Catechismus Romanus III. Teil: Von den Geboten

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Catechismus Romanus
III. Teil: Von den Geboten

(Quelle: Das Religionsbuch der Kirche, Catechismus Romanus gemäß Beschluß des Konzils von Trient für die Seelsorger herausgegeben auf Geheiß des Papstes Pius V.. In deutscher Übersetzung herausgegeben von Dr. Michael Gatterer SJ, erstes Buch – II Bändchen, übersetzt von Anton Koch S.J., Verlag Felizian Rauch Innsbruck-Leipzig 1940, S. 1-269 (3. Auflage); Imprimatur Nr. 3106. Apostolische Administratur Innsbruck, 9. Dezember 1940 K. Lechleitner, Kanzler; Als Vorlage zur Übersetzung diente die bei Tauchnitz, Leipzig erschienene Ausgabe des Catechismus Romanus, die genau den Text des in Rom erstmals gedruckten Originals wiedergibt. Die Gliederung in Teile und Kapitel ist ursprünglich und offiziell. Die fetten Nummern geben die Nummerierung wieder, die Andreas Fabricius, Professor der Philosophie in Löwen († 1581) erstmals einführte; sie sind nicht in allen Ausgaben gleich. Die in eckigen Klammern stehenden Zusätze sind von Dr. Michael Gatterer (außer wenn sie innerhalb gewöhnlicher Klammer stehen). Die Anmerkungen wurden bei der Digitalisierung im Text in Klammer, die Stellen der Heiligen Schrift nach den Abkürzungen der Einheitsübersetzung [Anhang] wiedergegeben); siehe: Catechismus Romanus II. Teil: Von den Sakramenten.

Erstes Kapitel: Von den Zehngeboten Gottes im allgemeinen

1 Der Dekalog (Zehngebote) ist, wie der hl. Augustin schreibt, der Inbegriff oder kurze Abriss sämtlicher Gebote (Aug. sup. Exod q. 140). Zwar redete der Herr zu Moses über vieles. Doch wurden ihm bloß zwei Steintafeln übergeben, die so genannten »Tafeln des künftigen Zeugnisses« in der Bundeslade. Denn alles andere, was Gott sonst noch befohlen hat, beruht auf den Zehngeboten der zwei Tafeln, wie jeder einsehen muss, wenn es ihm um's rechte Verständnis zu tun ist. Die Zehngebote selbst gehen hinwieder auf zwei zurück, das der Gottes- und Nächstenliebe, »auf denen ja das ganze Gesetz ruht und die Propheten« (Mt 22,40).

2 Da es sich also um den Inbegriff des ganzen Gesetzes handelt, müssen die Seelsorger Tag und Nacht in der Betrachtung darüber verharren. Nicht nur um ihr eigenes Leben nach dieser Richtschnur zu gestalten, sondern auch um das ihnen anvertraute Volk im Gesetz des Herrn zu unterweisen. Denn »man hängt ja an des Priesters Lippen, aus seinem Mund sucht man Belehrung im Gesetze; des Herrn der Heerscharen Bote ist er ja« (Mal 2, 7). Ganz besonders gilt das von den Hirten des Neuen Bundes, die Gott viel näher stehen und »zu immer größerer Klarheit« [der Erkenntnis gelangen sollen »durch des Herrn Geist« (2 Kor 3,18). Sie hat Christus der Herr »Licht« genannt. Darum ist es ihre Aufgabe, denen die im Finstern sind, Leuchte zu sein (Röm 2,19), den Unwissenden Lehrer, den Kindern Erzieher; und wenn einer in der Übereilung einen Fehltritt tut, sollen sie, die da Geistesmänner sind, ihn zurechtweisen (Gal 6,1).

Im Beichtstuhl üben sie zudem das Richteramt aus und fällen je nach Gattung und Beschaffenheit der Sünden das Urteil. Wollen sie also, dass ihre Unwissenheit ihnen selbst und andern nicht zum Verderben gereiche, dann müssen sie sehr achtsam und im Auslegen der Gebote wohl bewandert sein: Nur so können sie dieser göttlichen Regel gemäß ihr Urteil über jede Handlung und Pflichtversäumnis sprechen, und wie es beim Apostel heißt, »gesunde Lehre« bieten (2 Tim 4, 3). Eine Lehre, die keinerlei Irrtum enthält und ein Heilmittel ist für die Seelenkrankheiten, die Sünden, auf dass »das Volk Gott wohlgefällig und eifrig sei zu guten Werken« (Tit 2, 14).

