Die Eheleute sind Mitwirkende an Gottes Plan

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Ansprache

von Papst
Johannes Paul II.
bei einem Treffen im Studien- und Forschungszentrum für natürliche Empfängnisregelung
an der Katholischen Herz-Jesu-Universität Rom
Die Eheleute sind Mitwirkende an Gottes Plan
14. Dezember 1990

(Quelle: Der Apostolische Stuhl 1990, S, 1237-1239)
Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist


Meine Lieben!

1. Herzlich begrüße ich euch und möchte meinen lebhaften Beifall ausdrücken zu der bedeutsamen Initiative, die das Studien- und Forschungszentrum über natürliche Empfängnisregelung an der Katholischen Herz-Jesu-Universität unternommen hat. Der Kurs, an dem ihr teilnehmt, hat das Ziel, Personen auszubilden, die fähig sind, unter den Familien die natürlichen Methoden bekannt zu machen, die eine wirklich verantwortliche Fortpflanzung ermöglichen, so, wie sie mit der Morallehre vereinbar ist, die beständig vom kirchlichen Lehramt vorgelegt wird. Das Ziel dieser Initiative nennen, genügt schon, um die Bedeutung hervorzuheben, die sie in der Sendung der Kirche zugunsten der Familie hat. Im Apostolischen Schreiben Farniliaris consortio habe ich die Hirten und Gläubigen hingewiesen auf die Dringlichkeit eines "umfassenderen, entschlosseneren und systematischeren" Einsatzes dafür, "dass die natürlichen Methoden der Geburtenregelung bekannt, geschätzt und angewandt werden" (Nr. 35).

2. Die Lehre der Kirche über eine im Leben der Familie und der Gesellschaft so heikle wie dringende Frage wird manchmal missverstanden und, als unangemessen und einseitig dargestellt, angefochten. Man hält sich auf darüber, dass die Empfängnisverhütung als ein moralisch negativer Akt beurteilt wird, der in seinem Kern unehrlich ist; aber selten bemüht man sich, diese Norm "im Lichte einer ganzheitlichen Schau des Menschen und seiner Berufung, seiner natürlichen und irdischen, wie auch seiner übernatürlichen und ewigen Berufung" (Humanae vitae, Nr. 7) zu begreifen. Die tiefe Begründung des Verbots "jeder Handlung ... die Verhinderung der Fortpflanzung zum Ziel oder Mittel zum Ziel setzt" (Humanae vitae, Nr. 14), kann in der Tat nur im Rahmen der Verantwortung für die Liebe und für das Leben verstanden werden. Nur von diesen Werten angeregt, werden die Eheleute es fertigbringen, mit Hilfe der göttlichen Gnade die Schwierigkeiten zu überwinden, die ihnen unvermeidlich begegnen werden, wenn sie in wenig günstigen sozialen Verhältnissen und in einer Umgebung, die von leichtlebiger Genusssucht gezeichnet ist, einem Weg zu folgen suchen, der mit dem Willen des Herrn übereinstimmt. Und auch nur dann, wenn man den christlichen Begriff von der "Verantwortung für die Liebe und das Leben" in seiner Tiefe erfaßt, kann man den "anthropologischen und gleichzeitig moralischen Unterschied ... zwischen der Empfängnisverhütung und dem Rückgriff auf die Zeitwahl" verstehen (Familiaris consortio, Nr. 32).

3. "Verantwortung für die Liebe und für das Leben!" Dieser Ausdruck erinnert uns an die Größe, die die Berufung der Eheleute kennzeichnet, die dazu berufen sind, bewußte und freie Mitarbeiter jenes Gottes zu sein, der die Liebe ist, der aus Liebe erschafft und der zur Liebe ruft. Der Begriff "Verantwortlichkeit" ist also ethisch entscheidend, denn er schließt einerseits die Würde des "Geschenkes" in sich, das man empfängt, und andererseits den Wert der Freiheit, der es anvertraut ist, damit es fruchtbar wird. Je größer das Geschenk, desto höher ist die Verantwortung dessen, der es frei entgegennimmt. Und welches Geschenk ist auf der natürlichen Ebene größer als die Berufung des Mannes und der Frau, eine treue und unauflösliche Liebe zum Ausdruck zu bringen, die für die Weitergabe des Lebens offen ist?

In der ehelichen Liebe und bei der Weitergabe des Lebens darf der Mensch nie seine Würde als Person vergessen, die die Ordnung der Natur auf eine besondere, nicht nur biologische Ebene erhebt. Deshalb lehrt die Kirche, dass die Verantwortung für die Liebe von der Verantwortung für die Weitergabe des Lebens nicht zu trennen ist. Das biologische Phänomen der menschlichen Fortpflanzung weist ja, wie an seinem Anfang die Person steht, so an seinem Ende das Entstehen einer neuen, einzigartigen und unwiederholbaren Person auf, die nach dem Bild und Abbild Gottes gemacht ist. Daraus ergibt sich die Würde des Zeugungsaktes, in welchem die Liebe der Eheleute von Person zu Person ihre Krönung in der neuen Person des Kindes findet. Darum lehrt die Kirche, dass die Offenheit für das Leben in den ehelichen Beziehungen die Echtheit ihrer Liebesbeziehungen schützt und sie vor dem Risiko bewahrt, auf die Ebene eines praktischen Genusses abzusinken.

