Gewissen: Unterschied zwischen den Versionen

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Das '''Gewissen''', das im Innersten des Menschen wirkt, ist ein Urteil der [[Vernunft]], das ihm in einer konkreten Entscheidung gebietet, das Gute zu tun und das Böse zu unterlassen. Durch das Gewissen erfasst der Mensch, ob eine auszuführende oder bereits vollbrachte Handlung sittlich gut oder schlecht ist, und kann die Verantwortung dafür übernehmen. Wenn er auf das Gewissen hört, kann der kluge Mensch die Stimme Gottes, der zu ihm spricht, vernehmen. Denn der Mensch hat ein Gesetz, das von [[Gott]] seinem Herzen eingeschrieben ist, dem zu gehorchen seine Würde ist. Das Gewissen ist der verborgenste Kern und das Heiligtum des Menschen, in dem er allein ist mit Gott, dessen Stimme in seinem Innersten widerhallt“ (GS 16). Das Gewissen ist „ein Gesetz des Geistes“ und ist darüber hinaus „eine unmittelbare Einsprechung“, die „auch den Begriff der Verantwortlichkeit, der Pflicht, einer Drohung und einer Verheißung“ in sich schließt. Es ist ein Bote dessen, der sowohl in der Natur als auch in der Gnade hinter einem Schleier zu uns spricht und uns durch seine Stellvertreter lehrt und regiert.  
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Das '''Gewissen''' ist das unmittelbare praktische [[Urteil]] der [[Vernunft]], das in einer konkreten Situation erkennt, was gut oder böse ist, was man tun oder lassen soll. Es ist als solches die letzte subjektive Richtschnur für das Handeln des [[Mensch]]en. Wenn es nicht verbildet ist, entspricht es der objektiven sittlichen Ordnung.<ref>vgl. Bernhard Brinkmann: Katholisches Hand[[lexikon]], [[Butzon & Bercker Verlag]] Kevelaer 1960, S. 95, Gewissen (2. Auflage; [[Imprimatur]] N. 4-18/60 Monasterii, die 2. Februarii 1960, Böggering Vicarius Eppi Generalis).</ref>
  
Der Schuldspruch des schlechten Gewissens bleibt ein Unterpfand der [[Hoffnung]] und des Erbarmens. Indem er die begangene [[Verfehlung]] bezeugt, mahnt er, um Vergebung zu bitten, das Gute doch noch auszuführen und mit Hilfe der Gnade Gottes die Tugend unablässig zu pflegen
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Wenn der Mensch auf das Gewissen hört, kann der kluge Mensch die Stimme Gottes, der zu ihm spricht, vernehmen. Denn der Mensch hat ein Gesetz, das von [[Gott]] seinem Herzen eingeschrieben ist, dem zu gehorchen seine Würde ist. Das Gewissen ist der verborgenste Kern und das Heiligtum des Menschen, in dem er allein ist mit Gott, dessen Stimme in seinem Innersten widerhallt“ ([[GS]] 16). Das Gewissen ist „ein Gesetz des Geistes“ und ist darüber hinaus „eine unmittelbare Einsprechung“, die „auch den Begriff der Verantwortlichkeit, der Pflicht, einer Drohung und einer Verheißung“ in sich schließt. Es ist ein Bote dessen, der sowohl in der Natur als auch in der Gnade hinter einem Schleier zu uns spricht und uns durch seine Stellvertreter lehrt und regiert ([[KKK]] 1778).
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==Verantwortlichkeit==
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Maßgeblich für die sittliche Verantwortlichkeit bezüglich einer Handlung ist das Urteil des Gewissens im Augenblick der Tat, nicht eine spätere Einsicht. Einem unüberwindlich irrtümlichen Gewissen darf der Mensch folgen, wenn es ihm etwas als sittlich erlaubt hinstellt, und muss ihm folgen, wenn es ihm etwas als geboten oder verboten erklärt. Solange einer ernstlich zweifelt, ob etwas sittlich erlaubt ist oder nicht, darf er es nicht tun, es sei denn, er habe ein ängstliches oder skrupulöses Gewissen, das aus nichtigen Gründen etwas für unerlaubt hält. Ein solches Gewissen ist das Gegenteil von einem laxen Gewissen, das sich ohne hinreichende Gründe einredet, etwas sei, jedenfalls unter den gegebenen Umständen, erlaubt. Wenn ein wirklicher Zweifel bezüglich einer sittlichen Verpflichtung besteht, etwas zu tun oder zu lassen, brauchen die Gründe gegen die Verpflichtung nicht sicher zu sein, um sich mit Sicherheit sagen zu können, dass die Verpflichung jedenfalls in diesem Falle nicht besteht, aber sie müssen wenigstens wirklich wahrscheinlich sein (Probabilismus).<ref>Brinkmann: Katholisches Hand[[lexikon]], S. 95.</ref>
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==Gewissensbisse==
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Der Schuldspruch des schlechten Gewissens bleibt ein Unterpfand der [[Hoffnung]] und des Erbarmens. Indem er die begangene [[Verfehlung]] bezeugt, mahnt er, um Vergebung zu bitten, das Gute doch noch auszuführen und mit Hilfe der Gnade Gottes die Tugend unablässig zu pflegen.
  