Bei der Behandlung der Gebote habe der Seelsorger selbst vor Augen und lege den andern vor, was geeignet ist, den Willen zum ~ Gehorsam gegen das Gesetz (Gottes) zu bee stimmen. 3 Unter den Beweggründen aber, die das menschliche Gemüt zur Beobachtung der Vorschriften des Dekalogs anzuspornen vermögen, ist der wirksamste der, dass Gott der Urheber dieses Gesetzes ist. Denn mag es auch heißen, »es sei durch Engel gegeben worden« (Gal 3, 19), so kann doch niemand zweifeln, dass Gott selbst Urheber des Gesetzes ist. Dafür zeugen zur Genüge nicht nur die Worte des Gesetzgebers, die bald erklärt werden sollen, sondern beinahe unzählige Stellen der Hl. Schrift, die sich dem Seelsorger leicht darbieten werden.

Ferner gibt es doch niemand, der nicht inne würde, dass ihm ein Gesetz von Gott ins Herz gepflanzt ist, durch das er gut und bös, ehrbar und gemein, Recht und Unrecht zu unterscheiden imstande ist. Da aber Kraft und Inhalt dieses Gesetzes vom geschriebenen keineswegs verschieden sind, wer sollte da noch zu leugnen wagen, dass Gott der Urheber wie des angebornen so auch des geschriebenen Gesetzes sei? - Dieses göttliche, durch schlechtes Leben und langwährende Verkehrtheit schon fast verdunkelte Licht [des ins Herz geschriebenen Naturgesetzes] hat Gott nicht erst angezündet, als Er Moses die Gebote gab, sondern es nur in hellerem Glanze erstrahlen lassen. Das muss man betonen, damit, wenn das Volk hört, das Mosaische Gesetz sei außer Kraft gesetzt, es nicht meine, durch diese Vorschriften nicht gebunden zu sein. Denn es ist ganz sicher, dass man diesen Geboten gehorchen muss, nicht deshalb, weil sie durch Moses gegeben, sondern weil sie in aller Herz gepflanzt und von Christus dem Herrn erklärt und bestätigt worden sind.

4 Nun liegt aber in dem Gedanken: der Gesetzgeber ist Gott, an dessen Weisheit und Gerechtigkeit wir nicht zweifeln, dessen unendlicher Gewalt und Macht wir nicht entrinnen können, eine große Hilfe und eine starke willenbestimmende Kraft. Wenn daher Gott durch die Propheten die Beobachtung des Gesetzes einschärft, sagt Er, Er sei der Herrgott; so gleich zu Beginn des Dekalogs: »Ich bin der Herr dein Gott« (Ex 20, 2); und an einer andern Stelle: »Wenn ich der Herr bin, wo ist die Furcht vor mir« (Mal 1,6)?

5 Dieser Gedanke wird die Gläubigen nicht nur zur Beobachtung der Gebote anregen, sondern auch zur Dankbarkeit dafür, dass Gott seinen Willen, in dem unser Heil liegt, so klar geoffenbart hat. Es hebt denn auch die Hl. Schrift an mehr als einer Stelle diese ganz große Wohltat hervor, und ermahnt das Volk, seiner eigenen Würde und der Güte des Herrn eingedenk zu sein. So heißt es im fünften Buch Mosis: »Es wird den Augen der Völker eure Weisheit und Klugheit auffallen. Hören sie von all diesen Satzungen, so werden sie sprechen: Wahrhaftig, ein gar weises und kluges Volk, eine große Nation« (Dtn 4, 6)! Ähnlich heißt es im Psalm: »So hat er keinem andern Volk getan, und keinem andern sein Gesetz verkündet« (Ps 147, 20).

6 Wenn der Pfarrer überdies die Bedeutung des gegebenen Gesetzes mit dem Bericht der Hl. Schrift begründet, werden die Gläubigen leicht einsehen, wie gewissenhaft und mit welcher Ehrfurcht sie das von Gott empfangene Gesetz heilig halten müssen. Drei Tage nämlich, bevor das Gesetz verkündet wurde, ward auf Gottes Geheiß allen kundgetan: sie sollten ihre Kleider waschen und sich ihren Frauen nicht nahen, damit sie mit um so größerer Reinheit und Bereitwilligkeit das Gesetz entgegennähmen; für den »dritten Tag« sollten sie sich bereit halten. Als sie dann an den Berg gelangt waren, von dem aus ihnen der Herr durch Moses die Gebote verkünden wollte, erhielt Moses allein den Befehl, auf den Berg zu steigen. Hier erschien Gott in größter Herrlichkeit, und hüllte den Ort unter Donner und Blitz in Feuer und dichten Nebel. Dann begann Er mit Moses zu sprechen und gab ihm das Gesetz. Solches geschah nach Gottes Weisheit aus dem Einen Grund, um uns zu mahnen, das Gesetz des Herrn sei mit reinem und demütigem Herzen aufzunehmen; falls wir aber die Gebote vernachlässigten, hätten wir von der göttlichen Gerechtigkeit Strafen zu gewärtigen (Ex 19, 9 ff).

