Anna Katharina Emmerich: Menschwerdung bis Taufe Jesu

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EMMERICK - VISIONEN
Das arme Leben und bittere Leiden unseres Herrn Jesus Christus und seiner heiligsten Mutter Maria nebst den Geheimnissen des Alten Bundes nach den Visionen der gottseligen Anna Katharina Emmerick

aus den Tagebüchern des Clemens Brentano, Herausgegeben von Pater C. E. Schmöger von der Kongregation des allerheiligsten Erlösers (CSSR), Mit kirchlicher Druckerlaubnis, Immaculata Verlag Reussbühl / Luzern Band 1: 1970 (414 Seiten, Erste Auflage, Seiten: 271-414); Band 2: 1971, S. 9-99 (372 Seiten, Erste Auflage).

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Inhaltsverzeichnis

DIE HEILIGSTE MENSCHWERDUNG

1. Maria wird dem heiligen Joseph vermählt

Joseph war unter sechs Brüdern der dritte. Seine Eltern lebten in einem großen Gebäude vor Bethlehem, dem ehemaligen Geburtshause Davids, von dem aber nur die Hauptmauern noch übrig waren. Sein Vater hieß Jakob. Vor dem Haus war ein großer Hof- oder Gartenraum mit einem Quellbrunnen unter einem Brunnenhaus von Stein, dessen Wasser aus Tierköpfen hervorsprudelte. Der Garten war mit Mauern und bedeckten Laubgängen umgeben.

Das Wohnhaus hatte im unteren Stockwerk nur eine Tür, keine Fenster. Im oberen aber waren runde Öffnungen, über weIchen eine breite Gallerie mit vier Ecktürmchen mit Kuppeln um die ganze Höhe des Hauses herumlief. Von den Kuppeln aus war eine weite Aussicht in die Umgegend. Ähnliche Kuppeltürme waren auch am Palast Davids in Jerusalem und aus einem solchen sah er die Bethsabe. Über der Mitte des von dieser Gallerie umgebenen platten Daches erhob sich noch ein weiteres, kleineres Stockwerk, das auch einen solchen Kuppelturm als Aufsatz hatte.

Hier oben wohnte Joseph und seine Brüder und ein alter Jude, ihr Lehrer. Der Lehrer wohnte in dem obersten Aufsatz. Die Brüder schliefen alle rundum in einer Stube und ihre SchlafsteIlen wurden durch aufgerollte Matten voneinander getrennt und bei Tag an der Wand zusammengerollt. Ich habe sie da oben in ihren getrennten Räumen spielen gesehen. Sie hatten auch Spielzeug in Tiergestalten wie kleine Möpse. Der Lehrer gab ihnen allerlei wundersamen Unterricht, den ich nicht verstand. Er legte Stäbe an den Boden in allerlei Figuren und stellte die Knaben in diese Figuren. Dann traten sie wieder in andere und schoben die Stäbe auseinander, legten und teilten sie anders, um allerlei auszumessen. Ich sah auch Vater und Mutter, aber sie bekümmerten sich nicht viel um die Kinder. Ich sah sie in keiner Berührung. Sie waren auch weder gut noch bös erscheinend.

Joseph mochte acht Jahre alt sein. Er war ganz anders, als seine Brüder, hatte viel Talent und lernte sehr gut. Aber er war einfältig, still und fromm und ohne Ehrgeiz. Ich sah, dass die anderen Knaben ihm allerlei Possen spielten und ihn überall herumstießen. Sie hatten abgeteilte kleine Gärten und am Eingang dieser Gärten standen an Pfeilern, etwas verdeckt, Bilder wie Wickelpuppen, wie ich sie oft und auch auf den Vorhängen in den Gebetsorten bei Anna und der heiligen Jungfrau sehe, nur dass bei Maria das Bild wie einen Kelch aus dem etwas hervorragt, im Arm hielt. Hier im Haus waren diese Bilder gleich Wickelpuppen mit rundem Angesicht von Strahlen umgeben. Es waren viele solcher Figuren auch in Jerusalem, besonders in früheren Zeiten und auch in den Tempelverzierungen. In Ägypten habe ich auch ähnliche gesehen und unter den Figuren, welche Rachel von ihrem Vater mitnahm, waren auch solche, aber kleiner. Manche Juden hatten derlei Wickelpuppen in kleinen Kästchen und Körben liegen. Sie bedeuteten das Kind Moses im Binsenkörbchen und das Eingewickeltsein bedeutete das Festgebundensein durch das Gesetz. Oft dachte ich dabei, die Juden hatten die Bildchen vom Kind Moses, wir aber haben die Bilder vom Jesuskind.

In dem Gärtchen der Knaben war Gebüsch und Bäumchen und Kräuter. Ich sah, wie in dem Gärtchen Josephs die Brüder oft heimlich die Pflanzen zertraten oder ausrissen. Sie behandelten ihn immer geringschätzig, was er geduldig ertrug. Wenn er in den Säulengängen um den Vorhof gegen die Wand gewendet kniend betete, stießen sie ihn um. Einmal sah ich, dass einer derselben ihn, da er also betete mit dem Fuß in den Rücken stieß, ohne dass Joseph dies zu bemerken schien. Der Bruder wiederholte seine Stöße, bis Joseph umfiel und ich erkannte, dass er abwesend in Gott gewesen. Er rächte sich aber nicht, sondern ging stille hinweg und suchte einen andern ruhigen Platz.

Von außen waren an die Gartenmauer kleine platte Wohnungen angebaut, wo ein paar ältliche, verhüllt gekleidete Frauenspersonen wohnten, wie solches oft an den Schulen dort geschah. Dieselben waren die Mägde des Hauses. Ich sah sie Wasser in das Haus tragen, das ähnlich wie das Haus Joachims und Annas eingerichtet war, die Betten zusammenrollen und Flechtwände davor stellen. Die anderen Brüder sah ich oft mit den Mägden reden, ihnen auch in der Arbeit helfen, Joseph aber redete nie mit ihnen. Er war immer sehr einsam. Es schienen auch Töchter im Haus zu sein.

Die Eltern waren nicht recht mit ihm zufrieden, sie wollten, er solle bei seinen Talenten sich zu einem weltlichen Amte bereiten. Er aber hatte gar keine Neigung dazu und war ihnen zu einfältig. Er mochte etwa zwölf Jahre alt sein, da sah ich ihn oft an der anderen Seite von Bethlehem der Krippenhöhle gegenüber bei einigen sehr frommen, jüdischen alten Frauen, welche in einem Gewölbe einen verborgenen Betort hatten. Sie hatten eine Lampe darin hängen und an der Wand eine Rolle, worauf Buchstaben standen. Ich weiß nicht, ob es Verwandte von Joseph waren. Ich meine aber eher von Anna. Zu diesen kam Joseph oft in seinem Kummer und betete mit ihnen und hielt sich auch in ihrer Nähe bei einem Zimmermeister auf, dem er in seiner Arbeit zur Hand ging und bei ihm lernte, wobei ihm seine Messkunst gut zustatten kam. Die Feindseligkeit der Brüder zu Hause brachte es endlich soweit, dass er etwa im achtzehnten Jahr nachts von Haus entfloh. Ein Freund aus Bethlehem hatte ihm andere Kleider zu seiner Entweichung gebracht. Ich sah ihn in Libona das Zimmerhandwerk treiben. Er arbeitete bei einer sehr armen Familie um den Lebensunterhalt. Der Mann nährte sich von solchen rohen Flechtwänden, wie sie Joseph fertigte, der diesen Leuten ganz demütig alle Hilfe leistete. Ich sah ihn Holz sammeln und in Bündeln herbeitragen. Seine Eltern hatten geglaubt, er sei geraubt worden. Da ihn aber seine Brüder hier auskundschafteten, bekam er Verdruss. Er blieb aber bei den armen Leuten und seiner geringen Beschäftigung, deren die seinen sich schämten. Ich sah ihn nachher an einem anderen Ort (Thanach). Da war eine wohlhabende Familie Joseph hatte für sie eine bessere Arbeit zu machen. Es war ein kleines Örtchen, doch hatte es eine Synagoge. Joseph lebte sehr fromm und demütig und alle Leute hatten ihn sehr lieb und wert. Zuletzt arbeitete er für einen Mann in Tiberias, wo er allein in einem Haus am Wasser wohnte.

Seine Eltern waren schon längere Zeit tot und seine Brüder zerstreut. Zwei wohnten noch in Bethlehem. Das väterliche Haus war in andere Hände und die ganze Familie in schnellen Verfall gekommen. Joseph war sehr fromm und betete sehr nach der Ankunft des Messias. Ich sah ihn auch immer mit Scheu vor dem weiblichen Geschlecht. Kurz, ehe er zur Vermählung mit Maria nach Jerusalem gerufen wurde, war er im Begriff, sich noch einen einsameren Winkel zum Gebet an seiner Wohnung einzurichten. Da erschien ihm ein Engel im Gebet und sagte ihm, er solle dieses nicht tun. Denn wie einstens der Patriarch Joseph in Ägypten um diese Zeit durch Gottes Willen der Verwalter des Getreides in Ägypten geworden, so solle auch ihm nun das Kornhaus des Heils anvertraut werden. Joseph verstand dies in seiner Demut gar nicht und begab sich ins Gebet. Endlich wurde er nach Jerusalem berufen, um mit der heiligen Jungfrau vermählt zu werden.

Es waren noch sieben andere Jungfrauen, welche mit Maria aus dem Tempel, um vermählt zu werden, entlassen werden sollten. Die heilige Anna war bei dieser Gelegenheit in Jerusalem bei Maria. Diese aber verlangte nicht aus dem Tempel. es wurde ihr aber gesagt. dass sie vermählt werden müsse. Ich sah einen alten vornehmen Priester, der nicht mehr gehen konnte, in das Allerheiligste tragen. Es wurde ein Rauchopfer gebracht. Der Priester betete vor einer Rolle sitzend und in einem Gesicht wurde seine Hand auf die Stelle des Propheten Jesaias gelegt, wo von der Wurzel Jesse, aus der ein Zweig aufblühen solle, geschrieben steht. (Jes. 11,1.) Darauf sah ich alle unverheirateten Männer aus dem Stamm Davids im Land zum Tempel gerufen werden. Viele erschienen in feierlichen Kleidern und Maria wurde ihnen vorgestellt. Ich sah einen darunter aus der Gegend von Bethlehem, einen sehr frommen Jüngling, der immer sehr darum betete, zur Ankunft des Messias beitragen zu dürfen. Er trug ein großes Verlangen, mit Maria vermählt zu werden. Da Maria aber weinte und keinen Mann verlangte, sah ich, dass der Hohepriester allen den Männern Zweige gab und dass jeder seinen Zweig während des Gebets und Opfers in der Hand halten musste. Dann wurden alle Zweige in das Heiligste gelegt, weil der, dessen Zweig erblühen würde, der Mann Mariä werden sollte. Jener Jüngling schrie indessen draußen in einer Halle des Tempels mit ausgebreiteten Armen zu Gott und weinte sehr, als sein Zweig und alle anderen nicht geblüht hatten. Die Männer verließen darauf den Tempel und der Jüngling begab sich auf den Berg Karmel, wo seit Elias immer Einsiedler wohnten und lebte dort im Gebet nach dem Messias.

Ich sah aber, dass die Priester nochmals allerlei Rollen nachschlugen, ob nicht noch ein Nachkomme Davids da sei, der ausgeblieben. Und da sie sechs Brüder von Bethlehem angezeichnet fanden, von denen einer unbekannt und verschollen war, forschten sie diesem nach und entdeckten so den Aufenthalt Josephs, sechs Meilen von Jerusalem bei Samaria in einem Örtchen an einem kleinen Fluss, wo er unter einem anderen Meister Zimmermannsarbeit trieb. Er wohnte hier in einem Häuschen am Wasser allein. Es wurde ihm angezeigt, dass er zum Tempel kommen müsse. Er kam in seiner besten Kleidung. Auch ihm wurde ein Zweig gegeben und da er ihn auf den Altar legen wollte, blühte oben eine weiße Blume wie eine Lilie heraus. Und ich sah ein Licht wie den Heiligen Geist über ihn kommen. Man führte Joseph sodann zu Maria in ihre Kammer und sie nahm ihn als ihren Gemahl an.

Die Vermählung fiel, glaube ich auf unseren 23. Januar. Sie wurde in Jerusalem am Berge Sion in einem Hause gehalten, wo oft solche Feste gehalten wurden. Die sieben Jungfrauen, welche mit Maria aus dem Tempel entlassen wurden, waren schon abgereist. Sie wurden nun zurückgerufen und begleiteten Maria nach der Vermählung in einem festlichen Zug nach Nazareth, wo Anna ihr Häuschen ganz eingerichtet hatte. Die Vermählungsfeier dauerte sieben oder acht Tage. Es waren die Frauen und die Jungfrauen, die Gespielinnen Mariä am Tempel, zugegen und noch viele Verwandte Joachims und Annas. Auch zwei Töchter aus Gophna. Es wurden viele Lämmer geopfert und geschlachtet.

Ich habe Maria in ihrem Brautkleid recht deutlich gesehen. Sie hatte ein wollfarbenes Unterkleid ohne Ärmel an. Die Arme waren mit weißwollenen Binden umwickelt. Die Brust bis zum Hals bedeckte ein mit weißem Geschmeide, Perlen und dergleichen gestickter Kragen. Dann legte sie einen weiten, vorne offenen Leibrock an. Er war von oben bis unten weit wie ein Mantel und hatte weite Ärmel. Dieses Kleid war auf blauem Grund mit großen roten, weißen und gelben Rosen und grünen Blättern dazwischen durchwirkt wie alte Messgewänder schloss mit seinem oberen Rand an die weiße HaIsbedeckung an. Der untere Rand war mit Fransen und Quasten gesäumt. Darüber hatte sie ein Art Skapulier von gold- und weißgeblümter Seide, das vor der Brust mit Perlen und glänzenden Steinen besetzt war und etwa eine halbe Elle breit bis zum Saum des Kleides über dessen vordere Öffnung nieder hing. Unten endete es sich mit Fransen und Knöpfen. Eine gleich lange Bahn hing auch über den Rücken. Kürzere und schmälere Streifen aber über Schulter und Arme. Dieses Übergehänge war unter den Armen vom Bruststück zu dem Rückenstück mit goldenen Schnüren oder Kettchen zusammengezogen, wodurch der weite obere Teil des Leibrockes zusammengefasst und das Bruststück vor dem Oberleib anliegend wurde, sodass der geblümte Stoff des Kleides zwischen den Schnüren etwas heraus bauschte. Die weiten Ärmel waren in der Mitte des Oberarmes und Unterarmes mit Spangen dicht angeschlossen und machten um Schultern, Ellenbogen und Hände Bauschen.

Über alles dieses trug sie einen langen, himmelblauen Mantel. Er war unter dem Hals mit einem Geschmeide befestigt und über ihm trug sie eine weiße Krause wie von Federn oder Seidenflecken um den Hals. Der Mantel fiel über beide Schultern zurück, legte sich aber an den beiden Seiten wieder vor und fiel dann in eine spitze Schleppe zurück. Er war am Rand mit goldenen Blumen gestickt.

Die Haare waren unbeschreiblich künstlich verziert. Sie waren auf der Mitte des Hauptes gescheitelt und ungeflochten in viele einzelne feine Strahlen geteilt, die mit weißer Seide und Perlen unterbunden, ein großes Netz bildeten, das über die Schultern zurückfallend den Rücken bis über die Mitte des Mantels, wie mit einem spitz zulaufenden Gewebe bedeckte. Das Ende der Haare war nach innen gerollt es umgab den ganzen Rand dieses Haarnetzes eine Verzierung von Fransen und Perlen.

Auf dem Kopfe trug sie zuerst einen Kranz von weißer roher Seide oder Wolle, oben mit drei Bändern vom selben Stoff in einen Busch geschlossen. Hierüber ruhte eine Krone, etwa handbreit, mit vielem bunten Geschmeide besetzt und durch drei Spangen in einem Knopf oben verbunden.

In der linken Hand trug sie ein Kränzchen von weißen und roten Seidenrosen, in der rechten den Stamm eines schönen übergoldeten Leuchters, an dem kein Fuß, sondern ein Griff über und unter der Hand mit Knöpfen, wie an einem Szepter war. Der Stamm war in der Mitte anschwellend und endete in ein kleines Tellerchen, aus welchem eine weiße Flamme brannte.

Die Schuhe waren etwa zwei fingerdicke Sohlen, worunter hinten und vorne ein Absatz. Diese Sohlen waren ganz von grünem Stoff, als stehe der Fuß auf Rasen und zwei weiße und goldene Riemen hielten sie über dem Fuße fest.

Die Jungfrauen am Tempel flochten das künstliche Haargeflecht Mariä. Ich habe es gesehen, es waren mehrere damit beschäftigt und es ging geschwinder, als man denken sollte.

Anna hatte die schönen Kleider gebracht und Maria war so demütig und wollte sie nicht gerne anlegen.

Nach der Trauung wurde ihr das Haargeflechte um den Kopf aufgeschlagen, die Krone abgenommen, ein milchweißer Schleier bis auf die Mitte des Armes übergehängt und die Krone über dem Schleier aufgesetzt.

Die heilige Jungfrau hatte rötlich gelbe Haare und dunkle, hohe feine Augenbrauen, eine sehr hohe Stirn, große niedergeschlagene Augen mit langen dunklen Wimpern, eine feine gerade längliche Nase, einen sehr edlen, lieblichen Mund, ein spitzes Kinn, eine mäßige Größe und schritt sehr zart, züchtig und ernst in ihrem reichen Putz einher. Sie legte bei ihrer Hochzeit hernach ein anderes gestreiftes, weniger prächtiges Kleid an, von welchem ich ein Stückchen unter meinen Reliquien besitze. Sie trug das gestreifte Kleid auch zu Kana und bei anderen heiligen Gelegenheiten. Das Hochzeitskleid trug sie noch einige Mal im Tempel.

Sehr reiche Leute wechselten bei der Hochzeit drei bis viermal mit Kleidern. In diesen Prachtkleidern hatte Maria eine ähnliche Form wie geschmückte Frauen viel späterer Zeit, z.B. die Kaiserin Helena, ja selbst Kunigundis, so sehr auch die eingewickelte gewöhnliche Kleidung der jüdischen Frauen davon abwich, welche mehr der römischen Art glich.

Joseph trug einen langen, weiten blauen Rock von der Brust bis zum Saum nieder mit Schnüren und Knöpfen geschlossen. Die weiten Ärmel waren an den Seiten auch mit Schnüren geheftet, sie waren weit aufgeschlagen und inwendig wie mit Taschen versehen. Um den Hals hatte er wie einen braunen Kragen, eine Art Stola gelegt und auf der Brust hingen ihm zwei weiße Bahnen nieder.

Nach der Vermählung ging Joseph nach Bethlehem, wo er Geschäfte hatte und Maria zog mit zwölf oder fünfzehn Frauen und Jungfrauen nach dem Hause Annas bei Nazareth. Sie wanderten zu Fuß. Als Joseph wieder gekommen war, sah ich ein Fest in Annas Haus. Außer den gewöhnlichen Hausgenossen waren etwa sechs Gäste und mehrere Kinder zugegen. Es standen Becher auf dem Tisch. Die heilige Jungfrau trug einen mit roten, blauen und weißen Blumen gestickten Mantel und über dem Gesicht einen durchsichtigen und darüber einen schwarzen Schleier.

Ich sah danach Joseph und Maria in dem Haus zu Nazareth. Joseph hatte vorne im Haus, vor dem Küchenraum einen abgesonderten Raum, eine dreieckige Kammer. Beide waren scheu und schlicht voreinander. Sie waren sehr stille und beteten.

Einmal sah ich, dass Anna sich rüstete, nach Nazareth zu gehen. Sie trug ein Bündel unter dem Arm, das sie Maria bringen wollte. Sie ging über eine Ebene und durch ein Gebüsch nach Nazareth, welches vor einer Anhöhe lag. Maria weinte sehr und begleitete Anna noch ein Stückchen Wegs zurück. Joseph war vorne im Hause in seinem Abschlag allein.

Sie hatten keine eigentliche Haushaltung. Sie erhielten alles von Anna. Ich sah Maria spinnen, auch nähen, doch mit weiten Stichen. Die Kleider hatten nicht viele Nähte und waren ganze Bahnen. Auch sticken und mit weißen Stäbchen stricken oder wirken sah ich sie. Sie kochte sehr einfach und während des Kochens wurde das Brot in der Asche gebacken. Sie aßen auch Schafmilch und von Fleisch meist nur Tauben.

2. Das heilige Haus von Nazareth

Das Häuschen in Nazareth, welches Anna für Maria und Joseph eingerichtet. gehörte Anna. Sie konnte aus ihrer Wohnung auf Nebenwegen, ohne bemerkt zu werden, in einer halben Stunde dahin gelangen. Das Häuschen lag nicht weit vom Tor. Es hatte vorne einen kleinen Hofraum und in der Nähe war ein Brunnen, zu dem man auf ein paar Stufen niederstieg. Es lag an einem Hügel. war aber nicht in ihn hinein gebaut, sondern war durch einen schmalen Weg, der von dem Hügel abgegraben war, auf der hinteren Seite von ihm getrennt und es ging oben eine kleine mit Holz eingefasste Fensteröffnung nach dem Hügel hinaus. Es war aber düster dahinten. Der hintere Teil des Häuschens war dreieckig und lag auf höherem Boden, als das Vorhaus. Sein unterer Teil war in Felsen eingeschnitten und der obere war von leichterem Mauerwerk. In diesem hinteren Teil war das Schlafgemach Mariä und hier geschah die Verkündigung des Engels. Dies Gemach hatte durch die um die Mauern aufgestellten, von gröberem Flechtwerk, als die gewöhnlichen leichten Schirmwände, geflochtenen Stellwände eine halbrunde Gestalt. Es waren Waffeln ähnliche Muster eingeflochten und es waren Farben im Flechten benützt, um die Muster heraus zu bringen. Die SchlafsteIle Mariä war an der Seite rechts hinter einem geflochtenen Schirm. An der Seite links war das Schränkchen und der kleine Tisch mit dem Schemel. Es war hier der Betort der heiligen Jungfrau.

Dieser hintere Raum war von dem übrigen Teil des Häuschens durch die Feuerstelle getrennt. Diese war eine gestufte Mauer, in deren Mitte über dem etwas erhöhten Herde ein Rauchkanal bis unter das Dach ging. Das Dach war oben offen und der Rauchfang endete mit einer Röhre hinaus und es war ein kleines Dach über die Öffnung gebaut. Am Ende des Rauchfanges sah ich in späterer Zeit zwei kleine Glocken hängen. Rechts und links neben dem Rauchfang waren über drei schräg aufsteigenden Stufen Türen in den Raum Mariä. In der Mauer des Rauchfangs waren allerlei Öffnungen, worin kleine Geschirre standen, die ich noch in Loretto sehe. Hinter dem Rauchfang war ein Balken von Zedernholz aufgerichtet, an welchen die Mauer des Rauchfanges befestigt war. Von diesem aufrecht stehenden Balken lief ein Querbalken zur Mitte der Hintermauer und in diesen Querbalken waren von den beiden Seitenwänden aus noch andere eingefügt. Diese Balken waren bläulich mit gelben Verzierungen. Man sah zwischen ihnen durch das Dach, das inwendig mit großen Blättern und mit Matten-Teppichen belegt war, welche an drei Stellen in den Winkeln mit Sternen verziert waren. Der an der mittleren Ecke war groß wie der Morgenstern. Später waren mehrere Sterne an der Decke. Über dem horizontalen Balken, der von dem Rauchfang nach der Hinterwand lief, war in der Mitte die Fensteröffnung und unter dieser war die Lampe befestigt. Unter dem Rauchfang lag auch ein Balken. Das Dach war nicht spitz und hoch, sondern ringsum so abgeflacht, dass man rings hinter einem Rand herumgehen konnte. Oben war es platt. Hier war das Rauchloch und die Röhre heraus, worüber ein kleines Dach.

Als die heilige Jungfrau nach Josephs Tod in die Nähe von Kapharnaum zog, wurde das heilige Haus schön ausgeschmückt wie ein heiliger Betort zurückgelassen und Maria ging oft von Kapharnaum aus dahin, den Ort der Menschwerdung zu besuchen und dort zu beten. Petrus und Johannes haben, wenn sie nach Palästina kamen, immer das Haus in Nazareth besucht und darin konsekriert. Wo die Feuerstelle war, war ein Altar aufgerichtet. Das Schränkchen, das Maria gebraucht, war Tabernakel und stand auf dem Altar.

Ich habe schon oft das Bild von der Übertragung des heiligen Hauses nach Loretto gehabt. Ich konnte es lange nicht glauben und habe es doch immer wieder gesehen. Ich sah es von sieben Engeln über das Meer tragen. Es hatte keinen Boden, aber es war eine glänzende Fläche von Licht darunter. An beiden Seiten waren wie Handhaben. Drei Engel trugen auf der einen, drei auf der anderen Seite das Haus. Einer schwebte voraus, der eine lange Lichtbahn um sich hatte.

Ich erinnere mich, dass der hintere Teil des Hauses mit dem Kamin und dem Altar der Apostel und mit dem kleinen Fenster nach Europa übertragen wurde. Und es ist mir, wenn ich daran denke, als habe das andere ein wenig gefährlich daran gehangen, als wenn es zusammen sinken wollte. Ich sehe in Loretto auch das Kreuz, das die heilige Jungfrau in Ephesus gehabt und das von verschiedenem Holz gemacht ist und das auch die Apostel später gehabt hatten. Vor diesem Kruzifix geschehen viele Wunder.

Die Mauer des heiligen Hauses in Loretto ist noch ganz die alte. Selbst der Balken, der unter dem Rauchfang gelegen, ist vollständig mitgekommen. Das wundertätige Mutter-Gottes-Bild steht auf dem Apostelaltar.

3. Mariä Verkündigung

Ich hatte ein Bild von Mariä Verkündigung am Tage des kirchlichen Festes, aber ich empfing dabei wiederum die bestimmte Erklärung, dass Maria vier Wochen früher, am 25. Februar Jesus Christus empfangen habe.

Ich sah die heilige Jungfrau kurze Zeit nach ihrer Vermählung im Haus zu Nazareth. Joseph war nicht da. Er war mit zwei Lasttieren auf dem Weg nach Tiberias begriffen, um sein Gerät zu holen. Es war aber Anna im Haus und ihre Magd und noch zwei von den Jungrfauen welche mitMaria im Tempel gewesen. Im Haus war alles neu von Anna eingerichtet. Gegen Abend beteten sie alle um einen runden Schemel stehend und aßen dann Kräuter, welche aufgetragen wurden. Anna ging noch lange beschäftigt im Haus hin und wieder. Die heilige Jungfrau aber ging die paar Stufen hinauf nach ihrem Gemach. Hier legte sie ein langes wollweißes Betkleid mit einem Gürtel an und nahm einen weißgelben Schleier über das Haupt. Dann trat die Magd herein, zündete die mehrarmige Lampe an und ging wieder weg. Maria nahm ein niedriges Tischchen von der Wand, an der es zusammengeklappt stand und stellte es in die Mitte des Gemachs. Es hatte eine halbrunde Platte, welche vor zwei Füßen nieder hing. Einer davon war doppelt und die eine Hälfte konnte unter den runden Teil der Platte vorgeschoben werden, so dass das Tischchen auf drei Füßen zu stehen kam. Maria legte darüber eine rote und dann eine weiße durchsichtige Decke, welche an der nicht runden Seite nieder hing, unten Fransen und in der Mitte eine gestickte Verzierung hatte. An der runden Seite lag eine weiße Decke aufgerollt. Als das Tischchen aufgestellt war, legte Maria einen kleinen runden Wulst davor und ließ sich, die beiden Hände auf das Tischchen stützend, auf die Knie nieder. Sie hatte den Rücken ihrer SchlafsteIle zugekehrt, die Türe der Kammer war zu ihrer Rechten. Über den Boden war ein Teppich gebreitet. Maria ließ den Schleier über ihr Angesicht nieder und faltete die Hände, nicht die Finger, vor der Brust. Ich sah sie lange so mit höchster Inbrunst beten. Sie betete um die Erlösung und den verheißenen König und dass ihr Gebet doch auch einigen Anteil an seiner Sendung haben möge. Sie kniete lange wie entzückt, das Angesicht gegen Himmel erhoben. Dann senkte sie das Haupt auf die Brust und betete. Dann sah sie zu ihrer Rechten und erblickte einen leuchtenden Jüngling mit fließenden gelben Haaren. Es war der Erzengel Gabriel. Seine Füße berührten die Erde nicht. Er war in einer schrägen Linie von oben in einer Fülle von Licht und Glanz zu Maria niedergeschwebt. Das ganze Gemach war voll Licht. Die Lampe war wie dunkel dagegen. Der Engel sprach mit ihr die beiden Hände leise vor der Brust von sich bewegend. Ich sah die Worte wie leuchtende Buchstaben aus seinem Mund gehen. Maria antwortete, sah aber nicht auf. Und der Engel sprach wieder und Maria lüftete, wie auf Befehl des Engels, den Schleier ein wenig, blickte ihn an und sprach: «Ich bin die Magd des Herrn, mir geschehe, wie du gesagt hast!» Da sah ich sie in tiefer Entzückung. Ich sah die Decke der Stube nicht mehr. Es war eine Lichtwolke über dem Haus und eine Lichtbahn bis in den offenen Himmel. In dem Ursprung dieses Lichtes sah ich ein Bild der Heiligsten Dreifaltigkeit. Es war wie ein dreieckiges Licht und was ich dachte, sah ich darin: den Vater, den Sohn, den Heiligen Geist.

Als Maria gesprochen: «Mir geschehe, wie du gesagt», sah ich die Erscheinung des Heiligen Geistes mit Menschen-Antlitz und mit Scheinen wie Flügeln umgeben. Aus Brust und Händen sah ich drei Lichtergüsse sich in die Rechte der heiligen Jungfrau nieder senken und unter ihrem Herzen sich in Eins verbinden. In diesem Augenblick war Maria ganz durchleuchtet und wie durchsichtig. Es war als ziehe die Undurchsichtigkeit wie Nacht vor diesem Lichterguss zurück.

Indem der Engel und mit ihm die Lichtstrahlen wieder verschwanden, sah ich durch ihre in den Himmel sich hinziehende Lichtbahn viele geschlossene weiße Rosen mit grünen Blättchen auf Maria niederfallen, welche ganz in sich versunken den Mensch gewordenen Sohn Gottes als eine kleine menschliche Lichtgestalt mit allen ausgebildeten Gliedern, selbst den Fingerchen, in sich erblickte. Es war um Mitternacht, als ich dies Geheimnis sah.

Nach einiger Zeit traten Anna und die anderen Frauen herein. Da sie aber Maria in Entzückung sahen, verließen sie die Kammer wieder. Die heilige Jungfrau erhob sich nun, ging zu dem Altärchen an der Wand, rollte das Bild eines gewickelten Kindes in die Höhe und betete unter der Lampe stehend davor. Erst gegen Morgen legte sie sich nieder. Sie war vierzehn Jahre und etwas darüber alt.

Anna hatte die Gnade eines innerlichen Mitwissens. Maria wusste, dass sie den Erlöser empfangen, ja ihr Inneres war ihr erschlossen und so wusste sie schon damals, dass das Königreich ihres Sohnes ein übernatürliches und das Haus Jakobs die Kirche, die Vereinigung der wiedergebornen Menschheit sein werde. Sie wusste, dass der Erlöser der König seines Volkes sein und es rein und siegreich machen werde, dass Er aber, um die Menschen zu erlösen, leiden und sterben werde.

Mir wurde auch gezeigt, warum der Erlöser neun Monate lang im Mutterschoß weilen und als ein Kindlein geboren werden, nicht aber vollendet wie Adam auftreten und nicht die Schönheit Adams im Paradies annehmen wollte. Der menschgewordene Sohn Gottes wollte Empfängnis und Geburt, welche durch den Sündenfall so sehr entheiligt wurden, wieder heiligen. Maria ward seine Mutter und Er ist nicht früher gekommen, weil Maria die erste und einzige Frau war, die allein unbefleckt empfangen worden. Jesus ist dreiundreißig Jahre und dreimal sechs Wochen alt geworden.

Ich dachte noch: hier in Nazareth ist es anders, als in Jerusalem, wo die Frauen nicht den Tempel betreten dürfen. Hier in dieser Kirche zu Nazareth ist eine Jungfrau der Tempel selber und das Allerheiligste ist in ihr.

4. Mariä Heimsuchung

Die Verkündigung Mariä war geschehen, ehe Joseph zurückgekehrt war. Er hatte sich in Nazareth noch nicht ansässig gemacht, als er sich mit Maria auf die Reise nach Hebron begab. Die heilige Jungfrau trug nach der Empfängnis Jesu ein großes Verlangen, ihre Base Elisabeth zu besuchen. Ich sah sie mit Joseph auf der Reise, die gegen Mittag ging. Einmal sah ich sie in einer Hütte von Flechtwänden übernachten, welche mit Laubwerk und schönen weißen Blüten überwachsen war. Sie hatten von da etwa noch zwölf Stunden zum Haus des Zacharia. Bei Jerusalem machten sie einen Umweg gegen Morgen, um einsamer zu reisen. Sie umgingen ein Städtchen, zwei Stunden von Emmaus und wandelten auf den Wegen, die Jesus nachher oft gegangen ist. Sie machten den weiten Weg doch sehr schnell. Sie hatten nun zwei Berge noch zu übersteigen. Ich sah sie zwischen denselben sitzen und Balsamtropfen, die sie auf dem Wege gesammelt, in ihr Trinkwasser mischen und Brot genießen. An den Bergen waren überhängende Felsen mit Höhlen. In den Tälern war es sehr fruchtbar. An dem Wege bemerkte ich besonders eine Blume mit feinen grünen Blättchen und einer Blütentraube von neun blassroten Glöckchen.

Maria trug ein braunes wollenes Unterkleid, darüber ein graues mit Gürtel und eine gelbliche Kopfhülle. Joseph trug in dem Bündel ein langes bräunliches Gewand mit einer Kapuze und vorne mit Bändern, das Maria anlegte, wenn sie zum Tempel oder zur Synagoge ging.

Das Haus des Zacharias lag auf einem einzelnen Hügel, andere Häuser lagen umher. Nicht ferne davon kam ein ziemlicher Bach vom Gebirge herab.

Elisabeth hatte in einem Gesicht erkannt, dass eine ihres Stammes den Messias gebären werde und sie hatte an Maria gedacht, sich sehr nach ihr gesehnt und sie im Geist zu sich kommen gesehen. Sie bereitete rechts im Eingang des Hauses ein Stübchen mit Sitzen. Hier harrte sie auf die Erwartete und sah oft lange nach ihr hinaus. Als Zacharias vom Osterfest zurückkam, sah ich Elisabeth von großer Sehnsucht getrieben aus ihrem Haus eine bedeutende Strecke gegen Jerusalem zugehen. Als der heimkehrende Zacharias sie traf, war er ganz erschreckt, sie in ihren Umständen so weit von Haus entfernt zu finden. Sie sagte ihm, dass sie so bewegt sei und immer denken müsse, ihre Base Maria von Nazareth komme zu ihr. Zacharias aber hielt es für unwahrscheinlich, dass die Neuvermählte einen so weiten Weg jetzt komme. Am andern Tag sah ich jedoch Elisabeth in derselben Gemütsbewegung den Weg wieder hinausgehen und sah die Heilige Familie ihr entgegen kommen.

Elisabeth war bejahrt und groß, hatte ein feines kleines Gesicht und ihr Kopf war eingehüllt. Sie kannte Maria nur dem Ruf nach. Die heilige Jungfrau, Elisabeth erblickend, erkannte sie gleich und eilte Joseph voraus, der sich zurückhielt, ihr entgegen. Maria war schon zwischen den benachbarten Häusern, deren Bewohner über ihre Schönheit erstaunt und von ihrem Wesen gerührt, sich mit einer gewissen Bescheidenheit zurückzogen. Als sie zusammen kamen, grüßten sie sich freundlich mit Darreichung der Hände und ich sah ein Leuchten in Maria und aus ihr einen Strahl in Elisabeth übergehen und Elisabeth ganz wunderbar bewegt. Sie verweilten aber nicht vor den Leuten, sondern gingen sich im Arm führend durch den Hof zur Haustüre, wo Elisabeth Maria nochmals willkommen hieß. Joseph ging seitwärts in eine offene Halle des Hauses zu Zacharias, begrüßte den alten Priester demütig, der eine Tafel hatte und ihm schreibend antwortete.

Maria und Elisabeth traten im Haus in eine Halle, wo auch die Feuerstelle war. Hier fassten sie sich bei den Armen, lehnten die Wangen aneinander und ich sah Licht zwischen beiden nieder strahlen. Da ward Elisabeth ganz innig und trat mit erhobenen Händen zurück und rief aus: «Gebenedeit bist du unter den Frauen und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes. Woher kommt mir das, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt? Sieh, als ich deinen Gruß hörte, hüpfte das Kind freudig unter meinem Herzen. Oh, selig bist du! Du hast geglaubt und es wird vollendet werden, was dir vom Herrn gesagt worden ist.»

Unter den letzten Worten führte sie Maria in das bereitete Kämmerchen, auf dass sie sich setze. Es waren nur ein paar Schritte hin. Maria ließ den Arm der Elisabeth, den sie gefasst hatte, kreuzte die Hände vor der Brust und sprach in Begeisterung den Lobgesang: «Meine Seele verherrlicht den Herrn und mein Geist frohlockt in Gott, meinem Heiland, weil Er geschaut hat auf die Niedrigkeit seiner Magd. Denn sieh, von nun an werden alle Geschlechter mich selig preisen, weil Großes mir getan, der mächtig und dessen Name heilig und dessen Barmherzigkeit von Geschlecht zu Geschlecht bei denen ist, die Ihn fürchten.

Er hat Macht in seinen Arm gesetzt und zerstreut die Stolzen in ihres Herzens Sinn. Er hat die Mächtigen von ihrem Sitz abgesetzt und die Niedrigen erhöht. Die Hungernden hat Er mit Gütern erfüllt und die Reichen leer entlassen. Er hat Israel, seinem Sohn aufgeholfen, eingedenk seiner Barmherzigkeit, wie Er gesprochen hat zu unseren Vätern, zu Abraham und seinen Nachkommen für die Ewigkeit.»

Elisabeth aber sah ich das ganze Gebet in gleicher Begeisterung mitbeten. Nun setzten sie sich auf niedrige Sitze und es stand ein kleiner Becher auf dem Tischchen. Ich war aber so selig! Setzte mich auch in die Nähe und habe alles mitgebetet.

Joseph und Zacharias sehe ich noch beieinander. Sie unterhalten sich auf eine Tafel schreibend immer von der Nähe des Messias. Zacharias ist ein großer schöner Greis, priesterlich gekleidet. Sie sitzen an der Seite des Hauses in einer offenen Halle, die in den Garten sieht. Elisabeth und Maria sitzen nun im Garten unter einem großen breiten Baum auf einer Decke. Hinter dem Baum ist ein Brunnen. Es springt Wasser heraus, wenn man an einem Zapfen zieht. Ich sehe Gras und Blumen umher und Bäume mit kleinen gelben Pflaumen. Sie essen miteinander kleine Früchte und Brötchen aus der Reisetasche Josephs. Welche rührende Einfalt und Mäßigkeit ! Zwei Mägde und zwei Diener sind im Haus. Sie bereiten einen Tisch unter einem Baum. Joseph und Zacharias kommen und essen einiges. Joseph wollte gleich wieder heim. Er wird aber acht Tage bleiben. Er weiß nichts von der Empfängnis Mariä. Die Frauen schweigen davon, sie hatten beide einen geheimen Bezug in ihrer Empfindung aufeinander.

Da alle beisammen waren, beteten sie eine Art Litanei und ich sah mitten in derselben ein Kreuz erscheinen und war doch damals kein Kreuz. Ja, es war, als besuchten sich zwei Kreuze.

Am Abend saßen sie alle wieder zusammen bei einer Lampe unter dem Baum des Gartens. Es war eine Decke wie ein Zelt unter dem Baum ausgespannt und es standen niedrige Stühle mit Lehnen umher. Joseph und Zacharias sah ich dann nach einem Gebetsort und Elisabeth und Maria in ihr Kämmerchen gehen. Sie waren ganz innig und beteten das Magnifikat zusammen. Die heilige Jungfrau trug einen schwarzen durchsichtigen Schleier, den sie niedersenkte, wenn sie mit Männern sprach.

Zacharias führte Joseph am folgenden Tag nach einem andern vom Hause abgelegenen Garten. Zacharias ist in allem sehr ordentlich and akkurat. Der Garten ist mit schönen Bäumen und Stauden besetzt, die voll Früchte sind. In der Mitte ist ein Laubgang und am Ende ein Häuschen mit dem Eingang von der Seite. Oben sind Öffnungen mit Schiebern als Fenster. Es steht ein geflochtenes Lager mit Moos oder sonst einem feinen Kraut darin und auch zwei kindergroße weiße Figuren. Ich weiß nicht recht, wie sie dahin kamen, auch nicht, was sie bedeuten sollten, aber sie scheinen mir Zacharias und Elisabeth sehr ähnlich, nur weit jünger.

Maria und Elisabeth sehe ich viel beisammen. Maria hilft bei allem im Haus mit und bereitet allerlei Gerät für das Kind. Und mit Elisabeth strickt sie an einer großen Decke, einen Lagerteppich für Elisabeth. Sie arbeiten auch für Arme.

Anna sendet während Mariä Abwesenheit oft ihre Magd nach Nazareth in Mariä Haus, um nachzusehen und ich habe sie selber einmal dort gesehen.

