Das Konzil Maria anvertraut

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Ansprache
Das Konzil Maria anvertraut

Seiner Heiligkeit
Johannes Paul II.
bei der Weihe an die Gottesmutter in der Basilika Santa Maria Maggiore’’’
8. Dezember 1985

(Quelle: Der Apostolische Stuhl 1985, S. 1696-1699)
Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist


1. "Wo die Sünde mächtig wurde, da ist die Gnade übergross geworden" (Röm 5,20).

Diese Worte aus dem Römerbrief in der heutigen Liturgie beziehen sich vor allem auf das Geheimnis von der unbefleckten Empfängnis.

In diesem Geheimnis erblicken wir in der Tat die erhabensten Früchte des göttlichen Erbarmens in einem menschlichen Geschöpf. Eben dort, im Herzen einer Frau: Eva, wo die Sünde mächtig wurde, ist im Herzen einer Frau: Maria, die Gnade übergroß geworden. Die Gnade, die der Menschheit durch Maria zuteil wird, ist viel größer als der Schaden, der von der Sünde unserer Ureltern herstammt. In Maria sehen wir wie in keinem anderen menschlichen Geschöpf den Triumph der Gnade über die Sünde, in ihr sehen wir die Erfüllung der Prophezeiung der Genesis vom "Sproß der Frau", der die höllische Schlange "am Kopf trifft" (vgl. Gen 3,15).

2. Zwanzig Jahre nach dem Abschluss des Zweiten Vatikanischen Konzils kommen wir, die Teilnehmer an der anlässlich dieser 20-Jahr-Feier einberufenen Synode, heute nachmittag als Pilger in dieses römische Heiligtum. In dieser herrlichen Basilika, einem wunderbaren Zeugnis der Marienverehrung, wollen wir heute die Geste wiederholen und wieder lebendig werden lassen, die Papst Paul VI. am 11. Oktober 1963, dem ersten Jahrestag des Konzilsbeginns, vollzogen hat, um das Gebet seines Vorgängers in dem Augenblick zu erneuern, wo die Konzilsväter sich anschickten, das Geheimnis Mariens zu behandeln; eine Geste, die er dann am Nachmittag des 21. November 1964 erneuerte, nachdem er morgens die Gottesmutter zur „Mutter der Kirche“ erklärt hatte.

3. Nach der Eucharistiefeier heute vormittag am Grab des hl. Petrus wollen wir hier in der Vesper mit Maria unser Magnifikat singen.

- "Er hat Großes an mir getan ... "

- Wir wollen nach zwanzig Jahren dem Herrn für das Geschenk des Zweiten Vatikanischen Konzils danken.

- Wir wollen ihm auch für all das Gute, das sich während der Arbeiten der jetzigen Synode verwirklicht hat, danken.

- Und wir danken auch der seligsten Jungfrau, dass sie während des Ablaufes der Synode mit ihrem wirksamen, wenn auch unsichtbaren Schutz gegenwärtig gewesen ist.

- Wir danken ihr, dass sie vom Vater und vom Sohn den Beistand des Geistes für die Arbeiten der Synode erwirkt hat.

- Wir danken ihr, dass sie für uns die erhebende und unsagbare Erfahrung der kirchlichen Gemeinschaft lebendig werden ließ. "Seht doch, wie gut und schön ist es, wenn Brüder miteinander in Eintracht wohnen" (Ps 133,1).

- Wir danken ihr, dass sie uns Vorbild gewesen ist für das Hören auf die Wahrheit, für die Hingabe in der Liebe, die Festigkeit in der Hoffnung, die Geduld in den Mühen, das Ausharren in den Schwierigkeiten.

- Wir danken ihr, dass sie uns angeleitet hat zum Hören des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes und uns das Geheimnis jener Kirche besser begreifen ließ, deren Mutter und unübertrefflich erhabenes Glied und Vorbild sie ist.

4. Wie Papst Johannes XXIII. die Arbeiten, Mühen und Hoffnungen des Zweiten Vatikanischen Konzils dem Schutz der Jungfrau und zugleich dem des hl. Josef anvertraute, so möchte ich diesen Akt erneuern und das große Geschenk des nach zwanzig Jahren nun mit den Augen der Synode gesehenen Konzils den Händen der unbefleckten Jungfrau und Gottesmutter anvertrauen. Ich möchte es ihr anvertrauen, damit die Kirche mit neuer Hingabe und Kraft zu verwirklichen vermag, was ihre eigentliche Sendung darstellt: "Sakrament der Einheit mit Gott ... und der Einheit des ganzen Menschengeschlechts ... " zu sein.

Damit sich die Kirche mit neuem Elan der Heilsaufgabe widmen kann, die ihr vom Vater, vom Sohn und vom Heiligen Geist aufgetragen wurde. Damit sie in Christus "das Licht der Völker" und die "Freude und Hoffnung der Menschen", der von vielfältigen Ängsten und Niedergeschlagenheiten verstörten Menschen, sein kann.

Durch den Weiheakt bitten wir gemeinsam die Muttergottes, dass sie hier bei uns als Mutter der Kirche zugegen sein möge, so wie sie am Pfingsttag bei den Aposteln anwesend war.

Nachdem wir uns in dieser Abendstunde mit den Mitgliedern der Synode und zahlreichen anderen Brüdern und Schwestern um das verehrte Bild der Muttergottes versammelt haben, bitten wir Maria darum, dieselbe geistliche Atmosphäre von Gemeinschaft, Einheit, Freude und Hoffnung erleben zu dürfen, die - wie die Apostelgeschichte berichtet (Apg 1,14) die christliche Urgemeinde umgab, die sich über die Anwesenheit der Muttergottes freute.

