Eucharistiefeiern konfessionsverschiedener Christen (Wortlaut)

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Erklärung

Sekretariat für die Einheit der Christen
im Pontifikat von Papst
Paul VI.
zur Stellung der Katholischen Kirche in der Frage gemeinsamer Eucharistiefeiern konfessionsverschiedener Christen
7. Januar 1970

Quelle: Kirchliches Amtsblatt für die Erzdiözese Paderborn, Herausgegeben von erzbischöflichen Generalvikariat, 113. Jahrgang (1970), Stück 6, 20.3.1970, S. 40-41, Nr. 72)
Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist


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1 In letzter Zeit wurden in verschiedenen Teilen der Welt Initiativen für eine gemeinsame Teilnahme an der Eucharistiefeier ergriffen, die Gläubige und Klerus der katholischen Kirche und Christen und Pastoren der anderen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften betreffen. Es handelt sich dabei um die Zulassung katholischer Gläubigen zur protestantischen oder anglikanischen eucharistischen Kommunion und um die Teilnahme von Protestanten und Anglikanern an der eucharistischen Kommunion in der katholischen Kirche. Ebenso wird die Eucharistie gemeinsam gefeiert von Geistlichen, die verschiedenen, unter sich noch getrennten, Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften angehören, wobei die Gläubigen dieser Gemeinschaften daran teilnehmen. In dieser Sache von großer theologischer, pastoraler und vor allem ökumenischer Wichtigkeit wollen wir an die Normen erinnern, die kürzlich von der Kirche erlassen worden sind.

2 Das Zweite Vatikanische Konzil hat sich darüber im Ökumenedekret Unitatis Redintegratio ausgesprochen. Nachdem das Dekret daran erinnert hat, dass das gemeinsame Gebet für die Einheit ein wirksames Mittel ist, um die Gnade der Einheit zu erflehen und einen echten Ausdruck der Bande darstellt, durch die die Katholiken mit den anderen Christen verbunden bleiben, fährt es fort:

"Man darf jedoch die Gemeinschaft beim Gottesdienst (communicatio in sacris) nicht als ein allgemein und ohne Unterscheidung gültiges Mittel zur Wiederherstellung der Einheit der Christen ansehen. Hier sind hauptsächlich zwei Prinzipien maßgebend: die Bezeugung der Einheit der Kirche und die Teilnahme an den Mitteln der Gnade. Die Bezeugung der Einheit verbietet in den meisten Fällen die Gottesdienstgemeinschaft, die Sorge um die Gnade empfiehlt sie indessen in manchen Fällen. Wie man sich hier konkret zu verhalten hat, soll unter Berücksichtigung aller Umstände der Zeit, des Ortes und der Personen die örtliche bischöfliche Autorität in klugem Ermessen entscheiden, soweit nicht etwas anderes von der Bischofskonferenz nach Maßgabe ihrer eigenen Statuten oder vom Heiligen Stuhl bestimmt ist" (Unitatis Redintegratio, 8).

3 In der Anwendung dieser allgemeinen Prinzipien lädt das Konzil uns ein, die besondere Stellung der Kirchen des Ostens zu beachten (cf. Unitatis redintegratio, 14) und daraus die notwendigen Konsequenzen zu ziehen:

"Da nun diese Kirchen trotz ihrer Trennung wahre Sakramente besitzen, vor allem aber in der Kraft der apostolischen Sukzession das Priestertum und die Eucharistie, wodurch sie in ganz enger Verwandtschaft bis heute mit uns verbunden sind, so ist eine gewisse Gottesdienstgemeinschaft (communicatio in sacris) unter gegebenen geeigneten Umständen mit Billigung der kirchlichen Autorität nicht nur möglich, sondern auch ratsam" (Unitatis redintegratio, 15).

Das Dekret über die katholisd1en Ostkirchen, Orientalium Ecclesiarum, gibt nähere Erklärungen und gestattet den mit dem apostolischen Stuhl in Rom nicht in voller Gemeinschaft lebenden Orientalen, die die gestellten Bedingungen erfüllen, den Empfang des Bußsakramentes, der Eucharistie und der Krankensalbung. Es erlaubt ebenso den Katholiken dieselben Sakramente von orientalischen Priestern zu verlangen, sooft die Notwendigkeit oder wirklicher geistlicher Nutzen es verlangen und ein katholischer Priester physisch oder moralisch nicht erreichbar ist. Es empfiehlt außerdem Kontakte in dieser Angelegenheit zwischen den Autoritäten der in Frage stehenden Kirchen (cf. Orientalium Ecc/esiarum, 27, 29).