Zacharias und Joseph sah ich Tags darauf die Nacht in dem Garten, der vom Haus entfernt liegt, zubringen. Sie schliefen teils im Gartenhäuschen, teils beteten sie unter freiem Himmel. Sie kehrten ganz früh nach Hause zurück. Elisabeth und die heilige Jungfrau waren im Haus geblieben. Sie beten immer morgens und abends den Lobgesang Magnifikat miteinander, den Maria bei dem Gruß Elisabeths vom Heiligen Geist empfangen hat. Sie stehen dabei in dem Kämmerchen Mariä einander wie im Chor an den Wänden gegenüber, die Hände vor der Brust gekreuzt und ihre schwarzen Schleier über das Gesicht herabgelassen. Unter dem Abbeten des Magnifikat, bei dem zweiten Teil, der sich auf die Verheißung Gottes bezieht, sah ich die Vorgeschichte des Geheimnisses der heiligsten Menschwerdung und des heiligsten Altarsakraments von Abraham herab bis auf Maria. Ich sah Abraham, wie er den Isaak opferte, sah das Geheimnis der Bundeslade, das Moses in der Nacht vor dem Auszug aus Ägypten erhalten und wodurch er gestärkt wurde, aufzubrechen und alles zu überwinden. Ich erkannte seine Beziehung auf die heiligste Menschwerdung und es war, als sei dies Geheimnis nun in Maria erfüllt oder lebendig geworden. Auch den Propheten Jesajas und seine Weissagung der Jungfrau sah ich und von ihm herab bis auf Maria Bilder von der Annäherung des heiligsten Sakraments. Ich entsinne mich noch, dass ich das Wort vernahm: von Vätern zu Vätern bis auf Maria sind mehrmals vierzehn Geschlechter. Ich sah auch das Blut Mariä in ihren Voreltern beginnen und wie es immer zur Menschwerdung näher gekommen. Ich habe nicht die Worte, dies deutlicher zu beschreiben, ich kann nur sagen, dass ich bald hier bald da Menschen von der verschiedensten Art sah und als wenn sich ein Lichtstrahl aus ihnen zöge, an dessen Ende ich immer Maria sah, wie sie in diesem Augenblick bei Elisabeth war. Ich sah diesen Strahl zuerst aus dem Geheimnis der Bundeslade ausgehen und zu Maria hinziehen. Dann sah ich Abraham und von ihm den Strahl wieder in Maria enden und so fort. Abraham muss ganz nah von dem jetzigen Aufenthalt damals gewohnt haben. Denn ich sah während des Magnifikat den Strahl von ihm ganz nahe ausgehen, während ich Strahlen von Personen, welche der Mutter Gottes in der Zeit näher standen, aus weiterer Ferne kommen sah. Diese Strahlen waren so fein und hell wie der Sonnenstrahl, wenn die Sonne durch eine Öffnung scheint. Das Blut Mariä sah ich in einem solchen Strahl rot und leuchtend schimmern und es wurde mir gesagt: Siehe! So rein wie dieses rote Licht muss das Blut der Jungfrau sein, aus welcher Gott die Menschheit annehmen soll.

Einmal sah ich auch, dass am Abend Maria und Elisabeth nach dem Landgut des Zacharias gingen. Sie hatten kleine Brote und Früchte in Körbchen mitgenommen, sie wollten die Nacht dort bleiben. Joseph und Zacharias folgten nach. Bei ihrem Eintritt sah ich Maria ihnen entgegen gehen. Zacharias hatte sein Täfelchen bei sich. Aber es war dunkel zum Schreiben und ich sah Maria ihn anreden und ihm sagen, dass er sprechen sollte diese Nacht. Ich sah, dass er die Tafel wegsteckte und in der Nacht mit Joseph sprach. Ich habe es so gesehen und bin darüber erstaunt. Da sagte mein Führer zu mir: was ist denn das? Und zeigte mir das Bild von dem heiligen Goar, wie er seinen Mantel an die Sonnenstrahlen, wie an einen Hacken hängte. Ich erhielt nun die Weisung, dass ein lebendiges Vertrauen in Einfalt alles wesentlich und zur Substanz mache. Diese beiden Ausdrücke gaben mir einen großen inneren Aufschluss über alle Wunder. Ich kann es nicht so wieder sagen.

Sie alle brachten die Nacht in dem Garten zu. Sie saßen oder gingen paarweise sprechend oder betend hin und wieder und waren abwechselnd in dem kleinen Häuschen zu ruhen. Ich hörte auch, dass am Sabbat-Abend Joseph nach Haus zurückkehren und dass Zacharias ihn bis Jerusalem begleiten werde. Es war Mondschein und ein schöner Sternhimmel. Es war unbeschreiblich still und schön bei den heiligen Leuten.

Ich hatte auch einmal einen Blick in das Kämmerchen der heiligen Jungfrau. Es war Nacht. Sie ruhte auf der Seite liegend, die Hand unter dem Haupt. Sie hatte eine etwa ellenbreite Bahn von weißem Wollzeug über ihr braunes Unterkleid vom Kopf bis zu den Füßen gewickelt. Sie nahm, wenn sie sich zur Ruhe begab, ein Ende dieser Bahn unter den Arm und wickelte sie um den Kopf und Oberleib bis auf die Füße und wieder herauf, so dass sie ganz darin eingehüllt war und keine großen Schritte machen konnte. Sie tat dieses dicht an ihrem Lager, das zu Häupten einen kleinen Wulst hatte. Die halben Arme waren frei. die Kopfverschleierung öffnete sich gegen die Brust.

Oft sehe ich unter dem Herzen Mariä eine Glorie und in Mitte derselben ein unbeschreiblich helles Flämmchen. Auch über dem Leib Elisabeths erblicke ich eine Glorie, aber das Licht in derselben nicht so helle.

Als der Sabbat begann, sag ich in einem Raum von Zachariä Haus, den ich noch nicht kannte, die Lampe anstecken und den Sabbat feiern. Zacharias, Joseph und etwa noch sechs Männer aus der Gegend beteten unter der Lampe um einen Kasten stehend auf dem Schriftrollen lagen. Sie hatten Tücher über den Kopf hängen, machten aber bei dem Gebet nicht so viele verdrehte Leibesbewegungen, wie die jetzigen Juden, wenn sie gleich manchmal das Haupt senkten und die Arme emporhoben.

Maria, Elisabeth und noch ein paar andere Frauen standen getrennt in einem vergitterten Verschlag, aus dem sie in den Betort schauten. Sie waren alle mit Betmänteln über den Kopf verhüllt.

Den ganzen Sabbat sah ich Zacharias in seinem Feierkleid, einem langen weißen Gewand mit nicht allzu weiten Ärmeln. Er war mit einem breiten Gürtel mehrmal umwunden, welcher mit Buchstaben beschrieben war und an welchem Riemen nieder hingen. An diesem Gewand war hinten eine Kapuze befestigt. welche in Falten vom Kopf auf den Rücken nieder hing, wie ein hinten gefältelter Schleier. Wenn er etwas tat oder wohin ging, so schlug er dies Gewand über die eine Schulter mitsamt den Gürtelenden empor und steckte dieses Geschürzte an der andern Seite unter dem Arm in den Gürtel. Er hatte die beiden Beine weit umwickelt und diese Umwickelung war von den Riemen gefasst, mit welchen die Sohlen an die blossen Füße befestigt waren. Er zeigte Joseph auch seinen Priestermantel, welcher sehr schön war. Es war ein weiter, schwerer Mantel, weiß und purpurn durcheinander blitzend und war auf der Brust mit drei Geschmeide-Schlössern geschlossen. Er hatte keine Ärmel.

Als der Sabbat aus war, sah ich sie zuerst wieder essen. Sie aßen zusammen im Garten bei dem Haus unter dem Baum. Sie aßen grüne Blätter, die sie eintauchten und saugten eingetunkte grüne Bäuschchen aus, auch waren Schüsselchen mit kleinen Früchten und andere Schüsseln auf dem Tisch, woraus sie etwas mit durchsichtigen braunen Spateln aßen, ich glaube, es mag Honig gewesen sein, den sie mit hornernen Spateln aßen. Auch kleine Brote sah ich aufgetragen, welche sie aßen.

Hierauf bei Mondschein in einer stillen Nacht voll Sternen trat Joseph von Zacharias geleitet seine Rückreise an. Sie beteten erst alle getrennt. Joseph hatte wieder sein Bündelchen bei sich, worin Brötchen und ein kleines Krüglein seinen Stab, der oben krumm war. Zacharias hatte einen langen Stab, oben mit einem Knopf. Sie hatten beide Reisemäntel über den Kopf geschlagen. Ehe sie gingen, umarmten sie Maria und Elisabeth wechselseitig, indem sie dieselben ans Herz drückten. Küssen sah ich damals nicht. Sie schieden ganz heiter und ruhig und die beiden Frauen begleiteten sie noch ein Stückchen. Dann wandelten sie allein durch die unbeschreiblich liebliche Nacht.

Maria und Elisabeth gingen nun ins Haus zurück in die Kammer Mariä. Es brannte in dieser eine Lampe auf einem Arm aus der Wand, wie immer, wenn sie betete und schlafen ging. Die beiden Frauen standen sich wieder verschleiert gegenüber und beteten das Magnifikat. Sie beteten die ganze Nacht. Ich weiß die Ursache nicht mehr. Am Tag sehe ich Maria allerlei Arbeit tun, z.B. Decken flechten.

Joseph und Zacharias sah ich noch unterwegs. Sie brachten in einem Schuppen die Nacht zu. Sie hatten große Umwege gemacht. und ich glaube, allerlei Leute besucht. Sie brauchten drei Tage zu ihrer Reise.

Joseph sah ich wieder zu Nazareth in seinem Haus. Annas Magd besorgte ihm alles und ging ab und zu von Anna. Außerdem war Joseph allein.

Zacharias sah ich auch zu Hause angekommen. Ich sah Maria und Elisabeth wie immer das Magnifikat beten und allerlei arbeiten. Gegen Abend wandelten sie im Garten, wo ein Brunnen war, was dort nicht häufig ist, weswegen sie auch immer ein Krüglein mit Saft bei sich hatten. Sie gingen auch meist gegen Abend, wenn es kühl war, in der Umgegend spazieren, denn Zacharias Haus lag einzeln und von Fluren umgeben. Gewöhnlich legten sie sich um neun Uhr zu Bett, standen aber immer wieder vor Sonnenaufgang auf.

Die heilige Jungfrau blieb drei Monate bis nach der Geburt des Johannes bei Elisabeth und reiste noch vor der Beschneidung nach Nazareth zurück. Joseph kam ihr die Hälfte des Weges entgegen und nun bemerkte er, dass sie gesegneten Leibes. Aber er äußerte sich nicht und kämpfte mit seinen Zweifeln. Maria, welche dies voraus besorgt hatte, war ernst und nachdenklich und dies vermehrte seine Unruhe. In Nazareth begab sich Maria zu den Eltern des Diakon Parmenas und blieb einige Tage dort. Die Unruhe Josephs stieg dermaßen, dass er, als Maria in das Haus zurückkehrte, sich entschloss zu fliehen. Da erschien ihm der Engel und tröstete ihn.

5. Festbilder

Ich sah ein wunderbares, fast unbeschreibliches Festbild. Die Kirche war wie eine ganz dünn und zart erscheinende achteckige Frucht auf einem Stiel gewachsen, der mit seinen Wurzeln über einer wallenden Quelle die Erde berührte. Der Stiel war nicht höher, als dass man unten zwischen Kirche und Erde durchsehen konnte. Vorne war ein Eingang in die Kirche über der Quelle, welche immer wallte und weißes wie Sand oder Erde nach beiden Seiten auswarf und rings alles grün und fruchtbar machte. Von dieser Vorderseite ging keine Wurzel über die Quelle. Innerhalb der Kirche war in der Mitte, gleich der Samenkapsel in einem Apfel, ein Behälter aus verschiedenen zarten, weißen Fäden aufwachsend und in den verschiedenen Räumen, welche er enthielt, befanden sich Wesen, wie die Kerne im Apfel. Im Boden der Kirche war eine Öffnung, durch die man gerade in den wallenden Brunnen nieder sah. Ich sah einzelne Kerne wie welk und verdorben in den Brunnen niederfallen. Während dem war die Frucht immer mehr in der Entwicklung zu einer Kirche und die Samenkapsel stand endlich wie ein Kunstgerüst, wie ein durchbrochener Kunststrauß in der Mitte. Und ich sah die heilige Jungfrau und Elisabeth darin stehen und sah, dass sie selbst wieder wie zwei Tabernakel von Heiligem und Allerheiligstem waren. Ich sah die beiden heiligen Frauen sich gegeneinander wenden und sich begrüßen. Da traten aus ihnen zwei Gestalten hervor, Johannes und Jesus. Johannes lag, mit dem Kopf in den Schoß gekrümmt, bereits größer an der Erde. Jesus aber sah ich wie ein kleines Lichtkind gerade so, wie ich das oft in dem heiligen Sakrament sehe, zu ihm hintreten. Er stand schwebend aufrecht und ich sah, dass Er wie einen weißlichen Nebel von dem mit dem Angesicht auf der Erde liegenden Johannes abstreifte. Und dieses Abgestreifte fiel durch die Öffnung nieder in den Brunnen und wurde von demselben verschlungen. Dann hob Er den kleinen Johannes in die Höhe und umarmte ihn und sie traten wieder in ihre Mütter zurück, welche unterdessen das Magnifikat gesungen hatten.

Ich sah auch unter dem Magnifikat von beiden Seiten durch die Kirchenwände Joseph und Zacharias hinzutreten, dann immer mehrere und das Ganze entwickelte sich immer mehr zu einer Kirche und Feierlichkeit. Rings wuchs Weinlaub um die Kirche und wurde zu dicht und musste geschnitten werden.

Die Kirche kam nun an den Boden, es ward ein Altar in ihr und durch das Loch über dem wallenden Quell wuchs ein Taufstein hervor. Viele gingen durch die Türe ein und es war zuletzt ein großes vollkommenes Kirchenfest. Alle Übergänge in Formen und Handlungen waren ein ruhiges Wachsen. Ich kann nicht alles erzählen, es fehlen mir die Worte.

Am Johannisfest hatte ich ein anderes Festbild. Die achteckige Kirche war durchsichtig wie von Kristall oder von Wasserstrahlen erbaut. Mitten in ihr war ein Quellbrunnen, über dem sich ein Türmchen erhob. Ich sah Johannes dabei taufen. Dann änderte sich das Bild. Aus dem Brunnen wuchs ein Blütenstengel und rings um ihn standen acht Säulen eine pyramidalische Krone tragend, auf welcher die Großeltern von Anna, Elisabeth und Joseph standen und Maria und Joseph und die Eltern von Zacharias, die Eltern Josephs etwas ferner von dem Hauptstamm. Johannes stand oben auf dem Mittelstamm. Es war, als gehe eine Stimme von ihm aus und ich sah Völker und Könige in die Kirche einziehen und von einem Bischof das heilige Sakrament empfangen. Ich hörte auch, dass Johannes von ihrem größeren Glück sprach.

6. Vorbereitung der heiligen Jungfrau zu Christi Geburt. Reise nach Bethlehem

Ich sehe die heilige Jungfrau seit mehreren Tagen bei Anna. Joseph aber im Haus zu Nazareth allein, wo eine Magd Annas ihm die Haushaltung führt. Sie erhielten überhaupt ihren Unterhalt aus Annas Haus, so lange diese lebte. Ich sehe die heilige Jungfrau bei Anna an Teppichen und Binden nähen und sticken. Es ist eine große Geschäftigkeit im Haus. Joachim muss schon lange tot sein. Ich sehe den zweiten Mann Annas im Haus und ein Mägdlein von sechs bis sieben Jahren, welches Maria zur Hand ging und von ihr belehrt wurde. Wenn es nicht eine Tochter der Anna war, so war es von Maria Cleophä und hieß auch Maria.

Ich sah Maria mit anderen Frauen in einer Stube sitzen und mancherlei große und kleinere Decken bereiten. Sie hatten einige auch mit Gold und Silber gestickt. Ein großer Teppich, woran jede mit zwei Stäbchen aus Rollen von bunter Wolle strickte, lag zwischen ihnen in der Mitte in einem Kasten. Anna war sehr geschäftig, ging hin und her, empfing und gab Wolle. Alle erwarten, dass Maria in Annas Haus gebären werde. Die Decken und dergleichen werden teils für die Niederkunft Mariä bereitet teils zu Geschenken für Arme. Es ist alles gut im Überfluss und reichlich bereitet. Sie wissen nicht. dass Maria nach Bethlehem wird reisen müssen.

Joseph ist nun mit Opfervieh auf dem Weg nach Jerusalem. Die Zeit vor Christi Geburt, wie ich sie sehe, ist wohl vier Wochen früher, als unsere Weihnacht. Ich sehe sie um Katharinatag und auch Maria Verkündigung gegen Ende Februar.

Joseph sah ich von Jerusalem zurückgekehrt. Er hatte Opfervieh dahin gebracht und in dem Haus vor dem Bethlehemer Tor eingestellt, wo sie auch vor Mariä Reinigung später einkehrten. Es war ein Essener Haus. Er ging von da nach Bethlehem, besuchte aber seine Verwandten nicht. Er sah sich nach einer Baustelle und nach Gelegenheit um, Holz und Geräte zu haben. Denn er wollte, wenn Maria in Nazareth geboren haben würde, im Frühjahr danach mit ihr hierher ziehen. Er suchte sich einen Platz nicht weit von der Wohnstelle der Essener aus. Er war nicht gerne in Nazareth. Von Bethlehem kehrte Joseph wieder nach Jerusalem zurück, um sein Opfer zu bringen. Als er auf der Heimreise von Jerusalem um Mitternacht über das Feld Chimki, etwa sechs Stunden von Nazareth, zog, erschien ihm ein Engel und sagte ihm, er solle alsbald mit Maria nach Bethlehem reisen, denn ihr Kind solle dort geboren werden. Er solle nur wenig und geringes Gerät mitnehmen und namentlich keine Spitzen und gestickte Decken. Der Engel bestimmte ihm alles. Joseph war darüber sehr bestürzt. Es wurde ihm auch gesagt, dass er außer dem Esel, worauf Maria sitze, eine einjährige Eselin mitnehme, welche noch nicht geworfen. Diese solle er mit sich frei laufen lassen und den Wegen folgen, welche sie gehe.

Ich sah Joseph und Maria im Hause zu Nazareth und auch Anna. Er sagte ihnen, was ihm verkündet sei und sie bereiteten sich auf die Reise. Anna war sehr bekümmert darüber. Die heilige Jungfrau hatte es innerlich wohl gewusst, dass sie ihr Kind in Bethlehem gebären solle. Sie hatte aber aus Demut geschwiegen. Sie wusste es aus den Prophezeiungen. Sie hatte alle die prophetischen Schriften auf die Geburt des Messias in ihrem Schränkchen zu Nazareth, sie las sie sehr oft und flehte um ihre Erfüllung. Sie hatte sie von ihren Lehrerinnen am Tempel empfangen und von diesen heiligen Frauen sich darin unterrichten lassen. Es war immer ihr Gebet um die Ankunft des Messias, immer pries sie zum voraus diejenige selig, welche das heilige Kind gebären sollte und wünschte, als die niedrigste Magd ihr zu dienen. Nie gedachte sie in ihrer Demut, dass sie selbst es sein könne. Aus diesen ProphetensteIlen wusste sie nun, dass der Heiland in Bethlehem werde geboren werden. Um so lieber fügte sie sich dem göttlichen Willen und trat die Reise an, weIche in dieser Jahreszeit sehr beschwerlich für sie war, denn es war in den Gebirgen sehr kalt. Maria hatte ein unaussprechliches Gefühl, dass sie nur arm sein könne und müsse. Sie konnte nichts Äußerliches haben, denn sie hatte alles in sich. Sie wusste dass sie die Mutter des Sohnes Gottes werde und wusste und fühlte, dass wie durch eine Frau die Sünde in die Welt gekommen, so nun durch eine Frau die Sühnung geboren werden solle. In diesem Gefühl hatte sie gesprochen: ich bin eine Magd des Herrn. Ich vernahm auch, dass Jesus um Mitternacht vom Heiligen Geist empfangen und um Mitternacht geboren wurde.

Ich sah Joseph und Maria in Begleitung von Anna, Maria Cleophä und einigen Knechten in der Stille die Reise von Annas Haus antreten. Ein Esel trug einen bequemen Quersitz für Maria und ihr Gepäck. Auf dem Feld Chimki, wo der Engel dem Joseph erschienen war, hatte Anna ein Weidefeld. Hier mussten die Knechte die einjährige Eselin holen, welche Joseph mitnehmen sollte. Sie lief der heiligen Familie nach. Hier trennten sich Anna und Maria Cleophä und die Knechte von Joseph und Maria nach einem rührenden Abschied. Ich sah diese noch eine Strecke weiter ziehen und in einem sehr hoch gelegenen Haus einkehren, wo sie gut aufgenommen wurden. Ich meine, es war der Pächter von einem Hof, der das Haus Chimki hieß und zu dem Feld gehörte. Man konnte von da sehr weit, ja das Gebirge bei Jerusalem sehen.

Darauf sah ich die heilige Familie in einem sehr kalten Tal gegen einen Berg ziehen. Es hatte gereift und geschneit. Es war etwa vier Stunden weiter vom Haus Chimki. Maria fror erstaunlich. Sie hielt bei einem Terebinthen-Baume und sagte: wir müssen ruhen: ich kann nicht mehr. Joseph machte ihr einen Sitz unter dem Baum. Er stellte auch ein Licht in den Baum. Das sah ich dort bei Nachtreisen oft tun. Die heilige Jungfrau flehte heftig zu Gott, Er möge sie doch nicht erfrieren lassen. Da kam auf einmal eine große Wärme in sie, so dass sie dem heiligen Joseph ihre Hände reichte, sich daran zu erwärmen. Sie erquickte sich hier etwas mit Speise. Der mitlaufende, wegweisende Esel war hier auch stille gestanden. Er lief sonst ganz wunderbar um sie her. Auf geraden Wegen, etwa zwischen Bergen, wo man sich nicht irren konnte, lief er bald hinten nach, bald war er ganz weit voraus. Wo der Weg aber sich teilte, erschien er immer wieder und lief den rechten Weg und wo sie Halt machen sollten, blieb er stehen. Joseph sprach hier zu Maria von der guten Unterkunft, welche er in Bethlehem zu finden hoffte. Er sagte, dass er bei guten Leuten eine Herberge kenne, wo sie um billiges Geld bequemen Raum haben würden. Es sei besser etwas zu bezahlen als umsonst zu wohnen. Er lobte ihr Bethlehem überhaupt und tröstete sie.

Ich sah danach die heilige Familie an einem großen Bauernhof ankommen. Die Frau war nicht zu Haus. Der Mann wies den heiligen Joseph ab, er könne wohl noch weiter kommen. Es war dieses Haus etwa zwei Stunden weiter als der Terebinthen-Baum. Sie zogen nun noch weiter und fanden die Eselin in einem leeren Hirten-Schuppen wo sie einkehrten. Es waren einige Hirten da, welche ausräumten. Sie waren ihnen ganz freundlich, gaben ihnen auch noch Stroh und kleine Reiser oder Schilfbündel zum Feuern. Diese Hirten gingen auch nach dem Haus, wo sie abgewiesen worden waren und sprachen, welche schöne, wunderbare Frau und welch ein liebreicher, frommer Mann diese Reisenden seien. Die Frau jenes Bauern war nun auch nach Haus gekommen und zankte, dass er sie abgewiesen. Ich sah sie auch in die Nähe der Hütte gehen, wo sie eingekehrt waren, aber sie scheute sich, einzutreten.

Diese Hütte war an der Mitternachts-Seite des Gebirges, an dessen Mittags-Seite Samaria und Thebez liegen. Gegen Morgen dieser Gegend lagen diesseits am Jordan Salem und Ainon und jenseits Sukkot. Es war ungefähr zwölf Stunden von Nazareth. Die Frau kam doch noch mit zwei Kindern und war ganz freundlich und gerührt. Auch der Mann kam und bat um Vergebung und wies sie, nachdem sie sich ein wenig erquickt hatten, etwa eine Stunde mehr Berg auf nach einer Herberge.

Als sie davor ankamen, entschuldigte sich der Wirt gegen Joseph, dass sehr viele Leute in seinem Haus seien. Als aber die heilige Jungfrau hinzutrat und um Herberge bat, wurde die Frau des Wirtes sehr gerührt und auch der Mann. Er machte ihnen in einem nahegelegenen Schuppen Raum, stellte auch den Esel ein. Die Eselin war nicht da, sie lief im Feld herum. Wo es nicht notwendig war, war sie immer abwesend. Es war hier eine ziemlich ansehnliche Herberge, mehrere Häuser, Baum- und Lustgärten, auch Balsamstauden, doch lag das Gut noch an der Nordseite. Sie blieben da über Nacht und den ganzen folgenden Tag, denn es war Sabbat.

Am Sabbat kam die Wirtin mit ihren drei Kindern zu Maria und auch die Frau des vorigen Hauses mit ihren zwei Kindern. Maria unterhielt sich mit den Kindern und lehrte sie. Sie hatten kleine Pergamentrollen, aus denen sie lesen mussten. Auch ich durfte vertraulich mit Maria sprechen. Sie hat mir gesagt, wie unendlich selig es ihr in ihrem Zustand sei, sie fühle keine Beschwerde, aber manchmal sei ihr innerlich so unendlich groß und sie schwebe wie in sich selbst. Sie fühle, dass sie Gott und den Menschen umgebe und dass der, den sie umgebe, sie trage.

Joseph ging mit dem Wirt auf seine Felder. Diese Herbergsleute gewannen Maria sehr lieb und hatten großes Mitleiden mit ihrer Lage. Sie wollten sie bei sich zurückhalten und zeigten ihr die Stube, welche sie ihr einräumen wollten. Sie trat aber früh Morgens mit Joseph die Weiterreise an. Sie zogen nun etwas morgendlicher längs des Gebirges in einem Bergtal fort und entfernten sich mehr von Samaria, auf welches sie früher hinzugehen schienen. Man konnte den Tempel auf Garizim sehen. Es waren viele Figuren wie Löwen oder andere Tiere auf dem Dach, die in der Sonne weiß glänzten.

Der Weg führte sie in die Ebene oder das Feld von Sichem hinab und nach einer Reise von etwa sechs Stunden kamen sie an ein einzelnes Bauernhaus, wo sie gut aufgenommen wurden. Der Mann war ein Aufseher über Felder und Baumgärten, weIche zu einer nahe liegenden Stadt gehörten. Es war hier wärmer und alles in besserem, fruchtbarerem Stand, als wo sie vorher gewesen. Es war hier die Sonnenseite, was im Gelobten Land einen großen Unterschied in dieser Jahreszeit macht. Das Haus lag noch nicht ganz in der Ebene, sondern am südlichen Abhang des Gebirges, das von Samaria aus gegen Morgen läuft. Die Leute waren von jenen Hirten, mit deren Töchter sich später die Knechte verehlichten, welche von dem Zug der Heiligen drei Könige zurückblieben. Auch Jesus hat sich später hier oft aufgehalten und gelehrt. Es waren Kinder hier im Haus, welche Joseph segnete, ehe er weg reiste.

Ich sah ihn mit Maria durch die Ebene von Sichem weiter ziehen. Die heilige Jungfrau geht manchmal zu Fuß, auch rasten sie dann und wann an bequemen Stellen und erquicken sich. Sie haben kleine Brote bei sich und ein kühlendes und doch stärkendes Getränk in kleinen, zierlichen Krügen, die braun und glänzend wie Erz sind. Der Sitz Mariä auf dem Esel ist nicht so, dass die Beine ganz niederhängen. Es ist links und rechts eine Wulst an dem Sitz, worauf die Beine mehr untergeschlagen liegen, als hängen. Die Lehne ist über dem Nacken des Esels und Maria sitzt wechselnd bald links, bald rechts. Sie sammeln auch manchmal Beeren und Früchte, die an manchen Sonnenstellen noch an den Bäumen hängen. Das erste, was Joseph immer tut, ist, Mariä in der Herberge einen bequemen Sitz oder ein Lager zubereiten. Dann wäscht er sich die Füße und so auch die heilige Jungfrau. Sie waschen sich überhaupt oft.

Es war ganz dunkel, als sie an ein einzeln liegendes Haus kamen. Joseph pochte und bat um Herberge. Der Mann aber darin wollte nicht aufmachen. Joseph stellte seine Lage vor und dass seine Frau nicht weiter könne. Der Wirt aber war unerbittlich: er wolle seine Ruhe haben. Und da Joseph sagte, er wolle ja nichts umsonst haben, gab er zur Antwort: es sei hier keine Herberge, er wolle das Gepoche nicht haben. Er machte nicht einmal die Tür auf. Sie zogen nun eine kleine Strecke weiter zu einem Schuppen. Joseph machte Licht und bereitete Maria ein Lager, wozu sie mithalf. Er führte den Esel herein und fand noch Streu und Futter für ihn. Sie ruhten hier ein wenig und ich sah sie früh noch im Dunkeln aufbrechen. Sie mögen vom vorigen Ort hierher ungefähr sechs Stunden gehabt haben und etwa sechsundzwanzig von Nazareth und zehn von Jerusalem entfernt sein. Das Haus hier lag eben. Nun aber wurde der Weg wieder aufsteigend in der Richtung von Gabatha nach Jerusalem. Sie sind bisher auf keiner großen Landstraße gereist, haben aber mehrere Handelsstraßen durchschnitten, welche vom Jordan her nach Samaria und in die Straßen laufen, welche von Syrien nach Ägypten führen. Die Wege außer diesen breiten Straßen, die sie kamen, sind sehr schmal und im Gebirge oft so, dass ein Mensch schon geschickt darauf gehen muss. Die Esel aber können überaus sicher gehen.

Ich sah sie nun an einem Haus ankommen, wo der Mann anfänglich grob gegen Joseph war. Er leuchtete Maria ins Gesicht und spottete Joseph, dass er eine so junge Frau habe. Die Hausfrau aber nahm sie auf und brachte sie in das Nebenhaus und reichte ihnen kleine Brote.

Als sie von hier weiter zogen, nahmen sie die nächste Herberge in einem großen Bauernhaus, wo sie auch nicht besonders freundlich aufgenommen wurden. Die noch jungen Herbergsleute bekümmerten sich gar nicht um sie. Sie waren nicht einfache Hirten, sondern wie hier zu Lande große Bauern, mit der Welt, mit Handel und dergleichen verwickelt. Einen alten Mann sah ich am Stock im Haus herumgehen. Von hier aus hatten sie noch sechs bis sieben Stunden nach Bethlehem. Aber sie zogen nicht auf dem geraden Weg dahin, weil er in dieser Jahreszeit zu beschwerlich und zu bergig war. Sie folgten der Eselin quer durch das Land zwischen Jerusalem und dem Jordan ich sah sie um die Mittagszeit vor einem großen Hirtenhaus ankommen, das etwa zwei Stunden von dem Taufort des Johannes am Jordan entfernt war und worin Jesus auch einmal nach seiner Taufe übernachtete. Neben dem Haus war ein eigenes Haus für die Ackerbau- und Hirten-Gerätschaften und im Hof war ein Brunnen, aus dem in Röhren das Wasser in die Badewannen drumher floss. Es war hier eine große Wirtschaft. Es kamen und gingen viele Knechte, welche da aßen. Der Mann empfing die Reisenden sehr liebevoll und war sehr dienstwillig. Ein Knecht musste Joseph am Brunnen die Füße waschen. Er reichte ihm andere Kleider und lüftete die seinen und strich sie aus. Maria wurden durch eine Magd dieselben Dienste geleistet. Die Hausfrau ließ sich nicht recht sehen, sie wohnte abgesondert. Sie ist dieselbe, welche Jesus nach dreißig Jahren krank fand und heilte und ihr sagte, sie habe diese Krankheit, weil sie gegen die seinen nicht gastfreundlich gewesen. Ich weiß aber die Ursache: die Frau war jung und etwas eitel. Sie hatte die heilige Jungfrau mit einem Blick gesehen, oder auch gesprochen, ich weiß die Umstände nicht mehr und hatte sich an ihrer Schönheit geärgert und war deswegen nicht zum Vorschein gekommen. Es waren auch Kinder im Haus.

Bei der Abreise um Mittag wurden sie von den Leuten eine Strecke weit begleitet. Sie zogen abendwärts gegen Bethlehem zu und kamen nach zwei Stunden Weges etwa in einen Ort. der in einer langen Reihe von Häusern mit Gärten und Vorhöfen auf beiden Seiten an einer breiten Landstraße lag. Joseph hatte hier Verwandte. Es waren solche wie Söhne aus Wiederverheiratung eines Stiefvaters oder einer Stiefmutter. Ich sah das Haus wohl liegen, es war ganz ansehnlich. Sie zogen aber nicht dahin, sondern durch den ganzen Ort durch und dann wohl eine halbe Stunde rechts in der Richtung von Jerusalem vor ein großes Herberghaus, wo viele Leute zu einer Leichenfeier versammelt waren. Es waren im Hause die Stellwände vor dem Rauchfang und Herd weggeräumt. Hinter dem Herd hingen schwarze Decken nieder und vor dem Herd stand ein schwarz verhüllter Sarg. Die Männer trugen lange, schwarze Kleider und kürzere weiße darüber und beteten. Einzelne hatten schwarze raue Manipel am Arm hängen. In einem anderen Raum saßen die Frauen ganz verhüllt. Im Hof war ein großer Springbrunnen mit vielen Zapfen. Die Hausleute selber, welche mit der Trauerfeier beschäftigt waren, empfingen sie nur aus der Ferne. Es waren aber Diener da, welche ihnen Dienste erwiesen und einen besonderen Raum durch Niederlassung von Matten, welche in die Höhe gerollt waren, für sie herstellten. Nachher sah ich auch die Wirtsleute mit ihnen im Gespräch. Sie hatten die weißen Kleider nicht mehr über den schwarzen. In dem Haus waren sehr viele Betten an den Wänden aufgerollt oben von der Decke konnte man Matten herablassen, so dass sie ganz getrennt waren. Erst am folgenden Mittag reisten sie wieder ab. Die Hausfrau sagte noch, sie möchten hier bleiben, Maria scheine ja stündlich ihre Niederkunft zu erwarten. Maria sagte aber mit niedergelassenem Schleier, sie habe noch sechs- oder achtunddreißig Stunden. Die Frau wollte sie zwar behalten, aber doch nicht im Haus. Ich sah den Mann mit Joseph bei der Abreise auch von seinen Tieren sprechen. Joseph lobte die Esel sehr und sagte, dass er den einen mitgenommen für den Fall der Not und als die Wirtsleute von der Schwierigkeit in Bethlehem zu herbergen sprachen, sagte Joseph, er habe Freunde dort und werde gewiss gut aufgenommen werden. Dieses tut mir so leid. Er spricht immer so sicher davon. Auch mit Maria sprach er wieder unterwegs davon.

Es ist in den Tagen dieser Reise, da sie in der Gegend von Bethanien waren, geschehen, dass Maria sehr nach Erquickung und Ruhe verlangte und dass Joseph mit ihr wohl eine halbe Stunde vom Weg ablenkte, wo er von einer früheren Reise her einen schönen Feigenbaum wusste, der sonst immer viele Früchte hatte. Der Baum hatte Ruhebänke rund umher. Als sie aber hinkamen, hatte der Baum gar keine Frucht und sie waren sehr betrübt. Bei diesem Baum ist nachmals etwas durch Jesus geschehen. Er trug keine Früchte mehr, war aber grün. Jesus verfluchte ihn und er wurde welk und dürr.

7. Ankunft in Bethlehem

Der Weg von der letzten Herberge nach Bethlehem mochte etwa drei Stunden sein. Sie zogen an der Nordseite von Bethlehem herum und nahten der Stadt von der Abendseite. Eine Strecke Wegs vor der Stadt, etwa eine Viertelstunde, kamen sie an ein großes Gebäude mit Höfen und kleineren Häusern umgeben. Es standen auch Bäume davor und vielerlei Volk lagerte in Zelten drum her. Es war das ehemalige väterliche Haus Josephs und das Stammhaus Davids. Jetzt ist hier das Einnahmehaus der römischen Schätzung.

Joseph hatte auch noch einen Bruder in der Stadt. Er war ein Wirt; aber nicht sein rechter Bruder, er war ein Nachkind. Joseph ging gar nicht zu ihm. Er hatte fünf Brüder gehabt, drei rechte und zwei Stiefbrüder. Joseph war fünfundvierzig Jahre alt. Er war dreißig Jahre und ich glaube, drei Monate älter als Maria. Er sah hager aus, hatte eine weiße Gesichtsfarbe und hervorstehende rötliche Backenknochen, eine hohe reine Stirne und bräunlichen Bart.

Die Eselin geht hier nicht mit, sie läuft weg. Sie läuft gegen Mittag um die Stadt herum. Es ist da etwas eben, ein Talweg.

Joseph ging gleich in das Haus, denn jeder der ankam, musste sich da melden und erhielt einen Zettel, den er am Tor abgeben musste, um in die Stadt eingelassen zu werden. Die Stadt hatte nicht eigentlich ein Tor, aber es führte der Weg doch zwischen ein paar Mauerresten hinein, wie durch ein zerstörtes Tor. Joseph kam etwas spät zu der Steuer, doch wurde er ganz freundlich behandelt.

Maria ist in einem kleinen Haus am Hof bei Frauen. Sie sind ganz artig und geben ihr was. Die Frauen kochen für die Soldaten. Es sind Römer, sie haben solche Riemen um die Lenden hängen. Es ist hier schönes Wetter und nicht kalt. Die Sonne scheint auf den Berg zwischen Jerusalem und Bethanien. Man sieht es recht schön von hier. Joseph ist in einer großen Stube, sie ist nicht ebener Erde. Sie fragen ihn, wer er sei und sehen auf lange Rollen, welche an der Wand in großer Menge hängen. Sie rollen sie ab und lesen ihm sein Geschlecht vor, auch das von Maria. Er wusste nicht, dass sie von Joachim her auch so gerade von David abstamme. Der Mann fragte ihn: wo hast du deine Frau? Sieben Jahre sind es, dass die Leute hier im Land nicht ordentlich geschätzt worden sind wegen allerlei Verwirrung. Ich sehe die Zahl V und II, das macht ja sieben. Diese Steuer ist schon mehrere Monate im Gang. Die Leute müssen noch zweimal bezahlen, sie bleiben teils drei Monate hier. Sie haben zwar in den sieben Jahren hie und da etwas bezahlt: aber nicht ordentlich. Joseph hat heute noch nicht gezahlt: aber seine Umstände sind ihm abgefragt und er hat gesagt, dass er keine Gründe habe und von seinem Handwerk und der Unterstützung seiner Schwiegereltern lebe. Maria ist auch vor die Schreiber gerufen worden, aber nicht oben, sondern unten in einem Gang; es wurde ihr aber nichts vorgelesen.

Es sind eine große Menge von Schreibern und vornehmen Beamten im Haus in mehreren Sälen. Oben sind Römer und auch viele Soldaten. Es sind Pharisäer und Sadduzäer, Priester, Älteste und allerlei Art solcher Beamten und Schreiber da, von jüdischer und römischer Seite. In Jerusalem ist keine solche Kommission, aber an mehreren andern Orten des Landes, z.B. in Magdalum am galiläischen See, wohin Leute aus Galiläa bezahlen müssen auch Leute von Sidon, ich meine teils wegen Handelsgeschäften. Nur jene Leute, welche nicht ansässig sind und nicht nach ihren liegenden Gründen geschätzt werden können, müssen nach ihrem Geburtsort ziehen.

Es wird die Steuer von nun an in drei Monaten in drei Teilen entrichtet. An der ersten Zahlung hat der Kaiser Augustus, Herodes und noch ein König teil, der in der Nähe von Ägypten wohnt. Er hat etwas im Krieg getan und hat ein Recht oben im Land an eine Gegend, weswegen sie ihm etwas abgeben müssen. Die zweite Zahlung hat auf Tempelbau Bezug. Es ist, als werde eine vorgeschossene Schuld zurückgezahlt. Die dritte soll für die Witwen und Armen sein, die lange nichts erhalten haben, aber es kommt alles, wie auch heutzutage, wenig an den rechten Mann. Es sind lauter rechte Ursachen und bleibt doch in den Händen der Großen hängen. Es ist ein entsetzliches Geschreibe und Getue.

Joseph zog dann mit Maria gerade nach Bethlehem, das weit auseinander liegend gebaut war, hinein bis in die Mitte der Stadt. Er ließ Maria mit dem Esel immer am Eingang einer Straße halten und ging hinein, eine Herberge zu suchen. Maria musste oft lange warten, bis er betrübt wieder zurückkam. Überall war es voll, überall wurde er abgewiesen. Endlich sagte er, als es schon dunkel war, sie wollten nach der anderen Seite der Stadt hinziehen, da fände sich gewiss noch ein Unterkommen. Sie zogen nun eine Straße, die mehr ein Feldweg, als eine eigentliche Straße war, denn die Häuser lagen an Hügeln zerstreut und kamen am Ende derselben an einen tiefer liegenden freien Platz oder ein Feld. Hier stand ein sehr schöner Baum mit glattem Stamm. Die Äste breiteten sich wie ein Dach umher. Darunter führte Joseph die heilige Jungfrau und das Lasttier und verließ sie wieder, um Herberge zu suchen. Er geht von Haus zu Haus. Seine Freunde, von welchen er Maria gesprochen, wollen ihn nicht kennen. In diesem Suchen kehrt er einmal zu Maria unter dem Baum zurück und weint. Sie tröstet ihn. Er sucht von Neuem. Da er aber die nahe Entbindung seiner Frau als Hauptbeweggrund anführt, weisen sie ihn noch leichter ab.

Es war unterdessen ganz düster geworden. Maria stand unter dem Baum. Ihr Kleid war voller Falten und gürtellos, ihr Kopf weiß verschleiert. Das Lasttier stand mit dem Kopf gegen den Baum gekehrt. Joseph hatte für Maria einen Sitz von dem Gepäck unter den Baum gemacht. Es war ein großes Geläufe in Bethlehem. Viele Menschen kamen vorüber und schauten aus Neugierde nach ihr hin, wie man das tut, wenn man jemand im Dunkeln lange stehen sieht. Ich meine, es redeten sie auch einzelne an und fragten, wer sie sei. Sie ahnten nicht, dass der Erlöser ihnen so nahe war. Maria war so geduldig, still und erwartungsvoll, so demütig. Ach sie musste gar lange warten! Sie setzte sich nieder, die Hände unter der Brust gekreuzt. das Haupt gesenkt. Endlich kam Joseph ganz betrübt wieder. Ich sah, dass er weinte und aus Betrübnis, weil er keine Herberge gefunden, zu nahen zögerte. Er sagte, dass er von seiner Jugend her noch einen Ort vor der Stadt wisse, der den Hirten gehöre und wo sie ihre Niederlage hätten, wenn sie Vieh zur Stadt brächten, er habe sich dort oft zum Gebet abgesondert und vor seinen Brüdern verborgen. Zu dieser Jahreszeit seien keine Hirten da, oder kämen sie auch, so würde er doch leicht mit ihnen einig werden. Sie wollten da einstweilen ein Obdach finden. Er wolle dann, wenn sie erst in Ruhe sei, von Neuem zu suchen ausgehen.