 
== Das Gesetz und das Gewissen ==
 
== Das Gesetz und das Gewissen ==
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* 1997 [[Katechismus der Katholischen Kirche]], Nr. 1776-1802 (Hauptquelle des Artikels)
 
* 1997 [[Katechismus der Katholischen Kirche]], Nr. 1776-1802 (Hauptquelle des Artikels)
 
* 6. August 1993 Enzyklika [[Veritatis splendor]] über einige grundlegende Fragen der kirchlichen Morallehre, Nr. 32, 54-61.
 
* 6. August 1993 Enzyklika [[Veritatis splendor]] über einige grundlegende Fragen der kirchlichen Morallehre, Nr. 32, 54-61.
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'''siehe:''' [[Situationsethik]]
  
 
==Weblinks==
 
==Weblinks==
 
* [http://jobo72.wordpress.com/2013/03/05/das-gewissen/ Vortrag zum Gewissen aus katholischer Perspektive] von [[Josef Bordat]] am 5. März 2013
 
* [http://jobo72.wordpress.com/2013/03/05/das-gewissen/ Vortrag zum Gewissen aus katholischer Perspektive] von [[Josef Bordat]] am 5. März 2013
 
*[http://www.kath.net/news/45544 Gewissen und Glaube, untrennbare Geschwister] [[Kath.net]] am 9. April 2014 von [[Andreas Laun]]
 
*[http://www.kath.net/news/45544 Gewissen und Glaube, untrennbare Geschwister] [[Kath.net]] am 9. April 2014 von [[Andreas Laun]]
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== Anmerkungen ==
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[[Kategorie: Allgemeine Ethik]]
 
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[[Kategorie: Moraltheologie]]
 
[[Kategorie: Moraltheologie]]
 
[[Kategorie: Buße]]
 
[[Kategorie: Buße]]

Version vom 30. April 2016, 20:49 Uhr

Das Gewissen ist das unmittelbare praktische Urteil der Vernunft, das in einer konkreten Situation erkennt, was gut oder böse ist, was man tun oder lassen soll. Es ist als solches die letzte subjektive Richtschnur für das Handeln des Menschen. Wenn es nicht verbildet ist, entspricht es der objektiven sittlichen Ordnung.<ref>vgl. Bernhard Brinkmann: Katholisches Handlexikon, Butzon & Bercker Verlag Kevelaer 1960, S. 95, Gewissen (2. Auflage; Imprimatur N. 4-18/60 Monasterii, die 2. Februarii 1960, Böggering Vicarius Eppi Generalis).</ref>

Wenn der Mensch auf das Gewissen hört, kann der kluge Mensch die Stimme Gottes, der zu ihm spricht, vernehmen. Denn der Mensch hat ein Gesetz, das von Gott seinem Herzen eingeschrieben ist, dem zu gehorchen seine Würde ist. Das Gewissen ist der verborgenste Kern und das Heiligtum des Menschen, in dem er allein ist mit Gott, dessen Stimme in seinem Innersten widerhallt“ (GS 16). Das Gewissen ist „ein Gesetz des Geistes“ und ist darüber hinaus „eine unmittelbare Einsprechung“, die „auch den Begriff der Verantwortlichkeit, der Pflicht, einer Drohung und einer Verheißung“ in sich schließt. Es ist ein Bote dessen, der sowohl in der Natur als auch in der Gnade hinter einem Schleier zu uns spricht und uns durch seine Stellvertreter lehrt und regiert (KKK 1778).

