (vgl. KKKK 373). Diese Gewissensfreiheit bedeutet jedoch nicht Freiheit von sittlichen Bindungen, sondern die Freiheit, der Stimme des eigenen Gewissens zu folgen, jedenfalls soweit es mit der objektiven sittlichen Norm übereinstimmt; und diese Freiheit hat auch der Staat zu achten. Der Staat hat auch dann die persönliche Gewissensüberzeugung zu achten, wenn sie unüberwindlich irrtümlich sein sollte, solange das Gemeinwohl dadurch nicht betroffen wird. Es wäre jedoch verfehlt von der Gewissensfreiheit so zu denken, als wolle sie der öffentlichen Gewalt den Gehorsam verweigern: denn zu befehlen und die Ausführung des Befehles zu verlangen, hat die menschliche Gewalt das Recht, jedoch nur insofern, als sie nicht in Widerspruch gerät mit Gottes Gewalt und nur in den Grenzen der von Gott gesetzten Ordnung sich hält. Die Gewissensfreiheit schließt einen physischen Zwang aus, aber nicht eine moralische Beeinflussung im Sinne des Sittengesetzes durch Erziehung, Ermahnungen und Strafen, die durch das Gemeinwohl gefordert werden. Dagegen sind Zwangsbekehrungen unerlaubt,<ref>Brinkmann: Katholisches Handlexikon, S. 96, Gewissensfreiheit.</ref> vor allem im Bereich der Religion (Religionsfreiheit).<ref>Dignitatis humanae, Nr. 2; Leo XIII.: Enzyklika Libertas praestantissimum über die Freiheit und den Irrtum des Liberalismus vom 20. Juni 1888, Die Gewissensfreiheit, Nr. 30+31.</ref>

Wiederverheiratet Geschiedene und Gewissen

Sofern die vorausgehende Ehe von wiederverheirateten geschiedenen Gläubigen gültig war, kann ihre neue Verbindung unter keinen Umständen als rechtmäßig betrachtet werden, daher ist ein Sakramentenempfang aus inneren Gründen nicht möglich. Das Gewissen des einzelnen ist ausnahmslos an diese Norm gebunden vgl. Über die kirchliche Lehre bezüglich dem Kommunionempfang von wiederverheirateten geschiedenen Gläubigen im November 2011 von Benedikt XVI.: Dabei gilt, was Johannes Paul II. im Apostolischen Schreiben Familiaris consortio, Nr. 84 bekräftigt hat: „Die Wiederversöhnung im Sakrament der Buße, das den Weg zum Sakrament der Eucharistie öffnet, kann nur denen gewährt werden, welche die Verletzung des Zeichens des Bundes mit Christus und der Treue zu ihm bereut und die aufrichtige Bereitschaft zu einem Leben haben, das nicht mehr im Widerspruch zur Unauflöslichkeit der Ehe steht. Das heißt konkret, dass, wenn die beiden Partner aus ernsthaften Gründen – zum Beispiel wegen der Erziehung der Kinder – der Verpflichtung zur Trennung nicht nachkommen können, sie sich verpflichten, völlig enthaltsam zu leben, das heißt, sich der Akte zu enthalten, welche Eheleuten vorbehalten sind.“ (Vgl. auch Benedikt XVI., Apostolisches Schreiben Sacramentum caritatis, Nr. 29).

Die Vernunft bezeugt, dass es Objekte menschlicher Handlungen gibt, die sich "nicht auf Gott hinordnen" lassen, weil sie in radikalem Widerspruch zum Gut der nach seinem Bild geschaffenen Person stehen. Es sind dies die Handlungen, die in der moralischen Überlieferung der Kirche "in sich schlecht" (intrinsece malum z.B. der Ehebruch, hier Wiederverheiratung mit Vollzug einer Ehe), genannt wurden: Sie sind immer und an und für sich schon schlecht, d.h. allein schon aufgrund ihres Objektes, unabhängig von den weiteren Absichten des Handelnden und den Umständen. Darum lehrt die Kirche - ohne im geringsten den Einfluss zu leugnen, den die Umstände und vor allem die Absichten auf die Sittlichkeit haben -, dass "es Handlungen gibt, die durch sich selbst und in sich, unabhängig von den Umständen, wegen ihres Objekts immer schwerwiegend unerlaubt sind" (VS, Nr. 80).<ref> Nachsynodales Apostolisches Schreiben Reconciliatio et paenitentia (2. Dezember 1984), 17: AAS 77 (1985), 221; vgl. Paul VI., Ansprache an die Mitglieder der Kongregation vom Heiligsten Erlöser (September 1967): AAS 59 (1967), 962: "Man muss vermeiden, die Gläubigen zu verleiten, anders darüber zu denken, so als wären nach dem Konzil heute einige Verhaltensweisen erlaubt, die die Kirche früher für in sich schlecht erklärt hatte. Wer sieht nicht, dass daraus ein bedauerlicher sittlicher Relativismus entstehen würde, der leicht das ganze Erbe der Lehre der Kirche in Frage stellen könnte?" </ref>