Nun zogen sie einen Weg links herum, als wenn man durch verfallene Mauern, Gräben und Wälle eines Städtchens hinzieht. Sie kamen über einen Wall oder Hügel hinab; der Weg stieg dann wieder etwas. Es standen da vor einem Hügel verschiedene Bäum, Nadelholz, Terebinthen oder Zedern und Bäume mit kleineren Blättern wie Buchsbaum. In diesem Hügel war eine Höhle oder Gewölbe. Es war der Ort, den Joseph meinte. Es waren keine Häuser in der Nähe. Das Gewölbe war an einer Seite mit rohem Mauerwerk ergänzt, von wo aus der Zugang ins Tal der Hirten offen stand. Joseph setzte die leichte geflochtene Türe los. Als sie hier ankamen, lief ihnen die Eselin entgegen, welche gleich bei Josephs Vaterhaus schon von ihnen weg außerhalb der Stadt herum hierher gelaufen war. Sie spielte und sprang ganz lustig um sie herum und Maria sagte noch: sieh, es ist gewiss der Wille Gottes, dass wir hier sein sollen. Joseph war aber sehr betrübt und ein wenig stille beschämt, weil er so oft von der guten .Aufnahme in Bethlehem gesprochen hatte. Es war ein Obdach vor der Tür, worunter er den Esel stellte und Maria einen Sitz bereitete. Es war ungefähr acht Uhr, als sie hier waren dunkel. Joseph machte Licht und ging in die Höhle. Der Eingang war sehr eng, es stand allerlei dickes Stroh an den Wänden, wie Binsen und es waren braune Matten darüber gehängt. Auch hinten in dem eigentlichen Gewölbe, wo oben einige Luftlöcher herein waren, war nicht in Ordnung. Joseph räumte aus und gewann hinten so viel Raum, dass er Maria eine Lager- und Sitzstelle machen konnte. Maria setzte sich auf eine Decke und hatte ihr Bündel neben sich liegen, worauf sie sich lehnte. Auch der Esel wurde herein gebracht. Joseph heftete eine Lampe an die Wand und als Maria ruhte, ging er auf das Feld gegen die Milchhöhe zu und legte einen Schlauch in ein sehr kleines Bächlein, dass er voll laufen sollte. Er ging auch noch zur Stadt und holte kleine Schüsseln und Reiserbündel und ich meine auch Früchte. Es war zwar Sabbat, aber wegen der vielen Fremden in der Stadt, die allerlei Unentbehrliches brauchten, waren an den Straßenecken Tische aufgerichtet, worauf die nötigsten Lebensbedürfnisse und Geräte lagen. Der Wert wurde dabei niedergelegt. Ich meine, es standen Knechte oder heidnische Sklaven dabei, ich weiß es nicht mehr recht.

Als er zurückkam, brachte er ein Bündelchen dünnes Knüppelholz, welches mit Binsen schön zusammen gebunden war und in einer Büchse mit einem Stiel glühende Kohlen, die er am Eingang der Höhle ausschüttete, um Feuer zu machen. Er holte den gefüllten Wasserschlauch und bereitete einige Speise. Es war ein Mus von gelben Körnern und eine dicke Frucht, welche gekocht wurde und viele Körner enthielt und kleine Brote. Nachdem sie gegessen hatten und Maria auf dem Binsenlager, worüber Decken gelegt wurden, zur Ruhe gegangen war, bereitete sich auch Joseph sein Lager im Eingang der Höhle und ging dann nochmals in die Stadt. Er hatte aber alle Öffnungen der Höhle gegen Zugluft verstopft. Ich sah da zum ersten Mal die heilige Jungfrau in den Knien liegend beten. Sie legte sich dann auf den Teppich nieder an die Seite und lehnte den Kopf mit dem Arm auf ihr Bündel.

Es war das Ende des Bergrückens von Bethlehem, an weIchem die Höhle lag. Vor dem Eingang war ein Platz mit schönen Bäumen, von denen aus man einzelne Dächer und Türme der Stadt sehen konnte. Über dem Eingang, der mit einer Tür aus Flechtwerk geschlossen wurde, war ein Vordach. Von der Tür führte ein mäßig breiter Gang in die eigentliche Höhle, ein unregelmäßiges Gewölbe, das halb rund, halb dreieckig war. Dieser Gang hatte auf einer Seite eine Eintiefung, welche Joseph durch vorgehängte Decken zu einem Schlafraum für sich abgrenzte. Soweit die Decken aus der Eintiefung in den Gang selber noch herein reichten, schied Joseph diesen Teil des Ganges bis zur Türe hin durch vorgehängte Matten zu einem Raume ab, in dem er allerlei aufbewahren konnte.


Der Gang war nicht so hoch, als die Höhle selber, welche von Natur gewölbt war. Die inneren Wände der Höhle waren, wo sie von Natur gewachsen, wenn gleich nicht ganz glatt, doch angenehm und reinlich und hatten für mich etwas Anmutiges. Sie gefielen mir besser, als wo etwas dran gemauert war. Das war plump und rau. Die rechte Seite des Eingangs war von unten auf auch ein gutes Stück weit im Felsen und nur oben scheint es mir gemauert. Da hatte es auch einige Löcher in den Gang. Oben in der Mitte des Höhlengewölbes war eine Öffnung und ich meine noch drei schräg in halber Gewölbshöhe, um welche die Wand der Höhle etwas glatter behauen war. Sie schienen von Menschenhänden vollendet. Der Boden lag tiefer, als der Eingang und war auf drei Seiten mit einer erhöhten Steinbank breiter und schmäler umgeben. Auf einer solchen breiteren Bank stand der Esel. Er hatte keinen Trog vor sich, es wurde ihm ein Schlauch hingestellt oder an die Ecke angehängt. Hinter dem Esel war eine kleine Seitenhöhle, nur so groß, dass der Esel darin stehen konnte. Es wurde das Futter hier aufbewahrt. Neben dem Stand des Esels war eine Rinne und ich sah, dass Joseph täglich die Höhle reinigte.

Auch da, wo Maria lag, ehe sie gebar und wo ich sie in der Geburt erhoben sah, war eine solche Steinbank. Der Ort, wo die Krippe stand, war eine tief einspringende Seitenwölbung der Höhle. Nahe an dieser Einwölbung befand sich ein zweiter Eingang in die Höhle. Über der Höhle zog sich ein Bergrücken hin, der zur Lage der Stadt führte. Im Rücken der Höhle senkte sich der Hügel nach einem sehr anmutigen, mit Bäumen reihenweise bepflanzten Talgrund, der zur Säughöhle Abrahams führte, welche in einem Vorsprung der gegenüberliegenden Höhe lag. Das Tal mochte eine halbe Viertelstunde breit sein und hier floss die Quelle aus der Joseph sich das Wasser holte.

Außer der eigentlichen Krippenhöhle lagen in dem Hügel etwas tiefer noch zwei andere Höhlen, in deren einer die heilige Jungfrau sich auch manchmal verborgen hielt.

Als später die heilige Paula die erste Anlage ihres Klosters zu Bethlehem machte, sah ich ein leichtes Kapellchen in dem Tal so an die Morgenseite der Höhle angebaut, dass die Kapelle an die hintere Seite der Krippenhöhle gerade an der Stelle anlehnte, wo Jesus geboren wurde. Dieses Kapellchen aus Holz und Flechtwänden war inwendig mit Teppichen ausgehängt. Es schlossen sich daran vier Reihen von Zellen, welche so leicht wie die Herbergshäuser im Gelobten Lande gebaut waren. In jeder Reihe waren die einzelnen von Gärtchen umgebenen Zellen untereinander mit bedeckten Gängen verbunden, welche alle zu dem Kapellchen führten. Hier versammelte Paula und ihre Tochter ihre ersten Gesellinnen. In der Kapelle war ein freistehender Altar mit einem Kelchhäuschen und hinter diesem Altar hing ein rot- und weißseidener Vorhang, hinter welchem die von der heiligen Paula nachgemachte Krippe stand, welche nur durch die Felsenmauer der Krippenhöhle von der GeburtssteIle Jesu getrennt war. Diese Krippe war aus weißem Stein ganz auf die Art, wie die Krippe Jesu gemacht, auch der Trog und selbst das durchhängende Heu war nachgebildet. Das Kindchen darin war auch aus weißem Steine gearbeitet und fest in eine blaue Hülle eingewickelt. Es war hohl und nicht sehr schwer. Ich sah die heilige Paula dasselbe oft betend in die Arme nehmen. Da, wo diese Krippe die Wand berührte, hing eine Decke, auf welcher der Esel, mit dem Kopf nach der Krippe gewendet abgebildet war. Es war eine farbige Arbeit die Haare waren wie wirkliche mit Faden nachgemacht. Oben über der Krippe war ein Loch, worin ein Stern befestigt war. Ich habe hier der heiligen Paula und ihrer Tochter das Jesuskind oft erscheinen gesehen. Vor dem Vorhang hingen links und rechts des Altars Lampen.

8. Die Geburt des Jesuskindes

Ich sah, wie Joseph am folgenden Tag für Maria in der sogenannten Säughöhle, der Grabhöhle der Amme Abrahams, Maraha genannt die geräumiger war, als die Krippenhöhle, einen Sitz und Lager bereitete. Sie brachte dort einige Stunden zu, während welcher Joseph die Krippenhöhle mehr ausräumte und besser in Ordnung brachte. Er holte auch aus der Stadt noch mancherlei kleinere Gerätschaften und getrocknete Früchte. Maria sagte ihm, dass in der kommenden Nacht die Stunde der Geburt ihres Kindes eintrete. Es seien dann neun Monate, dass sie vom Heiligen Geiste empfangen habe. Sie bat ihn, von seiner Seite alles zu tun, damit sie das von Gott verheißene, übernatürlich empfangene Kind so gut auf Erden ehrten, als sie vermöchten. Er möge auch mit ihr sein Gebet für die Hartherzigen vereinigen, welche ihm keine Herberge hatten gewähren wollen. Joseph bot sich Maria an, ihr einige fromme Frauen aus Bethlehem zum Beistand zu holen, die er kenne. Aber Maria nahm es nicht an und erklärte, dass sie niemanden bedürfe. Es war fünf Uhr abends, als Joseph die heilige Jungfrau wieder in die Krippenhöhle zurückbrachte. Hier hängte er noch mehrere Lampen auf. Auch versorgte er unter dem Obdach vor der Tür die freudig aus dem Feld herbeigeeilte Eselin.

Als Maria ihm sagte, es nahe ihre Zeit, er möge sich ins Gebet begeben, verließ er sie und ging nach seinem Schlafraum zurück, um zu beten. Er sah noch einmal, ehe er in sein Kämmerchen eintrat, nach dem Hintergrund der Höhle zurück, wo Maria ihm den Rücken kehrend knieend auf ihrem Lager betete, das Angesicht nach Morgen gewendet. Er sah die Höhle voll Licht, es war Maria ganz wie von Flammen umgeben. Es war, als sähe er wie Moses in den brennenden Dornbusch hinein. Er sank aber betend auf sein Angesicht und sah nicht mehr zurück. Ich sah den Glanz um Maria immer größer werden. Die Lichter, welche Joseph angesteckt hatte, waren nicht mehr zu sehen. Sie kniete in einem weiten, weißen Gewand, das vor ihr ausgebreitet war. In der zwölften Stunde war sie im Gebet entzückt. Ich sah sie von der Erde empor gehoben, dass man den Boden unter ihr sah. Sie hatte die Hände auf der Brust gekreuzt. Der Glanz um sie vermehrte sich. Ich sah die Decke der Höhle nicht mehr. Es war wie eine Straße von Licht über ihr bis zum Himmel empor, in der ein Licht das andere und eine Gestalt die andere durchdrang und Lichtkreise in himmlische Gestalten übergingen. Maria betete aber nieder zur Erde schauend. Da gebar sie das Jesuskind. Ich sah es wie ein leuchtendes, ganz kleines Kind, das heller war, als der übrige Glanz, auf der Decke vor ihren Knien liegend. Es war mir, als sei es ganz klein und werde vor meinen Augen größer. Es war aber dieses alles eine blosse Bewegung in so großem Glanz, dass ich nicht weiß, ob ich wie ich das sah. Selbst die tote Natur war in innerer Bewegung. Die Steine des Bodens und der Wände der Krippenhöhle waren wie lebendig.

Maria war noch eine Zeit lang so entzückt ich sah sie ein Tuch über das Kind legen und es noch nicht aufnehmen, noch anfassen. Nach einer geraumen Zeit sah ich das Kind sich regen und hörte es weinen. Maria war, als komme sie zu sich. Sie nahm das Kind, mit dem Tuch einhüllend, das sie auf dasselbe gedeckt, an die Brust und saß verschleiert ganz mit dem Kinde eingehüllt und ich glaube, sie säugte es ich sah ganz menschlich gestaltete Engel um sie her auf dem Angesicht liegen. Es mochte wohl eine Stunde nach der Geburt sein, als Maria den heiligen Joseph rief, der noch immer im Gebet lag. Als er ihr nahte, warf er sich in Andacht, Freude und Demut kniend auf sein Angesicht und Maria bat ihn nochmals, er solle das heilige Geschenk des Himmels ansehen. Da nahm er das Kind auf seine Arme. Die heilige Jungfrau wickelte nun das Jesuskind in eine rote und darüber in eine weiße Hülle bis unter die Ärmchen und nach oben in ein anderes Tüchlein. Sie hatte nur vier Windeln bei sich. Sie legte es hierauf in die Krippe, welche mit Binsen und anderen feinen Pflanzen gefüllt und worüber eine Decke an den Seiten überhängend gebreitet war. Die Krippe stand über dem Steintrog, da ebener Erde lag rechts, vom Gang in die Höhle, da, wo sie einen weiteren Ausbug gegen Mittag machte. Der Grund dieses Teiles der Höhle lag mit stufenförmig sich abschieferndem Boden etwas tiefer, als der andere Teil, wo das Kind geboren worden war. Als sie das Kind in die Krippe gelegt, standen sie beide weinend und lobsingend dabei.

Die heilige Jungfrau hatte ihr Lager und ihren Sitz neben der Krippe. Ich sah sie aufrecht sitzen und auch an der Seite liegen in den ersten Tagen. Doch sah ich sie auf keine Art besonders krank oder erschöpft. Sie war vor und nach der Geburt ganz weiß gekleidet. Wenn Leute zu ihr kamen, saß sie meist neben der Krippe und war mehr eingewickelt.

Es entsprang in der Nacht der Geburtsstunde eine schöne Quelle in der anderen, rechts gelegenen Höhle, welche herauslief und welcher Joseph am folgenden Tag einen Lauf und Brunnen grub.

Ich habe zwar in diesen Gesichten, welche das Ereignis selber und nicht die kirchliche Festfeier zum Gegenstand hatten, keine solche schimmernde Freudigkeit in der Natur gesehen, wie ich es sonst in der heiligen Weihnacht sehe, wo diese Lust eine innere Bedeutung hat. Aber ich sah doch eine ungewohnte Freude und an vielen Orten bis in die fernsten Gegenden der Welt etwas Ungewöhnliches in der Mitternacht das viele gute Menschen mit freudiger Sehnsucht und böse mit Angst erfüllte. Auch sah ich viele Tiere freudig bewegt, viele Quellen entspringen und anschwellen, an vielen Orten sich Blumen erheben, Kräuter und Bäume wie Erquickung schöpfen und duften. In Bethlehem war es trübe und am Himmel ein trübes rötliches Licht. Auf dem Tal der Hirten aber, um die Krippe und in dem Tal der Säughöhle lag ein erquickender, glänzender Taunebel.

Ich sah die Herden bei dem Hügel der drei Hirten-Ältesten unter Schuppen, an dem ferneren Turm der Hirten aber teilweise noch unter freiem Himmel. Ich sah die drei Hirten-Ältesten von der wunderbaren Nacht bewegt zusammen vor ihrer Hütte stehen und umherschauen und einen herrlichen Glanz über der Krippe erblicken. Auch die Hirten bei dem entfernteren Turm waren in voller Bewegung. Sie waren auf das Turmgerüst gestiegen und sahen nach der Krippe hin, über welcher sie einen Glanz bemerkten. Ich sah, wie eine Lichtwolke zu den drei Hirten niederkam. Ich bemerkte in derselben auch ein Übergehen und Verwandeln in Formen und hörte die Annäherung eines süßen, lauten und doch leisen Gesangs. Die Hirten erschraken anfangs. Aber es standen bald fünf oder sieben leuchtende liebliche Gestalten vor ihnen, welche ein großes Band wie einen Zettel in den Händen trugen, worauf Worte mit handlangen Buchstaben geschrieben waren. Die Engel sangen das Gloria.

Denen am Turm erschienen sie auch und ich weiß nicht mehr wo sonst. Die Hirten sah ich nicht augenblicklich zur Krippe eilen, wohin die drei ersten wohl eine und eine halbe Stunde hatten die am Turm der Hirten wohl noch einmal so weit. Aber ich sah sie sogleich bedenken, was sie dem neugebornen Heiland zum Geschenk mitbringen wollten so schnell als möglich diese Geschenke zusammen suchen. Die drei Hirten kamen schon am frühen Morgen zur Krippe.

Ich sah, dass in dieser Nacht Anna in Nazareth, Elisabeth in Juta, Noemi, Hanna und Simeon am Tempel Gesichte und Eröffnungen von der Geburt des Heilandes hatten. Das Kind Johannes war unbeschreiblich froh. Nur Anna wusste, wo das neugeborne Kind war. Die anderen und selbst Elisabeth wussten zwar von Maria und sahen sie im Gesicht, aber sie wussten nichts von Bethlehem.

Im Tempel sah ich eine wunderbare Sache. Es wurden die Schriftrollen der Sadduzäer mehrmals aus ihren Behältern geschleudert. Es entstand großer Schrecken darüber. Sie schrieben es der Zauberei zu und zahlten vieles Geld, um es verschwiegen zu halten.

Ich sah, dass in Rom über dem Fluss in einer Gegend, wo viele Juden wohnten, eine Quelle wie Öl entsprang und dass alles in großer Verwunderung war. Auch platzte, als Jesus geboren war, eine prächtige Statue des Götzen Jupiter, worüber alles im Schrecken war. Sie opferten und fragten ein anderes Götzenbild, ich meine die Venus der Teufel musste aus ihr sagen: es ist dieses, weil eine Jungfrau ohne Mann einen Sohn empfangen und geboren hat. Sie sagte ihnen auch das Wunder vom Ölbrunnen. Wo dieser war, ist jetzt eine Mutter-Gottes.Kirche. Ich sah aber, dass die Götzenpriester über das Ereignis sehr bestürzt waren und sie schlugen in Rollen folgende Geschichte nach. Sie hatten vor etwa siebzig Jahren dieses Götzenbild sehr prächtig mit Gold und Edelsteinen verziert und hatten großen Spektakel und Opfer damit. Es war aber in Rom damals eine ganz gute, fromme Frau, sie lebte von ihrem Vermögen. Ich weiß nicht recht, ob sie nicht eine Jüdin war. Sie hatte Gesichte und musste weißagen, sie sagte auch manchmal Leuten von der Ursache ihrer Unfruchtbarkeit. Diese Frau hatte sich öffentlich verlauten lassen, sie sollten den Götzen nicht so kostbar verehren, er werde einst mitten auseinander bersten. Sie wurde deswegen eingezogen und so lange gepeinigt, bis sie von Gott die Weisung erbetet hatte, wann dieses geschehen würde. Denn das wollten die Götzenpriester von ihr wissen. Da sagte sie endlich: das Bild werde zerbrechen, wenn eine reine Jungfrau einen Sohn gebären werde. Als sie dieses gesagt, lachte man sie aus und entließ sie als eine Närrin. Nun erinnerten sich die Leute daran und sahen, dass sie Recht gehabt. Ich habe auch gesehen, dass die Bürgermeister von Rom, wovon einer Lentulus hieß und von dem Freunde des heiligen Petrus in Rom und von dem Martyrer-Priester Moses ein Vorfahre war, sich von diesem Ereignis unterrichten ließen und auch von dem Ölbrunnen.

Den Kaiser Augustus sah ich in dieser Nacht auf dem Kapitol, wo er die Erscheinung eines Regenbogens mit dem Bild der Jungfrau und des Kindes hatte. Von dem Orakel, das er befragen ließ, empfing er den Ausspruch: es ist das Kind geboren, dem wir alle weichen müssen. Darauf ließ er dem Sohn der Jungfrau als dem «Erstgebornen Gottes» einen Altar erbauen und opfern.

In Ägypten sah ich auch ein Bild, es war weit hinter Matarea, Heliopolis und Memphis. Da war ein großer Götze, der sonst allerlei Aussprüche tat. Der ward auf einmal stumm und der König befahl im ganzen Land große Opfer zu tun. Da musste der Götze auf Gottes Befehl sagen: er schweige und müsse weichen, weil der Sohn von der Jungfrau geboren sei und es würde ihm hier ein Tempel errichtet werden. Der König wollte ihm dann einen Tempel daneben errichten. Ich weiß die Geschichte nicht mehr recht. Es kam aber der Götze fort und ein Tempel der Jungfrau mit dem Kind hin, die er verkündet und die dann auf heidnische Weise verehrt wurde.

Im Lande der Heiligen drei Könige sah ich ein großes Wunder. Sie hatten auf einem Berg einen Turm wo sich abwechselnd immer einer von ihnen mit mehreren Priestern aufhielt um die Sterne zu beobachten. Was sie in den Sternen sahen, schrieben sie auf und teilten es einander mit. In dieser Nacht waren zwei der Könige hier, Mensor und Sair. Der dritte, welcher gegen Morgen des kaspischen Meeres wohnte und Theokeno hieß, war nicht dabei. Es war ein bestimmtes Sternbild, nach dem sie immer schauten und dessen Veränderungen sie beobachteten. Sie empfingen dabei Gesichte und Bilder am Himmel. So auch in der heutigen Nacht und zwar in mehreren Veränderungen. Es war nicht ein Stern, in dem sie das Bild sahen, es waren mehrere Sterne in einer Figur und es war eine Bewegung in den Sternen. Sie sahen einen schönen, farbigen Bogen über dem Bild des Mondes, auf dem eine Jungfrau saß. Das linke Bein hatte sie in sitzender Stellung, das rechte hing mehr gerade herunter und stand auf dem Mond. Auf der linken Seite der Jungfrau erschien über dem Bogen ein Weinstock, auf der rechten ein Bündel Ären. Vor der Jungfrau sah ich die Gestalt eines Kelches, wie der beim heiligen Abendmahl, erscheinen oder heller aus ihrem Glanz hervortreten. Aus dem Kelch stieg ein Kind empor und über dem Kind erschien eine helle Scheibe, wie eine leere Monstranz, aus der Strahlen wie Ären ausgingen. Ich hatte den Begriff des Sakraments dabei. Zur Linken der Jungfrau stieg eine achteckige Kirche mit einem goldenen Tor und zwei kleinen Seitentüren empor. Die Jungfrau bewegte mit der rechten Hand Kind und Hostie in die Kirche, die während dem sehr groß wurde und in der ich die Heiligste Dreifaltigkeit erblickte. Über der Kirche erhob sich ein Turm. Die gleichen Bilder hatte auch Theokeno, der dritte der Könige in seiner Heimat.

Über dem Haupt der auf dem Bogen sitzenden Jungfrau stand ein Stern, der plötzlich aus seiner Stellung heraus und vor ihnen am Himmel hinschwebte. Und sie empfingen dabei, wie sonst nie, eine Stimme und Verkündigung, dass die Geburt des von ihnen und ihren Voreltern schon so lange erwarteten Kindes in Judäa nun eingetreten sei und dass sie dem Stern folgen sollten. Schon in den letzten Tagen vor der heiligen Nacht hatten sie von ihrem Turm aus allerlei Bilder am Himmel gesehen wie Könige zu dem Kind zogen und es verehrten. Darum nahmen sie jetzt ohne Säumen ihre Schätze zusammen und machten sich mit Gaben und Geschenken auf die Reise. Sie meinten, sie wollten nicht die letzten sein. Ich sah, dass nach wenigen Tagen alle drei auf dem Weg zusammentrafen.

Ich sah, dass das Jahr der Welt 3997 noch nicht voll war, als Jesus geboren wurde. Die nicht vollen vier Jahre von seiner Geburt bis zum Schluss des vierten Jahrtausends hat man nachher ganz vergessen und dann vier Jahre später unsere neue Jahrzahl angefangen. Christus ist also nicht ganz volle 8 Jahre früher, als unsere Zeitrechnung geboren.

Der eine Konsul in Rom hieß damals Lentulus, er war ein Vorfahre des Martyrers und Priesters Moses, dessen Reliquie hier bei mir ist und der zur Zeit des heiligen Cyprian lebte; von ihm stammte auch jener Lentulus in Rom, der dort ein Freund des heiligen Petrus war.

Christus ist im 45. Jahre des Kaisers Augustus geboren. Herodes hat überhaupt bis zu seinem Tod 40 Jahre regiert. Sieben Jahre war er zwar noch abhängig, aber quälte das Land schon sehr und übte viele Grausamkeiten aus. Er ist ungefähr im sechsten Lebensjahr Christi gestorben. Ich meine, sein Tod ist eine Zeit lang verheimlicht worden. Er ist grässlich gestorben und hat in seiner letzten Zeit noch mancherlei Mord und Elend veranlasst. Ich sah ihn in einer großen mit Kissen ausgepolsterten Stube herumkriechen. Er hatte einen Spieß bei sich und wollte nach den Menschen, die ihm nahten, stechen. Jesus wird ungefähr in seinem 34. Regierungsjahr geboren sein.


Zwei Jahre vor dem Eintritt Mariä in den Tempel hat Herodes am Tempel bauen lassen. Es war kein neuer Tempelbau, es wurde nur hie und da einiges verändert und verschönert.

Die Geburt Christi geschah in einem Jahr, in welchem die Juden 13 Monate zählten. Es war dies wohl so eine Einrichtung, wie mit unsern Schaltjahren. Ich meine auch, dass die Juden zweimal im Jahr Monate von 21 und 22 Tagen hatten. Ich sah auch, wie verschiedene Male einiges an ihrem Kalender' verändert worden ist. Es war nach dem Ausgang einer Gefangenschaft, als man auch am Tempel baute.

Ich glaube, Christus ist im Monat Casleu geboren. Dass es aber gerade einen Monat früher geschah, als es in der Kirche gefeiert wird, das kommt, weil einmal bei einer Kalenderveränderung einige Zeiten und Tage ganz ausgelassen worden sind. Ich habe das sehr gut gesehen, kann es aber nicht mehr ordentlich wiedergeben.

9. Anbetung der Hirten. Andächtige Besuche kommen zur Krippe

In der Morgendämmerung nach der Geburt kamen die drei Hirten-Ältesten mit Geschenken, welche sie zusammen geholt hatten, zu der Krippenhöhle. Ihre Geschenke bestanden in kleinen Tieren, die eine Ähnlichkeit mit Rehen hatten. Sie hatten lange Hälse, klare schöne Augen und waren sehr fein und schnell. Die Hirten führten sie an feinen Fäden neben und hinter sich. Sie trugen auch lebende größere Vögel unter dem Arme und hatten geschlachtete über die Schulter hängen.

Am Eingang der Krippenhöhle sagten sie Joseph, was ihnen der Engel verkündigte und wie sie kämen, das Kind der Verheißung zu verehren und zu beschenken. Joseph nahm ihre Geschenke an und ließ sie die Tiere in den Kellerraum neben der Seitentür der Krippenhöhle bringen. Dann führte er sie zu der heiligen Jungfrau, die neben der Krippe an der Erde auf der Decke saß und das Jesuskind vor sich auf dem Schoß hielt. Die Hirten warfen sich, ihre Stäbe im Arm haltend, auf die Knie, weinten vor Freude und blieben lange da in großer Süßigkeit. Dann sangen sie den Lobgesang der Engel und einen Psalm, den ich vergessen habe. Als sie Abschied nahmen, gab ihnen die heilige Jungfrau noch das Kind auf die Arme.

Am Abend kamen noch andere Hirten mit Frauen und Kindern und brachten Geschenke. Sie sangen vor der Krippe sehr liebliche Psalmen, das Gloria und kurze Verse. Ich erinnere mich noch der Worte: «Oh, Kind wie bist du so rosenrot! Gleichwie ein Herold trittst du hervor!» Sie brachten Vögel, Eier, Honig und verschiedenfarbiges Gespinnst und Bündel roher Seide, auch Ährenbüschel mit großen Körnern von einem großblättrigen, binsenartigen Gewächs.

Die drei Hirten-Ältesten kehrten abwechselnd wieder und halfen Joseph, alles an der Krippenhöhle und umher bequemer einrichten. Auch sah ich mehrere frommen Frauen bei der heiligen Jungfrau, welche ihr Dienste erwiesen. Sie waren Essenerinnen und wohnten nicht weit von der Krippenhöhle an dem Talgrund in kleinen Felsenzellen nebeneinander. Sie hatten kleine Gärtchen bei ihrer Wohnung und unterrichteten Kinder ihrer Versammlung. Der heilige Joseph hatte sie gerufen, er kannte diese Genossenschaft schon von Jugend auf. Denn, wenn er vor seinen Brüdern in der Krippenhöhle sich verbarg, hat er auch diese frommen Frauen an der Felsenwand besucht. Sie kamen abwechselnd zu der heiligen Jungfrau, trugen kleine Bedürfnisse und Holzbündelchen zu und kochten und wuschen für die Heilige Familie.

Einige Tage nach der Geburt sah ich ein rührendes Bild in der Krippenhöhle. Joseph und Maria standen bei der Krippe und schauten das Jesukind mit großer Innigkeit an. Da warf sich der Esel plötzlich auf die Knie und drückte den Kopf ganz an die Erde. Maria und Joseph weinten. Wieder sah ich Maria an der Krippe stehen. Sie sah auf ihr Kind und hatte die tiefe Empfindung, es komme auf die Welt, um zu leiden. Ich gedachte dabei eines früher empfangenen Bildes, in welchem mir gezeigt wurde, wie Jesus schon im Mutterschoß und von seiner Geburt an gelitten hat. Ich sah nämlich unter dem Herzen Mariä eine Glorie und in dieser ein hell leuchtendes Kind. Und indem ich es ansah, war es, als schwebe Maria darüber und umgebend darum ich sah das Kind wachsen und sah alle Peinen der Kreuzigung an ihm vollziehen. Es war ein schrecklich trauriger Anblick: ich weinte und ächzte laut. Ich sah es von anderen Gestalten schlagen, stoßen, geißein, krönen, das Kreuz auflegen, ans Kreuz nageln, in die Seite stechen. Ich sah das ganze Leiden Christi an dem Kind, es war ein schrecklicher Anblick. Und als das Kind am Kreuz hing, sagte es zu mir: dieses habe ich gelitten schon vor meiner Empfängnis an bis in mein vierunddreißigstes Jahr, da es äußerlich vollendet war. Der Herr starb, da Er dreiunddreißig Jahre und drei Monate alt war. Gehe hin und verkünde es den Menschen! Wie soll ich aber das den Menschen verkündigen?

Ich sah Ihn auch als das neugeborne Kind und sah, wie viele Kinder, welche an die Krippe kamen, das Jesuskind misshandelten. Die Mutter Gottes war nicht zugegen, es zu schützen. Die Kinder kamen mit allerlei Arten von Ruten und Peitschen und schlugen Ihm ins Gesicht, dass es blutete und es hielt noch sich freundlich wehrend die Händchen vor und die kleinsten Kinder schlugen boshaft darauf. Einigen wickelten und drehten die Eltern die Ruten selbst dazu zurecht: sie kamen mit Dornen, Nesseln, Peitschen, Stöcken aller Art und jedes hatte seine Bedeutung. Eines kam mit ganz dünner Rute, wie mit einem Halm und als es recht darauf losschlagen wollte knickte der Halm und fiel auf es selbst. Ich kannte mehrere der Kinder. Andere prahlten mit überflüssigen (nutzlosen) Kleidern. Ich zog sie ihnen aus und klopfte einige tüchtig durch.

Als Maria noch vor der Krippe in Betrachtung stand, nahten Hirten mit ihren Frauen. Es waren fünf Personen. Um ihnen Raum zu machen, dass sie zur Krippe könnten, räumte ihnen die heilige Jungfrau den Platz und ging nach der Stelle, wo sie geboren hatte. Die Leute beteten nicht eigentlich an. Aber sie schauten tief bewegt auf das Kind und ehe sie schieden, beugten sie sich darauf nieder, als küssten sie es.

Es war Tag, Maria saß auf ihrer gewöhnlichen Stelle und das Jesuskind lag gewickelt mit freien Händen und Antlitz auf ihrem Schoß. Sie hatte etwas wie Leinenzeug in den Händen, welches sie ordnete und bereitete. Joseph war im Eingang an der Feuerstelle auch etwas bereitend oder zurüstend wie ein Gestell, um Gerät daran aufzuhängen. Ich stand neben dem Esel. Nun kamen drei bejahrte Essenerfrauen. Sie wurden ganz vertraulich empfangen. Maria stand nicht auf. Sie brachten ziemlich viele Geschenke: kleine Früchte, auch entengroße Vögel mit roten pfriemförmigen Schnäbeln bei den Flügeln getragen, auch länglich runde zolldicke Brötchen, Leinen und anderes Zeug. Alles ward mit ungemeiner Demut und Dank angenommen. Sie waren sehr still und innig. Sie sahen gerührt auf das Kind nieder, aber berührten es nicht und gingen dann wieder ohne vielen Abschied und Begleitung. Ich besah mir unterdessen den Esel recht genau. Er hatte einen sehr breiten Rücken und ich dachte noch: du liebes Tier hast schon viel getragen. Ich wollte auch fühlen, ob es ganz gewiss wahr sei und fühlte an seinem Haar, das fühlte ich ganz sanft wie Seide.

Einmal kamen zwei Matronen mit drei etwa achtjährigen Mägdlein. Sie schienen vornehmer, fremder und mehr auf einen wunderbaren Ruf als die vorigen gekommen. Joseph empfing sie sehr demütig. Sie brachten Geschenke mehr von innerem Wert und kleinerem Umfang: Körner in einer Schale, kleine Früchte, auch ein aufgestelltes Häufchen von dreieckigen dicken Goldplättchen, auf welche ein Stempel eingeschlagen war, wie ein Petschaft. Ich dachte noch: recht wunderbar, das sieht aus, wie das Auge Gottes abgebildet wird. Nein! Wie kann ich das Auge Gottes mit der roten Erde vergleichen! Maria stand auf und gab ihnen das Kind auf die Hände. Sie hatten es beide eine kleine Zeit und beteten schweigend mit erhobenem Gemüt, küssten es auch. Die drei Mädchen waren still und gerührt. Joseph und Maria sprachen mit ihnen und als sie weggingen, begleitete sie Joseph ein Stückchen Wegs. Ach, wer wie diese Frauen die Schönheit, die Reinheit und arglose Tiefe Mariä sehen könnte! Sie weiß alles ! Ihre Demut aber ist sich des einzelnen wie nicht bewusst. Kindlich schlägt sie die Augen nieder und so sie anblickt, geht ihr Blick wie ein Strahl, wie die Wahrheit, wie ein unbeflecktes Licht durch und durch. Das ist aber, weil sie ganz rein, ganz unschuldig, voll des Heiligen Geistes und ohne Absicht ist. Niemand kann diesem Blick widerstehen.

Diese Leute waren wie heimlich gekommen alles Aufsehen in der Stadt vermeidend. Sie schienen wenigstens einige Meilen Weges hergekommen. Joseph war bei solchem Besuch immer sehr demütig, zog sich zurück und schaute von ferne um die Ecke.

Ich sah auch die Magd Annas mit einem alten Knecht von Nazareth her zur Krippe kommen. Sie war eine Witwe und der heiligen Familie verwandt. Sie brachte von Anna allerlei Bedürfnisse mit und blieb bei der heiligen Jungfrau. Der alte Knecht weinte Freudentränen und kehrte wieder zurück, um Anna Botschaft zu bringen.

Tags darauf sah ich die heilige Jungfrau mit dem Jesuskind und der Magd auf einige Stunden die Krippenhöhle verlassen. Aus der Tür heraustretend wendete sie sich unter dem Obdach rechts und verbarg sich nach einigen Schritten in der Seitenhöhle, in welcher bei Christi Geburt die Quelle entsprungen war. Sie verweilte an vier Stunden in dieser Höhle. Es kamen nämlich Männer aus Bethlehem als Spionen des Herodes, weil durch die Reden der Hirten das Gerücht verlautete, es sei dort ein Wunder mit einem Kind geschehen. Ich sah, dass diese Männer einige Reden mit dem heiligen Joseph wechselten, welchen sie vor der Krippenhöhle antrafen und dass sie ihn mit vornehmem Lächeln verließen.

Die Krippenhöhle liegt eigentlich sehr angenehm und ruhig. Es kommt niemand aus Bethlehem hierher, nur die Hirten haben hier ihren Verkehr. Man bekümmert sich überhaupt in Bethlehem jetzt nicht viel darum, was hier außen geschieht, denn es ist dort wegen der vielen Fremden ein großes Gedränge und Getreibe. Es wird dort sehr vieles Vieh verkauft und geschlachtet, weil viele Leute ihre Steuer mit Vieh bezahlen. Auch sind viele Heiden dort, die als Knechte dienen.

Das Wunder der Engelerscheinung bei den Hirten ist aber unter den Bewohnern der nahen und entfernteren Gebirgstäler schnell bekannt geworden und dadurch auch die Geburt des Kindes in der Krippenhöhle. Darum kamen nach und nach die Herbergsleute, bei denen die Heilige Familie auf ihrer Reise eingekehrt war, herbei, um zu ehren, was sie unerkannt bewirtet hatten. Ich sah, dass der freundliche Wirt aus der letzten Herberge zuerst einen Knecht mit Geschenken schickte und dann selber kam, das Kind zu verehren. Auch die gute Frau jenes Mannes, der so grob gegen Joseph gewesen, sah ich zur Krippe kommen und andere Hirten und guten Leute, welche sehr gerührt waren. Alle waren in Feierkleidern und gingen zum Sabbat nach Bethlehem. Die gute Frau hätte näher nach Jerusalem gehabt, aber sie kam doch hierher nach Bethlehem.

Ein Verwandter Josephs, der Vater jenes Jonadab, welcher bei der Kreuzigung Jesu ein Tuch darreichte, ist zum Sabbat gehend auch zur Krippe gekommen. Joseph war ganz gut mit ihm. Der Verwandte hatte durch Leute seines Ortes von der wunderbaren Lage Josephs gehört und kam, ihn zu beschenken und das Jesuskind und Maria zu besuchen. Joseph nahm aber nichts an und verpfändete ihm seine Eselin mit der Bedingung, gegen das empfangene Geld sie wieder einlösen zu können. Danach feierten Maria, Joseph, die Magd und zwei Hirten, welche vorne im Gang standen, den Sabbat in der Krippenhöhle. Es brannte eine Lampe mit sieben Dochten und auf einem weiß und rot bedeckten Tischchen lagen die Gebetsrollen.

Die vielen Dinge zum Verzehren, welche die Hirten zum Geschenk brachten, wurden an die Armen verteilt und zur Bewirtung anderer verwendet. Die Vögel wurden am Spieß ins Feuer gehalten und abwechselnd mit dem Mehl der Körner einer schilfartigen Pflanze bestreut, welche um Bethlehem und Hebron sehr häufig ist. Aus den Körnern wurde auch ein glänzend weißer Schleim bereitet und Kuchen gebacken. Unter der Feuerstelle sah ich ganz heiße und reine Löcher, worin auch Vögel gebraten wurden.

Nach dem Sabbat bereiteten die Essener-Frauen ein Mahl unter der Laubhütte, welche Joseph mit den Hirten vor dem Eingang der Höhle aufgerichtet hatte. Joseph ging in die Stadt, um Priester zur Beschneidung zu holen. In der Krippe wurde alles aufgeräumt. Der von Joseph in dem Gang gemachte Abschlag wurde entfernt und der Boden mit Decken belegt, denn in diesem Gang nahe bei der Krippenhöhle selber war der Festort.

10. Die Beschneidung

Joseph kam mit fünf Priestern und einer Frau, welche bei solchen Fällen gebraucht wurde, von Bethlehem zurück. Sie trugen den Beschneidungsstuhl und eine achteckige Steinplatte mit sich, in welcher das Gerät war. Alles dieses wurde im Gang der Höhle an seine Stelle gesetzt. Der Stuhl war ein Kasten, der auseinander gezogen wurde und dann eine Art niederes Ruhebett mit einer Lehne an einer Seite bildete. Er wurde rot bedeckt. Der Beschneidungsstein hatte wohl über zwei Fuß im Durchmesser. Er war in der Mitte mit einer Metallplatte bedeckt, unter welcher in einer Vertiefung des Steines allerlei Büchsen mit Flüssigkeiten und an der Seite das Beschneidungsmesser in abgeteilten Räumen lagen. Dieser Stein ward auf das Schemelchen gelegt, das mit einem Tuch bedeckt bis jetzt immer auf der Geburtsstelle Jesu gestanden hatte und nun neben den Beschneidungsstuhl gestellt wurde. Es wurde am Abend eine Mahlzeit vor dem Eingang unter der Laube gehalten. Eine Menge armer Leute waren den Priestern gefolgt, wie dieses Gewohnheit bei Beschneidungen ist, welche während des Mahles von den Priestern und Joseph fortwährend Gaben erhielten. Die Priester gingen auch zu Maria und dem Kind, sprachen mit ihr und erhielten das Kind auf die Arme. Mit Joseph sprachen sie über den Namen, welchen das Kind erhalten sollte. Während der Nacht haben sie noch viel gebetet und gesungen und es war mit Anbruch des Tages, dass das Kind beschnitten wurde. Maria war dabei sehr bange und betrübt. Als die Beschneidung geschehen war, wurde das Jesuskind rot und darüber weiß bis unter die Ärmchen gewickelt . und auch diese wurden eingebunden und der Kopf mit einem Tuch umwickelt. Es wurde wieder auf den achteckigen Stein gelegt und noch über dasselbe gebetet. Wenn ich gleich weiß, dass der Engel Joseph schon gesagt, das Kind solle Jesus heißen, so habe ich eine dunkle Erinnerung, als habe der Priester den Namen nicht gleich gebilligt und mit den andern noch gebetet. Und ich sah, dass ein leuchtender Engel vor dem Priester stand und den Namen Jesus auf einer Tafel, wie die über dem Kreuz, ihm vorhielt. Ich sah auch, dass der Priester diesen Namen auf ein Pergament schrieb. Ich weiß nicht, ob er selbst oder andere Gegenwärtige den Engel sahen. Aber er schrieb den Namen aus Eingebung sehr erschüttert und gerührt auf. Nach der Handlung empfing Joseph das Kind zurück und übergab es der heiligen Jungfrau, welche im Hintergrund der Krippenhöhle mit zwei Frauen gestanden war. Sie nahm das Kind weinend auf ihre Arme und beruhigte es. Vor dem Eingang der Höhle hatten auch einige Hirten gestanden. Es brannten Lampen der Tag brach darüber an. Es wurde noch gebetet und gesungen und bevor die Priester weggingen, ward noch ein Imbiss genommen. Ich habe auch gesehen, dass alle, die bei der Beschneidung gegenwärtig gewesen, gute Leute waren und dass auch die Priester erleuchtet waren und später zum Heil gekommen sind. Es wurde noch den ganzen Morgen den vielen Armen, die sich einfanden, ausgeteilt. Nachher zog allerlei mir widerwärtiges Bettelgesindel, schwarze, schmutzige Leute, mit Bündeln vom Tal der Hirten herkommend an der Krippe vorbei. Sie schienen nach Jerusalem auf ein Fest zu wollen. Sie waren sehr ungestüm, fluchten und schimpften gräulich, als sie nicht genug empfingen. Ich weiß nicht recht, was es mit den Leuten war. Der Esel war während dieses Festes weiter zurückgebunden - sonst stand er in der Krippenhöhle.

Den Tag über sah ich die Verbinderin nochmals bei Maria und das Kind verbinden und in der Nacht darauf sah ich das Kind oft weinen und vor Schmerz unruhig werden. Maria und Joseph trugen es tröstend in der Krippenhöhle umher.