7 Der Pfarrer zeige ferner, dass die Vorschriften des Gesetzes nicht schwer sind. Er könnte das eigentlich durch den Einen dem hl. Augustin entlehnten Grund dartun. Dieser sagt nämlich: »Wem, um des Himmels willen, soll es unmöglich sein zu lieben? zu lieben den gütigen Schöpfer, den liebevollsten Vater? weiters, sein eigen Fleisch in seinen Brüdern? Nun aber, wer liebt ..... hat das Gesetz erfüllt !« (Serm. 47 de Sanct; Röm 13, 8). Daher sagt der Apostel Johannes geradezu, die Gebote Gottes seien nicht schwer (1 Joh 5,3). Denn nichts Gerechteres, nichts Ehrenvolleres, nichts Nützlicheres hätte nach dem hl. Bernhard vom Menschen verlangt werden können (De dil. Deo c. 1). Hingerissen von Bewunderung für soviel Güte, redet der hl. Augustin Gott also an: »Was bin ich denn für dich, dass du von mir geliebt werden willst, und falls ich es nicht tue, mich mit ungeheuren Strafen bedrohst? Ist es nicht schon Strafe genug, wenn ich dich nicht liebte« (Conf 1,5)?

Wollte aber einer zur Entschuldigung vorbringen: die natürliche Schwäche hindere ihn, Gott zu lieben, so ist zu erwidern: Gott, der die Liebe fordert, senkt die Liebeskraft durch seinen Hl. Geist in die Herzen ein (Röm 5,5); und dieser gute Geist wird denen vom himmlischen Vater gegeben, die darum bitten (Lk 11, 13). Mit Recht betet daher der hl. Augustin: »Gib, was du befiehlst, und befiehl, was du willst« (Aug. de don. pers. c. 53). Da uns also Gottes Hilfe stets zur Verfügung steht, besonders seit Christus gestorben ist - durch seinen Tod wurde ja der Fürst dieser Welt hinausgeworfen -, so kann keiner durch die Schwere der Gebote abgeschreckt werden; denn dem Liebenden ist nichts schwer.

8 Dieser überzeugte Wille kann noch sehr gestärkt werden, wenn man die unumgängliche Notwendigkeit des Gehorsams gegen das Gesetz gut erklärt. Fehlt es doch in unsrer Zeit nicht an solchen, die sich nicht scheuten, zu ihrem eigenen großen Schaden frech zu behaupten, das Gesetz sei, ob leicht oder schwer, überhaupt nicht zur Seligkeit notwendig. Diese verwerfliche und gottlose Ansicht wird der Pfarrer durch Zeugnisse der Hl. Schrift entkräften, namentlich vom Apostel (Paulus), auf den sie sich zur Stütze ihrer Gottlosigkeit berufen wollen. Was sagt nun der Apostel? »Weder auf das Unbeschnittensein noch auf die Beschneidung komme es an, sondern auf die Beobachtung der Gebote Gottes« (1 Kor 7, 19). Wenn er anderswo dasselbe wiederholt und sagt, nur die Neuschöpfung in Christus habe Wert (Gal 6, 15 und 2 Kor 5, 17), so versteht er offenbar unter dem »neuen Geschöpf in Christus« einen solchen, der die Gebote Gottes beobachtet. Denn wer die Gebote Gottes hat und sie hält, der liebt Gott, wie der Herr selbst bei Johannes bezeugt: »Wenn mich einer liebt, wird er mein Wort halten« (Joh 14, 21. 23). Zwar kann der Mensch gerechtfertigt und aus einem Gottlosen ein GottgefälIiger werden, noch bevor er die einzelnen Vorschriften des Gesetzes durch äußere Handlungen erfüllt; aber ganz unmöglich ist es, dass einer, der zum Vernunftgebrauch gelangt ist, aus einem Gottlosen ein Gerechter wird ohne die innere Bereitwilligkeit, sämtliche Gebote Gottes zu beobachten.