4 Im Teil des Ökumenedekretes (Unitatis Redintegratio), der von den "getrennten Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften des Westens" handelt und der sehr verschiedene christliche Konfessionen umfasst, behandelt das Konzil das den sakramentalen eucharistischen Beziehungen mit jenen Gemeinschaften zugrundeliegende theologische Problem, in den sich nicht die gleichen Gegebenheiten finden, wie in den Kirchen des Ostens:

"Obgleich bei den von uns getrennten kirchlichen Gemeinschaften die aus der Taufe hervorgehende volle Einheit mit uns fehlt und obgleich sie nach unserem Glauben vor allem wegen des Fehlens des Weihesakramentes die ursprüngliche und vollständige Wirklichkeit (substantia) des eucharistischen Mysteriums nicht bewahrt haben, bekennen sie doch bei der Gedächtnisfeier des Todes und der Auferstehung des Herrn im Heiligen Abendmahle, dass hier die lebendige Gemeinschaft mit Christus bezeichnet werde, und sie erwarten seine glorreiche Wiederkunft. Deshalb sind die Lehre vom Abendmahl des Herrn, von den übrigen Sakramenten, von der Liturgie und von den Dienstämtern der Kirche notwendig Gegenstand des Dialogs" (Unitatis Redintegratio,22).

Es ist zu beachten, dass die Wertschätzung der Eucharistielehre dieser Gemeinschaften verbunden ist mit einem Appell zu einem Dialog über die Eucharistie und das ganze sakramentale Leben, insbesondere über das Amt in der Kirche. Für die katholische Kirche ist nämlich die traditionelle Lehre von der Notwendigkeit und den Existenzbedingungen des in der apostolischen Sukzession stehenden Amtspriestertums von entscheidender Bedeutung.

5 Die Bestimmungen des Zweiten Vatikanischen Konzils wurden in dem vom Heiligen Vater am 27. April 1967 approbierten und in den A. A. S. am 5. Juli desselben Jahres veröffentlichten Ökumenischen Direktorium ausgeführt.

Was die eucharistischen Beziehungen zu den mit dem Apostolischen Stuhl in Rom nicht in voller Gemeinschaft lebenden Orientalen betrifft, gibt das Direktorium die vom Konzil aufgestellten Prinzipien wieder, mit einigen näheren Angaben besonders über die Gegenseitigkeit und die vorherige Absprache zwischen den kirchlichen Obrigkeiten der betreffenden Kirchen (Ökumenisches Direktorium, 39-47).

6 Das Direktorium geht mehr in die Einzelheiten ein, wenn es von den christlichen Gemeinschaften handelt, mit denen uns nicht dasselbe ekklesiologische und sakramentale Fundament verbindet wie mit den Kirchen des Ostens. Nach einer lehrmäßigen Begründung werden diese Normen folgendermaßen formuliert:

"Die Feier der Sakramente ist eine heilige Handlung der feiernden Gemeinschaft, die in der Gemeinschaft selbst vollzogen wird, und deren Einheit im Glauben, Gottesdienst und leben zum Ausdruck bringt. Wo diese Einheit des Glaubens bezüglich der Sakramente fehlt, soll die Mitfeier der getrennten Brüder mit den Katholiken, besonders bei den Sakramenten des Altares, der Buße und der Krankensalbung, untersagt sein. Weil aber die Sakramente sowohl Zeichen der Einheit wie auch Quellen der Gnade sind (cf. Unitatis Redintegratio, 8), kann die Kirche wegen ausreichender Gründe den Zutritt zu diesen Sakramenten einem getrennten Bruder gestatten. Dieser Zutritt kann erlaubt sein bei Todesgefahr oder in schwerer Not (Verfolgung, Gefängnis), wenn der getrennte Bruder einen Amtsträger seiner Gemeinschaft nicht aufsuchen kann und aus eigenem Antrieb vom katholischen Priester die Sakramente verlangt, sofern er nur im Hinblick auf diese Sakramente seinen Glauben im Einklang mit dem Glauben der katholischen Kirche zum Ausdruck bringt und in der rechten inneren Verfassung ist. In anderen ähnlich dringenden Notfällen soll der Ortsoberhirte oder die Bischofskonferenz entscheiden.

Ein Katholik aber, der sich in derselben Lage befindet, darf diese Sakramente nur von einem Amtsträger, der die Priesterweihe gültig empfangen hat, verlangen" (Ökumenisches Direktorium, 55).

7 Seine Eminenz Kardinal Bea, Präsident des Sekretariates für die Einheit der Christen, kommentierte einen Monat vor seinem Tod diesen Abschnitt des Direktoriums und stellte dabei den genauen Sinn ins Licht:

"Diese Texte bestimmen genau die Bedingungen, die erfüllt sein müssen, damit ein Anglikaner oder ein Protestant in der katholischen Kirche die Eucharistie empfangen kann. Es genügt also nicht, dass einer dieser Christen die notwendige geistliche Verfassung hat und aus eigenem Antrieb um die Kommunion beim katholischen Amtsträger bittet, sondern es müssen noch zwei andere Bedingungen gegeben sein: nämlich dass er hinsichtlich der Eucharistie den gleichen Glauben hat wie die katholische Kirche und dass es ihm unmöglich ist, einen Amtsträger seiner eigenen Gemeinschaft zu erreichen.

