Exerzitien

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Version vom 21. September 2007, 21:05 Uhr von Oswald (Diskussion | Beiträge) (Exerzitienhaus: Wortbeifügung)
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Exerzitien oder geistliche Übungen sind eine vom heiligen Ignatius eingeführte Methode, sich für eine bestimmte Zeit in die Einsamkeit zurückzuziehen. In Exerzitienhäusern wird nach vorgezeichnetem Gedankengang unter der Anleitung eines Exerzitienmeisters die Tage begangen. Es wird über den Sinn des Lebens, über das Vollkommenheitsstreben, jedoch vor allem über des Leben Christi betrachtet. Der Übende soll dabei Klarheit über seinen Beruf und seine Lebensaufgabe erhalten und die entsprechenden Mittel dazu wählen. Ignatius dachte in seinem Exerzitienbuch an einen Monat (die großen Exerzitien), während die Zeit heute meistens auf acht oder drei Tage zusammengezogen werden.

Entstehung des Exerzitienbuches

Bei der heldenmütigen Verteidigung der Grenzfeste Pamplona gegen die Franzosen war Don Iñigo von Loyola, Offizier der spanischen Truppen, am 20. Mai 1521 schwer verwundet worden. Eine Kugel hatte ihm das rechte Bein zerschmettert. Man brachte den Verwundeten in einer Sänfte in sein Heimatschloss Loyola. Längere Zeit schwebte der früher so lebensfrohe Ritter, erst 26jährig (nach andern Angaben 30jährig), zwischen Leben und Tod. Als er wieder auf dem Wege der Besserung war, verlangte er, um die Langeweile des Krankenlagers zu vertreiben, nach Ritterromanen, deren abenteuerliche Gestalten seinen Sinn so oft bestrickt hatten. Da man aber solche nicht zur Hand hatte, gab man ihm dafür zwei andere Bücher: eine Heiligenlegende und das Leben Christi (Thomas von Kempen, Die Nachfolge Christi). Iñigo nahm sie, wenn auch anfangs mit Widerstreben, und las darin. Nun tat sich plötzlich eine ganz neue Welt vor ihm auf. Die Heiligen mit ihren heroischen Taten und Tugenden standen vor seinem Auge und luden ihn zur Nachahmung ein. Daneben erschienen aber zeitweise wieder die alten Gestalten der Ritterromane, Bilder von Reichtum und Ruhm, von Minne und Waffen. Während aber die Lektüre der Heiligenlegende in seinem Herzen Friede und Ruhe hinterließ, folgten auf die Weltbilder Ekel und Widerwillen, und es ging ihm jetzt in voller Klarheit der Unterschied zwischen Weltdienst und Gottesdienst auf. Er entschied sich endgültig für den Gottesdienst. Hier wollte er Großes leisten, es selbst den Heiligen zuvortun.