5. "Wo die Sünde mächtig wurde, da ist die Gnade übergroß geworden." Wir wissen um dieses "Mächtigwerden der Sünde" auch in unserer Zeit, am Ende des zweiten Jahrtausends nach Christus.

Da wir mit Maria verbunden sind, wagen wir zu hoffen, dass die "übergroße Gnade" noch größer werden wird:

- dass sich die Macht der Erlösung, die Macht des Kreuzes und der Auferstehung als stärker erweisen wird als jedes Übel, das es in der Welt gibt und das aus der Welt und von außerhalb der Welt kommt.

Dieser Sehnsucht haben wir bereits im Jubiläumsjahr der Erlösung _ insbesondere am 25. März jenes Jahres - Ausdruck gegeben, und heute erneuern wir diese Glaubensgewißheit in Verbundenheit mit der Mutter der Kirche und ihrem unbefleckten Herzen.

Wir wollen als Kirche Sakrament sein, "Werkzeug" der Heilsökonomie Gottes. Wir wollen dienen.

Blicken wir darum auf die Magd des Herrn. Durch sie wollen wir Christus tiefer kennenlernen. Wir wollen die Kirche und den Menschen besser kennenlernen, um ihm auf immer reifere Weise zu dienen.

6. Dazu lädt uns auch die Synode ein. Sie hat die Aufgabe, die sie sich vorgenommen hatte, erfüllt, nämlich das große Ereignis des Konzils zu feiern, seine Lehren zu verkünden und zu vertiefen, ihre Auswirkungen zu prüfen und ihre weitere Realisierung zu fördern.

Dazu hat die Synode erneut das Geheimnis der Kirche untersucht, indem sie die Wirklichkeit ihrer Gemeinschaft und die Weite ihrer Sendung beleuchtete.

Nachdrücklich hat die Synode die Verbundenheit der Kirche mit dem Paschamysterium von Tod und Auferstehung betont und dabei aufs neue die vorrangige Bedeutung der Verkündigung und des Zeugnisses der Frohbotschaft in unserer Zeit und damit der unumgänglichen Pflicht jedes Christen bestätigt, der Berufung zur Heiligkeit zu entsprechen, deren herrliches Beispiel die unbefleckte Jungfrau ist.

Auf diese Weise zeigt sich die Kirche tatsächlich als "Sakrament", d. h. als Zeichen und Instrument der Einheit, des Friedens und der Versöhnung auch zwischen allen Menschen, Nationen, sozialen Klassen, Kulturen und entfaltet ihren bevorzugten, wenn auch nicht ausschließlichen Dienst an den Armen, den Unterdrückten, den Benachteiligten im echten Geist des Evangeliums, der der Geist der Liebe und des Erbarmens ist.

Dem mütterlichen Herzen der Jungfrau vertraue ich, gleichsam die Impulse eines ihrer Wünsche aufgreifend, alle jene an, die überall auf der Welt wegen irgendwelcher Ängste und Leiden ihres Schutzes in besonderer Weise bedürfen.

7. So wollen wir also mit ihr, der unbefleckten Mutter der Kirche, "die großen Werke Gottes" loben.

"Du, Ruhm Jerusalems, du, Freude Israels, du, Ehre des neuen Volkes." In dieser alten Basilika, in der die Kirche von Rom dich als "Salus populi Romani", als "Heil des römischen Volkes" verehrt, wollen wir danken "für alles, was Gott an uns getan hat", während wir von Generation zu Generation um sein Erbarmen für die Kirche und die Welt flehen.

8. Dir, o Mutter, vertrauen wir mit unendlicher Zuversicht die Früchte und Ergebnisse der Synode an! Dir vertrauen wir uns alle, unsere Mühen, unsere Vorsätze, unsere Hoffnungen an. Dir vertrauen wir die ganze Kirche und die gesamte Menschheit an, wobei wir besonders an jene Menschen und Völker denken, die dessen besonders bedürfen und deren Anvertrauung und Weihe du in höchstem Maße wünschst.

Laß, o Mutter, durch deine Fürbitte die Botschaft der Synode in den Herzen wirksam werden, so dass ihre Ziele erreicht werden können und die konziliare Erneuerung aufrichtig wiederentdeckt, getreu vertieft, mutig verwirklicht und mit Enthusiasmus und Glaubwürdigkeit dargelegt und verbreitet werden kann!

Du hast, überschattet vom Heiligen Geist, deinen göttlichen Sohn geboren; erwirke durch deine Fürbitte der Kirche eine neue Ausgießung des Geistes, der einen heileren Glauben, eine reinere Hoffnung und eine selbstlosere Liebe in die Herzen bringe!

Du ziehst die Herzen der Menschen sanft auf den Weg der Gerechtigkeit und Versöhnung. Rufe diejenigen wieder zur Einheit der kirchlichen Gemeinschaft, die sich aus ihr entfernt oder sie durch Auflehnung, Ungehorsam und Sünde zerbrochen haben!

Du bist von der Empfängnis an vor jedem Makel bewahrt geblieben. Verteidige deine Kinder im Kampf gegen die Macht der Finsternis und die Nachstellungen des Irrtums und der Lüge!

Dein unbeflecktes Herz herrsche in den Gewissen, in den Familien, in der Gesellschaft, in den Nationen, in der ganzen Menschheit!

o gütige, o milde, o süße Jungfrau Maria!