9 Um ja nichts zu übergehen, wodurch das gläubige Volk zur Beobachtung des Gesetzes gebracht werden kann, wird der Pfarrer schließlich noch aufzeigen, welch reiche und süße Früchte damit verbunden sind. Das kann er mit Leichtigkeit aus dem dartun, was im 18. Psalm geschrieben steht. Denn dort wird das göttliche Gesetz mit Lobeserhebungen gefeiert, deren größte die ist, dass es Gottes Herrlichkeit und Majestät weit mehr offenbart als die Himmelskörper mit an ihrer Schönheit und Ordnung. Und doch nötigen diese alle Völker, selbst die barbarischen, zu ihrer Bewunderung, und bewirken so, dass die Herrlichkeit, Weisheit und Macht des Werkmeisters und Schöpfers aller Dinge anerkannt wird. Ebenso bekehrt das Gesetz des Herrn die Seelen zu Gott (Ps 18, 12); denn wenn wir Gottes Wege und seinen allerheiligsten Willen durch das Gesetz erkennen, lenken wir unsre Schritte auf des Herrn Pfade. Und weil nur die Gottesfürchtigen wahrhaft weise sind, wird dem Gesetz ferner noch zugeschrieben, dass es den Kleinen Weisheit vermittle (Ps 18, 8). Daher werden jene, die das göttliche Gesetz halten, im reichsten Maße mit wahren Freuden und mit der Einsicht in göttliche Geheimnisse belohnt, und mit übergroßer Wonne sowohl in diesem wie im künftigen Leben erfüllt (Ps 18, 9-11).

10 Doch sollen wir das Gesetz nicht so sehr wegen unsers Nutzens beobachten, sondern Gottes wegen, der durch das Gesetz dem Menschengeschlecht seinen Willen kund tut. Und wenn schon alle andern Geschöpfe sich von Ihm lenken lassen, dann ziemt es sich um so mehr für den Menschen, Ihm zu folgen. Auch soll man dies nicht mit Stillschweigen übergehen: Gott hat gerade dadurch seine Milde und den Reichtum seiner Güte gegen uns gezeigt, dass Er seine Ehre mit unsrem Nutzen verbinden wollte. Denn Gott hätte uns zwingen können, ohne jeden Lohn seiner Majestät zu dienen; aber Er hat die Bestimmung getroffen, dass, was für Ihn ehrenvoll ist, auch für den Menschen nützlich sei. Das ist doch etwas ganz Großes und Schönes; und darum wird der Pfarrer mit den Schlussworten des Propheten lehren: »Wer sie (die Gesetze) bewahrt, hat überreichen Lohn« (Ps 13, 12). Uns sind nämlich nicht bloß jene Segnungen verheißen, die sich augenscheinlich mehr auf die irdische Wohlfahrt beziehen: gesegnet sollen wir sein in der Stadt und auf dem Feld (Dtn 28, 3). Es ist uns vielmehr »ein überaus großer Lohn im Himmel« (Mt 5, 12), »ein gutes, zusammengedrücktes, gerütteltes und überfließendes Maß« (Lk 6, 38) in Aussicht gestellt, das wir uns mit Gottes gnädiger Hilfe durch fromme und gute Werke verdienen.

* * *

11 Obschon das Gesetz den Juden vom Herrn auf dem Berge gegeben worden ist, wollte Gott dennoch, dass sich Ihm die gesamte Menschheit aller Zeiten unterwerfe. War es ja schon längst von Natur aus in aller Herz geschrieben und darin besiegelt. Darum ist es von großem Nutzen, die Worte, mit denen es vom Diener Gottes Moses den Hebräern verkündet und erklärt wurde, ausführlich darzulegen, sowie die geheimnisvolle Geschichte des israelitischen Volkes.

Der Pfarrer wird also zunächst erzählen, Gott habe aus allen Völkern unter dem Himmel eines erwählt, dessen Stammvater Abraham nach Gottes Willen im Lande Kanaan als Fremdling lebte. Zwar hatte ihm Gott den Besitz dieses Landes verheißen. Dennoch aber wanderten er und seine Nachkommen mehr als vierhundert Jahre unstet umher, ehe sie das verheißene Land in Besitz nahmen. Auf diesen Wanderungen ließ sie Gott jedoch nie ohne seinen Schutz. Wohl »zogen sie von Volk zu Volk, von einem Reich zum andern, aber niemals ließ Er zu, dass ihnen Unrecht widerfahre, vielmehr strafte Er. (ihretwegen) Könige« (Ps 104, 13 f). Bevor sie nach Ägypten hinabzogen, sandte Er einen Mann voraus, durch dessen Klugheit sie selbst und die Ägypter von einer Hungersnot befreit wurden. Und in Ägypten hegte Er sie mit solcher Güte, dass sie sich wunderbar vermehrten, obschon Pharao ihnen entgegen war und auf ihren Untergang sann. In ihrer größten Bedrängnis, da sie wie Sklaven sehr hart behandelt wurden, erweckte Er ihnen in Moses einen Führer, der sie mit starker Hand befreite. Namentlich dieser Befreiung gedenkt Gott am Anfang des Gesetzes, wenn Er sagt: »Ich bin der Herr dein Gott, der dich aus Ägypterland, aus der Sklaverei heraus geführt (Ex 20, 2).