Dietrich von Hildebrand befasst sich mit der Frage der künstlichen Geburtenkontrolle (und nennt auch später den Ehebruch). Dieselbe Erwägung gilt auch für die Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zu den Sakramenten. Er sagt: Die Behauptung, über die Frage, ob die künstliche Geburtenkontrolle sittlich erlaubt sei, solle das Gewissen des Einzelnen entscheiden, ist irreführend, weil sie vom Gewissen etwas verlangt, was dieses niemals leisten kann. Diese Behauptung heißt in Wirklichkeit: Nicht die Kirche weiß, was sittlich gut und böse ist, sondern der Einzelne kann dies entscheiden - eine Auffassung, die sowohl die Offenbarung als auch das Lehramt der Kirche leugnet, was aber letzten Endes überhaupt jede objektiv gültige Moral auflöst und zu einem völligen Amoralismus führt.<ref>vgl. Dietrich von Hildebrand: Die Enzyklika „Humanae vitae“, S. 37.</ref>

Verfehlte Theologenmeinungen und "pastorale" Lösungen (VS, Nr. 55+56)

„Nach der Meinung verschiedener Theologen habe man, zumindest in bestimmten Perioden der Vergangenheit, die Funktion des Gewissens lediglich auf die Anwendung allgemeiner sittlicher Normen auf Einzelfälle des persönlichen Lebens beschränkt gesehen. Solche Normen - heißt es - sind aber nicht in der Lage, die unwiederholbare Besonderheit aller einzelnen konkreten Akte der Personen in ihrer Gesamtheit zu umfassen und zu berücksichtigen; sie können in gewisser Weise bei einer richtigen Bewertung der Situation behilflich sein, sie können aber nicht an die Stelle der Personen treten und ihre Aufgabe übernehmen, eine persönliche Entscheidung über ihr Verhalten in bestimmten Einzelfällen zu treffen. Ja, die vorgenannte Kritik an der traditionellen Interpretation der menschlichen Natur und ihrer Bedeutung für das sittliche Leben verleitet einige Autoren zu der Behauptung, diese Normen seien nicht so sehr ein bindendes objektives Kriterium für die Urteile des Gewissens, als vielmehr eine allgemeine Orientierung, die in erster Linie dem Menschen hilft, seinem persönlichen und sozialen Leben eine geregelte Ordnung zu geben. Darüber hinaus enthüllen sie die dem Phänomen des Gewissens eigene Komplexität: Diese steht in tiefem Zusammenhang mit dem gesamten psychologischen und affektiven Bereich und mit den vielfältigen Einflüssen der gesellschaftlichen und kulturellen Umgebung des Menschen. Andererseits wird der Wert des Gewissens hochgepriesen, das vom Konzil als "Heiligtum im Menschen, wo er allein ist mit Gott, dessen Stimme in diesem seinem Innersten zu hören ist", definiert wurde. Diese Stimme - so wird gesagt - veranlasse den Menschen nicht so sehr zu einer peinlich genauen Beachtung der universalen Normen, als zu einer kreativen und verantwortlichen Übernahme der persönlichen Aufgaben, die Gott ihm anvertraut.

In dem Wunsch, den "kreativen" Charakter des Gewissens hervorzuheben, bezeichnen manche Autoren die Akte des Gewissens nicht mehr als "Urteile", sondern als "Entscheidungen": Nur dadurch, dass der Mensch "autonom" diese Entscheidungen trifft, könne er zu seiner sittlichen Reife gelangen. Einige vertreten auch die Ansicht, dieser Reifungsprozeß würde von der allzu kategorischen Haltung behindert, die in vielen moralischen Fragen das Lehramt der Kirche einnimmt, dessen Eingriffe bei den Gläubigen das Entstehen unnötiger Gewissenskonflikte verursachen würden.

