Ci mancano (Wortlaut)

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Ansprache
Ci mancano

von Papst
Pius XII.
an italienische Arbeitergruppen
über die Arbeitslosigkeit
1. Mai 1953

(Offizieller italienischer Text: AAS 45 [1953] 290-293)

(Quelle: Arthur Fridolin Utz OP, Joseph-Fulko Groner O.P, Hrsg.: Aufbau und Entfaltung des gesellschaftlichen Lebens, Soziale Summe Pius' XII. (1939-1958), Übersetzerkollegium: Herausgeber und Franz Schmal u. H. Schäufele, Paulus Verlag Freiburg/Schweiz 1954; Imprimatur Friburgi Helv., die 5. Maii 1954 N. Luyten O.P. Imprimatur Friburgi Helv., die 29. Junii 1954 R. Pittet, v.g.; Band I, S. 336-340; Nrn. 717-723)

Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist


1. Begrüßung verschiedener Arbeitergruppen

Geliebte Söhne! Fast fehlen Uns die Worte, um Euch auszudrücken, wie bewegt Unser Inneres ist, und welche Freude Unser väterliches Herz bei dem einzigartigen Schauspiel empfindet, das Ihr Unseren Augen bietet.

Die allerseligste Jungfrau Maria, die gegen Uns immer so voll mütterlicher Güte ist, hat Uns am ersten Tag dieses ihr geweihten Monats ein Geschenk machen wollen, das Uns eines der liebsten ist: sie hat Uns durch Euren Besuch, geliebte Arbeiter, erfreut, die Ihr aus den verschiedensten Gegenden Italiens nach Rom gekommen seid.

Euch alle heißen Wir herzlich willkommen, die einzelnen Personen und die kleineren Gruppen, die Ihr die Gelegenheit wahrgenommen habt, um Euch um Uns zu scharen und Unseren Segen zu empfangen. Unser erster Gruß aber gilt den zweitausend Arbeitern, die zum Großteil aus der starken und christlichen Erde von Frosinone stammen.

Als Wir erfuhren, dass zu Gunsten der schlimmsten Notstandsgebiete Süditaliens ein großzügiges Arbeitsprogramm geplant sei, waren Wir darüber sehr erfreut, und zwar nicht allein, weil man damit ein konkretes und mutiges Werk zur Wiedergeburt jener Gebiete durch Urbarmachung, Verbesserung der Güter, Staubecken im Gebirge, Wasserleitungen und Straßen begann, sondern ebenso wegen der sich daraus ergebenden besseren Beschäftigungsmöglichkeit, die mit der Arbeit Zufriedenheit und Wohlstand in Eure Familien bringen würde.

Nur Gott kennt Unsere Sorgen und Wir möchten fast sagen Unsere bis zum Tod gehende Trauer, die Wir bei dem Gedanken empfinden, dass so vielen Unserer arbeitslosen Söhne das fehlt, was sie für einen angemessenen Unterhalt nötig hätten!

Einen weiteren Sondergruß möchten Wir sodann an die fünfzehnhundert Arbeiter aus Reggio Emilia richten. In diesem Land, das Unserem Herzen besonders teuer ist - das so viele Märtyrer des Blutes und des Schweigens zu den Seinen rechnet - und wo es gewiss nicht an dunklen Schatten fehlt, dort leuchtet heute ein Licht christlicher Wiedergeburt durch das Wirken mutiger und einträchtig zusammenarbeitender Priester und Gläubigen. Sie bebauen mit glühendem Eifer jene Teile des Weinberges Christi, die so sehr durch kalte Gleichgültigkeit und dornenreiche Gegensätzlichkeit bedroht werden, wo man aber auch schon neue kraftvolle Ansätze durchbrechen sieht, deren verheißungsvolle Entwicklung auch kein gegnerisches Unwetter mehr wird aufhalten können.