Als ich über das Geheimnis der Beschneidung nachdachte, sah ich ein Bild. Unter einem Palmbaum sah ich zwei Engel stehen, welche zwei Tafeln hielten. Auf der einen waren verschiedene Marterwerkzeuge abgebildet, von denen ich mich einer in der Mitte stehenden Säule mit einem Mörser darauf erinnere, der zwei Henkel hatte. Auf der anderen standen Buchstaben, welche Zeiten und Jahre der Kirche ausdrückten. Auf dem Palmbaum kniete, wie aus ihm gewachsen, eine Jungfrau, ihr fliegender Mantel oder Schleier, der über dem Haupt geknüpft war, schwebte um sie her. Sie hatte ein Herz vor sich in den Händen, auf dem ich ein kleines leuchtendes Kind erblickte. Ich sah dem Palmbaum das Bild von Gott dem Vater in Wolken sich nähern, einen schweren Zweig, der ein Kreuz bildete, brechen und dem Kind auflegen. Dann sah ich das Kind wie an dieses Kreuz geheftet und dass die Jungfrau den Palmzweig mit dem daran gekreuzigten Kind Gott dem Vater hinreichte und nur das Herz noch in der Hand behielt.

Am Abend des folgenden Tages sah ich Elisabeth von Juta auf einem Esel mit einem alten Knecht bei der Höhle ankommen. Joseph empfing sie sehr freundlich. Ihre und Marias Freude war ungemein groß, als sie sich umarmten. Elisabeth drückte das Kind an ihr Herz. Sie schlief in der Höhle Mariä neben der Stelle, wo Jesus geboren worden war. Vor dieser stand ein Gestell, worauf sie das Kind manchmal legten.

Maria erzählte Elisabeth alles, wie es ihr ergangen. Und als sie ihre Not um ein Unterkommen bei der Ankunft in Bethlehem erzählte, weinte Elisabeth herzlich. Sie erzählte ihr auch umständlich, wie es ihr bei der Geburt Jesu gewesen sei. Ich erinnere mich noch, dass sie sagte, sie sei in der Stunde der Verkündigung zehn Minuten in Entzücken gewesen und es sei ihr gewesen, als verdopple sich ihr Herz und sie sei mit unaussprechlichem Heil erfüllt. In der Stunde der Geburt aber habe sie eine große Sehnsucht empfunden und es sei ihr gewesen, als werde sie kniend von Engel emporgehoben und als trenne sich ihr Herz auseinander und die eine Hälfte scheide von ihr. Zehn Minuten sei sie so entzückt gewesen und habe, eine innerliche Leerheit und eine Sehnsucht nach etwas außer ihr empfindend, einen Glanz vor sich erblickt und als wachse die Gestalt ihres Kindes vor ihren Augen. Da habe sie es sich bewegen sehen und weinen hören und habe sich besonnen und das Kind von der Decke auf an ihre Brust genommen. Denn anfangs habe sie gezögert es aufzufassen, weil es so mit Glanz umgeben gewesen sei.

Elisabeth sagte ihr: «Du hast nicht geboren, wie andere Mütter. Die Geburt des Johannes war auch süß, aber sie war nicht wie die deinige.»

Einmal sah ich auch EIisabeth mit Maria und dem Kind gegen Abend in der Seitenhöhle sich verborgen halten. Sie blieben die ganze Nacht darin. Es nahten Besuchende von Bethlehem vor denen sie sich nicht wollten sehen lassen.

Die jüdischen Frauen ließen ihre Kinder nicht lange ohne andere Speise. Auch das Jesuskind empfing schon in den ersten Tagen einen Brei aus dem süßen, leichten und nahrhaften Mark einer Schilfpflanze.

Als in Jerusalem das Tempelweihfest der Makkabäer begann, wurde es von Joseph auch in der Krippenhöhle gefeiert. Er befestigte drei Leuchter mit sieben Lichtchen in die Wände der Krippenhöhle und zündete sie eine Woche lang morgens und abends an. Einmal sah ich einen der Priester, die bei der Beschneidung gewesen, mit einer Rolle in der Krippenhöhle. Er betete daraus mit dem heiligen Joseph. Es war mir dabei, als wolle er sehen, ob Joseph das Fest halte und als künde er ihm ein neues Fest an, denn es trat ein Fasttag ein. Und ich sah auch in Jerusalem manches verändert. Es wurden die Speisen auf den folgenden Tag vorbereitet, das Feuer wurde bedeckt, alles bei Seiten geräumt und die Öffnungen wurden verhängt.

Anna sandte mehrmals Knechte mit Gaben und Nahrungsmitteln und einigen Gerätschaften. Es wurde aber bald alles von Maria wieder an Arme weggegeben. Einmal schickte Anna auch ein schönes Körbchen mit Früchten und frischen gefüllten großen Rosen, welche in die Früchte eingesteckt waren. Diese Rosen waren blässer, als die unserigen, schier fleischfarbig, auch gelb und weiß. Maria freute sich sehr darüber und stellte das Körbchen neben sich.

Als Anna mit ihrem zweiten Mann und einem Knecht ankam, war ihre Freude und Rührung über das Jesuskind, das ihr die Ärmchen entgegenstreckte, sehr groß. Maria erzählte ihr alles wie der Elisabeth. Anna weinte mit Maria und dies alles ward von Liebkosungen des Jesuskindes unterbrochen.

Anna hat Maria und dem Kind mancherlei mitgebracht, Decken und Binden. Maria hat schon vieles von ihr empfangen. Aber es bleibt doch alles ärmlich in der Krippenhöhle, weil sie alles, was irgend entbehrlich ist, gleich wieder wegschenkt. Sie erzählte Anna, dass die Könige aus dem Orient nahe seien, dass sie große Geschenke bringen und dass dieses ein großes Aufsehen machen werde. Darum will Anna, so lange die Könige dasein werden, zu ihrer Schwester gehen, welche einige Stunden von hier entfernt wohnt und erst nach der Abreise der Könige wiederkehren. Ich sah auch, dass Joseph anfing, die Krippenhöhle und die Nebenhöhlen auszuräumen, um sich auf die Ankunft der Könige vorzubereiten, welche Maria im Geist herankommen sieht. Er war auch in Bethlehem, um die zweite Steuer zu bezahlen und sich um eine Wohnung umzusehen, denn er hat die Absicht nach Mariä Reinigung in Bethlehem zu wohnen.

11. Die Reise der Heiligen drei Könige nach Bethlehem

Einige Tage nach dem Aufbruch aus der Heimat sah ich den Zug des Theokeno mit den Zügen Mensors und Sairs in einer verfallenen Stadt zusammentreffen. Es standen hier Reihen hoher Säulen und an manchen Stellen auch große schöne Figuren. In den Ruinen der Stadt hatte sich ein wildes Raubgesindel angesiedelt. Sie waren in Tierfelle gekleidet und trugen Spieße, waren von bräunlicher Farbe, kurz und stämmig, aber sehr behende. Die drei Züge verließen miteinander bei Tagesanbruch diese Stadt und nach einer halben Tagreise hielten sie Rast in einer mehr fruchtbaren Gegend, wo ein Brunnen war, um den mehrere geräumige Schuppen herum lagen. Es war hier der gewöhnliche Ruheplatz für solche Züge. Jeder König hatte bei seinem Zug vier Vornehme seines Stammes als Begleiter. Er selber aber war wie der Hausvater aller, der alles besorgte, befahl und verteilte. In jedem Zug befanden sich Leute von verschiedener Gesichtsfarbe. Der Stamm Mensors war von angenehm bräunlicher Farbe. Der Stamm Sairs war braun, jener Theokenos aber von schimmernder gelblicher Farbe. Von glänzendem Schwarz sah ich nur die Sklaven, deren sie alle hatten.

Die Vornehmen saßen auf ihren hochbepackten Dromedaren zwischen Bündeln, welche mit Teppichen überdeckt waren. Sie hatten Stäbe in der Hand. Ihnen folgten andere Tiere, fast wie Pferde so groß, worauf Diener und Sklaven zwischen Gepäck ritten. Angekommen stiegen sie ab, packten die Tiere ganz ab und gaben ihnen an dem Brunnen zu trinken. Der Brunnen war mit einem kleinem Wall, worauf eine Mauer mit drei offnen Eingängen umgeben. In diesem Raum war der Wasserbehälter, der etwas niedriger lag und einen Brunnenstock mit drei durch Zapfen geschlossenen Wasserröhren hatte. Der Behälter war mit einem Deckel geschlossen. Es war ein Mann aus der wüsten Stadt mitgegangen, welcher den Wasserbehälter gegen eine Abgabe aufschloss. Sie hatten lederne Gefäße, die man ganz platt zusammenlegen konnte, in vier Fächer geteilt, welche sie mit Wasser füllten und woraus immer vier Kamele tranken. Sie waren auch mit dem Wasser so vorsichtig, dass kein Tropfen verloren gehen durfte. Dann wurden die Tiere in eingezäunte unbedeckte Räume, die dem Brunnen zunächst lagen, eingestellt und der Stand eines jeden war vom andern durch eine Trennung geschieden. Sie hatten steinerne Tröge vor sich, in welche ihnen ein Futter geschüttet wurde, welches sie bei sich führten. Es bestand aus Körnern so groß wie Eicheln. Unter dem Abgepackten befanden sich auch schmale hohe Vogel-Körbe, welche unter den breiten Päcken an den Seiten der Tiere hingen. Darin saßen einzeln und paarweise in getrennten Räumen nach verschiedener Größe Vögel, wie Tauben oder Hühner. Sie brauchten sie zur Nahrung unterwegs. In ledernen Kisten hatten sie Brote von gleicher Größe, wie einzelne Tafeln dicht nebeneinander gepackt. Da brachen sie immer so viel heraus, als sie brauchten. Sie hatten sehr kostbare Gefäße bei sich von gelbem Metall und auch mit Zieraten von Edelsteinen besetzt, fast ganz in der Gestalt unserer Kirchengefäße, wie Kelche, Schiffchen und Schalen, aus denen sie tranken und auf welchen sie die Speisen herumreichten. Die Ränder dieser Gefäße waren meist mit roten Edelsteinen besetzt.

Die Stämme waren etwas verschieden in ihrer Kleidung. Theokeno und seine Familie, ebenso Mensor trugen hohe buntgestickte Kappen mit einer weißen Binde dick umwunden auf dem Kopf. Ihre Jacken gingen bis über die Waden, sehr einfach mit wenigen Knöpfen und Verzierungen auf der Brust. Sie waren in leichte, weite und sehr lange Mäntel gehüllt, welche hinten nachschleppten. Sair und seine Familie trugen Mützen mit kleinem weißem Wulst und runder buntgestickter Kappe. Sie hatten kürzere Mäntel, jedoch hinten etwas länger als vorn, darunter Jacken bis auf die Knie ganz zugeknöpft, auf der Brust mit Schnüren, Flittern und vielen blinkenden Knöpfen, Knopf an Knopf verziert. Auf der einen Seite der Brust hatten sie ein blinkendes Schildchen gleich einem Stern. Alle hatten die blossen Füße mit Schnüren umflochten an welche die Sohlen anschlossen. Die Vornehmeren hatten kurze Säbel oder große Messer in ihren Gürteln und manche auch Beutel und Büchsen umhängen. Es waren unter den Königen und ihren Verwandten Männer von etwa 50, 40, 30 und 20 Jahren. Einige trugen längere, andere nur kurze Bärte. Die Knechte und Kameltreiber waren viel einfacher gekleidet. Manche nur mit einem Stück Zeug, oder einer alten Decke.

Als die Tiere befriedigt und eingepfercht waren und sie selbst getrunken hatten, machten sie Feuer in der Mitte des Schuppens unter dem sie sich gelagert hatten. Das Holz dazu bestand aus etwa 2,5 Schuh langen Splittern, welche die armen Leute aus der Gegend in sehr ordentlichen Bündeln herbeigebracht, als hätten sie dergleichen schon vorrätig für Reisende. Die Könige machten einen dreieckigen Scheiterhaufen und legten rings um ihn die Splitter in die Höhe, auf der einen Seite war eine Öffnung zum Luftzug gelassen, es war sehr geschickt gelegt. Wie sie aber Feuer machten, weiß ich nicht recht, ich sah, dass einer ein Holz in einem andern, wie in einer Büchse, eine kleine Zeit drehte und dass er es dann brennend herauszog. So zündeten sie ein Feuer an und ich sah sie nun einige Vögel schlachten und braten.

Die drei Könige und Ältesten taten jeder in seinem Stamm wie ein Hausvater, sie zerteilten die Speise und legten vor. Sie legten die zerschnittenen Vögel und kleine Brote auf kleine Schalen oder Teller, welche auf einem niedern Fuß standen und reichten sie umher. Ebenso füllten sie die Becher und gaben jedem zu trinken. Die niedern Knechte, unter welchen Mohren, lagen eben an der Erde. Sie schienen Sklaven. Unaussprechlich rührend war die kindliche Einfalt und Gutmütigkeit dieser Männer. Sie gaben den herzugelaufenen Leuten von allem, was sie hatten. Ja, sie hielten ihnen die goldenen Gefäße hin und ließen sie trinken wie Kinder.

Mensor. der bräunliche, war ein Chaldäer, seine Stadt hieß ungefähr wie Acajaja, sie lag von einem Fluss umgeben, wie auf einer Insel. Er war meist auf dem Feld bei seinen Herden. Nach Christi Tod wurde er von dem heiligen Thomas getauft und Leander genannt. Sair, der braune, war um Christnacht schon zum Zug gerüstet bei Mensor. Nur er und sein Stamm waren so braun, aber mit roten Lippen. Die übrigen Leute umher waren weiß. Sair hatte die Taufe der Begierde. Er lebte nicht mehr, als Jesus in das Land der Könige kam. Theokeno war aus Medien, einem höher hinauf liegenden Land. Es lag so wie ein Stück zwischen zwei Meere hinein. Er wohnte in seiner Stadt, deren Namen ich vergessen, sie bestand aus Zeltgebäuden, die auf einer Grundlage von Steinen errichtet waren. Theokeno war der reichste. Ich meine er hätte einen geraderen Weg gehabt nach Bethlehem und habe, um mit den andern vereint zu ziehen, einen Umweg machen müssen. Ich glaube fast, er hat bei Babyion vorbei gemusst, um zu ihnen zu kommen. Er wurde vom heiligen Thomas Leo getauft. Die Namen Kaspar, Melchior, Balthasar wurden den Königen gegeben, weil sich diese Namen so zu ihnen reimen. Denn Kaspar heißt: er geht mit Liebe. Melchior: er schweift umher, er geht mit Schmeichelei, er geht so sanft nähernd zu. Balthasar; er greift mit seinem Willen schnell zu, er greift mit seinem Willen in Gottes Willen rasch zu.

Von dem Lager Mensors wohnte Sair drei Tagreisen, jede zu 12 Stunden gerechnet und Theokeno fünf solche Tagreisen entfernt. Mensor und Sair waren beisammen gewesen, als sie das Sterngesicht von der Geburt Jesu sahen und waren am folgenden Tag mit ihrem Zug aufgebrochen. Theokeno sah dasselbe Gesicht zu Haus und eilte ihnen mit großer Schnelligkeit nach. Ihr Weg bis nach Bethlehem war etwa 700 und noch eine Zahl Stunden, worin 6 vorkommt, lang. Sie hatten etwa 60 Tagreisen Wegs, jede zu 12 Stunden gerechnet, aber sie legten sie in 33 Tagen bei der großen Schnelligkeit ihrer Lasttiere zurück, indem sie oft Tag und Nacht reisten.

Der Stern, der sie führte, war wie ein runder Ball und es strömte Licht aus ihm nieder wie aus einem Mund. Es war mir immer, als werde dieser Ball an einem Lichtfaden schwebend von der Hand einer Erscheinung geführt. Bei Tag sah ich einen Lichtkörper heller als der Tag vor ihnen wandeln. Wenn ich die Ferne des Weges betrachte, scheint die Schnelligkeit des Zuges erstaunlich. Es haben aber diese Tiere einen so leichten und gleichen Schritt, dass ich ihren Zug so geordnet, schnell und gleichmäßig wie den Flug der Zugvögel hinziehen sehe. Die Lage der Heimat der drei Könige bildete ein Dreieck zueinander. Mensor und Sair wohnten näher beisammen, Teokeno am fernsten.

Als der Zug bis gegen Abend hier gerastet hatte, halfen ihnen die Leute, die sich an sie geschlossen hatten, ihr Gepäck wieder auf die Lasttiere verteilen und schleppten dann allerlei, was sie zurückließen, mit sich nach Haus. Als sie aufbrachen, war der Stern sichtbar und hatte eine rötliche Farbe wie der Mond bei windigem Wetter. Der Lichtschweif war bleich und lang. Sie gingen noch eine Strecke neben ihren Tieren zu Fuß mit unbedecktem Haupt und beteten. Der Weg war hier so, dass man nicht geschwind fortkonnte. Hernach wo es eben wurde, stiegen sie auf die Tiere, welche einen sehr schnellen Gang hatten. Manchmal gingen sie langsam und dann sangen sie alle ungemein rührend durch die Nacht. Wenn ich die Könige so ordentlich und in andächtiger Gemütserhebung und Freudigkeit dahin ziehen sah, musste ich denken: ach wenn doch unsere Prozessionen sich ein Beispiel an ihnen nehmen möchten! Einmal sah ich danach den Zug nachts auf dem Feld an einem Brunnen halten. Ein Mann aus einer Hütte, deren mehrere in der Nähe waren, schloss ihnen den Brunnen auf. Sie tränkten die Lasttiere und erquickten sich, ohne abzupacken, durch eine kurze Rast.

Später sah ich den Zug auf einer höheren Fläche. Zu ihrer Rechten war Gebirge und es schien mir, als näherten sie sich, wo der Weg sich wieder senkt, einer Gegend, in welcher öfters Wohnungen und Bäume und Brunnen zwischen denselben lagen. Die Leute hier hatten Fäden zwischen den Bäumen ausgespannt und flochten breite Decken daraus. Sie beteten Ochsenbilder an und reichten dem vielen Gesindel, das dem Zug der Könige folgte, freigebig Speise, aber brauchten die Schüsseln nicht mehr, aus denen jene gegessen hatten, worüber ich mich wunderte.

Tags darauf sah ich die Könige in der Nähe einer Stadt, deren Name wie Causur klang und die aus Zelten auf Steinfundamenten erbaut war, bei einem andern König rasten, dem diese Stadt gehörte und dessen Zeltschloss in kleiner Entfernung vor ihr lag. Sie hatten seit ihrem Zusammentreffen 53 oder 63 Stunden Wegs bis hierher zurückgelegt. Sie erzählten dem König von Causur alles, was sie in den Sternen gesehen. Er war sehr verwundert und schaute durch ein Rohr nach dem Stern der sie führte und sah ein Kindchen mit einem Kreuz darin.

Er bat sie hierauf, sie möchten ihm bei ihrer Rückkehr alles berichten so wolle er dem Kinde auch Altare aufrichten und ihm opfern. Als die Könige Causur verließen, schloss sich ein bedeutender Zug von vornehmen Reisenden an sie an, welche denselben Weg zu machen hatten. Später rasteten sie an einem Brunnen, ohne abzupacken, doch machten sie Feuer. Als sie wieder weiter ritten, hörte ich sie süß und innig miteinander singen. Sie sangen kurze Reime, wie: «Wir wollen über die Berge ziehen - Und vor dem neuen König knien!»

Einer fing an und die andern sangen die Reime mit, welche sie abwechselnd erfanden und anstimmten. In dem Kern des Sterns war ein Kindchen mit dem Kreuz zu sehen.

Maria hatte ein Gesicht von der Annäherung der Könige, da sie in Causur Rasttag hielten. Sie erzählte es Joseph und Elisabeth.

Endlich sah ich die Könige in dem ersten jüdischen Ort ankommen. Es war ein kleines zerstreut liegendes Städtchen, wo viele Häuser mit hohen Zäunen umgeben waren. Sie waren hier in gerader Linie mit Bethlehem. Aber sie nahmen ihren Weg doch rechts, weil die Straße nicht anders ging. Als sie in diesen Ort kamen, sangen sie besonders schön und waren ganz freudig, denn der Stern schien hier ungemein helle und es war hier Mondschein, so dass man deutlich die Schatten sehen konnte. Jedoch schienen die Einwohner entweder den Stern nicht zu sehen oder keinen besondern Anteil daran zu nehmen, allein sie waren ungemein dienstfertig. Einige der Reisenden waren abgestiegen und die Einwohner waren ihnen behilflich, die Tiere zu tränken. Ich dachte hier noch an Abrahams Zeiten, wie da alle Menschen so gut und hilfreich waren. Viele Einwohner führten den Zug, Zweige tragend, durch die Stadt und gingen ein Stück Wegs mit ihnen. Ich sah den Stern nicht immer leuchtend vor ihnen, manchmal ganz dunkel. Es war als scheine er heller, wo gute Leute lebten und wann die Reisenden ihn irgendwo recht hell sahen, so wurden sie besonders bewegt und glaubten, da müsse vielleicht der Messias sein. Die Könige wurden aber auch besorgt, ihr großer Zug möchte viel Aufsehen und Gerede machen.

Tags darauf zogen sie ohne anzuhalten um eine dunkle neblige Stadt und eine Strecke davon über einen Fluss, der sich ins Tote Meer ergießt. Am Abend sah ich sie in einer Stadt, die wie Manathea oder Madian hieß, ankommen. Ihr Zug war wohl an zweihundert Menschen stark, soviel nachziehendes Gesindel hatte ihre Freigebigkeit herbeigelockt. Es ging eine Straße hier durch es waren hier Heiden und Juden gemischt. Der Zug wurde vor der Stadt in einen Mauerumfang gebracht, wo die Könige sich Zelte aufschlugen. Ich sah auch, wie sie hier, wie in der vorigen Stadt sehr betrübt wurden, weil kein Mensch von dem neugebornen König etwas wissen wollte. Ich hörte sie auch erzählen, wie lange schon die Erwartung des Sternes bei ihnen gedauert habe.

12. Abstammung der Könige

Ich hörte, dass sie ihre Abstammung bis auf Hiob zurückführten, der auf dem Kaukasus lebte und noch andere Landstriche in der Ferne besaß. Lange vor Balaam schon und bevor noch Abraham in Ägypten war, hatten sie die Prophezeiung und Erwartung des Sterns. Die Anführer eines Stammes aus dem Land Hiobs hatten auf einem Zug nach Ägypten in der Gegend von Heliopolis durch einen Engel die Offenbarung empfangen, dass aus einer Jungfrau der Heiland werde geboren werden, den ihre Nachkommen verehren sollten. Sie selber sollten nicht weiter vordringen, sondern zurückziehen und die Sterne beobachten. Sie stellten Feste darüber an, bauten Triumphbogen und Altare, die sie mit Blumen schmückten und zogen wieder nach Haus. Es mochten wohl dreitausend solcher Leute beisammen sein. Sie waren medische Leute und Sterndiener, von einer schönen gelblichbraunen Farbe und sehr edler und hoher Statur. Sie zogen mit ihren Herden von einem Ort zum andern und herrschten, wo sie wollten, durch ihre große Gewalt. Diese nun hatten, wie die Könige erzählten, zuerst die Prophezeiung gebracht und durch sie hatte die Beobachtung der Sterne bei ihnen den Anfang genommen. Und als sie später in Verfall geraten war, ward sie durch einen Schüler Balaams und sehr lange nach ihm durch drei prophetische Töchter der Voreltern der drei Könige wieder erneuert. Jetzt endlich, fünfhundert Jahre nach diesen Töchtern, sei der Stern gekommen, dem sie gefolgt seien.

Die drei Töchter lebten zu gleicher Zeit, sie waren in der Sternkunst sehr erfahren und hatten einen prophetischen Geist und Gesichte. Sie sahen, dass ein Stern aus Jakob aufgehen und dass eine unversehrte Jungfrau den Heiland gebären werde. Sie zogen in langen Gewändern im Land umher, verkündeten diese Weissagung, ermahnten zur Besserung und sagten Zukünftiges bis auf die fernsten Zeiten vorher und dass die Boten des Heilands zu ihrem Volk kommen und ihm den wahren Gottesdienst bringen werden. Die Väter dieser Jungfrauen erbauten der verheißenden Gottes-Mutter da, wo ihre Länder zusammen stießen, einen Tempel und in seiner Nähe einen Turm zur Beobachtung des Sternbildes und seiner verschiedenen Veränderungen. Von diesen drei Fürsten stammten die heiligen Könige seit ungefähr fünfhundert Jahren durch fünfzehn Geschlechter in gerader Linie ab. Sie sind aber durch Vermischung mit anderen Menschenstämmen so verschiedenfarbig geworden. Seit dieser langen Zeit waren immer einzelne ihrer Vorfahren auf dem Turm, um die Gestirne zu beobachten. Was sie beobachteten, wurde aufgezeichnet und von Mund zu Mund gelehrt und es ward nach diesen Beobachtungen manches nach und nach in ihrem Gottesdienst und Tempel geändert.

Alle merkwürdigen Zeiten, welche auf die Annäherung des Messias Bezug hatten, wurden ihnen in den Sternen durch Bilder bezeichnet. In den letzten Jahren, seit Mariä Empfängnis, waren diese Bilder immer deutlicher und die Annäherung des Heils bezeichnender geworden. Sie sahen zur Zeit von Mariä Empfängnis die Jungfrau mit Szepter und Waage, in deren gleichstehenden Schalen Weizen und Trauben lagen. Zuletzt hatten sie selbst Vorbilder des bitteren Leidens geschaut. Es war, als bekomme der neugeborne König Krieg und werde alles besiegen.

Diese Sternbeobachtungen waren mit Gottesdienst, mit Fasten, Gebet, Reinigungen und Enthaltungen verbunden. Es war jedoch nicht ein Stern allein, sondern eine ganze Zusammenstellung, die sie beobachteten und bei gewissem Zusammentreffen der Sterne empfingen sie Gesichte und Bilder, während sie nach den Sternen schauten. Bei diesem Sterndienst waren aber auch böse Einflüsse auf Personen, die in böser Verfassung lebten und bei ihren dämonischen Gesichten in Konvulsionen fielen. Durch solche Leute kamen die grässlichen Menschenopfer von Greisen und Kindern in Gang, doch nach und nach wurden diese Gräuel wieder abgestellt. Die Könige jedoch sahen die Bilder klar und ruhig in süßer Innigkeit, ohne böse Einflüsse zu empfangen. Sie wurden im Gegenteil immer besser und frömmer.

Dies alles beschrieben sie den neugierigen Zuhörern mit großer Kindlichkeit und Aufrichtigkeit und waren betrübt, dass diese gar nicht zu glauben schienen, worauf ihre Voreltern schon an zweitausend Jahre so geduldig gewartet. Der Stern war von Wolken bedeckt. Als er sich aber wieder sehen ließ und ganz groß zwischen ziehenden Wolken stand, als stehe er der Erde sehr nahe, liefen sie noch in der Nacht aus ihrem Lager und riefen die Einwohner zusammen und zeigten ihnen den Stern. Die Leute gafften ganz verwundert und waren teils sehr gerührt, teils ärgerten sie sich an den Königen, die meisten aber suchten von ihrer Freigebigkeit zu profitieren.

Ich habe sie nun auch sagen hören, wie weit sie bisher zu reisen hatten. Sie rechneten die Tagreisen zu Fuß, die Tagreise zu zwölf Stunden. Bis zu ihrem Sammelplatz hatte der eine drei, der andere fünf solcher Tagreisen von zwölf Stunden. Sie machten aber auf ihren Tieren, welche Dromedare waren, 36 Stunden, die Nacht und Ruhestunden zusammen genommen, in einer Tagreise. Darum konnte der drei Tagreisen Entfernte in einem, der fünf Tagreisen Entfernte in zwei Tagen auf dem Sammelplatz sein. Von diesem Sammelplatz bis hierher hatten sie 56 Tagreisen zu 12 Stunden also 672 Stunden. Sie hatten dazu von Christi Geburt an bis hierher, mit Zusammenkunft und Rasttagen, etwa 25 Tage gebraucht. Sie wollten hier auch einen Rasttag halten.

Die Leute hier waren außerordentlich zudringlich und unverschämt und bedrängten die Könige wie Wespenschwärme. Diese teilten immer kleine dreieckige gelbe Stückchen, wie Blech und auch dunklere Körner aus. Sie mussten unbeschreibliche Schätze haben. Als sie aufbrachen, zogen sie um die Stadt, in welcher ich Götzenbilder auf Tempeln stehen sah. Jenseits der Stadt kamen sie über eine Brücke und durch ein jüdisches Örtchen mit einer Synagoge. Nun zogen sie auf guter Straße immer eilender fort dem Jordan zu. Es hatten sich wohl hundert Leute ihrem Zug angeschlossen. Sie hatten von hier wohl noch vierundzwanzig Stunden bis nach Jerusalem. Ich sah sie aber durch keine Stadt mehr ziehen, sondern immer neben hin. Da es Sabbat war, begegneten sie wenigen Leuten. Je näher sie Jerusalem kamen, um so kleinmütiger wurden sie, denn der Stern war bei weitem nicht mehr so helle vor ihnen und in Judäa überhaupt sahen sie ihn nur selten. Sie hatten auch gehofft, an allen Orten die Leute in großer Freude und Herrlichkeit über den neugebornen Heiland zu finden, den zu ehren sie so weit hergereist waren. Da sie aber nirgends auch nur die geringste Spur von Bewegung erblickten, wurden sie betrübt und unsicher und meinten, als hätten sie sich vielleicht ganz geirrt.

Es mochte gegen Mittag sein, da sie über den Jordan setzten. Sie bezahlten die Überfuhrleute, welche zurückblieben und sie allein gewähren ließen. Nur ein paar derselben halfen ihnen. Der Jordan war nicht breit damals und voll Sandbänke. Es wurden Bretter über Balkenroste gelegt und die Dromedare darauf gestellt. Es ging ziemlich geschwind. Anfangs schienen die Könige gegen Bethlehem zu ziehen. Dann wendeten sie sich aber und kamen gegen Jerusalem. Ich sah die Stadt hoch gegen den Himmel aufgetürmt liegen. Es war nach Sabbatschluss, als sie vor der Stadt anlangten.

13. Die Könige bei Herodes

Der Zug der Könige war wohl eine Viertelstunde lang. Als sie vor Jerusalem still hielten ward der Stern ihnen unsichtbar. Sie wurden darüber sehr bekümmert. Die Könige saßen auf Dromedaren, drei andere Dromedare waren mit Gepäck beladen. Die anderen saßen meistens auf schnellen gelblichen Tieren mit feinen Köpfen, ich weiß nicht, ob Pferden oder Eseln, sie sahen ganz anders aus, als unsere Pferde. Bei den Vornehmeren waren diese Tiere sehr schön gedeckt und aufgezäumt und mit goldenen Sternen und Kettchen behängt. Einige ihres Gefolges gingen ans Tor und kehrten mit Aufsehern und Soldaten zurück. Ihre Ankunft war zu dieser Zeit, da kein Fest war und da sie keinen Handel trieben, auch auf diesem Weg her, ungewöhnlich. Sie sagten, warum sie kämen. Sie sprachen von dem Stern und dem Kind. Man wusste hier nichts davon. Sie meinten gewiss, sie hätten sich geirrt, denn sie erblickten nicht einen Menschen, der so aussah, als wisse er etwas vom Heil der Welt. Auch wurden sie von den Leuten so verwundert angeschaut, die nicht begreifen konnten, was sie wollten. Sie erklärten, dass sie alles, was sie empfingen, bezahlen würden und dass sie mit dem König sprechen wollten. Es war noch ein großes Hin- und Herschicken. Sie sprachen unterdessen mit allerlei Leuten, die sich um sie sammelten. Einige wussten ein Gerede von einem Kind, das zu Bethlehem sollte geboren sein. Aber das sei nichts, es sei nur gemeines Volk. Andere verlachten sie. Sie selbst waren sehr niedergeschlagen und betrübt. Und da sie aus den halben Äußerungen der Leute merkten, dass auch Herodes nichts davon wisse und da man nicht sehr liebevoll von Herodes sprach, waren sie auch bekümmert, wie sie mit ihm sprechen sollten. Sie beteten und erhielten wieder Mut und sagten zueinander: der uns mit dem Stern so schnell hierher geführt hat, der wird uns auch wieder glücklich nach Hause bringen. Man führte nun den Zug außen um die Stadt herum und brachte ihn mehr von der Seite des Kalvarienberges wieder herein. Nicht weit vom Fischmarkt wurden sie mit ihren Tieren in ein rundes Gehöft gebracht, welches mit Hallen und Wohnungen umgeben war und vor dessen Toren Wachen standen. In der Mitte des Hofes war ein Brunnen, an dem sie ihre Tiere tränkten. Ringsum waren Ställe und Räume unter Bogen, wo sie alles unterbrachten. Das Gehöft lag nach einer Seite an einem Berg, auf den anderen Seiten war es frei und von Bäumen umgeben. Ich sah auch Leute mit Fackeln kommen, welche ihr Gepäck durchsuchten.

Das Schloss des Herodes lag nicht fern von diesem Hof auf der Höhe und ich sah den ganzen Weg bis hinauf mit Fackeln oder Feuerkörben auf Stangen beleuchtet. Ich sah auch Leute vom Schloss niederkommen und den ältesten König Theokeno hinaufholen. Er wurde unter einem Bogen empfangen und dann in einen Saal gebracht. Er sprach hier mit einem Hofherrn, der alles dem Herodes hinauf berichtete, welcher wie unsinnig darüber wurde und die Könige auf den andern Morgen zu sich bestellte. Er ließ ihnen sagen, sie möchten nur ausruhen, er wolle nachforschen und ihnen melden, was er erfahre.

Als Theokeno wieder hinabkam, wurden die Könige noch mehr betrübt und ließen einiges Abgepackte wieder aufpacken. Sie schliefen auch nicht. Ich sah einzelne von ihnen mit Führern in der Stadt umhergehen. Es war mir, als glaubten sie, Herodes wisse vielleicht doch alles, nur wolle er ihnen die Wahrheit nicht sagen. Sie suchten auch noch immer nach dem Stern. In Jerusalem selbst war es still. Bei der Wache am Hof war viel Gelaufe und Gefrage.

Da Theokeno bei Herodes war, mochte es gegen elf Uhr in der Nacht sein. Es war ein Fest bei ihm, viele Lichter in Sälen und auch Frauen. Was Theokeno ihm melden ließ, versetzte ihn in argen Schrecken. Er schickte Diener an den Tempel und sonst in die Stadt. Und ich sah, dass Priester, Schriftgelehrte und alte Juden mit Rollen zu ihm kamen. Sie hatten ihre Kleider und Brustschilder und Gürtel mit Buchstaben an, sie deuteten auf die Blätter. Es waren ihrer wohl an zwanzig, die um ihn waren. Ich sah sie auch mit ihm auf das Dach des Schlosses hinaufgehen und nach den Sternen sehen. Herodes war in großer Unruhe und Verwirrung. Die Schriftgelehrten aber redeten ihm alles wieder aus und suchten ihm immer zu beweisen, dass es mit dem Gerede der Könige nichts sei, dass diese Völker immer allerlei Phantastereien mit Sternen hätten und dass, wenn etwas daran wäre, sie es am Tempel und in der heiligen Stadt doch eher wissen müssten.

Morgens bei Tagesanbruch sah ich abermals einen Hofherrn hinabkommen und alle drei Könige mit ihm hinaufgehen. Sie wurden in einen Saal geführt, wo zum Empfang einige Gerichte und grüne Zweige und Büsche in Gefäßen aufgestellt waren. Die Könige rührten die angebotenen Speisen nicht an. Sie blieben stehen bis Herodes kam, dem sie mit Verbeugung entgegen traten und kurz fragten, wo der neugeborne König der Juden sei, dessen Stern sie gesehen und den anzubeten sie gekommen seien. Dem Herodes war doch sehr angst, aber er ließ es sich nicht merken. Es waren noch einige Schriftgelehrte bei ihm. Er fragte sie näher um den Stern aus und sagte ihnen, von Bethlehem Ephrata laute die Verheißung. Mensor erzählte ihm aber das letzte Gesicht, das sie bei dem Stern gehabt, worüber er in eine noch größere innere Angst kam, dass er gar nicht wusste, wie er sie genug verbergen sollte. Mensor sagte, sie hätten eine Jungfrau gesehen und vor ihr ein liegendes Kind, aus dessen rechter Seite ein Lichtzweig ausgegangen, auf welchem ein Turm mit vielen Toren gestanden, der zu einer großen Stadt geworden sei. Das Kind habe mit Schwert und Szepter als ein König darüber gestanden und sie hätten sich selbst und die Könige der ganzen Welt kommen, sich beugen und das Kind anbeten gesehen, denn es habe ein Reich, welches alle Reiche überwinden werde. Herodes riet ihnen, ganz stille nach Bethlehem zu ziehen und zwar unverzüglich und dann, wenn sie das Kind gefunden hätten, sollten sie zurückkehren und es ihm melden, damit er es auch anzubeten komme. Ich sah die Könige wieder hinabgehen und sogleich aufbrechen. Der Tag brach an, die Leuchten auf dem Schlossweg brannten noch. Das Gesindel, das ihnen gefolgt war, war gestern abend in die Stadt eingekehrt.

Herodes, der um die Zeit von Christi Geburt auf seinem Schloss bei Jericho sich aufhielt, war schon vor der Ankunft der Könige sehr unmutig und geärgert gewesen. Er hatte zwei seiner außerehlichen Söhne am Tempel zu hohen Stellen gebracht. Sie waren Sadduzäer und durch sie wurde ihm alles verraten, was dort vorging und wer seinen Absichten entgegen war. Darunter gehörte besonders ein guter und gerechter Mann, ein ansehnlicher Beamter am Tempel. Er ließ ihn ganz höflich und freundschaftlich zu sich nach Jericho einladen und als er auf dem Weg war, überfallen und ermorden in der Wüste, als sei es von Räubern geschehen. Einige Tage nachher war er nach Jerusalem gekommen, um das Tempelweihfest mitzufeiern. Da wollte er dann den Juden auf seine Weise eine Freude machen und Ehre antun. Er hatte eine goldene Figur, wie ein Lamm oder vielmehr wie ein Böcklein, machen lassen, denn es hatte Hörner. Und dieses sollte zum Fest über das Tor aufgestellt werden, welches aus dem Vorhof der Frauen in den Opferhof führte. Er wollte dieses ganz eigenwillig tun und dafür noch schön bedankt sein. Aber die Priester widersetzten sich. Er drohte mit einer Geldstrafe. Sie sagten ihm, die Strafe wollten sie bezahlen, doch das Bild könnten sie nach dem Gesetz niemals annehmen. Er war darüber sehr erbittert und wollte es heimlich aufstellen lassen. Ein eifriger Vorgesetzter aber nahm es, als es gebracht wurde, brach es mitten entzwei und warf es an die Erde. Es entstand darüber ein Auflauf und Herodes ließ den Mann einkerkern. Er war darüber im äußersten Unmut und wünschte, gar nicht auf das Fest gekommen zu sein. Seine Hofleute aber suchten mit allerlei Lustbarkeiten ihn zu zerstreuen.

Im jüdischen Land war bei einzelnen frommen Leuten die Erwartung der nahen Ankunft des Messias und die Ereignisse bei Jesu Geburt waren durch die Hirten verbreitet. Auch Herodes hatte davon gehört und im Stillen zu Bethlehem darüber nachforschen lassen. Da seine Späher aber nur den armen Joseph fanden und auch Auftrag hatten, keine Aufmerksamkeit zu erregen, berichteten sie, es sei nichts, es sei nur eine arme Familie in einem Loch da und das Ganze nicht der Mühe wert, davon zu reden. Nun aber kam auf einmal der große Zug der Könige, diese fragten so sicher und bestimmt nach dem König von Juda und sprachen mit solcher Gewissheit von dem Stern, dass Herodes seine Angst und Verwirrung kaum verbergen konnte. Er gedachte, das Nähere an der Sache durch die Könige selber zu erfahren und dann seine Maßregeln zu ergreifen. Da aber die Könige von Gott gewarnt nicht zu ihm zurückkehrten, erklärte er ihre Flucht als Folge ihrer Lüge und Täuschung, als hätten sie sich geschämt und gefürchtet, zurückzukehren wie Leute, welche sich zum Narren hätten halten lassen. Nur im Allgemeinen ließ er in Bethlehem bekannt machen, man solle sich nicht mit den Leuten einlassen. Als aber Herodes Jesus bei Seite zu schaffen dachte, erfuhr er, dass Er nicht mehr in Bethlehem sei. Er ließ Ihm lange nachspüren und da seine Hoffnung Ihn zu finden, vergebens war und seine Angst nur um so mehr wuchs, ergriff er die verzweifelte Maßregel des Kindermordes und zwar so vorsichtig, dass er vorher schon seine Truppen verlegte, um einem Aufstand vorzubeugen.

14. Die Könige kommen nach Bethlehem

Ich sah die Könige in derselben Ordnung, wie sie gekommen waren, aus Jerusalem durch ein Tor mittagswärts fortziehen, zuerst Mensor der jüngste, dann Sair und zuletzt Theokeno. Es folgte ihnen ein Haufen Leute bis zu einem Bach vor der Stadt, wo er sie wieder verließ und nach Jerusalem zurückkehrte. Jenseits des Baches machten sie Halt und sahen nach ihrem Stern als sie ihn erblickten, wurden sie sehr froh und zogen mit süßem Gesang wieder weiter. Was mich aber wunderte, war, dass der Stern sie nicht den geraden Weg von Jerusalem nach Bethlehem führte. Sondern sie zogen mehr gegen Abend an einem Städtchen vorüber, das mir sehr bekannt ist. Hinter demselben sah ich sie an einem schönen Platz halten und beten. Es entsprang eine Quelle vor ihnen, sie stiegen ab und gruben der Quelle ein Becken, das sie mit reinem Sand und Rasen umgaben. Sie ruhten hier mehrere Stunden und tränkten ihre Tiere, denn in Jerusalem hatten sie durch Störung und Sorge gar keine Ruhe gehabt.

Der Stern, der bei Nacht wie eine Feuerkugel aussah, sah jetzt ungefähr wie der Mond bei Tag aus. Doch schien er nicht scharf rund, sondern wie gezackt. Ich sah, dass er sich oft hinter Wolken verbarg.

Auf der geraden Straße von Bethlehem nach Jerusalem wimmelte es von Menschen und Reisenden mit Gepäck und Eseln. Vielleicht waren es Leute, die von der Zählung aus anderen Städten und von Bethlehem nach Hause reisten, oder die nach Jerusalem zum Tempel oder zum Markt kamen. Auf dem Weg der Könige war es ganz still. Vielleicht führte sie der Stern so, um das Aufsehen zu vermeiden und damit sie erst am Abend in Bethlehem ankommen sollten.

Sie kamen in der Dämmerung vor Bethlehem an dem Tor an, wo Joseph mit Maria gehalten hatte. Da ihnen hier der Stern verschwand, zogen sie vor das Haus, wo ehedem die Eltern Josephs gewohnt und wo Joseph mit Maria sich hatte einschreiben lassen. Sie glaubten, dass sie hier den Neugebornen finden würden. Es war ein größeres Haus mit mehreren kleinen umher, ein geschlossener Hof lag davor und vor diesem ein mit Bäumen bepflanzter Platz mit einem Brunnen. Ich sah auf diesem Platz römische Soldaten wegen des in dem Haus befindlichen Schätzungsamtes. Es war hier ein großes Gedränge um sie. Ihre Tiere waren unter den Bäumen bei dem Brunnen und wurden getränkt. Sie selber waren abgestiegen und man erwies ihnen allerlei Ehre. Man war nicht so grob, als mit Joseph. Man präsentierte ihnen auch Zweige und etwas zu essen und zu trinken. Ich sah aber, dass es meistens wegen der Goldstückchen war, die sie auch hier austeilten.