Zur Rechtfertigung solcher und ähnlicher Einstellungen haben einige eine Art doppelter Seinsweise der sittlichen Wahrheit vorgeschlagen. Außer der theoretisch-abstrakten Ebene müßte die Ursprünglichkeit einer gewissen konkreteren existentiellen Betrachtungsweise anerkannt werden. Diese könnte, indem sie den Umständen und der Situation Rechnung trägt, legitimerweise Ausnahmen bezüglich der theoretischen Regel begründen und so gestatten, in der Praxis guten Gewissens das zu tun, was vom Sittengesetz als für in sich schlecht eingestuft wird.<ref>hier sei eine Anmerkung von Papst Pius XII. (leicht gekürzt) angefügt: "Aus den wesentlichen Beziehungen zwischen Mensch und Gott, zwischen Mensch und Mensch, zwischen den Gläubigen, zwischen Eltern und Kindern, den wesentlichen Beziehungen der Gemeinschaft in Familie, Kirche und Staat folgt unter anderem, dass Gotteshass, Blasphemie, Götzendienst, Meineid, Mord, falsches Zeugnis, Verleumdung, Ehebruch, Entziehung des zum Leben Notwendigen, Vorenthalten des gerechten Lohnes (vgl. Jak 5, 4), vorgetäuschte Zahlungsunfähigkeit, vom göttlichen Gesetzgeber aufs strengste verboten sind. Da gibt es nichts zu prüfen. Wie immer die persönliche Lage sein mag, es gibt keinen anderen Ausweg als den, zu gehorchen." aus: Pius XII.: Ansprache Soyez les bienvenues an den Kongress des Weltbundes der katholischen weiblichen Jugend über Situationsethik und christliche Sittenlehre vom 19. April 1952 (AAS XLIV [1952] 413-419).</ref> Auf diese Weise entsteht in einigen Fällen eine Trennung oder auch ein Gegensatz zwischen der Lehre von der im allgemeinen gültigen Vorschrift und der Norm des einzelnen Gewissens, das in der Tat letzten Endes über Gut und Böse entscheiden würde. Auf dieser Grundlage maßt man sich an, die Zulässigkeit sogenannter "pastoraler" Lösungen zu begründen, die im Gegensatz zur Lehre des Lehramtes stehen, und eine "kreative" Hermeneutik zu rechtfertigen, nach welcher das sittliche Gewissen durch ein partikulares negatives Gebot tatsächlich nicht in allen Fällen verpflichtet würde.

Es gibt wohl niemanden, der nicht begreifen wird, dass mit diesen Ansätzen nichts weniger als die Identität des sittlichen Gewissens selbst gegenüber der Freiheit des Menschen und dem Gesetz Gottes in Frage gestellt wird. Erst die vorausgehende Klärung der auf die Wahrheit gegründeten Beziehung zwischen Freiheit und Gesetz macht eine Beurteilung dieser "schöpferischen" Interpretation des Gewissens möglich.“ (siehe: Situationsethik)

Zu beachten ist, dass unterschiedliche Meinungen und Lehren zu schwerwiegenden und heiklen Fragen der christlichen Moral (in der Theologie, Verkündigung, Katechese und geistlicher Führung) die Gewissen der Gläubigen in Verwirrung führt. Damit wird das echte Sündenbewusstsein gemindert und nahezu ausgelöscht (RP, Nr. 18).

Literatur

  • Albertus Magnus: Über das Gewissen und den praktischen Intellekt, Eine Textauswahl aus De homine, den Quaestiones und De anima. LateinischDeutsch. Eingeleitet und übersetzt von Henryk Anzulewicz und Philipp Andreas C. Anzulewicz, (Herders Bibliothek der Philosophie des Mittelalters, Band 44), Herder Verlag 2019 (480 Seiten, ISBN 978-3-451-38317-5).
  • Thomas von Aquin: Vom Gewissen, Lateinisch - Deutsch. Übersetzt und bearbeitet von Hanns-Gregor Nissing (Herders Bibliothek der Philosophie des Mittelalters 3. Serie), Band 51, Herder Verlag 2021 (224 Seiten, ISBN 978-3-451-38851-4; Gebundene Ausgabe).

Lehramtliches

Leo XIII.

Pius XII.

Johannes XXIII.

Paul VI.

Johannes Paul II.

Benedikt XVI.

Weblinks

Anmerkungen

<references />