Das Direktorium zitiert als Beispiel drei Notfälle, in denen diese Bedingungen zutreffen können: Todesgefahr, Verfolgung, Gefängnis. In den anderen Fällen können die Ortsordinarien oder die Bischofskonferenz die Erlaubnis geben, sofern um eine solche angefragt wird, aber immer unter der Bedingung, dass es sich um dringende, ähnlich der als Beispiel zitierten, Notfälle handelt und dabei die gleichen Bedingungen gegeben sind.

Wenn eine dieser Bedingungen fehlt, ist die Zulassung zur eucharistischen Kommunion in der katholischen Kirche nicht möglich" (Nota zur Anwendung des Ökumenischen Direktoriums, veröffentlicht im Osservatore Romano vom 6. Oktober 1968).

8 Hinsichtlich der Bedeutung des Direktoriums für die Seelsorgsarbeit der Kirche scheint es uns angezeigt, an die Worte des Heiligen Vaters zu erinnern, die er am 13. November 1968 bei der Audienz zu den Mitgliedern des Sekretariates für die Einheit der Christen gesprochen hat:

"Wir brauchen euch nicht zu sagen, dass es zur wirksamen Förderung des Ökumenismus einer Leitung bedarf, dass seine Verwirklichung die Einhaltung exakter Normen erfordert. Nach unserer Auffassung ist das Direktorium keine Sammlung von Ratschlägen, die man annehmen oder auch ignorieren kann, sondern es ist eine echte Instruktion, eine Darlegung der Ordnung, die jene beobachten müssen, welche dem Ökumenismus wirklich dienen wollen" (Osservatore Romano, 14. November 1968).

9 Das Sekretariat für die Einheit der Christen verfolgt dieses Problem sehr genau. Es hat in diesem Bereich verschiedene Initiativen unternommen. Im Verlauf der letzten vom 18.-28. November 1969 stattgefundenen Plenarsitzung (Congregatio plenaria, an der 40 Bischöfe der ganzen Welt teilnehmen), wurde dieser Frage große Aufmerksamkeit geschenkt. Auch stellt das Sekretariat mit Freuden fest, dass überall in der Welt Arbeiten im Gange sind, um die Theologie der Kirche, des Amtes und der Eucharistie, als Sakrament und als Opfer, zu vertiefen und im historischen Zusammenhang der Trennungen der Christen zu sehen. Mit Interesse und Nutzen nimmt es Kenntnis von den Bemühungen, die gemacht werden, um die Problematik klarer zu erkennen und die Terminologie genauer festzulegen. Es freut sich vor allem, dass auf diesem Gebiet zur Zeit ein Dialog zwischen den Konfessionen stattfindet sowohl auf lokaler als auch auf weltweiter Ebene und gibt der Hoffnung Ausdruck, dass diese Gespräche dazu dienen werden, die Standpunkte einander näherzubringen. Doch stellt es fest, dass diese Gespräche noch nicht zu Resultaten geführt haben, die auf bei den Seiten von den Verantwortlichen der betreffenden Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften angenommen werden können.

Die katholische Kirche sieht daher keinen Grund, gegenwärtig die oben angegebenen Normen des Direktoriums zu ändern. Die darin zum Ausdruck kommende Verhaltensweise beruht auf der Reflexion der Kirche über ihren eigenen Glauben und der Beachtung der seelsorglichen Bedürfnisse des gläubigen Volkes. Bevor ein anderes Verhalten in diesem Bereich der gemeinsamen Eucharistie in Frage kommen kann, müsste mit Sicherheit feststehen, dass eine eventuelle Änderung mit dem Glaubensbekenntnis der Kirche genau übereinstimmt und dem geistlichen leben der Gläubigen zum Nutzen ist.

10 In einigen Tagen beginnt die Gebetswoche für die Einheit, und wir sind uns bewusst, wie sehr der Wunsch nach einer gemeinsamen Eucharistie eine treibende Kraft ist in der Suche nach der vollkommenen kirchlichen Einheit aller Christen, so wie sie Christus gewollt hat. Dieser Sehnsucht kann sehr gut Ausdruck gegeben werden in den Feiern, die in dieser Bittwoche stattfinden werden. Diese Veranstaltungen können nämlich, außer der Lesung und der Betrachtung der Heiligen Schrift, Elemente enthalten, die auf die ersehnte gemeinsame Eucharistie hinweisen: unser Dank für die bereits teilweise verwirklichte Einheit, unser Bedauern über die noch bleibenden Trennungen und unser fester Vorsatz, alles ins Werk zu setzen, um diese zu überwinden, schließlich unsere Bitte an den Herrn, dass der Tag bald kommen möge, an dem wir das Geheimnis des Leibes und Blutes Christi gemeinsam feiern können.

Rom, den 7. Januar 1970
Kardinal Johannes Willebrands
Präsident
Fr. Jeröme Hamer, O. P.
Sekretär

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