Verantwortlichkeit

Maßgeblich für die sittliche Verantwortlichkeit bezüglich einer Handlung ist das Urteil des Gewissens im Augenblick der Tat, nicht eine spätere Einsicht. Einem unüberwindlich irrtümlichen Gewissen darf der Mensch folgen, wenn es ihm etwas als sittlich erlaubt hinstellt, und muss ihm folgen, wenn es ihm etwas als geboten oder verboten erklärt. Solange einer ernstlich zweifelt, ob etwas sittlich erlaubt ist oder nicht, darf er es nicht tun, es sei denn, er habe ein ängstliches oder skrupulöses Gewissen, das aus nichtigen Gründen etwas für unerlaubt hält. Ein solches Gewissen ist das Gegenteil von einem laxen Gewissen, das sich ohne hinreichende Gründe einredet, etwas sei, jedenfalls unter den gegebenen Umständen, erlaubt. Wenn ein wirklicher Zweifel bezüglich einer sittlichen Verpflichtung besteht, etwas zu tun oder zu lassen, brauchen die Gründe gegen die Verpflichtung nicht sicher zu sein, um sich mit Sicherheit sagen zu können, dass die Verpflichung jedenfalls in diesem Falle nicht besteht, aber sie müssen wenigstens wirklich wahrscheinlich sein (Probabilismus).<ref>Brinkmann: Katholisches Handlexikon, S. 95.</ref>

Gewissensbisse

Der Schuldspruch des schlechten Gewissens bleibt ein Unterpfand der Hoffnung und des Erbarmens. Indem er die begangene Verfehlung bezeugt, mahnt er, um Vergebung zu bitten, das Gute doch noch auszuführen und mit Hilfe der Gnade Gottes die Tugend unablässig zu pflegen.

Das Gesetz und das Gewissen

Durch das Gewissensurteil vernimmt und erkennt der Mensch die Anordnungen des natürlichen Sittengesetzes. Dieses drückt die ersten, wesentlichen Gebote aus, die das sittliche Leben regeln. Es ist das vornehmste von allen, das in die Herzen der einzelnen Menschen durch den Schöpfer geschrieben und eingemeißelt ist, weil es selbst die menschliche Vernunft ist, die recht zu handeln befiehlt und zu sündigen verbietet. Diese Vorschrift der menschlichen Vernunft kann aber nur dann die Kraft eines Gesetzes haben, wenn sie die Stimme und Auslegerin einer höheren Vernunft ist, der unser Geist und unsere Freiheit unterworfen sein müssen.

Zwang und Gewissen

Der Mensch darf nicht gezwungen werden, gegen sein Gewissen zu handeln, und man darf ihn - innerhalb der Grenzen des Gemeinwohls - auch nicht daran hindern, in Übereinstimmung mit seinem Gewissen zu handeln, vor allem im Bereich der Religion (Religionsfreiheit).

Die Gewissensbildung

Das richtige und wahrhaftige Gewissen muss geformt und das sittliche Urteil erhellt werden. Es wird durch die Erziehung und durch die Aneignung des Wortes Gottes und der Lehre der Kirche gebildet. Für uns Menschen, die schlechten Einflüssen unterworfen und stets versucht sind, dem eigenen Urteil den Vorzug zu geben und die Lehren der kirchlichen Autorität zurückzuweisen, ist die Gewissenserziehung unerlässlich. Dazu gehört die Wahrnehmung der Moralprinzipien, ihre Anwendung durch eine Beurteilung der Gründe und der Güter unter den gegebenen Umständen, und schließlich das Urteil über die auszuführenden oder bereits durchgeführten konkreten Handlungen. Das Gewissen wird durch die Gaben des Heiligen Geistes unterstützt und durch die Ratschläge weiser Menschen orientiert. Darüber hinaus sind das Gebet und die Gewissenerforschung für die sittliche Bildung von großem Nutzen.

Die Erziehung des Gewissens ist eine lebenslange Aufgabe. Schon in den ersten Jahren leitet sie das Kind dazu an, das durch das Gewissen wahrgenommene innere Gesetz zu erkennen und zu erfüllen. Eine umsichtige Erziehung regt zu tugendhaftem Verhalten an. Sie bewahrt oder befreit vor Furcht, Selbstsucht und Stolz, falschen Schuldgefühlen und Regungen der Selbstgefälligkeit, die durch menschliche Schwäche und Fehlerhaftigkeit entstehen können. Gewissenserziehung gewährleistet die Freiheit und führt zum Frieden des Herzens.