Ich sah, dass sie hier lange unentschieden verweilten und noch immer unruhig waren, bis ich ein Licht jenseits Bethlehem über der Gegend, wo die Krippe war, am Himmel aufsteigen sah. Es war ein Leuchten, als wenn der Mond aufgeht. Ich sah, dass sie sich wieder aufsetzten und um die Mittagsseite von Bethlehem herum gegen die Morgenseite hinzogen, so dass sie das Feld zur Seite hatten, wo den Hirten die Geburt Christi verkündigt worden war. Sie mussten an einem Graben hin und um verfallene Mauern herumziehen. Sie machten diesen Weg, weil sie in Bethlehem nach dem Tal der Hirten als einem guten Lagerplatz gewiesen wurden. Es liefen ihnen auch einige Leute von Bethlehem nach. Sie sagten diesen aber nichts davon, wen sie hier suchten.

Der heilige Joseph schien um ihre Ankunft zu wissen. Ob er es von Jerusalem aus erfahren oder durch ein Gesicht, weiß ich nicht. Aber ich hatte ihn schon unter Tags allerlei aus Bethlehem holen gesehen. Früchte, Honig und Grünes. Ich sah auch, dass er die Höhle sehr geräumig gemacht, seine abgeschlagene Kammer im Eingang ganz zusammengestellt und das Holz und Küchengestell hinaus vor die Türe unter das Obdach gebracht hatte. Als der Zug in das Tal der Krippenhöhle hinabkam, stiegen sie ab und fingen an, ihr Lager aufzuschlagen. Die Leute aber, die ihnen aus Bethlehem nachgelaufen waren, gingen wieder zur Stadt zurück. Schon hatten sie einen Teil des Lagers aufgeschlagen, als sie den Stern über der Höhle wieder erblickten und in ihm ganz deutlich ein Kind. Er stand gerade über der Krippe und zeigte mit seiner Lichtbahn senkrecht darauf nieder. Sie entblößten das Haupt und sahen den Stern wachsen, als nähere er sich und senke sich nieder. Ich meine, dass ich ihn so groß wie ein Betttuch werden sah. Anfangs waren sie ganz verwundert. Es war schon dunkel, kein Haus war hier zu sehen, nur der Hügel der Krippe, wie ein Wall. Bald aber wurden sie ungemein freudig und suchten den Eingang zur Höhle. Mensor öffnete die Tür und erblickte die Höhle voll Glanz und Maria und das Kind im Ende sitzend ganz wie die Jungfrau, die sie immer im Sternbild gesehen hatten. Der König trat zurück und sagte es den beiden anderen. Nun gingen sie alle drei in den Eingang. Ich sah, dass Joseph mit einem alten Hirten zu ihnen herauskam und gar freundlich mit ihnen sprach. Sie sagten ihm einfältig, sie kämen, den neugebornen König der Juden, dessen Stern sie gesehen, anzubeten und ihm Geschenke zu bringen. Joseph hieß sie demütig willkommen. Sie zogen sich nun zurück, um zu ihrer Zeremonie sich vorzubereiten. Der alte Hirt aber ging mit den Dienern der Könige in das kleine Tal hinter dem Krippenhügel, wo Schuppen und Hirtenställe waren, um ihre Tiere zu versorgen. Der Zug nahm das ganze kleine Tal ein.

Ich sah nun die Könige ihre weiten fliegenden Mäntel von gelber Seide von den Kamelen herabnehmen und sich umhängen. Um die Mitte des Leibes befestigten sie an den Gürtel mit Kettchen Beutel und goldene Büchsen mit Knöpfchen wie Zuckerdosen. Sie wurden dadurch ganz breit in ihren Mänteln. Sie hatten auch eine kleine Tafel auf niedrigem Fuß bei sich, die sie auseinander klappen konnten. Sie diente als Präsentierteller, wurde mit einem Teppich, woran Quasten, bedeckt und darauf die Geschenke in Büchsen und Schalen gestellt.

Jeder König hatte die vier Begleiter aus seiner Familie bei sich. Alle folgten dem heiligen Joseph mit einigen Dienern unter das Vordach der Krippenhöhle. Hier legten sie den Teppich über die Tafel und stellten viele von den Büchsen, die sie umhängen hatten, als ihre gemeinschaftlichen Geschenke darauf. Nun gingen zuerst zwei Jünglinge von Mensors Gefolge durch die Türe, Bahnen von Teppichen über den ganzen Gang bis zur Krippe niederbreitend. Sie entfernten sich wieder und Mensor mit seinen vier Begleitern trat ein. Sie hatten die Sandalen abgelegt. Zwei Diener hatten ihm durch den Gang bis zur Krippenhöhle die Tafel mit den Geschenken nachgetragen. Beim Eintreten aber nahm sie Mensor ihnen ab und stellte sie, indem er die Knie beugte, vor Maria nieder. Die anderen Könige mit ihren Begleitern stellten sich in dem Gang der Krippenhöhle auf.

Die Höhle sah ich voll von übernatürlichem Licht. Dem Eingang gegenüber auf der Stelle der Geburt war Maria in mehr liegender als sitzender Stellung auf einen Arm gelehnt, neben ihr Joseph und ihr zur Rechten lag das Jesuskind in einer mit Teppich bedeckten, erhöht stehenden Mulde. Beim Eintritt Mensors richtete Maria sich in sitzender Stellung auf, verschleierte sich und nahm das Kind verhüllt vor sich auf den Schoß. Sie öffnete aber die Hülle, dass der Oberleib bis unter die Ärmchen unbedeckt erschien und hielt es aufrecht an ihre Brust gelehnt, ihm das Köpfchen mit einer Hand stützend. Es hielt die Händchen vor der Brust, wie betend, war sehr freundlich und leuchtend und griff auch um sich her. Mensor ließ sich vor Maria auf die Knie nieder, beugte das Haupt, kreuzte die Hände vor der Brust und sprach die Geschenke anbietend andächtige Worte. Dann nahm er aus dem Beutel am Gürtel eine Hand voll fingerlanger, dicker schwerer Stäbchen hervor, die oben spitz, in der Mitte körnig und goldglänzend waren und legte sie demütig als seine Gabe Maria neben das Kind auf den Schoß und Maria nahm sie liebevoll und demütig an und bedeckte sie mit dem Zipfel ihres Mantels. Die Begleiter Mensors standen hinter ihm tiefgebeugten Hauptes. Mensor gab das Gold, weil er voll Treue und Liebe war und mit unerschütterlicher Andacht und Anstrengung immer nach dem Heil suchte.

Als er und die Seinen sich zurückzogen, ging Sair mit seinen vier Begleitern hinein und ließ sich auf die Knie nieder. Er trug in der Hand ein goldenes Weihrauchschiffchen voll kleiner grünlicher Körner wie Harz. Er gab den Weihrauch, denn er war der, welcher sich willig und ehrerbietig anschmiegte und liebreich dem Willen Gottes folgte. Er setzte sein Geschenk auf die kleine Tafel und kniete lange da.

Nach ihm nahte Theokeno der Älteste. Er konnte nicht knien, er war zu alt und zu dick. Er stand gebeugt und stellte ein goldenes Schiffchen mit grünem feinem Kraut auf die Tafel. Es war noch frisch und lebendig, es stand aufrecht wie ein ganz feiner grüner Busch mit weißen Blümchen. Er brachte Myrrhen, denn Myrrhen bedeuten Abtötung und überwundene Leidenschaften. Dieser gute Mann hatte schwere Anfechtungen zum Götzendienst und zur Vielweiberei bekämpft. Er blieb sehr lange vor dem Jesuskind, dass ich bange war für die guten Leute vom Gefolge, welche gar geduldig draußen vor dem Eingang harrten, bis auch sie das Jesuskind noch sehen könnten.

Die Reden der Könige und aller, welche nach ihnen zu- und abtraten, waren ungemein kindlich und wie liebetrunken. Sie begannen: «Wir haben seinen Stern gesehen und dass Er der König über alle Könige ist. Wir kommen, Ihn anzubeten und Ihm Geschenke zu bringen.» Unter zärtlichen Tränen empfahlen sie dem Jesuskind mit heißen Bitten sich, die Ihrigen, ihr Land, ihre Leute, ihr Hab und Gut, alles, was ihnen nur auf Erden einen Wert hatte. Er solle ihre Herzen, ihre Seelen, alles ihr Tun und Denken hinnehmen, Er solle sie erleuchten und ihnen alle Tugend schenken und der Erde Glück, Frieden und Liebe. Es ist nicht zu sagen, wie sie in Liebe und Demut glühten und wie die Tränen der Freude über ihre Wangen und den Bart des Ältesten flossen. Sie waren ganz selig, sie glaubten in dem Stern drin angekommen zu sein, nach dem ihre Vorfahren sich so lange redlich gesehnt und in den sie so begierig geschaut hatten. Alle Freude der erfüllten Verheißung von vielen Jahrhunderten war in ihnen.

Joseph und Maria weinten auch und waren so freudig, wie ich sie nie gesehen. Die Ehre und Anerkennung ihres Kindes und Heilandes, den sie so arm betten mussten dessen hohe Würde in der stillen Demut ihrer Herzen verschwiegen ruhte, erquickte sie unendlich. Sie sahen Ihm durch Gottes Allmacht aus der Ferne gesendet, trotz aller Menschen, was sie Ihm selbst nicht geben konnten: die Anbetung der Mächtigen mit heiliger Pracht. Ach, sie beteten mit an, seine Ehre beseligte sie.

Die Mutter Gottes nahm alles ganz demütig und dankbar an. Sie sprach nicht, nur eine Bewegung unter ihrem Schleier drückte alles aus. Das Jesuskind hielt sie zwischen dem Schleier und dem Mantel und sein Leibchen sah so leuchtend unter dem Schleier heraus. Erst zuletzt sprach sie auch einige freundliche Worte mit jedem und schlug, wenn sie redete, den Schleier ein wenig zurück.

Die Könige gingen nun heraus nach ihrem Zelt. Es war Licht darin und recht schön.

Endlich kamen auch die guten Diener zur Krippe, welche während der Anbetung der Könige links vor der Krippenhöhle an dem Hügel gegen das Hirtenfeld zu mit Beihilfe Josephs ein weißes Zelt aufgeschlagen hatten, das sie mit allen Stangen und Zelttüchern zum Ineinanderfügen auf ihren Tieren mit sich führten. Ich meinte zuerst, als habe es Joseph eingerichtet wunderte mich, woher er es so schnell und so schön bekommen hätte. Aber als sie fortzogen, sah ich, dass das Zelt wieder aufgepackt wurde. An dem Zelt war von Strohmatten auch ein Obdach angebracht, unter dem ihre Kasten standen. Nachdem die Diener das Zelt aufgeschlagen und alles schnell in Ordnung gebracht hatten, harrten sie ganz demütig vor der Türe der Krippe.

Sie traten nun zu je fünf, geleitet von einem der Vornehmen, zu dem sie gehörten, herein, knieten vor Maria und dem Kind nieder und beteten stille. Zuletzt kamen in kleinen Mäntelchen die Knaben mitsammen, mit denen es im Ganzen wohl an dreißig Personen gewesen sein mochten.

Als alle sich wieder entfernt hatten, kamen die Könige miteinander nochmals herein. Sie hatten andere, weitfliegende Mäntel aus roher Seide umgehängt und trugen Rauchfässer und Weihrauch. Zwei Diener hatten über den Boden der Krippenhöhle eine tiefrote Decke ausgebreitet, auf der Maria mit dem Kind saß, als die Könige räucherten. Sie hat sie nachher fortgebracht, ist darauf gegangen und hatte sie auch mit auf dem Esel bei der Reise nach Jerusalem zur Reinigung. Die Könige beräucherten das Kind und Maria und Joseph und die ganze Höhle. Es war dieses eine Art ihrer Verehrung.

Ich sah sie nachher in dem Zelt auf einem Teppich um ein niederes Tischchen liegen und dass Joseph Tellerchen mit Früchten, Brötchen, Honigwaben und Schüsselchen mit Kräutern hinbrachte und mitten unter ihnen saß und mitaß. Er war so fröhlich und gar nicht betrübt und weinte immer vor Freude. Ich dachte dabei an meinen Vater, wie er bei meiner Profess im Kloster unter so vielen vornehmeren Leuten sitzen musste, wovor er in seiner Demut und Einfalt sich so gescheut hatte, wie er aber doch so fröhlich war und vor Freude weinte.

Als Joseph wieder in die Krippenhöhle kam, stellte er alle die Geschenke rechts von der Krippe in einen Wandwinkel, wo er ein Gestell vorgemacht, das man nichts sehen konnte. Die Magd Annas, welche zur Bedienung Mariä zurückgeblieben war, hatte sich immer in dem Kellerchen links von der Höhle aufgehalten und war erst vorgetreten, als alle sich entfernt hatten. Sie war still und bescheiden. Ich sah weder bei ihr, noch bei Maria, noch Joseph, dass sie die Geschenke betrachteten und ein weltliches Wohlgefallen daran zeigten. Sie wurden mit Dank angenommen und mit Milde wieder ausgespendet. Diese Magd, eine Verwandte Annas, war eine rüstige und sehr ernste Person.

In Bethlehem sah ich an diesem Abend und in der Nacht nur bei dem elterlichen Haus Josephs ein Getümmel und als die Könige kamen, ein Geläuf in der Stadt. Bei der Krippe war es anfangs sehr still. Hernach sah ich hier und da in der Ferne lauernde und murrende Juden zusammen stehen und hin und wieder gehen und in die Stadt berichten. In Jerusalem hatte ich an diesem Tag noch vieles Geläufe von alten Juden und Priestern mit Schriften zu Herodes gesehen. Dann aber wurde alles still, als wolle man nicht mehr davon gesprochen haben.

Zuletzt hielten unter dem Terebinthenbaum über der Säughöhle die Könige mit ihren Leuten noch Gottesdienst mit einem rührenden Gesang, die Stimmen der Knaben klangen so lieblich mit. Danach zogen sie mit einem Teil des Gefolges zu einer großen Herberge in Bethlehem. Die anderen lagerten sich in Zelten zwischen der Krippe und Säughöhle. Auch diese ward eingenommen und ein Teil ihrer Kostbarkeiten darin untergebracht. In dem weißen Zelt vor der Krippe schliefen einzelne der Vornehmeren.

15. Zweiter Tag der Könige an der Krippe. Ihre Abreise

Am folgenden Tag waren alle abwechselnd nochmals in der Krippenhöhle. Den Tag über sah ich sie viel verschenken, besonders an die Hirten draußen auf dem Feld, wo sie ihre Tiere stehen hatten. Ich sah, dass sie armen alten Frauen, die ganz krumm gingen, Decken über die Schultern hängten. Ich sah auch ein großes Zudringen von den Juden aus Bethlehem, sie rangen den guten Leuten auf alle Weise Geschenke ab und sahen ihnen aus Betrug ihre Sachen durch. Ich sah auch die Könige mehrere ihrer Leute entlassen, welche hier im Land bei den Hirten bleiben wollten. Sie gaben ihnen von den Tieren welche und diesen packten sie allerlei Decken und Gerät auf, auch Goldkörner schenkten sie ihnen und entließen sie freundlich. Ich weiß nicht, warum es heute so viel weniger Leute waren. Sie haben vielleicht in der Nacht schon viele entlassen und nach Haus geschickt.

Es wurden auch noch viele Brote ausgeteilt. Ich weiß gar nicht, wo sie nur das viele Brot her hatten, aber es ist wahr. Sie hatten eine Form bei sich und haben, wo sie lagerten, gebacken. Sie mussten doch schon eine Warnung gehabt haben, sich zur Rückreise leichter zu machen.

Am Abend sah ich sie in der Krippe Abschied nehmen. Mensor ging zuerst allein hinein. Die heilige Jungfrau gab ihm auch das Jesuskind in seine Arme. Er weinte sehr und leuchtete ganz vor Freude. Dann kamen auch die anderen und nahmen Abschied und weinten. Sie brachten noch viele Geschenke: einen großen Haufen von Zeug, Stücke von ganz blasser und von roter Seide, auch blumiges Zeug und viele ganz feine Decken. Auch ihre großen, feinen Mäntel ließen sie da. Sie waren fahl und von dünner Wolle, ganz leicht und flogen im Wind. Sie brachten auch noch viele übereinander stehende Schalen und Büchsen voll Körner und in einem Korb Töpfchen mit feinen grünen Kräuterbüschen mit kleinen Blättchen und weißen Blümchen. Es standen etwa drei in der Mitte eines Topfes, so dass man wieder einen Topf auf den Rand aufsetzen konnte. Sie standen in einem Korb übereinander. Sie stellten auch schmale, lange Körbe mit Vögeln hin, wie sie sie zum Schlachten an den Dromedaren hängen hatten. Sie weinten alle sehr, als sie das Kind und Maria verließen. Die heilige Jungfrau habe ich da auch stehend bei ihnen gesehen als sie Abschied nahmen. Die Art, wie sie die Geschenke nahm, war ohne Freude an den Sachen, aber ungemein rührend, demütig und wahrhaft dankend gegen den Geber. Ich habe keine Empfindung von Eigennutz in ihr gesehen bei diesem wunderbaren Besuch, als dass sie anfangs in Liebe zum Jesuskind und aus Mitleid mit dem hI. Joseph gedachte, nun würden sie vielleicht mehr Schutz haben und nicht mehr so verächtlich in Bethlehem behandelt werden, wie bei der Ankunft, denn die Betrübnis und Beschämung Josephs darüber hatte ihr so leid getan.

Als die Könige Abschied nahmen, war schon Licht in der Krippe. Sie gingen nachher hinter den Krippenhügel gegen Morgen ins Feld, wo ihre Tiere und Leute waren. Da stand ein großer, breiter Baum, der sehr alt war und weiten Schatten hatte. Es war etwas eigenes mit dem Baum. Schon Abraham war mit Melchisedech unter ihm gewesen. Er war den Hirten und Leuten umher heilig. Es war eine Feuerstelle dabei, die man verdecken konnte und zu beiden Seiten Hütten, um darunter zu schlafen. Es war ein Brunnen davor, aus dem die Hirten zu gewissen Zeiten Wasser holten als heilsam. Und alles das war mit einer Einzäumung umgeben. Hierher gingen die Könige und alle ihre Leute, die noch da waren, versammelten sich dort. Es war auch ein Licht an dem Baum. Sie beteten und sangen unbeschreiblich süß.

Danach bewirtete sie Joseph in ihrem Zelt bei der Krippe wieder und die Häupter kehrten wieder in ihre Herberge nach Bethlehem. Inzwischen aber hatte die Obrigkeit in Bethlehem, ich weiß nicht, ob auf Herodes geheimen Antrag, oder aus eigenem Diensteifer, den Entschluss gefasst, die Könige, die in Bethlehem waren, gefangen zu nehmen und sie bei Herodes als unruhestiftend zu verklagen. Ich weiß nicht, wann dieses geschehen sollte. In der Nacht aber hatten die Könige in Bethlehem und zugleich die anderen, welche im Gezelt bei der Krippe zur Ruhe gegangen waren, im Schlaf die Erscheinung eines Engels, der sie mahnte, aufzubrechen und auf einem anderen Weg zurückzueilen. Die bei der Krippe weckten sogleich Joseph und sagten es ihm. Und während sie ihre Leute aufbrechen und die Zelte abschlagen ließen, was mit unglaublicher Schnelligkeit geschah, eilte Joseph nach Bethlehem, es den dort Befindlichen zu sagen. Diese aber hatten dort das meiste zurückgelassen und kamen ihm schon auf dem Weg entgegen. Joseph sagte ihnen seine Botschaft, sie, dass sie dasselbe erfahren. In Bethlehem hatte man ihr Weggehen nicht beachtet. Da sie ohne ihr Gepäck leise fortzogen, konnte man denken, sie gingen zu ihren Leuten zu irgend einem Gebet. Während die Häupter noch in der Krippe weinend Abschied nahmen, eilte das Gefolge schon in getrennten Zügen, um schneller reisen zu können, auf verschiedenen Wegen gegen Mittag durch die Wüste Engaddi dem Toten Meer entlang.

Die Könige flehten, die Heilige Familie möge mit ihnen fliehen und baten dann, Maria möge sich mit Jesus doch in der Säughöhle verbergen, damit sie nicht ihretwegen möchte belästigt werden. Sie ließen noch vieles dem heiligen Joseph zum verteilen zurück. Und die heilige Jungfrau schenkte ihnen ihren großen Schleier, den sie vom Haupt nahm und in welchen sie das Jesuskind beim Tragen immer miteinhüllte. Alle hatten das Kind noch in ihren Armen und weinten und redeten sehr rührend und ließen ihre leichten seidenen Mäntel Maria zurück. Dann bestiegen sie ihre Tiere und eilten hinweg. Ich sah den Engel bei ihnen auch draußen auf dem Feld. Er zeigte ihnen den Weg, den sie ziehen sollten. Es waren ihrer bei weitem nicht mehr so viele ihre Tiere waren nur wenig belastet. Jeder König zog etwa eine Viertelstunde von dem anderen entfernt und sie waren plötzlich wie verschwunden. Nachdem alle wieder in einem Städtchen zusammen getroffen waren, reisten sie nicht mehr so schnell weiter, wie sie von Bethlehem aufgebrochen waren. Den Engel sah ich immer vor ihnen hergehen und auch manchmal mit ihnen reden.

Maria begab sich sogleich mit dem Kind Jesus eingehüllt in die Säughöhle. Auch die Geschenke und das von den Königen Zurückgelassene wurde von den Hirten, welche immer unter den Lagernden im Tal gewesen waren, mit Hilfe der Zurückgebliebenen dahin gebracht.

Die drei ältesten Hirten, welche Jesus zuerst begrüßt hatten, waren besonders reich von den Königen beschenkt worden. Als man in Bethlehem den Aufbruch des Zuges erfuhr, waren sie schon bei Engaddi und das Tal, wo sie gelegen, war bis auf einige Zeltpfähle und die Spuren im niedergetretenen Gras wie sonst und ruhig und still.

Das Erscheinen des Zuges der Könige hatte in Bethlehem doch großes Aufsehen erregt. Viele Leute bereuten es, Joseph nicht beherbergt zu haben. Andere schwatzten von den Königen als von abenteuerlichen Schwärmern. Andere verbanden ihre Ankunft mit dem Gerede von den wunderbaren Erscheinungen vor den Hirten. Ich sah auch, wie von dem Gerichtshaus in Bethlehem aus eine öffentliche Bekanntmachung an das zusammenberufene Volk erlassen wurde, dass man sich aller verkehrten Urteile und abergläubischen Gerüchte enthalten und nicht mehr nach der Wohnung der Leute vor der Stadt hingehen solle.

Als das Volk sich wieder verlaufen hatte, sah ich, dass Joseph zweimal in das Gerichtshaus geholt wurde. Als er das zweite Mal hinging, brachte er von den Gaben der Könige etwas mit und schenkte es den alten Juden, die ihn zur Rede gestellt hatten und welche ihn dann wieder entließen. Ich sah auch, dass die Juden einen Weg nach der Gegend der Krippenhöhle zu, der nicht durch das Tor dahin führte sondern von dem Ort aus, wo Maria am Abend ihrer Ankunft in Bethlehem unter dem Baum geharrt hatte, mit einem darüber gefällten Baum versperrten. Sie errichteten auch eine Wachhütte mit einer Schelle, von der aus eine Schnur über den Weg gespannt war, damit jeder angehalten werden konnte, der dieses Wegs gehen wollte.

Ich sah auch etwa sechzehn Soldaten bei Joseph an der Krippenhöhle. Als sie aber außer ihm nur Maria mit dem Kind fanden, gingen sie zurück und zeigten es an.

Joseph hatte alle Geschenke der Könige gut verborgen. Es waren im Hügel unter der Krippe noch andere Höhlen, die kein Mensch kannte und die Joseph schon als Knabe entdeckt hatte. Sie rührten von Jakob her, der, als Bethlehem erst nur aus ein paar Hütten bestand, hier über der Krippe bei seinen Zügen ein Zelt gehabt hatte.

Die Geschenke der Könige, die Zeugstoffe, die Mäntel, die goldenen Gefäße, dies alles ist nach der Auferstehung zum ersten Gottesdienst verwendet worden. Sie hatten drei leichte Mäntel und einen dicken starken im Wetter. Die leichten waren teils gelb, teils rot von ganz feiner Wolle. Sie wehten im Wind, wenn sie zogen. Bei festlichen Gelegenheiten aber trugen sie seidene Mäntel von natürlicher glänzender Seidenfarbe. Sie hatten eine Schleppe, welche getragen werden musste und am Rand mit Gold gestickt war. Ich hatte auch ein Bild ihrer Seidenzucht. In einer Gegend zwischen dem Land Sairs und Theokenos sah ich Bäume voll von Seidenwürmern. Um jeden Baum war ein Wassergraben gezogen, damit die Würmer nicht hinwegkriechen konnten. Auch unter den Bäumen wurde Futter aufgestreut und es hingen auf ihren Kästchen, aus denen sie fingerlange Puppen herausnahmen, von welchen sie ein Gespinst wie Spinngewebe abwickelten. Sie befestigten eine Menge dieser Puppen vor der Brust, spannen daraus einen feinen Faden, den sie über ein Holz, woran ein Häckchen, aufrollten. Ich sah auch zwischen Bäumen ihre Seidenwebereien. Sie hatten einen ganz einfachen Webstuhl und die Stoffbahnen waren wohl so breit wie mein Bett.

16. Rückkehr der heiligen Anna

Die Heilige Familie ist nach der Abreise der Könige in die andere Höhle hinübergezogen. Die Krippenhöhle sah ich ganz ausgeräumt, nur der Esel stand noch da. Alles, selbst der Herd, wurde daraus entfernt. Ich sah Maria sehr ruhig in der neuen Wohnung, die ziemlich bequem nun eingerichtet ist. Ihr Lager ist an der Wand, neben ihr ruht das Jesuskind in einem länglichen aus breiten Baststreifen geflochtenen Korb. Das obere Ende des Korbes, wo das Haupt des Jesuskindes liegt, ist mit einem Tuch überwölbt. Der Korb selber steht auf einem gabelförmigen Gestell. Die Lagerstätte der Mutter Gottes und die Wiege des Jesuskindes sind durch Flechtwände von dem übrigen Raum der Höhle abgeschieden. Manchmal sitzt Maria vor dieser Abscheidung und hat das Kind neben sich. Entfernt hiervon hat Joseph einen abgetrennten Raum. Über den Scheidewänden reicht aus der Mauer eine Stange heraus, welche eine Lampe trägt. Ich sah, dass Joseph etwas in einer Schale und Wasser in einem Krüglein brachte. Er geht um seine Bedürfnisse nicht mehr nach Bethlehem. Die Hirten bringen ihm, was er braucht.

Ich sah jetzt Zacharias von Hebron zum erstenmal zur Heiligen Familie kommen. Er weinte vor Freude, hatte das Kind auf den Armen und betete etwas verändert den Lobgesang, den er bei der Beschneidung des Johannes gesprochen hatte. Er blieb auch den folgenden Tag bei Joseph und ging dann wieder weg.

Viele Leute, welche zum Sabbat nach Bethlehem kamen, zogen auch zur Krippenhöhle. Da sie aber Maria dort nicht mehr fanden, begaben sie sich zur Stadt.

Anna ist nun bei der Mutter Gottes wieder angekommen. Sie war acht Tage bei ihrer jüngsten Schwester, welche etwa drei Stunden von Bethlehem im Stamm Benjamin verheiratet war und mehrere Söhne, darunter den Bräutigam von Kana, hatte, die später Jünger wurden. Anna hatte ihre älteste Tochter bei sich. Diese war größer als Anna und sah schier ebenso alt aus. Auch Annas zweiter Mann, älter und größer als Joachim war mit ihr. Er hieß Eliud und war am Tempel beschäftigt, wo er mit den Opfertieren zu tun hatte. Anna hatte eine Tochter von ihm, die auch Maria hieß. Sie mochte um Christi Geburt schon sechs bis acht Jahre alt sein. Mit ihrem dritten Mann hatte Anna einen Sohn. Er wurde auch Bruder Christi genannt. Es war mit der mehrmaligen Ehe Annas ein Geheimnis verbunden. Sie tat es auf göttlichen Befehl. Die Gnade, aus der sie fruchtbar geworden mit Maria, war noch nicht erschöpft. Es war, als ob ein Segen verzehrt werden müsse.

Maria erzählte Anna alles von den Königen und Anna war sehr gerührt, dass Gott diese Männer so weit zur Anbetung des Kindes herbeigeführt. Sie sah die Geschenke mit Rührung an, gleich Worten der Anbetung und half alles ordnen und verpacken und vieles auch verschenken. Die Magd Annas ist noch bei Maria. Als sie in der Krippenhöhle wohnten, war sie immer in dem Kellerchen links darin. Jetzt schläft sie unter einem Obdach, das Joseph ihr vor der Höhle gemacht hat. Anna und ihre Töchter schlafen in der Krippenhöhle. Ich sah, dass Maria das Jesuskind Anna zu pflegen gibt. Sie hat dies bei niemand sonst getan. Ich sah auch, was mich sehr rührte, dass das Haar des Jesuskindes, welches gelb und kraus ist, sich in lauter feine Lichtstrahlen endete, welche durch einander schimmerten. Ich glaube, sie machen das Haar ihm kraus; denn sie reiben über das Köpfchen herum, wenn sie es waschen. Sie hängen ihm dann ein Mäntelchen um. Ich sehe immer bei Maria und Joseph und Anna eine andächtige Rührung und Verehrung des Kindes Jesus. Aber es ist dies doch alles ganz einfältig wie bei heiligen auserwählten Menschen. Das Kind hatte eine Liebe im Hinwenden zur Mutter, das ich bei so jungen Kindern noch nicht gesehen. Anna ist so selig, wenn sie das Kind pflegt. Maria gibt es ihr immer in die Arme.

In der Höhle, wo Maria jetzt wohnt, sind auch die Geschenke der Könige verborgen. Sie liegen in einem geflochtenen Kasten, in einer Höhlung der Wand, die ganz verborgen und zugestellt ist.

Der Mann Annas ist mit den Töchtern und der Magd bald wieder nach Haus gereist. Sie nahmen vieles von den Geschenken der Könige mit. Anna ist nun ganz allein bei Maria und Joseph. Sie bleibt noch, bis Eliud mit der Magd wieder zurückkommt. Ich sah sie mit Maria Decken flechten oder sticken. Sie schläft nun in der Höhle bei Maria, aber abgesondert.

In Bethlehem waren wieder Soldaten, welche in mehreren Häusern nach dem neugebornen Königssohn forschten. Sie fielen mit ihren Fragen besonders einer vornehmen jüdischen Wöchnerin beschwerlich. In die Krippenhöhle kamen sie nicht. Es war einmal angenommen, dass hier nur eine arme Judenfamilie gefunden worden sei, von der nicht weiter die Rede sein könne. Zu Joseph kamen aber zwei der alten Hirten, welche als die ersten zur Krippe gekommen waren und warnten ihn. Ich sah nun Joseph, Maria und Anna mit dem Jesuskind etwa eine halbe Viertelstunde von der Höhle in das Grab unter dem großen Terebinthenbaum flüchten, unter dem ich die Könige abends hatte singen hören. Der Baum steht auf einem Hügel. Unten an dem Hügel ist eine schräg liegende Türe. Von da kommt man durch einen Gang an eine gerade stehende Türe, die in das Grab führt. Es halten sich in dem Vorraum oft die Hirten auf. Vor diesem Grab ist ein Brunnen. Die Grabhöhle selbst ist nicht viereckig, sondern hat eine runde Form. Der große, am obern Rand etwas ausgebreitete und wie gezackte Steinsarg steht auf dicken Füßen über einem Fundament von Stein, so dass man zwischen diesem und dem Sarg hindurchsehen kann. Das Innere der Höhle ist von einem weißen, weichen Stein. Ich sah die Heilige Familie in der Nacht mit einem bedeckten Licht dahingehen. Es war in ihrer Höhle nichts auffallendes mehr. Die Lager waren zusammengerollt und weggenommen, auch alles andere Gerät war weggeschafft. Es sah wie eine verlassene Wohnung darin aus. Anna trug das Kind vor sich in den Armen, Joseph und Maria gingen ihr zur Seite. Die Hirten führten sie hin. Ich hatte dabei ein Gesicht, von dem ich nicht weiß, ob es die Heilige Familie auch sah. Ich sah um das Jesuskind auf den Armen Annas eine Glorie von sieben verschlungenen übereinander liegenden Engelgestalten. Es waren noch viele Gestalten in dieser Glorie und zu jeder Seite von Anna, Joseph und Maria sah ich auch noch Lichtgestalten, als führten sie dieselben unter den Ärmen. Als sie durch den ersten Eingang gekommen waren, machten sie ihn zu und gingen in das Innere der Grabhöhle.

Ein paar Tage vor der Heimreise Annas sah ich, dass Hirten in die Grabhöhle zu Maria kamen und davon sprachen, als kämen Leute von der Obrigkeit, ihr Kind zu suchen. Joseph trug nun das Jesuskind in seinem Mantel eingeschlagen hinweg und ich sah Maria wohl einen halben Tag lang sehr geängstigt ohne das Kind in der Höhle sitzen.

Als Eliud mit der Magd Annas von Nazareth her wieder angekommen war, um Anna abzuholen, sah ich eine rührende Feier in der Krippenhöhle. Joseph hatte die Abwesenheit Marias in der Grabhöhle benützt und mit den Hirten die ganze Krippenhöhle ausgeschmückt. Es hing alles voll von Blumenkränzen, die Wände und die Decke und in der Mitte war eine Tafel gerüstet. Was von den schönen Teppichen und Stoffen der Könige noch nicht fortgebracht war, war über den Boden, an den Wänden und über den Tisch gebreitet, auf welchem eine Pyramide von Grün und Blumen bis zu einer Öffnung in der Decke hinauf errichtet war. Oben in der Spitze saß eine Taube. Die ganze Höhle war voll Licht und Glanz. Sie hatten das Kind Jesus in seinem Wiegenkörbchen oben an die Tafel auf ein Stühlchen gestellt. Es saß ordentlich aufrecht wie auf dem Schoß der Mutter bei Ankunft der Könige. Joseph und Maria standen Ihm zur Seite, sie waren mit Kränzen geschmückt und tranken aus einem Becher. Ich sah Engelchöre in der Krippe erscheinen. Alle waren sehr glücklich und gerührt. Es war die Gedächtnisfeier der Vermählung von Joseph und Maria.

Nach diesem Fest sah ich die Abreise Annas mit Eliud. Sie nahmen auf zwei Eseln von den Geschenken der Könige mit, so viel davon noch hier war.

Die Heilige Familie schickte sich nun auch zum Abzug an. Ich sehe sie ihren Hausrat immer mehr vermindern und die Flechtwände und andere Anstalten, die Joseph gemacht hatte, an die Hirten verschenken, welche sie wegtragen.

Ich habe nun schon zweimal die heilige Jungfrau im Dunkeln in die Krippenhöhle mit dem Jesuskind gehen sehen und dass sie es an der Stelle, wo es geboren worden, auf einem Teppich an die Erde legte und dabei kniete und betete und ich sah dabei ein Licht die ganze Höhle erleuchten wie bei der Geburt. Die Höhle ist nun ganz ausgeleert. Anna hatte nach ihrer Rückkehr nach Haus noch einmal zwei Leute geschickt, um alles Überflüssige, was sie nicht auf der Reise brauchen würden, zu holen. Ich sah sie mit ihren zwei bepackten Eseln zurückreisen. Die zuletzt von der Heiligen Familie bewohnte Höhle und auch die Krippenhöhle waren nun ganz leer und auch ausgefegt; denn Joseph wollte sie ganz rein zurücklassen.

In der Nacht aber vor ihrer Abreise zum Tempel sah ich Maria und Joseph von der Krippenhöhle förmlich Abschied nehmen. Sie bereiteten die tiefrote Decke der Könige zuerst über jene Stelle der Höhle, wo das Jesuskind war geboren worden, legten das Kind darauf und beteten kniend dabei. Dann legten sie das Kind in die Krippe und beteten auch hier. Zuletzt legten sie es auf die Stelle, wo es beschnitten worden beteten auch da. Die junge Eselin ließ Joseph verpfändet bei seinem Verwandten zurück, denn er dachte noch immer nach Bethlehem zurückzukehren und im Tal der Hirten sich eine Wohnung zu zimmern. Er hatte auch mit den Hirten davon gesprochen und gesagt, er wolle Maria nur auf eine Zeit lang zu ihrer Mutter bringen, damit sie von der beschwerlichen Wohnung sich recht erhole und hatte allerlei bei den Hirten zurückgelassen.

17. Mariä Reinigung

Vor Anbruch des Tages setzte sich Maria mit dem Jesuskind auf den Esel. Sie hielt das Kind auf ihrem Schoß und hatte nur ein paar Decken und ein Bündel auf dem Esel. Sie saß auf einem Quersitz mit einem Fußbrettchen. Sie zogen links um den Krippenhügel an der Morgenseite von Bethlehem hin und wurden von niemand bemerkt.

Am Mittag sah ich sie an einem Brunnen rasten, der überbaut und mit Bänken umgeben war. Hier kamen ein paar Frauen zu Maria und brachten ihr kleine Krüge und Brötchen.

Das Opfer, welches die heilige Familie bei sich hatte, hing in einem Korb am Esel. Der Korb hatte drei Fächer, zwei mit Früchten, ein drittes vergittertes mit Tauben. Gegen Abend kehrten sie etwa eine Viertelstunde vor Jerusalem neben einer größeren Herberge in einem kleinen Haus bei ein paar kinderlosen Eheleuten ein, von denen sie mit ungemeiner Freude empfangen wurden. Es war schon zwischen dem Bach Cedron und der Stadt. Ich hatte bei diesen Leuten auch den Knecht und die Magd Annas auf der Heimreise einkehren gesehen. Diese haben hier die Herberge für die Heilige Familie bestellt. Der Mann trieb Gärtnerarbeit, schnitt Hecken und hatte die Wege zu besorgen. Die Frau war eine Verwandte von Johanna Chusa. Sie schienen mir Essener zu sein.

Den ganzen folgenden Tag noch sah ich die Heilige Familie bei den alten Leuten vor Jerusalem. Die heilige Jungfrau war meist in einer Kammer mit dem Kind allein, welches auf einem niedern Vorsprung der Wand auf einem Teppich lag. Sie war immer im Gebet und schien sich zum Opfer vorzubereiten. Ich hatte dabei innere Weisungen, wie man sich zum heiligen Sakrament vorbereiten solle. Ich sah viele Engel in ihrer Kammer in Anbetung des Jesuskindes. Maria war ganz innerlich. Die alten Leute taten der Mutter Gottes alles zulieb. Sie mussten eine Ahnung von der Heiligkeit des Kindes haben.

Ich hatte auch ein Bild von dem Priester Simeon, einem hageren, sehr alten Mann mit kurzem Bart. Er hatte eine Frau und drei erwachsene Söhne, deren jüngster schon zwanzig Jahre alt war. Simeon wohnte am Tempel. Ich sah ihn durch einen engen dunklen Gang in den Tempelmauern nach der kleinen Zelle gehen, welche in die dicken Mauern eingewölbt war und nur eine Öffnung hatte, durch welche er in den Tempel hinab sehen konnte. Hier sah ich den alten Mann kniend beten und entzückt. Es trat die Erscheinung eines Engels vor ihn, welcher ihm sagte, er solle morgen früh im Tempel auf das Kind achten, welches zuerst zur Opferung werde gebracht werden, es sei dies der Messias, auf den er so lange schon gewartet habe. Dann werde er sterben. Ich sah das so schön. Der Raum war ganz hell und der alte Mann war vor Freude glänzend. Er ging nach seiner Wohnung zurück und erzählte ganz freudig seiner Frau die Verkündung des Engels. Danach begab er sich wieder ins Gebet. Ich habe die frommen Priester und Isrealiten beim Beten sich nicht so bewegen gesehen wie die heutigen Juden. Wohl aber, dass sie sich geißelten. Ich sah, dass auch Hanna in ihrer Tempelzelle im Gebet entzückt war und ein Gesicht hatte.

Am frühen Morgen, da es noch dunkel war, sah ich die Heilige Familie mit dem zur Reise gepackten Esel und dem Opferkorb, von den zwei alten Leuten begleitet, zum Tempel in die Stadt ziehen. Sie gingen zuerst in einen ummauerten Hof, wo der Esel in einen Schuppen eingestellt wurde. Die heilige Jungfrau mit dem Kind wurde von einer alten Frau empfangen und durch einen bedeckten Gang vorwärts nach dem Tempel geführt. Sie trug eine Leuchte, da es noch dunkel war. Hier in dem Gang kam Simeon voll Erwartung Maria entgegen, sprach freudig wenige Worte mit ihr, nahm das Jesuskind und drückte es an sein Herz und eilte dann nach einer andern Seite in den Tempel. Er war seit gestern Abend, da er die Ankündigung des Engels empfangen, voll Sehnsucht und hatte hier, wo der Gang für die Frauen zum Tempel war, geharrt und die Ankunft kaum erwarten können.

Maria wurde nun von der Frau bis in eine Vorhalle jenes Teils des Tempels geführt, wo die Opferung zu geschehen hatte und hier in der Vorhalle empfingen sie Hanna und noch eine andere Frau (Noemi, ihre ehemalige Lehrerin). Simeon kam aus dem Tempel in diese Halle und führte Maria, welche das Kind auf den Armen hatte, in die Halle rechts am Vorhof der Frauen, wo auch der Schatzkasten stand, an dem Jesus saß, da er den kleinen Geldbetrag der Witwe empfing. Die alte Hanna, welcher Joseph den Korb mit den Trauben und Früchten übergab, folgte ihnen mit Noemi Joseph begab sich an den Standort der Männer.

Im Tempel wusste man, dass mehrere Frauen heute zur Opferung kommen würden. Es war alles dazu schon vorbereitet. Rings an den Wänden brannten viele pyramidenförmige Lampen. Die Flämmchen brannten aus der Scheibe eines bogenförmigen Armes, welche fast so helle wie das Licht selber glänzte. An den Scheiben hingen Löschhörnchen, welche in die Höhe geklappt die Flammen auslöschten. Vor dem Altar, an dessen Ecken Hörner hervorstiegen, war ein Kasten aufgestellt, dessen Türen heraus geschlagen waren und so das Gestell für eine ziemlich geräumige Tischplatte bildeten. Diese Platte wurde zuerst mit einer roten, dann mit einer weißen durchsichtigen, bis zum Boden niederfallenden Decke belegt. Auf die vier Ecken wurden mehrarmige brennende Lampen, in die Mitte des Tisches ein wiegenförmiger Korb und daneben zwei ovale Schalen und zwei kleinere Körbchen gestellt. Alle diese Gegenstände, wie auch die Priesterkleider die auf den gehörnten Altar gelegt wurden, waren in dem Kasten bewahrt, dessen Türen das Tischgestell bildeten. Ein Gitter umgab das ganze. Zu beiden Seiten des Tempelraumes aber waren Stuhlreihen, die eine höher als die andere, in denen betende Priester saßen.