So verließ er denn im Frühjahr 1522 Elternschloss und Heimat, um höheren Waffendienst in der Gefolgschaft Christi zu suchen. Im Heiligtum auf dem Montserrat in Katalonien, wo er vom 21. bis 25. März weilte, schloss er durch eine Generalbeichte bei dem heiligmäßigen P. Chanones O.S.B. mit seinem Weltleben ab, verschenkte einem Armen seine reichen Kleider und hielt vor dem Fest Mariä Verkündigung Nachtwache beim Gnadenbild. Von Chanones erhielt er das im Jahr 1500 in der Abtei gedruckte Exerzitienbuch (Ejercitatorio de la vida espiritual) des Reformabtes Garcia de Cisneros (1455-1510). Dann zog er weiter gegen Barcelona hin, um von dort eine Wallfahrt in das Heilige Land anzutreten. Die Pest versperrte ihm vorläufig den Weg, und er sah sich gezwungen, fast ein volles Jahr (März 1522 bis Februar 1523) in der kleinen Stadt Manresa zuzubringen. In dieser Zeit ward der neue Streiter Christi zum starken Ritter geschult. Äußerlich und innerlich war das Leben zu Manresa ein Leben unablässigen Betens und Ringens: Gebet bei Tag und Nacht, harte Wachen und Fasten und andere schwere Bußübungen, in der Seele steter Wechsel von Trost und Trostlosigkeit, Freude und Trauer, Friede und Unruhe. Als einst die Gewissensängste auf das höchste gestiegen waren und ihn zur Verzweiflung treiben wollten, da kam ihm das Andenken an die Erfahrungen, die er auf dem Krankenlager zu Loyola gemacht: alles, was die fromme Seele beunruhigt und quält, kommt vom Bösen her. Wie aus einem langen, tiefen Schlaf erwachend, war Iñigo plötzlich von seinen qualvollen Skrupeln und Ängsten befreit, und die Ruhe kehrte wieder in sein Inneres ein. Was Ignatius in den Tagen seiner Krankheit zu Loyola, in den Übungen und Seelenkämpfen auf dem Montserrat und in Manresa innerlich erlebte, das schrieb er - sich und andern gottliebenden Seelen zum Nutzen - in Manresa nieder. Das Aufgezeichnete bildet den Grundstock und den Hauptbestandteil der „Geistlichen Übungen". Einige Zusätze fügte Ignatius dann noch im Lauf der nächsten Jahre bei. Der Titel war ihm nahegelegt durch das oben erwähnte Buch des Abtes Garcia de Cisneros. Der Ausdruck war im Mittelalter weit verbreitet, allerdings mehr für die täglich wiederkehrenden Übungen der Frömmigkeit. Schon Cisneros schränkt ihn auf eine bestimmte Zeit und einen bestimmten Zweck ein. Das Wesentliche, die „Methode" des geistlichen Lebens, hatte sich im Mittelalter langsam entwickelt, als Reaktion gegen die mit der Renaissance verbundene Verweltlichung: Konzentration als Mittel gegen die Diszentration. Die Fraterherren und die Windesheimer Chorherren haben sie besonders gepflegt in ihrer „Devotio moderna", sie sogar durch Mombaer in seinem Rosetum spirituale überspitzt. Von ihnen kam sie zu Cisneros und durch dessen Buch zu Ignatius, der ihr eine bleibende und bis heute sich bewährende Form gegeben hat. So sind Erfahrungen der Vergangenheit, persönliches aszetisches Erleben und mystische Tiefenschau die Quellen des Exerzitienbuches geworden.

Man kann daher das Werden der Exerzitien in vier Teile zerlegen und darf es nicht auf den Aufenthalt in Manresa beschränken. Wenigstens der Entwurf für das zentrale Erlebnis, die Wahl, geht auf die Zeit der Krankheit in Loyola zurück. Hier lernte Ignatius zuerst die Geister unterscheiden, die auf ihn einwirkten, und so richtig wählen. Hier hatte er die Christusbegegnung gehabt, die die Betrachtungen von Christkönig und den zwei Bannern wiedergeben, im Anschluss an die Lesung von Vagads Einleitung zum Flos Sanctorum. Hier traf er schon die Wahl, ähnlich wie Sankt Onufrius in der gleichen Legende. - Auf dem Montserrat spielte sich, nachdem die Heiligenlegende Iñigo zum Ablegen der vornehmen Gewänder und zum Anlegen des Bettelsackes, Ludolf zur Wallfahrt nach Jerusalem, Amadis zur Nachtwache vor dem Gnadenbild der himmlischen Frau angeregt hatte, die zweite Phase ab: die erste Woche der Exerzitien mit ernsten Sündenbetrachtungen, Gewissenserforschung, Generalbeichte und heiliger Kommunion, wie P. Chanones sie an Hand des Exercitatorium vorlegte. - So wird Manresa erst der dritte Abschnitt der Exerzitien. In ihm hat Ignatius, vermutlich angeregt durch Cisneros und an Hand der eigenen Exzerpte aus Varazze und Ludolf, das ganze Leben Jesu durchbetrachtet und mit dem Übergang ins neue Leben, der Betrachtung über die Liebe, abgeschlossen. Zugleich vertieften sich seine religiösen Erfahrungen, sowohl durch die schweren inneren Kämpfe, die ihn an den Rand der Verzweiflung brachten, wie durch die Entrückung am Ufer des Cardoner und andere mystische Gnaden, die, zumal bei der Niederschrift, eine besondere Hilfe des Himmels wahrscheinlich machen. Gott selbst nimmt den einstigen Ritter und Kriegsmann in die Schule, so dass er meint, bisher in geistlichen Dingen ganz unwissend gewesen zu sein. Auch wenn Ignatius Manresa seine Urkirche nennt, bringt er gerade dadurch das Pneumatische, Mystische seiner Erfahrungen zum Ausdruck, demgegenüber alles Frühere zurücktritt. Doch bleibt auch die Möglichkeit offen, dass Ignatius in Manresa die Übungen nochmals ganz von vorn begonnen hat. - Nach Manresa setzt die vierte Phase ein, nicht mehr zwar der Exerzitien, aber des Exerzitienbuches, die sich bis zum Jahr 1541 erstreckt. Größere Zusätze aus dieser Zeit sind die Regeln der kirchlichen Gesinnung und der Almosenverteilung, vermutlich auch die Betrachtung der drei Klassen und die genaue Zusammenstellung der Geheimnisse aus dem Leben Jesu. Im übrigen bringt Ignatius nur kleinere Veränderungen an, mit denen die ersten Gefährten noch ums Jahr 1540 rechnen.