Wir wissen, dass auch Euer verehrter Oberhirte großzügig auf Unsere Aufforderung zur Mithilfe am Aufbau der ersehnten Erneuerung der Welt geantwortet hat und sprechen daher ihm wie allen, die mit ihm an diesem Werk der Erneuerung und Rettung mittätig sein wollen, von ganzem Herzen Unseren Dank aus. Mit nicht geringerer Genugtuung begrüßen Wir die Wiederaufnahme der Arbeit in den Werkanlagen von Reggio, die für Eure Industriestadt eine Quelle von Arbeitsmöglichkeit und Wohlstand bedeutet.

2. Sinngehalt des ersten Mai («Fest der Arbeit»)

Die Welt feiert heute am ersten Mai das «Fest der Arbeit». Wer wäre mehr dazu berufen, diesem Tag einen tiefen Sinn zu geben als der wahre Christ? Für ihn ist es ein Tag, an dem er nur um so glühender den Gottmenschen, unseren Herrn Jesus Christus, verehrt und anbetet, der, um unser Vorbild, unser Trost und unsere Heiligung zu sein, den größten Teil seines Lebens in der Ausübung eines Handwerks wie ein einfacher Arbeiter zubrachte (Vgl. Mt. 13, 55; Mk. 6, 3). Es ist der Tag, an dem alle, denen es vergönnt ist, durch ihre Arbeit sich und den Ihrigen ein ruhiges und friedliches Leben zu sichern, Gott Dank sagen; es ist der Tag, an dem sich der Wille bezeugt, Klassenkampf und Klassenhass zu besiegen durch die Kraft, die aus der Verwirklichung der sozialen Gerechtigkeit, aus der gegenseitigen Achtung und dem brüderlichen Wohlwollen um der Liebe Christi willen hervorgeht; es ist schließlich der Tag, an dem die gläubige Menschheit feierlich verspricht, durch die Arbeit ihres Geistes und ihrer Hände eine Kultur zur Ehre Gottes zu schaffen, eine Kultur, die den Menschen keineswegs von Gott entfernt, sondern ihn vielmehr ihm näher und näher bringt.

3. Die Arbeitslosigkeit

Problem ganz Europas

Doch darf das «Fest der Arbeit» nicht dazu verleiten, das Problem der Arbeit selbst aus dem Blickfeld zu verlieren. Nur zu viele sind immer noch von der Geißel der Arbeitslosigkeit betroffen, und viele, die zwar augenblicklich beschäftigt sind, leben doch in ständiger Furcht davor. Wir dürfen auch die nicht vergessen - sie sind besonders zahlreich unter den Tagelöhnern -, die unter ihrem Zustand der Halbbeschäftigung leiden, die mit der begrenzten Zahl oder dem Rückgang der Arbeitsstunden dem Arbeiter nicht genügend Lohn einbringt, um die notwendigsten Bedürfnisse für sich und seine Familie zu befriedigen. Gerne erkennen Wir die zahlreichen Maßnahmen an, die in jüngster Zeit zum Nutzen der Arbeiter ergriffen wurden, doch wie viel bleibt noch zu tun! Und Wir möchten Euch, geliebte Söhne, sagen können, in welchem Maße Wir an Euren und an den Sorgen Eurer Lieben teilnehmen !

Doch wenn Italien schwer unter der Arbeitslosigkeit leidet, so ist diese, und besonders die ständige Bedrohung durch sie, kein Übel, das nur Italien trifft, sondern es lastet mehr oder weniger auf allen Völkern Europas. Und es ist auch jedem unvoreingenommenen Beobachter klar, dass der Mangel an Arbeit, zum mindesten im gegenwärtigen Augenblick, nicht nur vom bösen Willen oder vom Missbrauch der Macht derjenigen abhängt, die etwas dagegen unternehmen könnten. Das ist um so wahrer, als einige wichtige Bedingungen, die während mehr als hundert Jahren der wirtschaftlichen Entwicklung günstig gewesen waren, sich heute vollständig gewandelt haben.