Simeon führte Maria durch das Altargitter an den Opfertisch, auf dem sie das himmelblau eingehüllte Jesuskind in den Wiegenkorb legte. Maria trug ein himmelblaues Kleid, einen weißen Schleier und war in einen gelblichen langen Mantel gehüllt. Als das Kind in dem Korb lag, führte Simeon Maria wieder heraus nach dem Standort der Frauen. Er selber ging dann vor den eigentlichen feststehenden Altar, auf welchem die Priesterkleider lagen und wo außer ihm sich noch drei andere Priester ankleideten. Einer trat nun hinter, einer vor und zwei an die Seiten des Tisches und beteten über das Kind. Nun trat Hanna zu Maria, gab ihr die Tauben und Früchte in zwei aufeinanderstehenden Körbchen und ging mit ihr an das Altargitter. Hier blieb Hanna zurück. Maria aber ward von Simeon durch das Gitter vor den Altartisch geführt, wo sie in eine der Schalen die Früchte, in die andere Münzen legte. Die Tauben aber stellte sie in ihrem Korb auf den Tisch. Simeon blieb etwas neben Maria vor dem Tisch stehen. Der Priester aber hinter dem Tisch, nahm das Kind aus dem Korb auf seine Hände, hob es empor und nach verschiedenen Seiten des Tempels und betete lange. Von ihm empfing Simeon das Kind, der es Maria in die Arme legte und aus einer Rolle, die neben ihm auf einem Pult lag, über sie und das Kind betete.

Nun geleitete Simeon Maria wieder vor das Gitter, von wo Hanna mit ihr an den vergitterten Ort der Frauen zurückging, wo indessen noch etwa zwanzig Frauen mit ihren Erstgebornen angekommen waren. Joseph und mehrere andere Männer standen mehr zurück an dem Ort der Männer.

Nun begannen zwei Priester oben vor dem festen Altar einen Gottesdienst mit Räuchern und Beten. Die in den Stuhlreihen bewegten sich auch, doch nicht so wie die heutigen Juden.

Als diese Feierlichkeit zu Ende war, ging Simeon zu dem Standort Mariä, nahm das Kind auf seine Arme und sprach vor Freude entzückt lange und laut. Und als er geendet, ward auch Hanna begeistert und sprach lange. Ich habe wohl gesehen, dass alle Leute dieses hörten, es machte aber keine Störung. Es schien, als sei ein so lautes Beten nicht ganz ungewöhnlich. Alle aber waren sehr bewegt und taten Maria und dem Kind große Ehrerbietung an. Maria leuchtete wie eine Rose. Sie hatte äußerlich das ärmste Opfer. Joseph aber gab heimlich dem Simeon und der Hanna viele dreieckige gelbe Stückchen zum Tempeldienst zu verwenden und besonders für die Jungfrauen am Tempel, welche arm waren und die Kosten nicht tragen konnten. Nicht alle Leute konnten ihre Kinder am Tempel erziehen lassen. Ich sah auch einmal einen Knaben in der Pflege von Hanna. Ich meine, er war ein Fürsten- oder Königssohn. Ich habe seinen Namen vergessen.

Die Reinigungsfeierlichkeit der andern Frauen sah ich nicht. Ich hatte aber die Empfindung, dass allen Kindern, welche heute geopfert wurden, eine besondere Gnade zuteil wurde und dass einzelne von den unschuldigen Marterkindern heute dabei gewesen sind. Als das heiligste Jesuskind in den Wiegenkorb auf den Altar gelegt wurde, erfüllte ein unbeschreibliches Licht den Tempel. Ich sah, dass Gott in diesem Licht war und sah den Himmel offen bis in die heiligste Dreifaltigkeit.

Maria wurde von Hanna und Noemi wieder in den Hof hinausgeleitet. Sie nahm von ihnen Abschied und traf hier mit Joseph und den alten Herbergsleuten wieder zusammen. Sie zogen nun mit dem Esel gleich aus Jerusalem hinaus und die guten alten Leute gingen noch ein Stück Weges mit. Sie kamen am selben Tag bis Bethoron und übernachteten in dem Haus, wo die letzte Station Mariä bei der Reise in den Tempel vor dreizehn Jahren gewesen war. Hier waren Leute von Anna gesendet, um sie abzuholen.

18. Festbild

Ich sah die Feier auch in der überirdischen Kirche. Sie war voll Engelchöre; in der Mitte über ihnen sah ich die Heiligste Dreifaltigkeit und in ihr wie eine Lücke. Mitten in der Kirche stand ein Altar und auf diesem ein Baum mit breiten niederhängenden Blättern, auf die Art wie der Baum des Sündenfalls im Paradies.

Die heilige Jungfrau sah ich mit dem Jesuskind in den Armen von der Erde zu dem Altar emporschweben und den Baum auf dem Altar sich vor ihr niederbeugen und verwelken. Ein großer priesterlich gekleideter Engel mit einem Ring um das Haupt nahte sich Maria. Sie gab ihm das Kind, das er auf den Altar setzte. In demselben Augenblick sah ich die Heiligste Dreifaltigkeit wie immer. Ich sah, dass der Engel der Mutter Gottes eine kleine helle Kugel gab, worauf die Figur eines gewickelten Kindes sah Maria mit dieser Gabe über dem Altar schwebend. Von allen Seiten sah ich nun viele Arme mit Lichtern sich Maria nähern, welche alle diese Lichter dem Kind auf der Kugel reichte, in das sie wie ein- und ausgingen. Und ich sah aus allen diesen Lichtern ein Licht über Maria und dem Kind werden, das alles erleuchtete. Maria hatte ihren weiten Mantel über die ganze Erde gespannt. Nun war eine Feierlichkeit.

Ich glaube, dass das Verwelken des Baumes der Erkenntnis bei der Erscheinung Mariä und das Übergehen des Kindes in die Heiligste Dreifaltigkeit die Wiedervereinigung der gefallenen Menschen mit Gott bedeutet. Durch Maria werden die zerstreuten Lichter in dem Licht Jesu wieder ein Licht, das alles erleuchtet.

19. Tod des heiligen Simeon

Ich sah, dass Simeon nach seiner Prophezeiung im Tempel zu Haus erkrankte. Ich sah, dass er auf seinem Lager Frau und Söhne ermahnte und seine Freude ihnen mitteilte und sah ihn sterben. Es waren viele alte Priester und Juden um ihn, welche beteten.

Als er gestorben war, trugen sie den Leib in einen andern Raum, wo sie ihn, ohne ihn zu entblößen, wuschen. Er lag auf einem durchlöcherten Brett über einem kupfernen Becken, in welches das Wasser ablief wurde unter einem über ihn gespannten Tuch gewaschen. Dann wurde er mit grünen Blättern und Kräuterbüschen belegt und in ein weites Tuch wie ein Wickelkind fest eingewickelt. Der Leichnam war so steif und gerade, dass ich schier glaubte, er sei auf ein Brett gewickelt. Am Abend wurde er begraben. Sechs Männer trugen ihn mit Lichtern auf einem mit niederem Bogenrand eingefassten Brett nach der ausgemauerten Grabhöhle, welche nicht fern von dem Tempel in einem Hügel lag. Sie hatte eine schräg liegende Türe und ihre Wände waren mit Sternen und Figuren verziert, wie die Zelle der heiligen Jungfrau am Tempel. Es war eine Arbeit, weIche ich vom heiligen Benedikt in seinem ersten Kloster auch anwenden sah. Der Leichnam wurde in der Mitte der kleinen Höhle niedergesetzt, so dass man um ihn herum gehen konnte. Es war dann noch eine Feier und sie legten allerlei um die Leiche, ich meine Münzen, Steinchen, Brote. Ich weiß es nicht mehr recht. Simeon war mit Veronika und durch ihren Vater mit Zacharias verwandt. Seine Söhne dienten am Tempel und waren immer heimliche Freunde Jesu, seiner Angehörigen und sind teils vor, teils nach seiner Himmelfahrt Jünger geworden. Zur Zeit der ersten Verfolgungen haben sie viel für die Gemeinde getan.

20. Rückkehr der Heiligen Familie nach Nazareth

Ich sah die Heilige Familie auf einem viel geraderen Weg nach Nazareth zurückkehren, als sie von da nach Bethlehem gereist war. Damals vermieden sie alle Ortschaften und kehrten nur in einzeln stehenden Häusern ein. Jetzt aber zogen sie den geraden Weg, der viel kürzer war.

Joseph hatte in seinem Gewand eine Tasche und darin kleine Rollen von gelben glänzenden dünnen Blättchen, auf denen Buchstaben waren. Er hatte sie von den heiligen Königen empfangen. Die Silberlinge des Judas waren dicker und wie eine Zunge geformt.

Ich sah die Heilige Familie im Haus Annas bei Nazareth ankommen. Es waren dort die älteste Schwester Mariä, Maria Heli mit ihrer Tochter Maria Cleophä, eine Frau aus dem Ort Elisabeths und die Magd Annas, welche bei Maria in Bethlehem gewesen. Es wurde ein Fest, wie bei der Abreise des Kindes Mariä zum Tempel gefeiert. Die Lampe brannte über dem Tisch und es waren auch alte Priester anwesend. Es ging aber ganz stille her. Alle hatten große Freude an dem Jesuskind, aber die Freude war still und innig. Ich habe nie viele Leidenschaft bei allen diesen heiligen Leuten gesehen. Sie hielten ein kleines Mahl und die Frauen aßen, wie immer, von den Männern getrennt. An das ganze Bild erinnere ich mich nicht mehr. Aber ich muss recht natürlich darin gewesen sein, denn ich hatte darin eine Gebetsarbeit. Ich sah in Annas Garten trotz der Jahreszeit noch viele Birnen und Pflaumen und andere Früchte auf den Bäumen, wenngleich die Blätter schon gefallen waren.

Ich vergesse immer zu sagen, wie ich in dieser Winterszeit die Witterung im Gelobten Land sehe, weil mir alles so natürlich ist und ich immer meine, es müsste jedermann das schon wissen. Ich sehe oft Regen und Nebel, manchmal auch Schnee, der aber bald wieder schmilzt. Ich sehe viele Bäume, an denen noch Früchte hängen. Ich sehe mehrere Ernten im Jahr und die erste schon in unserem Frühling. Jetzt im Winter sehe ich die Leute auf dem Weg eingehüllt und den Mantel über den Kopf geschlagen. In der heiligen Weihnacht sehe ich immer alles wie grün, blühend und voll Blumen, die Tiere freudig, in den Weingärten so schöne Trauben und höre den Gesang der Vögel, aber gleich nachher ist alles wieder still und so, wie sonst dort um diese Jahreszeit. So sah ich den Baum vor Bethlehem, unter welchem Maria stand, da Joseph nach einer Herberge suchte. während ihres Dastehens ganz grün und schützend, danach aber wieder welk. Es war dies vielleicht nur ein Zeichen der Ehrerbietung, aber es hat die heilige Jungfrau dies auch so empfunden. Das Feld der Hirten aber war um diese Zeit schon grün, denn es war bewässert.

Der Weg vom Haus Annas bis zu Josephs Haus in Nazareth ist etwa eine halbe Stunde lang zwischen Gärten und Hügeln. Ich sah, dass Joseph bei Anna vieles auf ein paar Esel packte dass er mit der Magd Annas nach Nazareth vor den Eseln herging. Maria wurde von Anna, welche das Jesuskind trug, dahin begleitet.

Maria und Joseph haben keine eigene Haushaltung. Sie werden mit allem von Anna versorgt, die oft zu ihnen kommt. Ich sah die Magd Annas in einem Korb auf dem Kopf und einem an der Hand Nahrungsmittel dahin tragen.

Die heilige Jungfrau sah ich Röckchen stricken oder häckeln. Sie hat an der rechten Seite eine Rolle mit Wolle befestigt und hat zwei, ich glaube, beinerne Stäbchen, woran oben kleine Hacken, in den Händen. Das eine ist wohl eine halbe Elle lang, das andere kürzer. Es ist über den Hacken noch eine Fortsetzung an den Stäbchen, über welche bei der Arbeit der Faden geschlungen und die Masche gebildet wird. Das fertig Gewirkte hängt zwischen den zwei Stäbchen nieder. So arbeitet sie stehend oder auch sitzend neben dem Jesuskind, das in einem Körbchen lag.

Den heiligen Joseph sah ich aus langen gelben, braunen und grünen Baststreifen Schirme, große Flächen und Decken oben an den Gemächern flechten. Er hatte einen Vorrat solcher geflochtenen Tafeln in einem Schuppen neben dem Haus aufeinander liegen. Er flocht allerlei Sterne, Herzen und andere Muster hinein. Ich dachte noch, wie er gar nicht ahnt, dass er bald fort muss.

Die Heilige Familie in Nazareth sah ich auch von Maria Heli, der ältesten Schwester der heiligen Jungfrau, besucht. Sie kam mit der heiligen Anna und hatte ihren Enkel, einen etwa vierjährigen Knaben, den Sohn ihrer Tochter Mariä Cleophä, bei sich. Ich sah die heiligen Frauen beisammen sitzen und wie sie das Jesuskind liebkosten und dem Knaben auf die Arme legten. Es war ganz wie heutzutage. Maria Heli wohnte etwa drei Stunden gegen Morgen von Nazareth in einem kleinen Örtchen. Sie hatte ein Haus, fast so gut wie das ihrer Mutter Anna. Es hatte einen ummauerten Hof mit einem Pumpbrunnen und einem steinernen Becken davor, in welches was Wasser floss, wenn man unten auf die Pumpe trat. Ihr Mann hieß Cleophas. Ihre Tochter Maria Cleophä mit Alphäus verheiratet wohnte am andern Ende des Dorfes.

Am Abend sah ich die heiligen Frauen miteinander beten. Sie standen vor einem kleinen Tischchen an der Wand, das rot und weiß bedeckt war. Es lag eine Rolle darauf, welche Maria in die Höhe rollte und an der Wand befestigte. Es war mit blassen Farben eine Figur darauf gestickt. Sie war wie ein Toter in einen langen weißen, über den Kopf gezogenen Mantel gehüllt hatte etwas im Arm. Ich habe ein ähnliches Bild auch bei der Feier, da Maria zur Opferung nach dem Tempel reiste, in Annas Haus gesehen. Auch eine Lampe brannte beim Gebet. Maria stand etwas voran und Anna und Maria Heli zu ihren Seiten. Sie kreuzten die Hände über der Brust legten sie ineinander und breiteten sie aus. Maria las aus einer vor ihr liegenden Rolle. Sie beteten in einem gewissen Ton und Takt, der mich an das Chorsingen erinnerte.

21. Die Flucht nach Ägypten

Als Herodes die Könige nicht wieder kommen sah, meinte er anfangs, sie hätten Jesus nicht gefunden und es schien die ganze Sache etwas einzuschlafen. Nachdem Maria aber schon in Nazareth war, hörte Herodes von der Weissagung Simeons und Hannas bei der Opferung und seine Sorge erwachte wieder. Ich sah ihn in so großer Unruhe, wie damals, als die Könige nach Jerusalem gekommen waren. Er beriet sich mit alten Juden, welche aus langen Schriftrollen an Stäben ihm vorlasen. Er hatte auch viele Leute zusammen rufen und in einem großen Hof mit Waffen und Kriegskleidern versehen lassen. Es war, wie bei uns, wenn Soldaten ausgehoben werden. Ich sah auch, dass er mit diesen Kriegsleuten verschiedene Orte um Jerusalem besetzte, aus welchen die Mütter mit ihren Kindern nach Jerusalem berufen werden sollten, deren Zahl Herodes überall ausforschen ließ. Er wollte einem Aufstand vorbeugen, den er fürchtete, wenn die Nachricht von der Ermordung der Kinder dahin gelangen würde. Ich sah diese Soldaten an drei Orten, in Bethlehem, Gilgal und Hebron. Die Einwohner waren in großer Bestürzung, weil sie gar nicht ahnen konnten, warum sie eine Besatzung erhielten. Die Soldaten blieben gegen dreiviertel Jahre an diesen Orten. Der Kindermord begann, als Johannes etwa zwei Jahre alt war.

Im Haus der Heiligen Familie zu Nazareth waren Anna und Maria Heli noch anwesend. Maria mit dem Kind hatte ihren getrennten Schlafraum rechts hinter der Feuerstelle, Anna hatte ihn davon links zwischen dem ihrigen und dem des heiligen Joseph hatte ihn Maria Heli. Alle diese Räume waren nicht so hoch, wie das Haus nur aus Flechtwänden zusammengesetzt, selbst die Decken bestanden aus Flechtwerk. Um Marias Lager war noch ein Vorhang oder Schirm. Zu ihren Füßen lag das Jesuskind besonders gebettet. Wenn sie sich aufrichtete, konnte sie es nehmen. Ich sah einen leuchtenden Jüngling vor Josephs Lager treten und mit ihm sprechen. Joseph richtete sich auf. Aber er war schlaftrunken und legte sich wieder zurück ich sah, dass der Jüngling ihn nun bei der Hand fasste und emporzog. Da besann er sich und stand auf der Jüngling verschwand. Ich sah ihn nach der in der Mitte des Hauses brennenden Lampe gehen und sich ein Licht anzünden. Er ging vor die Kammer Mariä, pochte an und fragte, ob er nahen dürfe. Ich sah ihn hineingehen und mit Maria sprechen, welche ihren Schirm nicht öffnete. Dann sah ich ihn nach dem Stall zu seinem Esel und in eine Kammer gehen, worin allerlei Gerät lag alles ordnen. Maria stand auf, kleidete sich gleich zur Reise an und ging zu Anna. Auch diese stand auf und Maria Heli und der Knabe. Ich kann nicht sagen, wie rührend die Betrübnis Annas und der Schwester war. Anna umarmte Maria mehrmals unter Tränen und schloss sie an ihr Herz, als würde sie dieselbe nicht wiedersehen. Die Schwester warf sich platt an die Erde und weinte. Erst kurz vor dem Aufbruch nahmen sie das Jesuskind vom Bett. Alle drückten das Kind noch an ihr Herz. Auch der Knabe bekam es zu umarmen. Maria nahm das Kind in eine Binde vor sich, welche über den Schultern befestigt war. Sie hatte einen langen Mantel umgeschlagen, der sie und das Kind verhüllte. Über dem Haupt trug sie einen großen Schleier, der den Kopf umspannte und vorne an den Seiten des Gesichts lang niederhing. Sie tat alles sehr ruhig und schnell und machte nur wenig Zubereitung zur Reise. Ich sah nicht einmal, dass sie das Kind frisch wickelte. Sie hatte nur weniges Gerät bei sich, weit weniger, als sie von Bethlehem gebracht hatten. Es war nur ein kleines Bündel und einige Decken. Joseph hatte einen Schlauch mit Wasser und einen Korb bei sich mit Fächern, worin Brote, Krüglein und auch lebendige Vögel. Auf dem Esel war für Maria mit dem Kind ein Quersitz mit einem Fußbrettchen. Sie ging eine Strecke mit Anna voraus. Es war der Weg gegen Annas Haus, doch mehr links. Anna umarmte und segnete sie, als Joseph mit dem Esel nahe kam und Maria aufstieg und fortritt. Es war noch vor Mitternacht, als sie das Haus verließen.

Das Jesuskind war zwölf Wochen alt. Ich sah dreimal vier Wochen.

Maria Heli sah ich nach dem Haus ihrer Mutter gehen, um Eliud mit einem Knecht nach Nazareth zu senden. Dann kehrte sie mit dem Knaben in ihre Heimat zurück. Anna sah ich im Haus Josephs alles zusammenpacken und durch Eliud und dem Knecht nach ihrem Haus schaffen.

Die Heilige Familie zog durch mehrere Orte in dieser Nacht und ich sah sie erst des morgens unter einem Schuppen ruhen und sich erquicken.

Die erste Nachtherberge sah ich sie in dem kleinen Örtchen Nazara zwischen Legio und Massaloth nehmen. Die armen gedrückten Leute hier, welche die Heilige Familie beherbergten, waren keine rechten Juden. Sie hatten weit über einen Gebirgsweg nach Samaria zum Tempel auf dem Berg Garizim zu gehen. Sie haben immer wie Sklaven am Tempel in Jerusalem und anderen öffentlichen Bauten arbeiten müssen. Die Heilige Familie konnte nicht mehr weiter kommen und wurde bei diesen verworfenen Leuten sehr gut aufgenommen. Sie blieb auch den ganzen folgenden Tag dort. Auf der Rückkehr aus Ägypten hat sie diese armen Leute wieder besucht und auch, da Jesus zum erstenmal zum Tempel und wieder zurück nach Nazareth reiste. Diese ganze Familie hat sich später bei Johannes taufen lassen und ist auch zu der Gemeinde Jesu gekommen.

Nur drei Herbergen hat die Heilige Familie auf ihrer Flucht zum Übernachten gehabt: hier, dann in Anim oder Engannim bei dem Kameltreiber und zuletzt bei den Räubern. An den übrigen Tagen ruhten sie immer in Schluchten, Höhlen und den abgelegensten Wildnissen auf ihren vielen mühsamen Umwegen. Als die Heilige Familie von Nazara weiter zog, sah ich sie bei der großen Terebinthe, bei welcher Maria auf der Reise nach Bethlehem so kalt hatte, sich verborgen halten. Die Verfolgung des Herodes war hier umher bekannt und es war unsicher für sie. Unter dieser Terebinthe war einmal die Bundeslade gestanden, als Josua das Volk versammelte und den Götzen absagen ließ.

Später sah ich die Heilige Familie an einem Balsamstrauch und einer Quelle sich erquicken. An den Zweigen waren Einschnitte gemacht, aus welchen in Töpfchen Balsam tröpfelte. Das Jesuskind lag mit bloßen Füßen auf Mariä Schoß. Jerusalem war rückwärts zu ihrer Linken fern auf der Höhe liegend zu sehen.

Als die Heilige Familie an den Mauern von Gaza vorübergezogen war, sah ich sie in der Wildnis. Es ist nicht zu sagen, wie beschwerlich ihre Reise war. Sie zogen immer eine Meile gegen Morgen von der gewöhnlichen Heerstraße entfernt. Und da sie die allgemeinen Herbergen vermieden, litten sie an allem Mangel. Ich sah sie ganz erschöpft und ohne Wasser, (die Krüglein waren leer), vom Weg ab einem niedriger liegenden kleinen Gebüsch sich nähern. Die heilige Jungfrau stieg vom Esel ab und setzte sich auf den ausgetrockneten Rasen nieder. Da sprang auf einmal eine Wasserquelle hoch vor ihnen auf und ergoss sich über die Fläche. Ich sah sie sehr erfreut. Joseph machte entfernt eine Grube, führte den Esel hinzu, der freudig aus der gefüllten Grube trank. Maria wusch das Kind in der Quelle. Sie erfrischten sich. Es kam ein schöner Sonnenblick. Sie waren erquickt und gerührt und brachten wohl zwei bis drei Stunden hier zu.

Die sechste Nachtherberge sah ich in einer Höhle bei dem Berg und der Stadt Ephraim. Die Höhle lag in einer wilden Schlucht, eine Stunde etwa vom Hain Mambre. Ich sah die Heilige Familie hier sehr erschöpft und schwermütig ankommen. Maria war sehr traurig und weinte. Sie litten Mangel an allem. Sie waren einen ganzen Tag hier ruhend. Es geschahen hier mehrere Gnaden zu ihrer Erquickung. Eine Quelle entsprang in der Höhle eine wilde Ziege kam und ließ sich melken. Auch wurden sie von einem Engel getröstet. In dieser Höhle betete oft ein Prophet. Auch Samuel hat sich einmal hier aufgehalten und David hat hier umher seines Vaters Schafe gehütet, hat in ihr gebetet und Befehle durch Engel erhalten, auch die Mahnung und den Befehl, den Goliath zu töten.

Ihre letzte Einkehr im Gebiet des Herodes war nahe an der Grenze gegen die Wüste. Es war hier eine Herberge für Reisende, welche durch die Wüste ziehen wollten. Die Herbergsleute schienen Kameltreiber, denn ich sah in eingezäunten Weideplätzen viele Kamele. Die Leute waren verwildert und trieben wohl auch Diebereien, doch nahmen sie die Heilige Familie freundlich auf. Der Ort lag ein paar Stunden vom Toten Meere ab.

Ich habe auch einmal gesehen, dass Maria einen Boten an Elisabeth sandte, welche dann ihr Kind an einen sehr versteckten Ort in der Wüste brachte. Zacharias ging nur ein Stück Wegs bis an ein Wasser mit, wo Elisabeth mit dem Kind auf einem Balkenrost übersetzte. Zacharias ging von da nach Nazareth auf demselben Weg, den Maria beim Besuch Elisabeths gezogen war. Ich sah ihn auf der Reise. Vielleicht wollte er sich erkundigen. Es sind einige Leute dort, welche über Marias Abreise betrübt sind.

In einer sternenhellen Nacht erblickte ich die Heilige Familie durch die sandige mit niedrigem Buschwerk bedeckte Wüste weiter ziehen. Ich sah dies so lebendig, als ziehe ich durch die Wüste selber mit. Es lagen hier eine Menge gefährlicher Schlangen im Kreis geringelt unter dem Laubwerk. Sie nahten dem Weg mit lautem Gepfeife und streckten die Köpfe gegen die Heilige Familie, welche mit Licht umgeben geschützt an ihnen vorüber zog. Ich sah noch andere Tiere mit großen Flossen, wie Flügel an dem schwärzlichen Leib, mit kurzen Füßen und einem Kopf, ähnlich den Fischen. Sie schossen fliegend über den Boden hin. Endlich kam die Heilige Familie hinter dem Gebüsch an einen tiefen Bruch im Boden, wie an die Wand eines Hohlweges. Sie ließ sich hier zur Ruhe nieder.

Der letzte Ort von Judäa, durch den sie kamen, hatte einen Namen, wie Mara. Ich dachte an den Stammort Annas. Allein er war es nicht. Die Leute hier waren sehr wild und wüst die Heilige Familie konnte nichts zur Labung von ihnen erhalten.

Als sie von hier durch eine wüste Gegend weiter zogen, wussten sie sich fast nicht mehr zu helfen, denn sie hatten und fanden keinen Weg und vor sich sahen sie eine finstere, unwegsame Gebirgshöhe. Maria war sehr erschöpft und traurig. Sie kniete mit dem Kind und Joseph nieder und flehte zu Gott. Da kamen mehrere große wilde Tiere, wie Löwen, um sie her und waren ganz freundlich. Ich sah, dass sie gesandt waren, ihnen den Weg zu zeigen. Sie sahen nach dem Gebirge hin, liefen hin und wieder zurück, gerade wie ein Hund, der einen wohin führen will. Ich sah auch die Heilige Familie endlich den Tieren folgen. Sie zogen über das Gebirge und kamen durch eine sehr unheimliche Gegend.

22. Die Heilige Familie bei Räubern

Abseits von ihrem Weg schimmerte durch die Nacht den Reisenden ein Licht entgegen. Es kam von der Hütte eines Raubgesindels, neben welcher es an einem Baum hing, um Reisende anzulocken. Der Weg war hier stellenweise abgegraben und es waren auch Schnüre mit Schellen darüber gespannt, um daran stoßende Wanderer zu bemerken. Da sah ich plötzlich einen Mann mit etwa fünf Gesellen die Heilige Familie umringen. Sie kamen in böser Absicht. Als sie aber das Kind erblickten, sah ich einen leuchtenden Strahl, wie einen Pfeil in das Herz des Mannes dringen, der nun seinen Gesellen befahl, diesen Leuten kein Leid anzutun. Maria sah diesen Strahl auch. Der Räuber brachte nun die Heilige Familie nach seinem Haus und erzählte seiner Frau, wie sein Herz bewegt worden sei. Die Leute waren anfänglich ganz scheu und schlicht, was doch sonst ihre Art nicht schien. Doch näherten sie sich nach und nach und stellten sich um die Heilige Familie, die sich in einem Winkel an die Erde gesetzt. Einzelne der Männer gingen ab und zu und die Frau brachte Maria kleine Brote, Früchte, Honigwaben und Becher mit Getränk. Auch der Esel wurde unter Dach gebracht. Die Frau räumte Maria ein kleines Gewölbe ein, wohin sie ihr eine Mulde mit Wasser brachte, um das Jesuskind zu baden. Sie trocknete ihr auch die Windeln am Feuer. Der Mann war so bewegt, dass er zu seiner Frau sagte: dieses hebräische Kind ist kein gewöhnliches Kind, bitte die Frau, dass wir unser aussätziges Kind in seinem Badewasser waschen dürfen. Vielleicht wird es ihm helfen. Als die Frau ihre Bitte der heiligen Jungfrau vorbringen wollte, empfing sie, noch ehe sie es getan, von Maria die Weisung, ihren aussätzigen Knaben in diesem Wasser zu waschen, das nach dem Bad des Jesuskindes viel klarer war, als zuvor. Der Knabe war etwa dreijährig und starrte von Aussatz. Er wurde auf den Armen liegend herbeigetragen. Wo das Wasser ihn berührte, fiel der Aussatz wie Schuppen auf den Grund der Mulde von ihm nieder. Der Knabe des Räubers war rein und genesen.

Die Frau war außer sich vor Freude und wollte Maria und das Kind umarmen. Maria aber hielt abwehrend die Hand vor und ließ weder sich, noch ihr Kind berühren. Sie sagte aber der Frau, sie solle einen Brunnen graben tief bis auf Steingrund und dieses Wasser hineingießen. Dann könne sie dasselbe immer zu solchem Zweck gebrauchen. Maria sprach noch länger mit ihr und erhielt von ihr das Versprechen, bei erster Gelegenheit diesen Aufenthalt zu fliehen. Die Leute alle waren sehr freudig, stellten sich um die Heilige Familie her und sahen sie verwundert an. Es kamen während der Nacht noch andere ihres Gesindels, denen sie die Genesung des Knaben erzählten. Es war um so merkwürdiger, dass die Räuber gegen die Heilige Familie so ehrerbietig waren, da ich während der Nacht mehrere andere Leute, welche das Licht zu der Hütte gelockt hatte, gleich festnehmen und tiefer in den Wald in eine große Höhle treiben sah. Diese Höhle war ihre eigentliche Wohnung. Ihr Eingang war sehr versteckt und über ihr war ein Dickicht. Alles war darin im Überfluss, Kleider, Teppiche, Fleisch, Ziegen. Schafe und noch viel anderer Raub. Ich sah auch geraubte Knaben von sieben bis acht Jahren von einer alten Frau gehütet, welches in der großen Höhle wirtschaftete.

Maria schlief nicht, sie saß auf ihrem Lager an der Erde ganz still.

Am frühen Morgen reiste die Heilige Familie weiter. Der Räuber und seine Frau hätten die Heilige Familie gerne noch länger bei sich behalten. Sie versahen sie mit Nahrungsmitteln und begleiteten sie an den vielen Gruben vorüber eine Strecke Wegs.

Als die Leute mit vieler Rührung Abschied nahmen, sagten sie die merkwürdigen Worte zu der Heiligen Familie: «Gedenket unser, wo ihr auch hinkommt!» Bei diesen Worten hatte ich ein Bild, dass der geheilte Knabe der gute Schächer geworden, der am Kreuz zu Jesus sprach: «Gedenke meiner, wenn Du in dein Reich kommen wirst!» Die Frau ist später bei den Leuten wohnhaft geworden, die um den Balsamgarten sich ansiedelten.

Von hier zog die Heilige Familie durch die Wüste weiter und als sie wieder alle Spur verloren hatte, kamen allerlei Tiere um sie her, große Eidechsen mit Flügeln und auch Schlangen, die ihr den Weg zeigten.

Als sie später durch eine Sandfläche nicht weiter zu kommen wussten, sah ich ein sehr liebliches Wunder. Es sprosste zu beiden Seiten des Wegs die Pflanze, Rose von Jericho, auf mit ihren krausen Zweigen, den Blümchen in der Mitte und der geraden Wurzel. Freudig gingen sie darauf zu und sahen auf Gesichtsweite immer wieder solche Pflanzen aufsprossen und so fort die ganze Fläche entlang. Ich sah, dass der heiligen Jungfrau eröffnet wurde, dass in späterer Zeit die Leute des Landes diese Rosen sammeln und an fremde Reisende um Brot verkaufen würden. Der Name dieser Gegend klang wie Geza oder Goze.

Ich sah sie hierauf an einen Ort und Gegend kommen, welche wie Lepe oder Lape hieß. Es sind da viele Kanäle und Gräben mit hohen Dämmen ich sah die Heilige Familie auf einem Balkenrost über das Wasser setzen. Der Esel wurde in eine Mulde oder Kufe gestellt Maria saß mit dem Kind auf einem Balken. Zwei hässliche, braune, halbnackte Männer mit eingedrückten Nasen und aufgeworfenen Lippen fuhren sie über. Sie kamen nur an entlegene Häuser des Orts, die Leute waren so rau und unbarmherzig, dass sie, ohne einzusprechen, vorüberzogen. Ich meine, dies war die erste heidnische, ägyptische Stadt. Zehn Tage sind sie im jüdischen Land und zehn Tage in der Wüste gezogen.

Ich sah die Heilige Familie auf ägyptischem Grund und Boden in ebener, grüner Gegend mit Viehweiden. An die Bäume waren Götzenbilder, wie Wickelpuppen oder Fische mit breiten Bändern, worauf Figuren oder Buchstaben, angebunden. Hie und da sah ich Leute von gedrungener fetter Gestalt zu diesen Götzenbildern treten und sie verehren. Die Heilige Familie ging nach einem Schuppen, worin Vieh stand, um auszuruhen. Das Vieh ging heraus und machte ihnen Platz. Sie hatten Mangel an aller Nahrung, hatten weder Brot noch Wasser. Maria hatte kaum Nahrung für ihr Kind. Niemand gab ihnen etwas. Sie haben alles menschliche Elend auf dieser Fluchtreise ausgestanden.

Endlich kamen einige Hirten, um das Vieh zu tränken. Aber auch diese hätten nichts gegeben, wenn nicht Joseph darum gebeten hätte. Da schlossen sie den Brunnen auf und gaben ihm ein wenig Wasser.

Später sah ich die Heilige Familie sehr schmachtend und hilflos in einem Wald. Am Ausgang des Waides stand ein schlanker, dünner Dattelbaum, die Früchte wuchsen oben im Gipfel, wie in einer Traube beisammen. Maria ging mit dem Jesuskind auf dem Arm zu dem Baum, betete und hob das Kind zu ihm empor. Da neigte sich der Baum mit seinem Wipfel, als knie er nieder, dass sie alle seine Früchte von ihm sammelten. Der Baum blieb in dieser Stellung. Ich sah, dass Maria viele von den Früchten an nackte Kinder austeilte, welche aus dem letzten Ort nachgelaufen waren.

Eine Viertelstunde von diesem Baum stand ein ungemein dicker Baum derselben Art, der hohl und groß wie eine Eiche war. Sie verbargen sich darin vor den nachziehenden Leuten. Am Abend sah ich sie in den Mauern eines verfallenen Orts, wo sie übernachteten.

23. Der Balsamgarten

Am anderen Tag setzte die Heilige Familie ihren Weg durch eine öde, sandige Wildnis fort und da sie ganz ohne Wasser, schier verschmachtet, an einem Sandhügel saßen und die heilige Jungfrau zu Gott flehte, sprudelte auf einmal ein reiner Wasserstrahl neben ihr hervor. Und da Joseph einen kleinen Sandhügel wegstach, wurde ein schönes, klares Brünnlein daraus. Er machte dem Wasser eine Rinne und es umfloss einen ziemlich großen Raum und verschwand wieder in der Gegend seines Ursprungs. Sie erquickten sich hier, Maria wusch das Jesuskind, Joseph tränkte den Esel und füllte den Wasserschlauch. Ich sah allerlei Tiere, wie Schildkröten, ganz freundlich um die Heilige Familie und an dem überfließenden Wasser sich erquicken.

Der vom Wasser überflossene Raum bedeckte sich bald mit Grün und es wuchsen nachher viele Balsamstauden dort. Als die Heilige Familie aus Ägypten zurückkehrte, konnte sie sich schon an dem Balsam erquicken. Es siedelten sich auch Leute dort an. Doch, was die Heiden bauten, wurde alles welk und dürr. Es gedieh erst, als die Juden hierher zogen, welche die Heilige Familie im Land gekannt hatten. Ich meine, auch die Frau des Räubers, deren Knabe durch das Badewasser des Jesuskindes vom Aussatze geheilt wurde, ist dahin gekommen. Sie hatte sich bald von den Räubern losgemacht. Der Knabe aber ist länger bei ihnen geblieben.

Eine Balsamhecke umgab den Garten, in dessen Mitte mehrere andere große Fruchtbäume standen. Es wurde später noch ein anderer großer Brunnen gegraben, aus welchem durch ein von Ochsen bewegtes Rad viel Wasser geschöpft und mit dem Quell Mariä vermischt ward, um den ganzen Garten zu bewässern, denn unvermischt würde das Wasser dieses neuen Brunnens schädlich gewesen sein. Ich habe gesehen, dass die Ochsen, welche das Rad bewegen, dort von Samstag mittag bis Montag früh auf keine Weise zur Arbeit gezwungen werden können.

24. Die Heilige Familie kommt nach Heliopolis

Ich sah die Heilige Familie auf dem Weg nach Heliopolis. Sie war von der letzten Nachtherberge her von einem guten Manne begleitet, der, meine ich, von den Arbeitern an jenem Kanale war über den sie sich hatte fahren lassen. Sie zogen auf einer sehr hohen langen Brücke über einen breiten Fluss (Nil). Er schien mehrere Arme zu haben. Sie kamen auf einen Platz vor dem Tor der Stadt, welcher mit einer Art von Promenade umgeben war. Hier stand auf einem Säulenfuß, der oben dünner als unten war, ein großes Götzenbild mit einem Ochsenkopf, welches etwas von der Gestalt eines Wickelkindes in den Armen trug. Das Götzenbild war mit einem Kreis von Steinen gleich Bänken oder Tischen umgeben, auf welche die Leute ihre Opfer niederlegten. Nicht fern von diesem Götzen stand ein sehr großer Baum, unter welchem die Heilige Familie sich zu ruhen niedersetzte.

Sie hatten kaum eine Weile unter dem Baum geruht, da entstand eine Erderschütterung das Götzenbild wankte und stürzte. Es entstand ein Auflauf und Geschrei unter dem Volk und viele Kanalarbeiter aus der Nähe liefen herzu. Der gute Mann aber, der die Heilige Familie begleitete, führte sie in die Stadt. Sie waren schon am Ausgang des Götzenplatzes, als das erschreckte Volk sie zornig mit Droh- und Schimpfworten umgab. Da bebte aber die Erde, der große Baum sank um, seine Wurzeln brachen aus dem Erdreich in die Höhe und es entstand eine Lache schmutzigen Wassers, worin das Götzenbild so tief einsank, dass man kaum die Hörner noch sah einige der Bösesten sanken mit ein. Die Heilige Familie zog nun ruhig in die Stadt ein, wo sie in einer Halle eines großen Gemäuers mit vielen Räumen in der Nähe eines Götzentempels einkehrten. Auch in der Stadt waren Götzenbilder in den Tempeln umgestürzt.

Heliopolis hieß auch On. Aseneth, die Frau des ägyptischen Joseph war hier bei dem Götzenpriester Putiphar und hier studierte auch Dionysius der Areopagite. Heliopolis ist um den vielarmigen Fluss sehr weitläufig gebaut. Man sieht schon aus der Ferne die Stadt hoch liegen. Es sind dort ganz übermauerte Stellen, unter welchen der Fluss durchfließt. Die Leute fahren auf Balken über die Flussarme, die zu diesem Zwecke im Wasser liegen. Ich sah ganz erstaunlich große Überreste von Gebäuden, große Stücke von dickem Mauerwerk, halbe Türme, auch noch beinah ganze Tempel. Ich sah Säulen wie Türme, an denen man von außen herum hinaufsteigen konnte.

Die Heilige Familie wohnte unter einem niedrigen Säulengang, wo noch andere Leute sich Wohnungen eingebaut hatten. Die Hallen dieses Ganges waren von kurzen, runden und viereckigen Säulen gestützt. Oben darüber führte ein Weg, über den gegangen und gefahren wurde. Den Hallen gegenüber war ein Götzentempel mit zwei Höfen. Joseph machte sich vor seinem Raum einen Vorbau aus leichter Holzarbeit. Sein Esel war auch da. Der Raum war durch solche Splintwände abgeteilt, wie Joseph sie immer zu machen pflegte. Ich bemerkte zum erstenmal, dass sie hinter einem solchen Schirm versteckt auch ein kleines Altärchen an der Mauer hatten, wo sie beteten, nämlich ein mit roter und darüber mit weißer, durchsichtiger Decke belegtes Tischchen und eine Lampe darüber.

Ich sah den heiligen Joseph zu Haus und oft auch auswärts arbeiten. Er machte lange Stäbe mit runden Knöpfen, auch kleine niedere, dreibeinige Schemel mit einem Griff, um sie anzufassen, auch eine Art Körbe. Er verfertigte viele leichte Splintwände von Flechtwerk und sechs- oder achteckige leichte Türmchen von dünnen, leichten langen Brettern, oben spitz zugehend und in einen Knopf endend. Es war eine Öffnung daran, so dass ein Mann darin sitzen konnte, wie in einem Schilderhäuschen. Außen umher waren hie und da Stufen angebracht, um daran hinaufzusteigen. Ich sah solche Türmchen hie und da vor den Götzentempeln und auch auf den platten Dächern stehen. Sie saßen darin. Es waren vielleicht Wach- oder Schattenhäuschen.

Ich sah die heilige Jungfrau Teppiche flechten und auch mit einer andern Arbeit, wobei sie einen Stab neben sich hatte, an welchem oben ein Knollen befestigt war, ich weiß nicht mehr, ob sie spann oder sonst etwas wirkte. Ich sah auch öfter Leute sie und das Jesuskindchen besuchen, welches in einer Art Wiegenschiffchen neben ihr am Boden lag. Manchmal sah ich dieses Schiffchen erhöht auf einem Gestell, wie auf einem Sägebock stehen. Es waren nur wenige Juden hier ich sah sie umhergehen, als hätten sie kein Recht, hier zu leben.

Nördlich von Heliopolis, zwischen dieser Stadt und dem Nil, der sich dort in viele Arme ausbreitete, lag das Ländchen Gosen darin ein Ort, wo viele Juden zwischen Kanälen wohnten, die sehr in ihrer Religion verwildert waren. Mehrere dieser Juden wurden mit der Heiligen Familie bekannt Maria machte allerlei weibliche Arbeiten für diese Leute, wofür sie Brot und Lebensmittel erhielt. Die Juden im Land Gosen hatten einen Tempel, sie verglichen ihn mit dem Tempel Salomons. Er war aber viel anders.