12 Bei dieser Erzählung hebe der Pfarrer besonders folgendes heraus: Gott habe aus allen Völkern eines erwählt, das Er »sein« Volk nannte und von dem Er besonders gekannt und geehrt sein wollte, - nicht etwa, weil es die andern Nationen durch Gerechtigkeit oder an Zahl übertraf, wie Er selbst den Juden gegenüber betont (Dtn 7, 7); vielmehr weil es Gott gefiel, eine kleine und unbedeutende Nation groß und stark zu machen, auf dass seine Macht und Güte bei allen (Völkern) um so mehr bekannt und gerühmt würde. Also trotz des armseligen Zustandes der Israeliten hat sich Gott »zu ihnen geneigt und sie geliebt« (Dtn 10, 15). Er, des Himmels und der Erde Herr, scheute sich nicht, »ihr Gott« zu heißen. Dadurch wollte Er die andern Völker zur Nacheiferung reizen, dass nämlich alle Menschen im Hinblick auf das Glück der Israeliten sich zur Verehrung des wahren Gottes bekehrten. Wie umgekehrt der hl. Paulus nach seinem eigenen Geständnis seine Volksgenossen zum Nacheifern angeregt hat, indem er ihnen das Glück der Heidenvölker vor Augen stellte, das sie durch die von ihm gepredigte wahre Gotteserkenntnis erhalten hatten (Röm 11, 14).

13 Weiters wird (der Pfarrer) lehren, Gott habe die Vorfahren der Juden lange herumwandern lassen und es geduldet, dass die Nachkommen durch schwere Knechtschaft gedrückt und gequält wurden, um uns dadurch zu verstehen zu geben, Gottes Freund könne man nur sein, wenn man ein Feind der Welt und ein Pilger auf Erden ist. Wir würden daher zur vertrauten Freundschaft mit Gott nur zugelassen, wenn wir mit der Welt gar nichts gemein hätten. Ferner sollten wir, die wir zur Verehrung des wahren Gottes gekommen sind, erkennen, wie viel glücklicher die Diener Gottes sind als die Diener der Welt.

Daran erinnert uns die Hl. Schrift mit den Worten: »Doch sollen sie ihm [Sisar] dienstbar werden, dass sie den Unterschied merken zwischen meinem Dienst und dem in irdischen Königreichen« (2 Chr 12, 8).

Außerdem lege (der Pfarrer) dar, erst nach mehr als vierhundert Jahren habe Gott sein Versprechen eingelöst, damit sein Volk in Glaube und Hoffnung erstarke. Denn Gott will, dass seine Zöglinge allzeit von Ihm abhangen und all ihre Hoffnung auf seine Güte setzen, wie bei der Erklärung des ersten Gebotes gesagt werden wird.

14 Zum Schluss wird er noch auf Ort und Zeit aufmerksam machen, da das israelitische Volk dieses Gesetz von Gott empfing: Damals nämlich, als es nach dem Auszug aus Ägypten in die Wüste kam. Durch die Erinnerung an die eben erhaltene Wohltat sollte es mit Liebe erfüllt, und durch die Rauheit des gegenwärtigen Aufenthaltsortes in Schrecken versetzt und so für die Aufnahme des Gesetzes bereiter werden. Die Menschen werden nämlich durch die am meisten gewonnen, von denen sie Wohltaten erfahren haben. Und sie flüchten sich unter Gottes Schutz, wenn sie sich jeder menschlichen Hoffnung beraubt sehen. Daraus mag man ersehen, dass die Gläubigen die himmlische Lehre um so lieber annehmen werden, je mehr sie sich von den Lockungen der Welt und den Lüsten des Fleisches losgemacht haben. Heißt es doch beim Propheten: »Wen kann man da Erkenntnis lehren, wen mit der Predigt unterrichten? Nur die der Milch Entwöhnten, nur die von der Brust Genommenen« (Jes 28, 9)!

[Fortsetzung folgt]