Europäische Lösung

Gewiss, die Kirche bleibt auch heute wie immer auf der Seite des Arbeiters, wenn er unter einem ungerechten Arbeitsvertrag leidet, oder wenn Kollektivverträge nicht eingehalten werden, oder wenn seine rechtliche, wirtschaftliche und soziale Lage ohne Schaden für die Rechte eines anderen verbessert werden könnte. Heute jedoch ist das Problem der Arbeit eine umfassendere Frage geworden, in der ganz Europa solidarisch ist. Die gegenwärtigen Bemühungen, Europa zu einer Einheit zu formen - wie immer das geschehen mag, wenn es sich nur als wirksam erweist -, erfordern auch die Schaffung neuer Bedingungen für seinen wirtschaftlichen Fortschritt; nur dann kann man hoffen, das Problem der Arbeit zu lösen. Wer glaubt, den Interessen des Arbeiters mit den alten Methoden des Klassenkampfes zu dienen, befindet sich im Irrtum, und es täuscht sich noch mehr, wer zudem noch meint, seine darauf abzielenden Bemühungen rechtfertigen zu müssen, als seien sie das einzige Mittel, noch einen religiösen. Einfluss auf die Welt der Arbeit ausüben zu können.

Zweifellos besteht der Vorteil einer europäischen Wirtschaft nicht einfach in der Vereinheitlichung eines ausgedehnten Raumes, in dem der sogenannte Marktmechanismus die Produktion und den Konsum regeln würde. Noch wichtiger ist es, dass innerhalb der Konkurrenz zugleich mit dem Aufbau der europäischen Wirtschaft die Stabilisierung eines wirklich sozialen Lebens, die gesunde Entwicklung der Familie von Generation zu Generation angestrebt wird, und dass in dieser Hinsicht und mit diesem Ziel die natürlichen Kriterien einer Organisierung der Produktion in Raum und Zeit und eines vernünftigen Konsums zur Geltung gebracht werden.

Das ist die einzige Art und Weise, in der Völker mit einer großen Anzahl von kinderreichen Familien, wie Italien, für die europäische Wirtschaft den wichtigen Beitrag ihres Reichtums an Arbeitskräften und ihrer Konsumkraft leisten können.

Schlusswort: Vertrauen auf Gottes Vorsehung

Ehe Wir Euch entlassen, geliebte Söhne, möchten Wir Euch noch ein Wort sagen, das Uns am Herzen liegt. Wir entnehmen es dem Evangelium, das Wir in der heutigen heiligen Messe gelesen haben.

Nach dem letzten Abendmahl sagte Jesus zu seinen Aposteln, und Wir wiederholen es Euch allen gegenüber: « Euer Herz lasse sich nicht verwirren » (Joh. 14, 1).

Wenn Ihr in Ängsten seid um Euch selbst; wenn Ihr an das Los Eurer Lieben denkt; wenn in Euch die Besorgnis darüber aufsteigt, was in der Welt geschehen könnte: « Non turbetur cor vestrum ! » - « Euer Herz verzage nicht!» Es sieht wohl so aus, als ob der Wille von ein paar Mächtigen und Anmaßenden die Geschicke der Menschen beherrsche und die Dinge und Ereignisse lenke; doch in Wahrheit liegt alles in den Händen Gottes, und nichts kann sich seiner starken und väterlichen Vorsehung entziehen. Gewiss sind die Zeiten, welche die Welt mitmacht, nicht so, dass sie denen Ruhe geben könnten, die ohne einen lebendigen Glauben ihr ganzes Vertrauen auf die Menschen und menschliche Berechnungen setzen. Anders jedoch Ihr, geliebte Söhne! Zwar müsst Ihr mit Fleiß und Mut arbeiten, und zuweilen seid Ihr gezwungen zu kämpfen, um Euer Recht auf Leben und Arbeit zu verteidigen. Aber das darf die Heiterkeit Eures Geistes nicht trüben, denn immer werdet Ihr auch bei den täglichen Sorgen und Nöten Euer Vertrauen auf den Vater setzen, der im Himmel ist.