Nicht weit von seiner Wohnung hatte Joseph einen Betort erbaut, wo sich die hier wohnenden Juden, die vorher keinen solchen Ort hatten, mit der Heiligen Familie zum Gebet versammelten. Der Raum hatte oben eine leichte Kuppel, die sie öffnen konnten, so dass sie dann unter freiem Himmel standen. In der Mitte des Raumes stand ein weiß und rot bedeckter Opfertisch oder Altar, auf welchem Rollen lagen. Der Priester oder Lehrer war ein sehr alter Mann. Hier standen die Männer und Frauen bei Gebet nicht so getrennt, wie im Gelobten Land. Die Männer standen an der einen, die Frauen an der andern Seite.

Die Heilige Familie wohnte etwas über ein Jahr in Heliopolis, hatte aber von den ägyptischen Leuten viel zu leiden, denn sie wurde von ihnen wegen der umgestürzten Götzenbilder gehasst und verfolgt. Auch hatte Joseph hier Mangel an Zimmerarbeit, da die Leute sehr fest bauten. Kurz bevor sie Heliopolis verließen, erfuhr die heilige Jungfrau durch einen Engel den bethlehemitischen Kindermord. Maria und Joseph waren sehr betrübt und das Jesuskind, das schon gehen konnte und anderthalb Jahre alt war, weinte den ganzen Tag.

25. Die Ermordung der unschuldigen Kinder

Ich sah die Mütter mit ihren Knaben von den jüngsten bis zu den zweijährigen aus verschiedenen Orten um Jerusalem, BethIehem, Gilgal und Hebron, wohin Herodes Soldaten verlegt hatte und wo er durch dortige Vorgesetzte den Befehl dazu ergehen ließ, nach Jerusalem kommen. Ich sah manche Frauen bis von der arabischen Grenze her ihre Kinder nach Jerusalem bringen. Sie hatten mehr als eine Tagreise dahin. Die Mütter kamen in verschiedenen Haufen zur Stadt. Manche hatten zwei Kinder bei sich und ritten auf Eseln. Sie wurden alle in ein großes Gebäude geführt und die sie begleitenden Männer zurückgesendet. Die Leute kamen ganz fröhlich, denn sie glaubten, eine Belohnung zu erhalten.

Das Gebäude, wohin die Mütter mit den Kindern geführt wurden, lag nicht weit von dem Haus, wo später Pilatus gewohnt hat. Es war abgelegen und so mit Mauern umgeben, dass man von außen nicht hören konnte, was drinnen vorging. Ein Tor führte durch zwei Mauern in einen großen Hof, der auf drei Seiten von Gebäuden umschlossen war. Die Gebäude links und rechts waren einen, das mittlere, das wie eine alte wüste Synagoge aussah, war zwei Stock hoch. Aus allen dreien führten Tore in den Hof. Das mittlere war ein Gerichtshaus, denn ich sah im Hof davor Steinblöcke und Säulen mit eisernen Ketten und solche Bäume zum Zusammenbinden und Losschnellen, um Leute zu zerreißen.

Man führte die Mütter durch den Hof in die beiden Seitengebäude und sperrte sie hier ein. Es schien mir anfangs, als seien sie in einer Art Spital oder Lazareth. Da sie sich nun ihrer Freiheit beraubt sahen, ward ihnen bange und sie begannen zu weinen und zu wehklagen.

Im Gerichtshaus war zu ebener Erde eine große Halle, wie ein Kerker oder eine Wachstube, im oberen Stockwerk aber war ein Saal, aus welchem die Fenster nach dem Hof gingen. In diesem Saal sah ich die Gerichtsherren versammelt, welche Rollen vor sich auf dem Tisch liegen hatten. Herodes war auch da. Er trug eine Krone und einen roten, mit schwarzverbrämten weißen Pelz gefütterten Mantel und sah von anderen umgeben vom Fenster aus dem Morde zu.

Die Mütter wurden einzeln mit ihren Knaben aus den Seitengebäuden in die große Halle unter dem Gerichtssaale gerufen. Beim Eintritt wurden ihnen die Kinder von den Kriegsknechten abgenommen und durch das Tor in den Hof hinausgebracht, wo ihrer zwanzig beschäftigt waren, sie mit Schwerten und Spießen durch Hals und Herz zu stechen. Es waren teils Kinder noch in Windeln, welche die Mütter am Arm trugen, teils Knäblein in gewirkten Röckchen. Sie kleideten sie nicht erst aus. Sie stachen sie in Hals und Herz und schleuderten sie am Arm oder Bein gefasst auf einen Haufen hin. Es war ein grässlicher Anblick.

Die Mütter wurden in der großen Halle von den Soldaten eine zu der anderen zurückgedrängt als sie das Schicksal ihrer Kinder merkten, erhoben sie ein grässliches Geschrei, zerrauften sich die Haare und umklammerten einander. Sie standen endlich so gedrängt, dass sie sich kaum rühren konnten. Ich meine, das Morden dauerte bis gegen Abend. Die Ermordeten wurden im Hof in einer großen Grube verscharrt. Die Mütter sah ich gebunden in der Nacht von Soldaten nach ihren Orten zurückgebracht werden. Auch an anderen Orten wurden die Kinder ermordet. Es dauerte mehrere Tage lang.

Ihre Zahl wurde mir mit einer Zahl gezeigt, die wie Ducen lautete die ich so oft zusammenzählen musste, bis die ganze Zahl herauskam, ich meine, es waren siebenhundert und sieben oder siebzehn.

Die Stelle des Kindermordes in Jerusalem war der nachmalige Richthof unweit dem Gerichtshaus des Pilatus - doch zu dessen Zeit sehr verändert. Ich sah bei Christi Tod die Grube der ermordeten Kinder einstürzen. Es erschienen ihre Seelen und zogen von dannen.

Elisabeth war mit Johannes in die Wüste geflohen. Sie suchte lange, bis sie eine Höhle fand und war vierzig Tage bei ihm. Ich sah aber, dass danach ein Essener aus der Genossenschaft am Berge Horeb, ein Verwandter der Tempelhanna, anfänglich alle acht und später alle vierzehn Tage ihm Nahrung brachte und ihm half. Johannes hätte vor der Verfolgung des Herodes auch in der Nähe seines elterlichen Hauses verborgen werden können. Er wurde aber auf göttliche Eingebung in die Wüste geflüchtet, weil er getrennt von menschlichem Umgang und gewöhnlicher menschlicher Speise einsam aufwachsen sollte. Ich sah diese Wildnis fruchtbar. Es wuchsen Früchte, Beeren und Kräuter darin.

26. Die Heilige Familie zieht nach Materea

Die Heilige Familie verließ Heliopolis wegen Verfolgung und mangelnder Arbeit für Joseph. Sie zogen auf Seitenwegen noch tiefer ins Land, mittäglich gegen Memphis. Als sie nicht weit von Heliopolis durch eine kleine Stadt kamen und sich in der Vorhalle eines offenen Götzentempels zu ruhen niedersetzten, stürzte das Götzenbild nieder und zerbrach. Es hatte einen Ochsenkopf mit drei Hörnern und mehrere Löcher im Leib, die Opfer hineinzusetzen und zu verbrennen. Es entstand hierüber ein Auflauf unter den Götzenpriestern, welche die Heilige Familie anhielten und bedrohten. Ein Priester aber stellte den andern im Rate vor, es sei besser, sich dem Gott dieser Leute zu empfehlen, indem er sie erinnerte, welche Plagen über ihre Voreltern gekommen seien, als sie dieses Volk verfolgt und wie in der Nacht vor ihrem Auszug in jedem Haus der Erstgeborne gestorben sei. Darauf wurde die Heilige Familie ruhig entlassen. Dieser Götzenpriester ist bald darauf mit mehreren seiner Leute nach Matarea gezogen und hat sich an die Heilige Familie und die jüdische Gemeinde dort angeschlossen.

Sie zogen nun bis Troja, einem Ort an der Morgenseite des Nils, Memphis gegenüber. Der Ort war groß, aber sehr kotig. Sie gedachten hier zu bleiben, wurden aber nicht aufgenommen, ja sie konnten nicht einmal einen Trunk Wasser, noch einige Datteln erhalten, um welche sie baten. Memphis lag westlich des Nils. Der Strom war da sehr breit und hatte Inseln. Diesseits des Nils war auch ein Teil der Stadt und zu Pharaos Zeit ein großer Palast mit Gärten und einem hohen Turm, von welchem Pharaos Tochter oft umherschaute. Ich sah auch die Stelle, wo im hohen Schilf das Kind Moses aufgefunden worden ist. Memphis war gleich drei Städten diesseits und jenseits des Nils und es war, als gehöre Babyion, eine Stadt, welche östlich des Flusses mehr stromabwärts lag, auch dazu. Überhaupt war zu Pharaos Zeit die Gegend um den Nil zwischen Heliopolis, Babylon und Memphis so mit hohen Steindämmen, Gebäuden und Kanälen angefüllt und verbunden, dass alles eine zusammenhängende Stadt zu sein schien. Jetzt zur Zeit der Heiligen Familie war dies alles schon getrennt und durch große Verwüstung unterbrochen.

Sie zogen nun von Troja wieder nördlich stromabwärts gegen Babyion, das schlecht gebaut und kotig war. Sie zogen zwischen dem Nil und Babyion in der Richtung, in der sie gekommen waren, wieder eine Strecke von etwa zwei Stunden rückwärts. Der ganze Weg war hie und da mit zerstörten Bauwerken besetzt. Sie mussten auch einen kleinen Flussarm oder Kanal überschreiten und kamen nun nach Matarea, das auf einer Landzunge lag, so dass der Nil die Stadt auf zwei Seiten berührte. Die Stadt war größtenteils sehr schlecht, nur aus Dattelholz und festem Schlamm gebaut und mit Binsen gedeckt, so dass Joseph hier viele Bauarbeit erhielt. Er machte festere Häuser von Flechtwerk und baute Gallerien darauf, wo sie gehen konnten.

Hier wohnten sie in einem dunklen Gewölbe in einsamer Gegend an der Landseite, nicht weit von dem Tor, durch das sie eingezogen. Joseph baute wieder einen leichten Vorbau vor das Gewölbe. Auch hier fiel bei ihrer Ankunft das Götzenbild in einem kleinen Tempel und später alle Götzenbilder um. Ein Priester beruhigte auch hier das Volk durch die Erinnerung an die Plagen Ägyptens. Später, als sich eine kleine Gemeinde von Juden und bekehrten Heiden um sie gesammelt hatte, überließen ihnen die Priester den kleinen Tempel, dessen Götze bei ihrem Einzug gefallen war Joseph richtete ihn zur Synagoge ein. Er wurde wie der Vater der Gemeinde und führte ein, dass sie die Psalmen ordentlich sangen, denn es war hier alles im Judentum sehr verwildert.

Hier wohnten nur einige sehr arme Juden, die in elenden Gruben und Löchern steckten. In dem Judenort zwischen On und dem Nil aber wohnten viele Juden und hatten einen ordentlichen Tempel. Sie waren jedoch ganz in gräuliche Abgötterei versunken. Sie hatten ein goldenes Kalb, eine Figur mit einem Ochsenkopf, um welches kleine Tierbilder wie Iltisse oder Frettchen unter kleinen Tronhimmeln aufgestellt waren. Es waren dies Tiere, welche einen gegen die Krokodile verteidigen. (Ichneumon.) Auch hatten sie eine nachgemachte Bundeslade und gräuliche Sachen darin. Sie trieben schändlichen Götzendienst, bei dem sie in einem unterirdischen Gang die ärgsten Schändlichkeiten verübten, in der Meinung, es sollte ihr Messias daher entstehen. Sie waren sehr hartnäckig und wollten sich nicht bessern. Es zogen aber später viele aus diesem Ort, der höchstens zwei Stunden entfernt war, hierher. Sie konnten aber der vielen Kanäle und Dämme wegen nicht in gerader Richtung hierher, sondern mussten einen Umweg um On herum machen.

Die Juden im Lande Gosen hatten schon in On Bekanntschaft mit der Heiligen Familie Maria machte bis dahin allerlei weibliche Arbeit für sie an Strick- und Stickwerk, Decken und Bänder. Sie wollte aber nie überflüssige Dinge und Prachtsachen arbeiten, sondern nur das Notdürftige und die Betkleider. Ich sah, dass Frauen ihr Arbeit brachten, welche sie nach der Mode und Eitelkeit verlangten dass Maria sie ihnen zurückgab, so nötig sie den Lohn brauchte dass die Frauen schnöde gegen sie schimpften.

Die Heilige Familie litt anfangs große Not. Es mangelte an gutem Wasser und Holz hier. Die Einwohner kochten mit trockenem Gras oder Schilf. Die Heilige Familie aß meistens kalt. Joseph erhielt manche Arbeit, er verbesserte die Hütten. Die Leute aber behandelten ihn schier wie einen Sklaven, sie gaben ihm nur, was sie wollten. Bald brachte er etwas für seine Arbeit nach Hause, bald nichts. Die Leute hier waren sehr ungeschickt, ihre Hütten zu bauen. Es fehlte an Holz wenn auch hie und da ein Stamm lag, so fehlte es ihnen doch an Werkzeug, das Holz zu bearbeiten, denn sie hatten nur Messer von Stein oder Bein. Joseph hatte das nötigste Werkzeug mitgebracht.

Die Heilige Familie hatte sich bald ein wenig eingerichtet. Sie hatten kleine Tischchen und Schemel und Flechtwände, auch eine ordentliche Feuerstelle. Die ägyptischen Leute aßen alle an der platten Erde. In der Wand des Gewölbes, wo Maria schlief, sah ich eine Vertiefung von Joseph ausgearbeitet, in der das Lager Jesu war. Maria schlief daneben und ich habe oft gesehen, wie sie nachts vor dem Lager Jesu zu Gott betend kniete. Joseph schlief in einem andern Raum.

Der Betort der Heiligen Familie war in einem abgesonderten Gang. Joseph und die heilige Jungfrau hatten ihre besonderen Stellen darin auch Jesus hatte sein Winkelehen, wo Er betend saß, stand oder kniete. Die Heilige Jungfrau hatte eine Art Altärchen, vor dem sie betete. Ein kleines Tischchen, rot und weiß bedeckt, wurde wie eine Klappe vor einem Fach in der Mauer, welche es gewöhnlich verschloss, niedergelassen. Es befand sich aber in der Mauervertiefung eine Art Heiligtum. Ich sah kleine Büschchen in kelchförmigen Töpfen und einen trockenen, doch ganzen Zweig mit der Lilie, welche in Josephs Hand erblüht war, als am Tempel der für Maria bestimmte Gemahl durch das Los erwählt wurde und noch etwas wie feine, dünne kreuzweise in die Runde gestellte weiße Stäbchen. Der blühende Lilienzweig war die Spitze von Josephs Stab und steckte in einer etwa anderthalb Zoll dicken Büchse; die gekreuzten Stäbchen standen in einer durchsichtigen Büchse. Es waren etwa fünf weiße Stäbchen von der Dicke eines starken Strohhalmes. Sie standen gekreuzt und in der Mitte gebunden auf die Art einer kleinen Garbe. Man achtet im Gesicht nicht sehr auf solche Sachen, der Anblick der heiligen Menschen reißt so hin.

Ich sah, wie die Heilige Familie nur von Früchten und schlechtem Wasser leben musste. Lange hatten sie kein gutes Wasser gehabt Joseph wollte schon mit seinen Schläuchen auf dem Esel nach dem Balsamquell in die Wüste ziehen, Wasser zu holen, als die heilige Jungfrau auf ihr Gebet durch die Erscheinung eines Engels ermahnt wurde, eine Quelle hinter ihrer Wohnung zu finden. Ich sah sie über den Wall, worin ihre Wohnung war, zu einem tiefer abgelegenen freien Raum zwischen verfallenen Wällen hinabgehen, wo ein sehr dicker, alter Baum stand. Sie hatte einen Stab, woran eine kleine Schaufel, in der Hand, wie man sie dort häufig auf Reisen trägt und stach damit bei dem Baum in die Erde, worauf ein schöner, heiler Wasserstrahl hervorquoll. Freudig eilte sie, Joseph zu rufen, der den Brunnen aufgrabend entdeckte, dass er in der Tiefe schon früher ausgemauert und nur versiegt und verschüttet gewesen. Joseph stellte ihn her und legte ihn sehr schön mit Steinen aus. Es war bei diesem Brunnen von der Seite, wo Maria herkam, ein großer Stein, schier wie ein Altar ich meine, er ist auch einmal ein Altar gewesen.

Hier hat die heilige Jungfrau nachher in der Sonne oft die Kleider und Tücher Jesu getrocknet, die sie gewaschen. Dieser Brunnen blieb unbekannt und allein im Gebrauch der Heiligen Familie, bis Jesus so groß war, dass Er allerlei kleine Bestellungen machte und auch seiner Mutter Wasser holte. Da sah ich einmal, dass Er andere Kinder an den Brunnen brachte und ihnen mit einem hohlgebogenen Blatt zu trinken schöpfte. Da die Kinder dieses ihren Eltern erzählten, kamen nun auch andere Leute zu dem Brunnen, der jedoch hauptsächlich im Gebrauch der Juden blieb. Schon zur Zeit der Heiligen Familie war der Brunnen ein Heilquell für die Aussätzigen und später, da schon ein Kirchlein über ihrem Wohnort erbaut war, worin man neben dem Hochaltar in die Halle hinabstieg, in der sie zuerst gewohnt, sah ich den Brunnen von Wohnungen umgeben und im Gebrauch gegen den Aussatz und ähnliche Krankheiten. Selbst die Türken unterhielten ein Licht in dem Kirchlein und fürchteten von einem Unglück getroffen zu werden, wenn sie es unterließen. Zuletzt sah ich den Brunnen einsam liegend und nur von Bäumen umgeben.

Ich sah, wie der Jesusknabe zum ersten mal Wasser seiner Mutter aus dem Brunnen holte. Maria war im Gebet, da schlich sich der Knabe mit einem Schlauch zum Brunnen und holte Wasser. Maria war unbeschreiblich gerührt, als sie Ihn zurückkommen sah und bat Ihn kniend, Er möge es nicht wieder tun, damit Er nicht in den Brunnen falle. Jesus aber sagte, Er werde sich in acht nehmen, Er wünsche es immer zu tun, wenn sie es bedürfe. Arbeitete Joseph nicht zu weit entfernt vom Haus hatte er ein Werkzeug liegen lassen, so sah ich Ihn es holen. Der Jesusknabe achtete auf alles. Ich meine, die Freude, die sie mit Ihm hatten, musste alles Leid überwiegen. Er war ganz wie ein Kind und doch unbeschreiblich weise und gerecht und wusste und verstand alles. Und darüber habe ich Maria und Joseph oft in ganz unbeschreiblicher Rührung gesehen.

Wenn der Knabe Jesus die gestrickten und geflochtenen Decken seiner Mutter, die um Brot arbeitete, den Leuten brachte, sah ich Ihn im Anfang oft geneckt und betrübt werden. Nachher gewannen die Leute die Heilige Familie sehr lieb und ich sah, dass andere Kinder Jesus Feigen und Datteln gaben und viele Leute Trost und Hilfe bei der Heiligen Familie suchten. Jeder Betrübte sagte, wir wollen zu dem Judenkind gehen. Ich sah den Knaben allerlei Bestellungen machen und manchmal bis nach dem eine Meile entfernten Judenort gehen, um Brot für die Arbeit seiner Mutter zu holen. Die vielen hässlichen Tiere taten Ihm nichts sondern waren ganz freundlich mit Ihm, sogar die Schlangen. Als ich Ihn einmal mit anderen Kindern nach dem Judenort gehen sah, weinte Er bitterlich über die Versunkenheit der Juden.

Als der Jesusknabe zum erstenmal allein nach dem Judenort ging, trug Er auch zum erstenmal den braunen von Maria gewirkten Rock, der unten mit gelblichen Blumen eingefasst war. Ich sah Ihn unterwegs kniend beten. Zwei Engel erschienen Ihm und sprachen von dem Tod des Herodes. Er sagte aber seinen Eltern noch nichts davon.

27. Rückkehr der Heiligen Familie aus Ägypten

Ich sah die Heilige Familie Ägypten verlassen. Herodes war schon länger tot. Aber sie konnten noch nicht zurück, weil noch immer Gefahr war. Ich sah den heiligen Joseph, der immer mit Zimmerarbeit beschäftigt war, an einem Abend sehr betrübt, denn die Leute hatten ihm nichts gegeben und er konnte nichts mit nach Haus bringen, wo Mangel war. Er kniete einsam im Freien und betete. Er war sehr betrübt. Der Aufenthalt unter diesem Volk war immer unerträglicher. Sie hatten einen schändlichen Götzendienst und opferten selbst missgestaltete Kinder. Wer ein gesundes opferte, glaubte sehr fromm zu sein. Außerdem hatten sie einen noch schändlicheren geheimen Dienst. Auch die Juden im Judenort waren ihm ein Gräuel.

Als Joseph so betrübt zu Gott um Hilfe betete, sah ich, dass ein Engel zu ihm trat und sagte, nun solle er sich aufmachen und am folgenden Morgen aus Ägypten auf der gewöhnlichen Heerstraße ziehen. Er solle sich nicht fürchten, denn er wolle bei ihnen sein. Ich sah Joseph diese Nachricht der heiligen Jungfrau und Jesus bringen und sie ihr weniges Gerät auf den Esel packen.

Am anderen Morgen, da ihr Entschluss abzureisen bekannt wurde, kamen viele Leute betrübt zu ihnen und brachten allerlei Geschenke in kleinen Gefäßen von Bast. Mehrere Frauen hatten auch ihre Kinder mitgebracht. Es war unter ihnen eine vornehmere Frau mit einem mehrjährigen Knaben, welchen sie Mariensohn zu nennen pflegte, weil sie lange vergebens auf einen Sohn hoffend, ihn auf das Gebet Mariä empfangen hatte. Diese Frau gab dem Jesusknaben dreieckige gelbe, weiße und braune Münzen. Jesus sah dabei seine Mutter an. Der Knabe dieser Frau wurde von Jesus später unter seine Jünger aufgenommen und wurde Deodatus genannt. Die Mutter hieß Mira.

Die Leute waren über die Abreise der heiligen Familie aufrichtig betrübt. Es waren mehr Heiden, als Juden. Die Juden waren hier gar nicht mehr als Juden zu erkennen, so sehr waren sie in Abgötterei versunken. Doch gab es auch Leute, welche froh waren, dass die Heilige Familie fortzog. Sie hielten sie für Zauberer, welche alles durch den Obersten der Teufel erzwängen.

Von allen diesen Freunden begleitet zogen sie zwischen On und dem Judenort hin und wendeten sich von On etwas mittäglich, um an den Balsamgarten zu kommen, sich da zu erquicken und einen Wasservorrat mitzunehmen. Der Garten war schon in einigem Stand. Die Balsamstauden waren so groß wie mäßige Weinstöcke und umschlossen in vier Reihen den Garten, der einen Eingang hatte und worin schon allerlei Fruchtbäume, wie Datteln und Sycomoren angewachsen waren. Die Quelle floss rund um den ganzen Raum herum. Die Begleiter nahmen hier Abschied. Die Heilige Familie aber verweilte danach noch einige Stunden. Joseph hatte kleine Gefäße aus Bast gemacht. Sie waren verpicht und sehr glatt und zierlich. Er brach nun an den rötlichen Balsamranken die kleeartigen Blätter ab und hängte diese Balsamflaschen daran, um für die Reise die Balsamtropfen zu sammeln. Er machte oft, wo sie anhielten, solche Gefäße und Flaschen aus Bast zu jeglichem Gebrauch. Die Heilige Jungfrau wusch und trocknete hier. Nachdem sie alle sich erquickt, zogen sie auf der allgemeinen Heerstraße weiter.

Ich sah viele Bilder ihrer ganzen Reise, die ohne besondere Gefahr für sie war. Maria war oft sehr bekümmert, dass dem Jesusknaben das Gehen in dem heißen Sand so beschwerlich war. Joseph hatte Ihm ganze Schuhe aus Bast gemacht, die bis über die Knöchel fest gebunden wurden. Aber ich sah sie doch oft still halten und Maria dem Knaben den Sand aus den Schuhen schütteln. Sie selber trug nur Sohlen. Jesus trug sein braunes Röckchen und musste oft auf dem Esel sitzen. Er, Maria und Joseph hatten zum Schutz gegen die glühenden Sonnenstrahlen auf dem Kopf breite Bastschirme, welche sie mit einem Band unter dem Kinn befestigten.

Ich sah sie an vielen Orten vorüberziehen; ich erinnere mich aber nur noch an den Namen von Ramesses. Endlich sah ich sie in Gaza, wo sie an drei Monaten verweilten und wo viele Heiden waren. Joseph wollte nicht nach Nazareth ziehen, sondern nach Bethlehem. Doch war er unschlüssig, weil er hörte, es regiere nun Archelaus über Judäa, der auch sehr grausam war. Endlich erschien ihm ein Engel, der ihm sagte, dass er nach Nazareth ziehe. Anna lebte noch. Nur sie und einige Verwandte hatten von dem Aufenthalt der Heiligen Familie gewusst.

Ich hatte einen Blick auf den siebenjährigen Knaben Jesus, wie Er zwischen Maria und Joseph wandelnd aus Ägypten nach Judäa zurückkam. Ich sah den Esel nicht bei ihnen. Sie trugen ihre Bündel selbst. Joseph war etwa dreißig Jahre älter, als Maria. Ich sah sie auf einer Straße durch die Wüste, etwa zwei Stunden von der Höhle des Johannes entfernt. Der Knabe Jesus schaute wandelnd nach der Gegend hinüber ich sah, dass seine Seele nach Johannes sich wendete. Zugleich sah ich Johannes in seiner Höhle betend. Ein Engel in Gestalt eines Knaben trat zu ihm und sagte, dort ziehe der Heiland vorüber. Ich sah Johannes aus der Höhle hinaus mit ausgebreiteten Armen nach der Gegend eilen, wo sein Heiland vorüberwandelte. Er hüpfte und tanzte vor Freude. Es war dieses Bild ungemein rührend. Die Höhle des Johannes lag hier tief in einem Hügel. Sie war nicht viel breiter, als sein Lager, aber ziemlich tief einwärts. Er schwang sich durch eine kleine Öffnung heraus. Oben schräg herein war ein Lichtloch. In der Höhle sah ich auf einem Rohrgestell Honigwaben und getrocknete Heuschrecken, die gelb und gesprengelt und wohl so groß wie Krebse waren. Die Wüste, wo Jesus fastete, ist vier Stunden von dieser entfernt. Johannes hatte sein Fell umhängen. Der Engel, der zu ihm kam, war wie ein Knabe seines Alters. Ich habe ihn früher kleiner und später größer bei ihm gesehen. Es war, als wachse er ordentlich mit ihm auf. Er erschien und verschwand.

28. Johannes als Kind und erwachsen in der Wüste

Johannes war schon lange in der Wüste, ehe die Heilige Familie aus Ägypten zurückkehrte. Dass er so frühe dahin gebracht wurde, geschah hauptsächlich infolge göttlicher Eingebung. Auch sein eigener Trieb führte ihn dahin, er war immer einsam und in sich gekehrt. Er war nie in einer Schule. Der Heilige Geist hat ihn in der Wüste unterrichtet. Es wurde von seiner Kindheit auf viel von ihm geredet. Die Wunder seiner Geburt waren bekannt oft wurde ein Licht um das Kind gesehen. Herodes stellte ihm schon frühe nach und vor dem Kindermord floh Elisabeth mit Johannes in die Wüste. Er konnte laufen und sich helfen und war nicht weit von der ersten Höhle Magdalenas. Elisabeth besuchte ihn manchmal.

In seinem sechsten oder siebenten Jahr sah ich ihn von seiner Mutter wieder in die Wüste führen. Als Elisabeth den Knaben vom Haus wegführte, war Zacharias nicht zugegen. Er war aus Schmerz weggegangen, um den Abschied nicht zu sehen, denn er liebte Johannes sehr. Doch hatte er ihm seinen Segen gegeben, denn er segnete Elisabeth und Johannes immer, so oft er wegging. Johannes hatte ein Gewand aus Fellen von der linken Schulter quer über Brust und Rücken niederhängen, unter der rechten Achsel war es zusammengeheftet, sonst trug er kein Gewand. Seine Haare waren bräunlich und dunkler, als die Haare Jesu. In der Hand trug er einen weißen Stab, den er von Hause mitgenommen und immer in der Wüste behalten hat.

So sah ich ihn an der Hand seiner Mutter Elisabeth, einer langen sehr eingehüllten raschen alten Frau mit kleinem feinem Gesicht über Land eilen. Er lief oft voraus, war ganz unbefangen und kindlich, jedoch nicht zerstreut. Ich sah sie über einen Fluss setzen. Es war keine Brücke da, sie fuhren auf Balken hinüber, die im Wasser lagen. Elisabeth, eine sehr entschlossene Frau ruderte mit einem Zweig. Sie wendeten sich nun gegen Morgen und kamen in eine Schlucht, die in der Höhe öde und felsig, in der Tiefe aber mit Gebüsch und besonders mit vielen Erdbeeren bewachsen war, wovon Johannes dann und wann eine aß. Als sie ein Stück in die Schlucht hineingegangen waren, nahm Elisabeth von Johannes Abschied. Sie segnete ihn, drückte ihn an ihr Herz, küsste ihn auf die beiden Wangen und die Stirne kehrte dann um und sah sich noch oft weinend nach ihm um. Er aber war ganz unbekümmert und ging ruhig weiter in die Schlucht. Ich ging mit ihm und ward bange, das Kind gehe zu weit von seiner Mutter und werde nicht mehr nach Haus finden. Da erhielt ich aber eine innere Stimme, ich solle nicht sorgen, das Kind wisse wohl, was es tue. Ich ging nun mit ihm und habe sein ganzes ferneres Leben in der Wüste in vielen Bildern gesehen er selbst hat mir oft erzählt, wie er sich auf alle Weise Abbruch getan und seine Sinne abgetötet habe wie er immer heller und klarer gesehen habe und wie er auf eine unbeschreibliche Weise von allem, was ihn umgab, unterrichtet worden sei. Ich sah ihn aber als Kind mit Tieren und Blumen spielen, Die Vögel waren ihm besonders vertraut, sie flogen auf sein Haupt, wenn er ging und betete, sie setzten sich auf seinen Stab, den er oft quer in die Zweige legte, wo dann viele Vögel sich darauf setzten, die er betrachtete und ganz vertraut mit ihnen tat. Ich sah ihn auch anderen Tieren nachgehen in ihr Lager, sie füttern, mit ihnen spielen oder sie ernsthaft betrachten.

Am Ende der Felsenschlucht wurde die Gegend etwas offener Johannes drang bis zu einem kleinen See mit weißem Sand und ebenem Ufer. Ich sah ihn da weit ins Wasser gehen und die Fische alle zu ihm kommen und sah ihn ganz vertraulich mit ihnen. Er lebte in dieser Gegend längere Zeit ich sah, dass er sich da eine Schlafhütte im Gebüsch von Zweigen flocht ganz niedrig, nicht größer, als darin zu liegen.

Hier und später habe ich oft leuchtende Gestalten, Engel, bei ihm gesehen, mit welchen er unerschrocken, doch ganz fromm und vertraut war. Sie schienen ihn zu lehren und aufmerksam zu machen. Er hatte auch ein Querstäbchen an seinen Stab befestigt, so dass es ein Kreuz war und es kam auch von breiten Binsen oder Blättern oder Baumrinde wie ein Fähnchen daran, womit er hin und her schwankend spielte. Während er in dieser Gegend der Wüste wohnte, sah ich seine Mutter zweimal ihn besuchen. Aber sie kamen nicht an diesem Ort zusammen. Er musste wissen, wenn sie kam, denn er zog ihr immer einen weiten Weg entgegen, um mit ihr zusammen zu treffen. Elisabeth brachte ihm ein Täfelchen mit einer dünnen Röhre, um darauf zu schreiben.

Nach dem Tod seines Vaters kam Johannes heimlich nach Juta, um Elisabeth zu trösten. Er hielt sich einige Zeit verborgen bei ihr auf. Sie erzählte ihm manches von Jesus und der Heiligen Familie er merkte sich Einzelnes auf seiner Tafel mit Strichen an. Elisabeth wünschte, dass er mit ihr nach Nazareth gehe. Er aber wollte es nicht tun, sondern ging wieder in die Wüste.

Zacharias war, da er mit einer Herde zum Tempel zog, in einem Hohlweg vor der Bethlehemer-Seite von Jerusalem, wo man die Stadt nicht sehen konnte, von den Soldaten des Herodes überfallen und sehr misshandelt worden. Die Soldaten schleppten ihn in ein Gefängnis an der Seite des Berges Sion, wo später die Jünger immer in den Tempel hinaufgingen. Er wurde schrecklich misshandelt, gefoltert und endlich erstochen, weil er den Aufenthalt von Johannes nicht angeben wollte. Elisabeth war zu dieser Zeit bei Johannes in der Wüste. Als sie nach Juta zurückkehrte, wurde sie von Johannes eine Strecke weit begleitet. Dieser kehrte wieder um. Elisabeth aber erfuhr in Juta die Nachricht von der Ermordung ihres Mannes und fiel in großes Wehklagen.

Zacharias wurde von seinen Freunden in der Nähe des Tempels begraben. Er ist aber nicht jener Zacharias, der zwischen Tempel und dem Altar erschlagen wurde und den ich, als die Toten bei dem Kreuzestod Jesu aus den Gräbern hervorkamen, aus der Tempelmauer, wo der alte Simeon seine Betzelle gehabt hatte, herauskommen und im Tempel umherwandeln sah.

Der letztere Zacharias wurde ermordet bei einem Streit, der über das Geschlecht des Messias und über gewisse Rechte und Orte einzelner Familien am Tempel zwischen mehreren stattfand.

Elisabeth konnte vor Trauer nicht mehr in Juta und ohne Johannes bleiben, sie kehrte zu ihm in die Wüste zurück, wo sie nach kurzer Zeit starb und von dem Essener, einem Verwandten der Tempelhanna, begraben wurde. Das Haus in Juta, das sehr wohl eingerichtet war, bewohnte ihre Schwestertochter. Johannes kam nach dem Tod seiner Mutter noch einmal heimlich dahin und ging dann noch tiefer in die Wüste und war fortan ganz allein. Ich sah, wie er mittäglich um das Tote Meer herum, dann auf der Morgenseite des Jordan von Wildnis zu Wildnis bis hinauf gegen Kedar, ja bis gegen Gessur hin zog. Wenn er von einer Wildnis zur andern überging, sah ich ihn des Nachts weite Felder durchlaufen. Er kam in jene Gegend, wo ich lange nachher Johannes den Evangelisten unter hohen Bäumen weilen und schreiben sah. Unter diesen Bäumen wuchsen Gesträuche mit Beeren, von welchen er aß. Ich sah ihn auch von einem Kraut essen, welches fünf runde Blätter, wie Klee hat und eine weiße Blume. Es standen ähnliche Kräuter, nur kleiner, bei uns zu Haus unter den Hecken, die Blättchen schmeckten säuerlich ich aß sie viel als Kind, wenn ich das Vieh in der Einsamkeit hütete, weil ich damals schon von Johannes sie hatte essen gesehen. Ich sah ihn auch aus Löchern in Bäumen und aus dem Moos in der Erde braune Klumpen hervorziehen und essen, welches ich für wilden Honig hielt, der dort häufig war. Das Fell, das er von Haus mitgebracht, hatte er nun um seine Lenden geschlagen um die Schultern hing ihm eine braune zottige Decke, die er sich selber geflochten. Es waren in der Wüste Tiere mit Wolle, welche zahm um ihn hergingen und auch Kamele mit langen Haaren am Hals, welche sich dieselben ganz vertraut von ihm ausraufen ließen ich sah, dass er aus solchem Stoff Schnüre drehte und eine Decke flocht, die er noch umhängen hatte, als er wieder unter den Menschen erschien und taufte.

Ich sah ihn stets in vertrautem Umgang mit den Engeln, welche ihn unterrichteten. Er schlief unter freiem Himmel, auf hartem Felsen, lief über raues Gestein, durch Dorn und Distel, geißelte sich mit Dörnern, arbeitete sich müde an Bäumen und Steinen und lag in Gebet und Betrachtung. Er bahnte Wege, bereitete Stege und lenkte Quellen. Oft sah ich ihn mit seinem Rohr in den Sand schreiben, auch sah ich, dass er unbeweglich in Entzückung kniete oder stand, betend mit ausgespannten Armen. Seine Abhärtung und Kasteiung wurde immer strenger und sein Gebet länger und heftiger. Er hat den Heiland nur dreimal von Angesicht leiblicher Weise gesehen. Aber Jesus war im Geiste bei ihm und auch Johannes, der stets im prophetischen Zustand war, sah Jesu Wandel im Geiste.

Ich sah Johannes als erwachsenen starken ernsten Mann bei einer trockenen Grube in der Wüste. Er schien zu beten es kam Glanz über ihn, wie eine lichte Wolke. Es war mir, als zöge dieser sich aus der Höhe von den überirdischen Wassern her. Es stürzte ein lichter glänzender Wasserstrom über ihn in das Becken nieder. Auf diesen Guss schauend sah ich Johannes nicht mehr am Rand des Beckens, sondern in dem Becken und von dem glänzenden Wasser übergossen das Becken war ganz mit dem schimmernden lichten Wasser erfüllt. Dann aber sah ich ihn wieder am Rand stehen, wie im Anfang. Ich sah ihn aber nicht heraus und nicht hineinsteigen und glaube, dass das Ganze vielleicht ein Gesicht war, welches Johannes hatte, dass er zu taufen beginnen sollte, oder eine geistige Taufe, die im Gesicht über ihn kam.

29. Festbild von Johannes dem Täufer

Ich sah die überirdische Kirche in der Wüste, wo Johannes lebte, aus dem Wasser entstehen, das in Quellen, Strahlen und Wolken aus der Höhe des Paradieses kam. Die Kirche war unermesslich groß. Sie war ein Inbegriff der Taufe und wuchs mit den Getauften. Sie war ganz durchsichtig, wie von Krystall. Von innen wuchs ein achteckiger Turm in unendliche Höhe, unter welchem ein großer Brunnen war, wie der Taufbrunnen des Johannes, den er nach einer Vision in der Wüste baute. Im Turm stand ein gewachsener Stammbaum, auf dem die Vorfahren des Johannes standen und er selbst. Es war auch ein Altar da und wunderbare Vorstellungen von des Johannes Empfängnis, Geburt, Beschneidung, Leben in der Wüste, Taufe Jesu und seiner Enthauptung. Man sah in den Turm hinauf wie auf einer Himmelsleiter in wunderbarer Ordnung alle Geschlechter der Heiligen, die ganze Geschichte der Verheißung und Erlösung und unendliche Aufenthaltsorte der Seligen, ganz oben aber die heilige Jungfrau mit einem Mantel so weit, dass er alles umfasste. Alle diese Vorstellungen waren durchsichtig und weiß. Ich sah nun aber große Scharen von allen Seiten heranziehen, wie Völker, die sich bewegten, auch Könige und Leute in allen Kleidungen. Viele zogen an der Taufkirche vorüber in die Wüste, wo kein Wasser des Lebens ist. Viele zogen hinein. An dem Taufbrunnen knieten sie nieder, daran stand Johannes wie als Kind in der Wüste und schlug mit seinem Stäbchen ins Wasser, das er über sie sprengte. Und alle, denen dies geschah, wurden nun klein, so groß sie auch hereingezogen waren. Viele aber zogen nur vorüber und wieder hinaus. Die klein gewordenen aber, wie die Kinder, die in das Himmelreich eingehen, zogen hinauf in den hohen wunderbaren Turm auf der Himmelsleiter. Es waren bei der Taufe heilige Paten. Das Ganze, das ein Gebäude und doch von Wasser war, schwebte und schien getragen von oben an himmlischen Fäden.

30. Die Heilige Familie in Nazareth. Jesus zwölf Jahre alt im Tempel zu Jerusalem

In dem Haus zu Nazareth waren drei Wohnräume abgesondert. Der Raum der Mutter Gottes war der größte und angenehmste. Hier kamen Jesus, Maria und Joseph auch zum Gebete zusammen. Sonst sah ich sie sehr selten beisammen. Sie standen beim Gebet und hatten die Hände über der Brust gekreuzt und schienen laut zu sprechen. Ich sah sie oft bei Licht beten unter einer Lampe mit mehreren Dochten, oder an der Wand war eine Art Armleuchter befestigt, auf dem die Flamme brannte. Jedes lebte sonst meist in seinem Raum allein. Joseph zimmerte in dem seinen. Ich sah ihn Stäbe und Latten schnitzen, Stücke Holz glatt machen, auch wohl einen Balken herantragen und sah Jesus ihm helfen. Maria war meist mit Nähen und einer Art Stricken mit kleinen Stäbchen beschäftigt, wobei sie mit unterschlagenen Beinen saß und ein Körbchen neben sich hatte. Jedes schlief in seinem Verschlag allein und das Lager bestand in einer Decke, welche Morgens zu einem Wulst aufgerollt wurde.

Ich sah Jesus den Eltern alle mögliche Handreichung tun und auch auf der Straße und wo Er Gelegenheit fand, jedermann freundlich, behilflich und dienstfertig sein. Er half seinem Pflegevater in dem Handwerk oder lebte in Gebet und Betrachtung. Allen Kindern von Nazareth war Er ein Muster. Sie liebten Ihn und fürchteten, Ihm zu missfallen. Die Eltern seiner Gespielen pflegten diesen bei Unarten und Fehlern zu sagen: «Was wird Josephs Sohn sagen, wenn ich Ihm dieses erzähle? Wie wird Er sich darüber betrüben»? Sie verklagten auch manchmal die Kinder freundlich vor Ihm in ihrer Gegenwart und baten Ihn: «Sage ihnen doch, dass sie dieses oder jenes nicht mehr tun!» Und Jesus nahm das ganz kindlich und spielend auf und voll Liebe bat Er die Kinder, es so und so zu machen, betete auch mit ihnen um Kraft vom himmlischen Vater, sich zu bessern, beredete sie, Abbitte zu tun und ihre Fehler gleich zu bekennen.

Eine Stunde etwa vor Nazareth gegen Sephoris zu liegt ein Örtchen, Ophna genannt. Da wohnten in Jesu Jugendzeit die Eltern von Johannes und Jacobus Mayor, welche oft mit Jesus waren, bis ihre Eltern nach Bethsaida zogen und sie selber zur Fischerei kamen.

In Nazareth lebte eine mit Joachim verwandte Essenerfamilie, welche vier Söhne mit Namen: Cleophas, Jacobus, Judas und Japhet hatte, die wenige Jahre jünger oder älter, als Jesus waren. Auch sie waren Jugendgespielen Jesu sie und ihre Eltern pflegten immer mit der Heiligen Familie zusammen zum Tempel zu reisen. Diese vier Brüder wurden um die Zeit von Jesu Taufe Johannesjünger und nach dessen Ermordung Jünger Jesu. Sie kamen auch, da Andreas und Saturnin über den Jordan zogen, diesen nach und blieben den Tag über bei Ihm und waren mit unter den Johannesjüngern, welche Jesus auf die Hochzeit nach Kana brachte. Kleophas ist derselbe, dem in Gesellschaft mit Lukas Jesus in Emmaus erschien. Er war verheiratet und wohnte zu Emmaus. Seine Frau kam später zu den Frauen der Gemeinde.