4. In dieser Verantwortung für die Liebe und für das Leben lädt der Schöpfergott die Eheleute ein, nicht nur passiv Ausführende zu sein, sondern vielmehr "Mitwirkende" und "gleichsam Interpreten" seines Plans (Gaudium et spes, Nr. 50). In der Beachtung der von Gott gegebenen objektiven sittlichen Ordnung sind sie unvertretbar zur Unterscheidung der Zeichen aufgerufen, die Gottes Willen hinsichtlich ihrer Familie erkennen lassen. So wird sich im Hinblick auf die körperlichen, wirtschaftlichen, psychologischen und sozialen Bedingungen verantwortliche Elternschaft ausdrücken können "sowohl in dem abgewogenen und großherzigen Entschluß, eine kinderreiche Familie aufzuziehen, als auch in der aus schwerwiegenden Motiven und unter Beobachtung des Sittengesetzes getroffenen Entscheidung, zeitweise oder auf unbegrenzte Zeit die Geburt weiterer Kinder zu vermeiden" (Humanae vitae, Nr. 10).

Die Wissenschaft macht es heute möglich, mit Sicherheit die Perioden der Fruchtbarkeit und die der Unfruchtbarkeit im Organismus der Frau festzustellen. Diese Erkenntnis können sich die Eheleute zu verschiedenen legitimen Zielen nutzbar machen: nicht nur um den Abstand zwischen den Geburten zu vergrößern oder sie zu begrenzen, sondern auch mit dem Ziel, für die Zeugung die unter jedem Gesichtspunkt günstigen Momente zu wählen, oder auch, um im Fall von Schwierigkeiten Perioden mit besseren Aussichten auf Empfängnis ausfindig zu machen.

5. Bei dieser Anwendung der wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Regelung der Fruchtbarkeit ersetzt die Technik keinesfalls die Aufgabe der Personen, und sie wird auch nicht angewandt, um die Natur der Beziehungen zu manipulieren, wie es demgegenüber der Fall ist bei der Empfängnisverhütung, bei der man bewusst die vereinigende Bedeutung des Geschlechtsaktes von jener der Fortpflanzung trennt. Im Gegenteil muss sich bei der Anwendung der natürlichen Methoden stets die wissenschaftliche Erkenntnis mit der Selbstbeherrschung verbinden, und wenn beide zusammen geübt werden, dann bewirkt das jene Selbstvervollkommnung, die Tugend ist.

Darum kann man sagen, dass die periodische Enthaltsamkeit, die beobachtet wird, um die Fruchtbarkeit auf natürliche Weise zu regeln, vom Menschen eine tiefe Kultur des Herzens und der Liebe verlangt. Sie verlangt die Bereitschaft zum Zuhören, den gegenseitigen Dialog zwischen den Eheleuten, Aufmerksamkeit und Feinfühligkeit für den andern und ständige Selbstbeherrschung: lauter Eigenschaften, die Ausdruck echter Liebe zum Partner sind, so, wie er ist, und nicht, wie man ihn sich wünschen möchte. Die Anwendung der natürlichen Methoden erfordert das persönliche Wachsen der Ehepartner im gemeinsamen Aufbau ihrer Liebe.

Dieses innere Verbundensein von Kenntnis und sittlicher Tugend bildet das spezifische Element und das sittlich Unterscheidende bei der Anwendung der natürlichen Methoden. Es ist ein Teil der ganzheitlichen Ausbildung der Lehrenden und der Ehepaare, denen es klar sein muss, dass es sich nicht um einfache "Instruktion" handelt, losgelöst von den moralischen Werten einer Erziehung zur Liebe.

Es läßt schließlich begreifen, dass es nicht möglich ist, die natürlichen Methoden zu praktizieren als eine zulässige Variante der Haltung, die sich dem Leben verschließt, was im wesentlichen der Empfängnisverhütung gleichkäme. Nur wenn grundlegend die Bereitschaft zur Vaterschaft und Mutterschaft vorhanden ist, verstanden als Mitarbeit mit dem Schöpfer, wird die Anwendung der natürlichen Methoden zu einem integrierenden Bestandteil der Verantwortung für die Liebe und das Leben.

6. Die Heilige Schrift enthüllt uns das leuchtende Antlitz Gottes, der "die Liebe" (1 Joh 4,8) und "Freund des Lebens" ist (Weish 11,26). Vergeßt nie, auch nicht inmitten von Schwierigkeiten, dass die Arbeit, der ihr euch widmet, liebe Brüder und Schwestern, ein Dienst an der Liebe und am Leben ist zur Unterstützung der Ehepaare, die nach dem Plan Gottes leben wollen. Mit diesem Dienst, der die überzeugte Unterstützung aller Hirten verdient, leistet ihr der Kirche in ihrer Sendung eine wertvolle Hilfe.

Gott gewähre euch seinen wirksamen Beistand. Zum Unterpfand dessen erteile ich euch meinen Segen, den ich gern auf eure Familien ausweite, wie auch auf alle Familien, mit denen ihr in Kontakt kommen werdet.