Es gibt drei allgemeine Regeln, um sich ein Gewissensurteil zu bilden:

  1. Es ist nie erlaubt, Böses zu tun, damit daraus etwas Gutes hervorgehe.
  2. Die sogenannte goldene Regel: „Alles, was ihr von anderen erwartet, das tut auch ihnen“ (Mt 7, 12).
  3. Die christliche Liebe achtet immer den Nächsten und sein Gewissen; dies bedeutet freilich nicht, dass etwas als gut angenommen wird, was objektiv schlecht ist.

Das kluge Urteil des Gewissens anerkennt praktisch und konkret die Wahrheit über das sittlich Gute, die im Gesetz der Vernunft ausgedrückt ist. Als klug bezeichnet man den Menschen, der sich diesem Urteil gemäß entscheidet.

Um die Stimme des Gewissens vernehmen und ihr folgen zu können, muss man in sich gehen. Dieses Streben nach Innerlichkeit ist umso nötiger, als das Leben uns oft in Gefahr bringt, jegliche Überlegung, Selbstprüfung und Selbstbesinnnung zu unterlassen.

Sinnvoll ist hierbei die Benutzung des Gewissensspiegels und die Kenntnis der Formeln der katholischen Lehre.

Das irrende Gewissen

Dem sicheren Urteil seines Gewissens muss der Mensch stets Folge leisten. Würde er bewusst dagegen handeln, so verurteilte er sich selbst. Es kann jedoch vorkommen, dass das Gewissen über Handlungen, die jemand plant oder bereits ausgeführt hat, aus Unwissenheit Fehlurteile fällt.

An dieser Unkenntnis ist der betreffende Mensch oft selbst schuld, z. B. dann, wenn er „sich zuwenig darum müht, nach dem Wahren und Guten zu suchen, und das Gewissen aufgrund der Gewöhnung an die Sünde allmählich fast blind wird“ (GS 16). In diesem Fall ist er für das Böse, das er tut, verantwortlich.

Unkenntnis über Christus und sein Evangelium, schlechte Beispiele anderer Leute, Verstrickung in Leidenschaften, Anspruch auf eine falsch verstandene Gewissensautonomie, Zurückweisung der Autorität der Kirche und ihrer Lehre, Mangel an Umdenkungswillen und christlicher Liebe können der Grund für Fehlurteile im sittlichen Verhalten sein.

Wenn hingegen die Unkenntnis unüberwindlich oder der Betreffende für das Fehlurteil nicht verantwortlich ist, kann ihm seine böse Tat nicht zur Last gelegt werden. Trotzdem bleibt sie ein Mangel, eine Unordnung. Aus diesem Grund müssen wir uns bemühen, Irrtümer des Gewissens zu beheben.

„Je mehr also das rechte Gewissen sich durchsetzt, desto mehr lassen die Personen und Gruppen von der blinden Willkür ab und suchen sich nach den objektiven Normen der Sittlichkeit zu richten“ (GS 16).

Zitate

  • Die Würde der menschlichen Person verlangt, dass das Gewissen richtig urteilt (das heißt, dass es mit dem übereinstimmt, was gemäß der Vernunft und dem göttlichen Gesetz gerecht und gut ist). (aus KKKK 373)

Literatur

  • Josef Bordat: "Das Gewissen. Ein katholischer Standpunkt". Lepanto Verlag 2013 (TB; ISBN: 978-3942605076).
  • Josef Beeking: Gewissen und Gewissenhaftigkeit : Ein Büchlein von der sittlichen Verantwortung Felizian Rauch Verlag Innsbruck 1937 (18 Seiten).
  • Franz Joseph Grüner: Seelenfriede, Anleitung zur Lösung von Gewissenszweifeln nebst Meß-, Beicht-, Kommunion-Andachten usw., Pfeiffer Verlag München 1928 (19.-20. Auflage; 222 Seiten).
  • Victor Marchal: Das Gewissen wie es sein soll, Pustet Verlag Regensburg 1869 (499 Seiten).

Päpstliche Schreiben

Pius XII.

Paul VI.

Johannes Paul II.

siehe: Situationsethik

Weblinks

Anmerkungen

<references />