Stellungnahmen von Päpsten zum Exerzitienbuch des heiligen Ignatius

  • Papst Pius XII., sagt in der Ansprache an katholische Jungmänner am 2.12.1941:

Wie ohne dauernde leibliche Anstrengung nicht die natürlichen Kräfte wachsen, so ohne dauernde geistige Arbeit auch nicht die übernatürliche Festigkeit und Standhaftigkeit. Deshalb ist auch das Exerzitienbüchlein des heiligen Ignatius, das uns Anregungen und Normen zu einem christlichen Leben gibt, so wertvoll.

  • Papst Pius XI., sagt

A) im Apostolisches Schreiben „MEDITANTIBUS NOBIS“ zum dreihundertsten Jubiläum der Kanonisation des heiligen Ignatius und des heiligen Franz Xaver vom 2.12.1922: ... die „Geistlichen Übungen“, die Ignatius nach der Überlieferung vom Himmel selbst bekommen hat.

B) im Apostolischen Schreiben „SUMMORUM PONTIFICIUM“ wird der heilige Ignatius zum himmlischen Patron aller geistlichen Übungen sowie der Anstalten, Sodalitäten und Vereinigungen jeder Art, die sich derjenigen annehmen, die die geistlichen Übungen machen wollen am 25.7.1922 ernannt.

C) und gibt das Rundschreiben „MENS NOSTRA" über die geistlichen Exerzitien vom 20.12.1929.

  • Papst Paul III. bestätigte am 31. Juli 1548 zwei Übersetzungen des Exerzitienbuches unter großen Lobeserhebungen durch das Breve „PASTORALIS OFFICII“.

Es folgten noch manche andere anerkennende und empfehlende Worte von Päpsten, bis in unsere Zeit, in der die Vorschrift der Exerzitien für Kleriker und Ordensleute im kirchlichen Rechtsbuch verankert ist:

  • Papst Benedikt XV.: CIC 1917: cc. 126, 465, 541, 571, 595, 1001, 1367;
  • Papst Johannes Paul II.: CIC 1983: cc. 246 § 5, 719 § 1, 770, 1039.

Literatur

Ignatius von Loyola, Geistliche Übungen, Nach der Übersetzung des spanischen Urtextes von Alfred Feder S.J., Neu herausgegeben von Emmanuel Raitz v. Frentz S. J., Verlag Herder Freiburg 1957 (13. Auflage; Imprimatur Freiburg im Breisgau, 20. November 1951 Burger, Generalvikar.

Exerzitienhaus

  • Immaculata-Schwestern, Kloster Schloss Brandenburg, D-89165 Dietenheim, Iller, Telefon 07347 / 9550.