Jesus war schlank und schmächtig von Gestalt, mit einem schmalen, leuchtenden Angesicht; gesund aussehend, aber doch bleich. Seine ganz schlichten, rötlich gelben Haare hingen Ihm gescheitelt über der hohen offenen Stirn auf die Schulter nieder. Er hatte einen langen, lichtbräunlich-grauen Hemdrock an, der wie gewebt bis auf die Füße ging. Die Ärmel waren etwas weit an den Händen.

Acht Jahre alt zog Er zum ersten mal mit den Eltern zum Osterfest nach Jerusalem und die folgenden Jahre immer.

Jesus hatte schon in den ersten Reisen bei den Freunden, wo sie in Jerusalem einkehrten bei Priestern und Lehrern Aufmerksamkeit erregt. Man sprach bei manchen Bekannten in Jerusalem von dem klugen, frommen Knaben, von dem wunderbaren Josephs-Sohn, wie man hier zu Land bei jährlichen Wallfahrten auch diese oder jene einfältige, fromme Person, oder ein kluges Bauernkind kennt und, wenn es wieder kommt, sich seiner erinnert. So hatte Jesus, als Er in seinem zwölften Jahr mit seinen Eltern in Gesellschaft ihrer Freunde und deren Söhne nach Jerusalem kam, schon allerlei Bekannte in der Stadt. Die Eltern hatten die Gewohnheit, einzeln mit ihren Landsleuten auf der Reise zu wandeln und wussten bei dieser nun fünften Reise Jesu, dass Er immer mit den Jünglingen aus Nazareth zog.

Jesus hatte sich diesmal aber bei der Heimreise schon in der Gegend des Ölbergs von seinen Begleitern getrennt, welche meinten, Er habe sich zu seinen Eltern, welche folgten, gesellt. Jesus aber war nach der bethlehemitischen Seite von Jerusalem gegangen in jene Herberge, wo die Heilige Familie vor Mariä Reinigung eingekehrt war. Die Heilige Familie glaubte Ihn mit den anderen Nazarethanern voraus, diese aber glaubten Ihn mit seinen Eltern folgend. Als diese alle auf der Heimkehr endlich in Gophna zusammentrafen, war die Angst Mariä und Josephs über seine Abwesenheit ungemein groß sie begaben sich sogleich nach Jerusalem zurück und fragten unterwegs und überall in Jerusalem nach Ihm, konnten Ihn aber nicht gleich finden, weil Er gar nicht da gewesen, wo sie sich gewöhnlich aufhielten. Jesus hatte in der Herberge vor dem Bethlehems-Tor geschlafen, wo die Leute seine Eltern und Ihn kannten.

Dort hatte Er sich zu mehreren Jünglingen gesellt und war mit ihnen in zwei Schulen der Stadt gegangen. Den ersten Tag in die eine, den zweiten in die andere. Am dritten Tag war Er morgens in einer dritten Schule am Tempel und nachmittags im Tempel selbst gewesen, wo Ihn seine Eltern fanden. Es waren diese Schulen verschiedener Art und nicht alle gerade Schulen über das Gesetz. Es wurden auch andere Wissenschaften darin gelehrt. Die letzte war in der Nähe des Tempels, aus welcher Leviten und Priester genommen wurden.

Jesus brachte durch seine Fragen und Antworten die Lehrer und Rabbiner aller dieser Schulen in ein solches Erstaunen und auch in solche Verlegenheit, dass sie sich vornahmen, am dritten Tag Nachmittags im Tempel selbst auf dem öffentlichen Lehrort den Knaben Jesus durch die gelehrtesten Rabbiner in verschiedenen Fächern wieder zu demütigen. Es taten dieses die Lehrer und Schriftgelehrten untereinander. Denn anfangs hatten sie eine Freude an Ihm gehabt, nachher aber an Ihm sich geärgert. Es geschah dieses in der öffentlichen Lehrhalle in der Mitte der Vorhalle des Tempels vor dem Heiligen, in dem runden Kreis, wo Jesus später auch gelehrt. Ich sah da Jesus in einem großen Stuhl sitzen, den Er bei weitem nicht ausfüllte. Er war von einer Menge alter und priesterlich gekleideter Juden umgeben. Sie horchten aufmerksam und schienen ganz grimmig ich fürchtete, sie würden Ihn ergreifen. An dem Stuhl, auf welchem Er saß, waren oben braune Köpfe, wie Köpfe von Hunden. Sie waren grünbraun und auf den höchsten Stellen schimmerten und glänzten sie gelb. Eben solche Köpfe und Figuren waren an mehreren langen Tischen oder Anrichten angebracht, welche seitwärts von diesem Ort im Tempel standen und voll von Opfergaben waren. Der ganze Raum war so ungemein groß und voll Menschen, dass man gar nicht fühlte, dass man in einer Kirche war.

Da Jesus in den Schulen allerlei Beispiele aus der Natur und aus den Künsten und Wissenschaften in seinen Antworten und Erklärungen gebraucht hatte, so hatten sie hier Meister in allen solchen Sachen zusammengebracht. Als diese nun anfingen, mit Jesus im Einzelnen zu disputieren, so sagte Er, diese Dinge gehörten eigentlich nicht hierher in den Tempel, aber Er wolle ihnen doch nun auch hierauf Antwort geben, weil es seines Vaters Wille so sei. Sie verstanden aber nicht, dass Er hiermit seinen himmlischen Vater meinte, sondern glaubten, Joseph habe Ihm befohlen, sich mit all seinen Wissenschaften sehen zu lassen.

Jesus antwortete und lehrte nun über Medizin und beschrieb den ganzen menschlichen Leib, wie ihn die Gelehrtesten nicht kannten. Ebenso von der Sternkunde, Baukunst, Ackerbau, von der Messkunst und Rechenkunst, von der Rechtsgelehrsamkeit und Allem, was nur vorkam führte alles so schön wieder auf das Gesetz und die Verheißung, die Prophezeiungen und auf den Tempel und die Geheimnisse des Dienstes und der Opfer aus, dass die einen immer in Bewunderung und die anderen beschämt in Ärger begriffen waren das immer abwechselnd, bis sie alle beschämt sich ärgerten, meistens weil sie Dinge hörten, die sie nie gewusst, nie so verstanden hatten.

Er hatte schon ein paar Stunden so gelehrt, als Joseph und Maria auch in den Tempel kamen und bei Leviten, die sie dort kannten, nach ihrem Kinde fragten. Da hörten sie, dass Er mit den Schriftgelehrten in der Lehrhalle sei. Da dies nun kein Ort war, wo sie hingehen konnten, sendeten sie den Leviten hin, er solle Jesus rufen. Jesus ließ ihnen aber sagen, Er wolle zuerst sein Geschäft enden. Das betrübte Maria sehr, dass Er nicht gleich kam. Es war dies das erste Mal, dass Er die Eltern fühlen ließ, Er habe noch andern Befehlen zu folgen, als den ihrigen. - Er lehrte wohl noch eine Stunde als alle widerlegt, beschämt und teils geärgert waren, verließ Er die Lehrhalle und kam zu seinen Eltern in den Vorhof Israels und der Frauen. Joseph war ganz schüchtern und verwundert und sprach nicht. Maria aber nahte Ihm und sprach: «Kind warum hast Du uns dies getan? Sieh, dein Vater und ich haben Dich so schmerzlich gesucht I» Jesus aber war noch ganz ernsthaft und sagte: «Warum habt ihr mich gesucht? Wusstet ihr denn nicht, dass ich in dem sein muss, was meines Vaters ist?» Sie verstanden dies aber nicht und begaben sich gleich mit Ihm auf die Rückreise.

Die Zuhörenden waren ganz verwundert und sahen diese Leute an. Ich war in großer Angst, sie möchten den Jüngling ergreifen, denn ich sah sie teilweise voll Grimm. Aber mich wunderte dass sie die Heilige Familie ganz ruhig hinwegziehen ließen. Es entstand in dem dichten Gedränge eine weite Bahn für sie. Ich sah so viel Einzelnes hierbei und hörte das meiste, was Er gelehrt, ich kann aber nicht alles behalten. Seine Lehre machte bei all den Schriftgelehrten großes Aufsehen. Einige schrieben die Sache sich auf als eine Merkwürdigkeit es war hie und da ein Gemunkel und allerlei Geschwätz und Lüge davon. Sie hielten aber den ganzen Vorgang der Sache unter sich vertuscht, sprachen von einem sehr vorlauten Knaben, den man zurecht gewiesen. Er habe schöne Talente, aber das müsse sich noch abreiben.

Ich sah die Heilige Familie wieder zur Stadt hinausgehen. Sie vereinigten sich vor der Stadt mit drei Männern und zwei Frauen und einigen Kindern, die ich nicht kannte, die aber auch von Nazareth zu sein schienen. Mit diesen zusammen gingen sie noch um Jerusalem herum allerlei Wege, auch an den Öllberg und blieben in den schönen grünen Luftplätzen, welche da sind, hie und da stehen und beteten die Hände auf der Brust gekreuzt. Ich sah sie auch über einen Bach mit großer Brücke gehen. Dieses Gehen und Beten der kleinen Gesellschaft erinnerte mich lebhaft an eine Wallfahrt.

Als Jesus in Nazareth zurück war, sah ich im Haus der Anna ein Fest bereitet, wo alle Jünglinge und Mägdlein von den Verwandten und Freunden versammelt waren. Ich weiß nicht, ob es ein Freudenfest über sein Wiederfinden war, oder sonst ein Fest, das man nach der Rückkehr vom Osterfest feierte, oder ein Fest, das man im zwölften Jahr der Söhne feierte. Jesus aber war dabei wie die Hauptperson.

Es waren schöne Laubhütten über der Tafel errichtet. Es hingen Kränze von Weinlaub und Ähren darüber, die Kinder hatten auch Trauben und kleine Brote. Es waren bei diesem Fest 33 Knaben, lauter zukünftige Jünger Jesu ich hatte einen Bezug davon auf die Lebensjahre Jesu. Jesus lehrte und erzählte das ganze Fest hindurch den anderen Knaben eine ganz wunderbare und meist nicht verstandene Parabel von einer Hochzeit, wo Wasser in Wein werde verwandelt werden und die lauen Gäste in eifrige Freude dann wieder von einer Hochzeit, wo der Wein in Blut und das Brot in Fleisch werde verwandelt werden das werde bei den Gästen bleiben bis zum Ende der Welt als Trost und Stärke und als ein lebendiges Band der Vereinigung. Er sagte auch einem verwandten Jüngling mit Namen Nathanael: «Ich werde auf deiner Hochzeit sein.»

Von diesem zwölften Jahre an war Jesus immer wie der Lehrer seiner Gespielen. Er saß oft mit ihnen zusammen und erzählte ihnen. Auch wandelte Er mit ihnen in der Gegend umher.

31. Tod des heiligen Joseph. Jesus und Maria beziehen eine Wohnung bei Kapharnaum

Gegen die Zeit hin, da Jesus sein Lehramt begann, sah ich Ihn immer mehr einsam und betrachtend. Joseph wurde gegen das dreißigste Jahr Jesu immer schwächer ich sah Jesus und Maria öfter mit ihm zusammen. Maria saß auch manchmal vor seinem Lager auf der Erde, oder auf einer niederen runden Platte, welche drei Stollen hatte und deren sie sich wohl auch als Tisch bedienten. Ich sah sie selten essen wenn sie aßen, oder dem heiligen Joseph eine Erquickung an sein Lager brachten, so waren es drei weiße, etwa zwei Finger breite, längliche viereckige Schnittchen, die auf einem Tellerchen nebeneinander lagen, oder kleine Früchte in einem Schälchen. Auch gaben sie ihm aus einem Krug zu trinken.

Als Joseph starb, saß Maria zu Häupten seines Lagers und hatte ihn in den Armen, Jesus stand in der Gegend seiner Brust. Ich sah die Stube mit Glanz und Engeln erfüllt. Er wurde, die Hände unter der Brust gekreuzt in weißes Tuch gewickelt, in einen schmalen Kasten gelegt und in einer recht schönen Grabhöhle beigesetzt, die er von einem guten Mann erhalten hatte. Es gingen außer Jesus und Maria nur wenige Menschen mit dem Sarg. Aber ich sah ihn von Glanz und Engeln begleitet. Später wurde sein Leib von Christen nach Bethlehem in ein Grab gebracht. Ich meine immer, ihn jetzt noch unversehrt dort liegen zu sehen.

Joseph musste vor dem Herrn sterben, denn er hätte seine Kreuzigung nicht überstehen können. Er war zu schwach und zu liebend. Er litt schon sehr vieles durch die Verfolgungen, die der Heiland von seinem 20ten bis 30ten Jahr durch allerlei heimliche Tücke der Juden zu leiden hatte. Diese konnten Ihn nicht vor Augen sehen und sagten immer mit Neid, der Zimmermannssohn wolle alles besser wissen, da Er der Lehre der Pharisäer oft widersprach und immer viele junge Leute bei sich hatte, die Ihm anhingen.

Maria hat bei diesen Verfolgungen unendlich gelitten. Mir sind solche Schmerzen immer größer erschienen, als wirkliche Martern. Unbeschreiblich ist die Liebe, mit welcher Jesus die Verfolgungen und Tücken der Juden als Jüngling ertragen hat.

Nach dem Tod Josephs zogen Jesus und Maria in ein Örtchen von wenigen Häusern zwischen Kapharnaum und Bethsaida, wo ein Mann Namens Levi aus Kapharnaum, der die Heilige Familie sehr liebte, Jesus ein Haus zum Aufenthalt übergab. Es war einzeln gelegen und mit einem Graben von stehendem Wasser umgeben. Von Levis Leuten wohnten ein paar zur Bedienung darin. Die Lebensmittel aber sandte Levi von Kapharnaum. In dies Örtchen zog auch Petri Vater, als er Petrus die Fischerei in Bethsaida übergab.

Jesus hatte unter den jungen Leuten von Nazareth schon manche Anhänger gehabt. Sie fielen aber immer wieder von Ihm ab. Er wandelte mit ihnen im Land um den See umher und auch nach Jerusalem auf die Feste. Des Lazarus Familie in Bethanien war schon mit der Heiligen Familie bekannt. Die Pharisäer von Nazareth nannten Jesus einen Landstreicher und hatten einen Ärger an Ihm. Levi hatte Ihm dieses Haus gegeben, damit Er ungestörter sein und seine Zuhörer darin versammeln könnte.

Es war am See um Kapharnaum herum eine Gegend, die aus ungemein fruchtbaren und lustigen Tälern bestand. Es waren dort mehrere Ernten im Jahr und wunderbar schönes Grün und Früchte und Blüten zugleich. Viele vornehme Juden hatten Gärten und Schlösser dort, auch Herodes. Die Juden zu Jesu Zeiten waren nicht mehr wie ihre Väter. Sie waren durch Handel und Verkehr mit den Heiden sehr verdorben. Die Frauen sah man nie öffentlich und auch nicht beim Feldbau, außer sehr arme etwa Ähren lesend. Man sah sie nur auf Wallfahrten nach Jerusalem und anderen Betorten. Der Ackerbau und allerlei Einkäufe geschahen meist durch Sklaven. Ich habe alle Städte in Galiläa gesehen. Da, wo jetzt kaum drei Orte liegen, lagen damals schier hundert die Menge der Menschen war unbeschreiblich.

Maria Cleophä, welche mit ihrem dritten Ehemann, Simeons von Jerusalem Vater, das Haus Annas bei Nazareth bewohnte, ist nun in das Haus Mariä nach Nazareth mit ihrem Knaben Simeon gezogen. Ihre Knechte und übrigen Angehörigen sind in Annas Haus zurückgeblieben.

Als Jesus kurze Zeit darauf von Kapharnaum über Nazareth in die Gegend von Hebron reiste, wurde Er von Maria, die Ihm immer so rührend nachgeht, bis Nazareth begleitet, wo sie bis zu seiner Wiederkehr zurückblieb. Es kamen dahin auch Joses Barsabas, Mariä Cleophä Sohn von zweiter Ehe mit Sabas noch ihre drei Söhne aus erster Ehe mit Alphäus: Simon, Jakobus der Kleinere und Thaddäus, welche letztere schon außer dem Haus ihre Geschäfte trieben, um die Heilige Familie nach Josephs Tod zu trösten und Jesus wieder zu sehen, mit welchem sie seit seiner Kindheit keine nähere Verbindung hatten. Sie wussten zwar allgemeines von Simeons und Hannas Prophezeiung bei Jesu Opferung im Tempel, aber glaubten nicht recht daran. Sie schlossen sich daher lieber an Johannes den Täufer, der bald darauf durch die Gegend zog.

BEGINN DES ÖFFENTLICHEN LEHRWANDELS JESU

1. Jesus auf dem Weg nach Hebron

Jesus wandelte von Kapharnaum über Nazareth nach Hebron. Er kam durch die unbeschreiblich schöne Landschaft von Genesareth und an den heißen Bädern von Emmaus vorüber. Diese lagen von Magdalum in der Richtung von Tiberias etwa eine Stunde weiter, als letzteres, am Abhang eines Berges. Auf den Wiesen stand sehr hohes, dichtes Gras und am Abhang lagen die Häuser und Zelte zwischen Reihen von Feigenbäumen, Dattelpalmen und Orangen. Es war dicht an der Straße eine Art Volksfest. Männer und Frauen hielten in getrennten Haufen Wettspiele um Früchte. Hier sah Jesus den Nathanael, auch Chased genannt, bei den Männern unter einem Feigenbaum stehen. Da Nathanael im Kampf gegen sinnliche Versuchung begriffen nach dem Spiele der Frauen hinüberschaute, blickte ihn Jesus im Vorübergehen warnend an. Nathanael fühlte, ohne Jesus zu kennen, eine tiefe Rührung von diesem Blick und dachte: der Mann hat einen scharfen Blick. Es war ihm, als sei Er mehr, ais ein anderer Mensch. Er fühlte sich getroffen, ging in sich, besiegte seine Versuchung und ward von nun an viel strenger gegen sich. Auch Nephtali, Bartholomäus genannt, meine ich hier gesehen zu haben dass Jesus auch ihn durch seinen Blick gerührt hat.

Jesus wandelte mit zwei seiner Jugendfreunde gegen Hebron in Judäa. Diese beiden blieben Ihm aber nicht treu. Sie trennten sich von Ihm und haben sich erst nach der Auferstehung bei seiner Erscheinung auf dem Berg Thebez in Galiläa wieder bekehrt und an die Gemeinde geschlossen.

In Bethanien sprach Jesus bei Lazarus an. Lazarus sah viel älter als Jesus aus; er schien wohl acht Jahre älter. Er hatte ein großes Besitztum mit vielen Leuten, Gütern und Gärten. Martha hatte ihr eigenes Haus; und eine Schwester, die ganz für sich hin lebte, Names Maria, hatte auch ihre abgesonderte Wohnung. Magdalena lebte in Magdalum auf dem Schlosse. Lazarus ist schon lange mit der Heiligen Familie bekannt. Er hatte schon früher Joseph und Maria bei ihren vielen Almosen unterstützt und von Anfang bis zuletzt sehr viel für die Gemeinde getan der ganze Säckel, den Judas führte all die ersten Einrichtungen der Gemeinde sind aus seinem Vermögen hervorgegangen.

Von Bethanien aus ging Jesus auch in den Tempel nach Jerusalem.

2. Die Familie des Lazarus

Der Vater des Lazarus hieß Zarah oder Zerah und war von sehr vornehmer Herkunft aus Ägypten. Er hatte in Syrien an der Grenze gegen Arabien gewohnt und war in Verhältnissen zu einem syrischen König gestanden. Wegen seiner Verdienste in einem Krieg wurde er von dem römischen Kaiser mit Gütern bei Jerusalem und in Galiläa begabt. Er war wie ein Fürst und sehr reich und erlangte durch seine Frau, eine Jüdin aus pharisäischem Geschlecht, Namens Jezabel, noch größeren Reichtum. Er wurde ein Jude, war fromm und streng nach der Pharisäer Art. Es gehörte ihm auch ein Stadtteil am Berg Sion an der Seite hin, wo der Bach durch die Schlucht neben dem Tempelberg fließt. Er hatte aber von diesem Besitz das meiste zum Tempel vermacht; doch war noch eine alte Gerechtigkeit der Familie verblieben. Es war da, wo die Apostel zum Zönakulum hinaufgingen, das aber nicht mehr dazu gehörte. Das Schloss in Bethanien war sehr groß, mit vielen Gärten, Terrassen, Brunnen und war zweifach mit Gärten umgeben. Die Familie wusste von Hannas und Simeons Phrophezeiung. Sie war Messias erwartend, hatte schon in Jesu Jugend Bekanntschaft mit der Heiligen Familie, wie oft vornehme fromme Leute auch mit geringen frommen Leuten Verkehr haben.

Die Eltern des Lazarus hatten im Ganzen fünfzehn Kinder, von welchen sechs früh starben, neun älter wurden und nur vier Christi Lehrzeit erlebten. Diese vier waren: Lazarus, Martha um zwei Jahre jünger, Maria eine für schwachsinnig Gehaltene zwei Jahre nach Martha, dann Maria Magdalena fünf Jahre nach dieser Schwachsinnigen. Diese letzte ist in der Schrift nicht genannt und nicht gerechnet, aber doch vor Gott. Sie wurde in der Familie immer bei Seite geschoben und ist ganz unbekannt.

Magdalena, das jüngste Kind, war sehr schön und schon in frühen Jahren groß und voll wie ein erwachsenes Mädchen. Sie war voll Gaukelei und allerlei Streichen. Als sie sieben Jahre alt war, starben ihre Eltern. Sie mochte diese von Jugend auf ihres strengen Fastens halber nicht leiden. Schon als Kind war sie unaussprechlich eitel, naschhaft, stolz, weichlich und eigensinnig. Sie war nie getreu und hing an dem, was ihr gerade am meisten schmeichelte. Dabei war sie verschwenderisch und wohltätig aus sinnlichem Mitleid, sehr gutmütig und hingebend zu allem Glänzenden und Äußerlichen. Ihre Mutter hatte etwas Teil an ihrer Verziehung und jenes weichliche Mitleid hatte sie von ihr.

Die Mutter und ihre Amme verwöhnten Magdalena, sie schoben sie überall vor und ließen ihre Gaukeleien und Artigkeiten bewundern saßen viel mit ihr am Fenster im Schmuck. Das Fenstersitzen war die erste Quelle ihres Verderbens. Ich sah sie am Fenster und auf Terrassen im Haus auf einem glänzenden Sitz von Teppichen und Kissen. Da konnte man sie von der Straße aus in ihrer Pracht sehen. Sie entwendete auch Näschereien, um sie in den Gärten des Schlosses andern Kindern zu bringen. Schon in ihrem neunten Jahr fing sie Liebschaften an.

Mit ihren wachsenden Talenten und Eigenschaften wuchs auch der Lärm und die Bewunderung um sie. Sie hatte sehr viele Gesellschaften, war auch gelehrt und schrieb Sprüche von Liebessachen auf kleine Rollen von Pergament und ich sah, dass sie dabei an den Fingern zählte. Sie schickte diese herum und wechselte sie mit ihren Liebhabern und war überaus berühmt und bewundert.

Ich habe aber nie gesehen, dass sie wirklich liebte und geliebt wurde. Es war alles Eitelkeit, Weichlichkeit, Selbstanbetung und Trotz auf ihre Schönheit. Ich sah sie als ein Ärgernis ihrer Geschwister, welche sie wegen ihres einfacheren Lebens verachtete und sich ihrer schämte.

Als sich die Kinder in die elterlichen Güter teilten, fiel ihr das Schloss in Magdalum durch's Los zu. Es war ein sehr schönes Schloss. Als Kind war Magdalena oft mit der Familie dahin gekommen und hatte immer eine besondere Vorliebe für diesen Ort. Sie war etwa elf Jahre alt, als sie mit vieler Pracht und einer ganzen Haushaltung von Mägden und Dienern dahin zog.

Magdalum war ein befestigter Ort, der aus mehreren Schlössern, öffentlichen Gebäuden, großen Plätzen mit Alleen und Gärten bestand. Es lag acht Stunden von Nazareth gegen Morgen, etwa drei von Kapharnaum und ein und eine halbe von Bethsaida gegen Mittag, etwa eine Meile von dem See Genesareth auf der Höhe und auch noch in das Tal hinabgebaut welches sich gegen den See hin erstreckt und in den Weg und die Seeufer ausläuft. Eines der Schlösser gehörte dem Herodes, der noch ein größeres in der fruchtbaren Landschaft Genesareth besaß. Es lagen auch Soldaten des Herodes in Magdalum, welche zum Verderbnis der Sitten beitrugen. Die Offiziere hatten Verkehr mit Magdalena. Im ganzen waren außer den Soldaten ein paar hundert Menschen in Magdalum, meistens Beamte und Aufseher der Gebäude und Dienerschaft. Eine Synagoge war hier nicht. Die Leute gingen nach der von Bethsaida.

Das Schloss Magdalenas war prächtiger und höher als die anderen. Man konnte von seinem Dach die Fläche des galiläischen Sees und die jenseitigen Ufer übersehen. Nach Magdalum führten fünf Wege und auf jedem derselben stand in der Entfernung einer halben Stunde von dem befestigten Ort ein Turm über einem Bogen, wie ein Wachturm, um in die Ferne zu schauen. Diese Türme hatten keine Verbindung untereinander die Gegend, die sie umschlossen, war mit Gärten, Feldern und Weiden angefüllt. Magdalena hatte Knechte und Mägde, Felder und Herden. Es war aber eine verwirrte Wirtschaft und alles geriet in Verfall.

Durch die wilde Talschlucht, an deren Anfang Magdalum auf der Höhe lag, floss ein Flüsschen nach dem See und es hielt sich viel Wild darin auf, das aus den drei Wüsten, welche mit dem Tal in Verbindung standen, sich dahin zog. Herodes pflegte hier zu jagen. Er hatte auch bei seinem Schloss in der Landschaft Genesareth einen Tiergarten.

Die Landschaft Genesareth beginnt zwischen Tiberias und Tarichäa, etwa vier Stunden von Kapharnaum zieht sich vom See drei Stunden ins Land und südlich um Tarichäa herum bis zum Ausfluss des Jordan. Das reizende Tal mit dem künstlich durch einen Bach gebildeten Badesee bei Bethulien hängt damit zusammen und andere Quellen fließen durch die Landschaft in den See. Dieser Bach bildet mehrere künstliche Wasserfälle und Luftteiche in der schönen Landschaft, welche aus einer zusammenhängenden Reihe von Gärten, Lusthäusern, Schlössern, Tiergärten, Alleen, Obst- und Weinpflanzungen besteht und das ganze Jahr über voll Blüten und jeder Art von Früchten ist. Die Reichen des Landes und besonders von Jerusalem haben hier Wohnungen und Gärten. Alles ist angebaut und mit Anlagen, Laubfängen, grünen Labyrinthen und mit Wegen umwundenen pyramidalisch gestalteten Hügeln geschmückt. Es sind keine größeren Orte in der Landschaft. Die ansässigen Bewohner sind meist Gärtner und Hüter der Güter, auch Hirten von Herden ganz feiner Schafe und Ziegen. Sie halten auch allerlei andere seltene Tiere und Vögel. Es geht keine Landstraße durch die Gegend, aber zwei Straßen vom See und vom Jordan her schließen sie ein.

3. Jesus in Hebron, Dothaim und Nazareth

Als Jesus nach Hebron kam, ließ Er in Hebron seine Gefährten zurück und sagte, Er wolle noch einen Freund besuchen. Zacharias und Elisabeth lebten nicht mehr. Jesus zog zu der Wüste, wohin Elisabeth den Knaben Johannes gebracht hatte. Sie lag südlich zwischen Hebron und dem toten Meer. Erst ging man über einen hohen Berg mit weißen Steinen und kam dann in ein liebliches Tal mit Palmbäumen. Dorthin ging Jesus. Er war in der Höhle, in welche Johannes zuerst von Elisabeth gebracht wurde ist dann über einen kleinen Fluss gegangen, über den Johannes auch gebracht worden. Ich sah Ihn einsam und betend, als bereitete Er sich zu seinem Lehramt. Aus der Wüste ging Er wieder nach Hebron zurück. Überall legte Er helfend Hand an. So half Er am Toten Meer Leuten, die auf einem Rost von Balken fuhren. Man spannte auch wohl ein Zeltdach darüber. Es waren Menschen, Vieh und Gepäck darauf. Jesus rief ihnen zu und schob ihnen einen Balken vom Ufer an ihr Fahrzeug. Er half ihnen beim Landen heraus und stand ihnen beim Ausbessern des Fahrzeuges bei. Die Leute konnten nicht begreifen, wer Er sei, denn ohne durch seine Kleidung ausgezeichnet zu sein, war sein Wesen doch so wunderbar anmutig und würdevoll, dass die Leute sehr gerührt wurden. Anfangs glaubten sie, Er sei Johannes der Täufer, der schon am Jordan erschienen war. Aber sie sahen bald, dass Er es nicht war, denn Johannes war brauner und rauer von Gestalt.

Zu Hebron hielt Jesus den Sabbat und entließ dort seine Reisegefährten. Er ging in die Häuser zu Kranken, tröstete sie, tat ihnen Handreichung, hob, trug, bettete sie. Aber ich sah Ihn nicht heilen. Seine Erscheinung war allen wohltätig und wunderbar. Er ging zu Besessenen, sie wurden ruhig in seiner Nähe, doch trieb Er keine Teufel aus. Wo Er ging und wandelte, half Er überall, wo Hilfe nötig war. Er hob die Gefallenen auf, Er labte die Durstigen und leitete die Wanderer über Stege und Bäche alle staunten den liebevollen Reisenden an. Von Hebron kam Er an den Ausfluss des Jordan ins Tote Meer. Er schiffte über und zog an der Morgenseite des Flusses nach Galiläa hinauf. Ich sah Ihn zwischen Pella und der Gegend von Gergesa hinwandeln. Er machte kleine Reisen und half überall. Er ging zu allen Kranken, selbst zu den Aussätzigen, tröstete, hob und bettete sie, ermahnte sie zum Gebet, wies ihnen Pflege und Heilmittel an und wurde von allen bewundert. An einem Ort wussten Leute von der Prophezeiung Simeons und Hannas und fragten Ihn, ob Er dieser sei? Es begleiten Ihn gewöhnlich Leute aus Liebe von einem Ort zum andern. Die Besessenen wurden in seiner Nähe ruhig.

Er war auch an dem reissenden Flüsschen Hieromar, welches unter dem galiläischen Meer, nicht weit von jenem steilen Berg, von welchem Er später die Schweine ins Meer stürzte, in den Jordan fließt. An dem Fluss stand eine Reihe von kleinen Erdhütten, wie Hirtenhäuschen, worin sich Leute befanden, welche am Ufer Schiffe zimmerten diese Leute konnten sich nicht recht helfen. Jesus kam zu ihnen, half ihnen freundlich ich sah, dass Er Balken heranschleppte und an ihrer Arbeit mit Hand anlegte und ihnen allerlei Vorteile zeigte wie Er unter der Arbeit sie zur Liebe und Geduld ermahnte.

Danach sah ich Jesus in Dothaim einem nordöstlich von Sephoris zerstreut liegenden Ör:tchen. Es war eine Synagoge dort. Die Leute waren sehr vernachlässigt, doch nicht böse. Abraham hatte dort Weiden für sein Opfervieh. Auch hüteten Joseph und seine Brüder dort herum Joseph ist in der Gegend verkauft worden. Dothaim war jetzt ein wenig bewohnter Ort, aber guter Boden und viele Weiden zogen sich flach bis zum galiläischen Meer hin. Es war hier ein großes Haus wie ein Irrenhaus, worin viele Besessene wohnten, sie waren ganz rasend und schlugen sich fast tot, als Jesus kam. Die Leute konnten sie gar nicht bändigen. Jesus ging zu ihnen hinein und sprach mit ihnen. Da wurden sie ganz ruhig. Er ermahnte sie und sie gingen aus dem Haus ruhig in ihre Heimat. Die Einwohner waren hierüber sehr erstaunt, sie wollten Jesus nicht wieder weglassen man lud Ihn zu einer Hochzeit ein. Er war bei dem Fest nicht anders als ein geehrter Fremder. Er redete freundlich und weise und ermahnte die Brautleute. Diese sind nachher bei der Erscheinung auf Thebez zu den Jüngern gekommen.

Als Jesus wieder nach Nazareth zurückkam, suchte Er die Bekannten seiner Eltern im Ort herum heim, wurde aber überall sehr kalt empfangen. Als Er in die Synagoge zu lehren gehen wollte, wiesen sie Ihn ab. Er sprach aber auf offenem Markt vor vielen Menschen, vor Sadduzäern und Pharisäern von dem Messias, er werde anders sein, als sich jeder nach seinem Gelüsten ihn vorstelle. Johannes den Täufer nannte Er die Stimme in der Wüste. Es waren Ihm aus der Gegend von Hebron zwei Jünglinge in langen Kleidern mit Gürteln wie Priester hierher gefolgt. Sie gingen aber nicht immer mit Ihm. Er hielt hier den Sabbat.

Darauf sah ich Jesus und Maria, Maria Cleophä und auch die Eltern des Parmenas, überhaupt etwa zwanzig Menschen, Nazareth verlassen und wieder gegen Kapharnaum ziehen. Sie hatten Esel mit Gepäck bei sich. Das Haus in Nazareth blieb gereinigt und geschmückt. Es war so ausgeräumt und mit Decken inwendig geordnet, dass es mir den Eindruck einer Kirche machte. Es blieb leer stehen. Der dritte Mann von Maria Cleophä, der in Annas Haus wirtschaftet und auch ihre Söhne haben Sorge für das Haus. Maria Cleophä mit ihren jüngsten Söhnen Joses Barsabas und Simon wohnte nun ganz nahe bei dem Häuschen, das Levi bei Kapharnaum dem Herrn eingeräumt und die Eltern des Parmenas wohnten auch nicht ferne.

Jesus wanderte von da wieder von Ort zu Ort und erschien besonders dort, wo auch Johannes, da er aus der Wüste kam, gewesen war. Er ging in die Synagogen und lehrte, Er tröstete und half bei Kranken. Da Er in der Synagoge eines kleinen Orts von der Taufe des Johannes, von der Nähe des Messias und von der Buße lehrte, murrten die Leute Ihn verachtend ich hörte einige sagen: «Vor drei Monden lebte sein Vater, der Zimmermann, noch. Da arbeitete Er noch mit ihm. Jetzt ist Er ein wenig in die Fremde gelaufen kommt gleich wieder, uns seine Weisheit zu lehren.»

Er war auch in Kana, wo Er Verwandte hatte, die Er besuchte wo Er auch gelehrt hat. Er ist noch nicht mit irgend einem nachmaligen Jünger. Es ist, als lerne Er erst die Menschen kennen und baue weiter auf dem, was Johannes in ihnen erregt.

Von einem Ort zum andern begleitet Ihn manchmal ein guter Mensch.

Einmal sah ich vier Männer, worunter nachmalige Jünger, in der Gegend zwischen Samaria und Nazareth an der Landstraße an einem Schattenplatz auf Jesus warten, der mit einem Begleiter herangewandelt kam. Sie gingen dem Herrn entgegen und erzählten Ihm, dass sie von Johannes getauft seien wie er von der Nähe des Messias spreche. Sie erzählten auch, wie er mit den Soldaten so derb geredet und nur einige davon getauft habe. Er habe ihnen unter anderem gesagt, er könne ebenso gut Steine aus dem Jordan nehmen und sie taufen. Sie wandelten mit Jesus weiter.

Danach zog Jesus am galiläischen Meer hinauf gegen Mitternacht. Er sprach schon deutlicher vom Messias die Besessenen schrien an manchen Orten hinter Ihm her. Er trieb auch den Teufel aus einem Mann und lehrte in den Schulen.

Es begegneten Ihm sechs Männer, die von des Johannes Taufe kamen. Darunter war Levi, nachher Matthäus genannt zwei Söhne von Witwen aus Elisabeths Verwandtschaft. Sie kannten Jesus durch Verwandtschaft und vom Hörensagen, ahnten auch wohl, Er könnte derjenige sein, von dem Johannes gesprochen. Aber sie waren sich nicht gewiss. Sie erzählten von Johannes, auch von Lazarus, dessen Schwestern und von Magdalena, die wohl auch einen Teufel haben müsse. Sie wohnte schon auf Schloss Magdalum. Diese Männer zogen mit Jesus, dessen Reden sie bewunderten.

Die Täuflinge, welche aus Galiläa zu Johannes kamen, erzählten diesem immer, was sie von Jesus wussten und gehört hatten. Und welche von Ainon, dem Taufort des Johannes, zu Jesus kamen, erzählten Ihm von Johannes.

Jesus ging ohne Begleiter am See in eine durch einen Zaun abgeschlossene FischersteIle, wo fünf Schiffe lagen. Am Ufer waren mehrere Hütten, worin sich Fischer aufhielten. Petrus war der Besitzer dieser Fischerei. Er war mit Andreas in den Hütten. Johannes und Jakobus und ihr Vater Zebedäus und mehrere andere waren auf den Schiffen. Im mittelsten Schiff war der Vater von Petri Frau und drei Söhne desselben. Ich habe alle die Namen gewusst, aber wieder vergessen. Der Vater hatte auch den Namen Zelotes, weil er einmal mit den Römern einen Streit über eine Schifffahrtsgerechtigkeit auf dem See gehabt und durchgeführt hatte. Und daher hatte er den Namen erhalten. Es waren etwa dreißig Menschen auf den Schiffen.

Jesus ging zwischen den Hütten und den Schiffen den abgezäunten Uferweg und sprach mit Andreas und andern. Ich weiß nicht, ob auch mit Petrus. Sie kannten Ihn aber noch nicht. Er sprach von Johannes und von der Nähe des Messias. Andreas war schon getauft und ein Jünger des Johannes. Jesus sagte ihnen auch, Er werde wieder zu ihnen kommen.

4. Jesus zieht über den Libanon nach Sidon und Sarepta

Jesus wendete sich vom See und ging dann weiter gegen den Libanon hinauf und zwar hauptsächlich wegen des vielen Geredes im ganzen Land und der mancherlei Bewegungen. Viele hielten den Johannes für den Messias, andere sprachen von einem andern, auf den Johannes hinweise.

Es begleiteten Jesus etwa sechs bis zwölf, welche sich unterwegs mehrten und minderten. Sie freuten sich an seiner Belehrung und hatten abwechselnd die Ahnung, Er müsse Der sein, auf welchen Johannes deute. Jesus schloss sich keinem besonders an. Er war eigentlich einsam, aber Er säte und bereitete vor. In allen seinen Wegen war mancherlei Bezug und Erfüllung von Wegen und Taten der Propheten, besonders des Elias.

Jesus zog mit seinen Begleitern über eine Höhe des Libanon gegen die große Stadt Sidon am Meere hin. Es war von der Höhe ein unbeschreiblich schöner Anblick. Die Stadt schien ganz dicht am Meer zu liegen. Wenn man aber in der Stadt selbst war, lag sie wohl noch dreiviertel Stunden vom Meer. Sie war sehr groß und voll Getümmel wenn man von der Höhe hinab sah, war es, als sähe man auf eine unzählige Menge von Schiffen. Denn auf all den vielen platten Dächern stand ein Wald von hohen Stangen und Gerüsten mit langen Bahnen von rotem und anderem farbigen und ungefärbten Tuch bespannt und behängt dazwischen sah man ein Gewimmel von arbeitenden Menschen. Zwischen den Häusern sah ich allerlei blinkende Gefäße bereiten. Die Gegend umher war voll kleiner sehr fruchtbarer Orte. Alles hing voll Früchte. Es standen vor und in den Orten viele große Bäume, um welche Sitze herum liefen, andere, auf welche Treppen führten, so dass in den Zweigen ganze Gesellschaften, wie in Lufthäusern, sitzen konnten. Die Ebene, in der die Stadt zwischen dem Berg und dem Meer liegt, ist nicht sehr breit.

Es waren Heiden und Juden in der Stadt, die Handel miteinander trieben. Es war viel Abgötterei dort. Der Herr lehrte und predigte unterwegs in den kleinen Orten unter den großen Bäumen und sprach von Johannes und seiner Taufe und von Buße.

In der Stadt wurde Jesus gut aufgenommen. Er ist schon einmal dort gewesen. Er sprach in der Schule von der Nähe des Messias und der Verwerfung der Götzenbilder. Die Königin Jezabel, die den Elias so verfolgte, ist aus dieser Stadt gewesen.

Jesus ließ seine Begleiter in Sidon zurück und ging in einen mehr mittäglich und vom Meer abgelegenen Ort. Er will sich dort etwas zum Gebet absondern. Es ist der Ort auf der einen Seite ganz von Wald umgeben, hat dicke Mauern und es liegen Weinhügel umher. Es ist Sarepta, wo Elias von der Witwe gespeist worden. Die Juden hatten nachher einen Aberglauben und auch die Heiden. Sie ließen in den Mauern um die Stadt immer fromme Witwen wohnen und meinten, sie seien dann gänzlich von allen Gefahren bewahrt und könnten auch in der Stadt alle Untugend sicher treiben. Jetzt wohnten alte Männer dort.

Jesus wohnte in dem Haus in der Mauer, wo die Witwe gewohnt, bei einem alten Mann. Es sind diese alten Leute eine Art Einsiedler, welche dort aus einer alten Gewohnheit und Verehrung des Elias leben und sich mit der Betrachtung und Auslegung der Prophezeiungen und mit Gebet um den Messias beschäftigen. Jesus lehrte sie vom Messias und von der Taufe des Johannes. Sie sind fromm, haben aber doch viele verkehrte Ideen, z.B. der Messias müsse mit weltlicher Herrlichkeit kommen. Jesus geht oft in den Wald bei Sarepta und betet allein. Er lehrt in der Synagoge und beschäftigt sich auch, die Kinder zu unterrichten. Auch in den Orten umher, wo viele Heiden waren, ermahnte Er die Leute, sich nicht mit den Heiden zu vermischen. Es waren teils gute Leute hier, teils sehr schlechte. Er ist ohne andere Begleiter, als dann und wann mit Leuten aus der dortigen Gegend. Ich sehe Ihn vor Männern und Frauen im Freien oft auf kleinen Hügeln und unter Bäumen lehren.

Die Jahreszeit ist hier so, dass ich immer meine, wir seien im Mai, weil im Gelobten Land die Saat zur zweiten Ernte jetzt so steht, wie bei uns im Mai. Das Getreide wird hier nicht so kurz am Boden abgeschnitten. Sie fassen es oben unter den Ähren mit der Hand und schneiden es etwa eine Elle lang ab. Sie dreschen nicht. Es stehen die kleinen Garben aufrecht es wird eine Walze zwischen zwei Ochsen darüber gezogen. Es ist das Getreide viel trockener als hier und fällt sehr leicht aus. Es geschieht dies unter freiem Himmel oder auch unter einer rings offenen, nur mit einem Strohdach versehenen Scheune.

Von Sarepta ging Jesus nordöstlich nach einem Ort, der nicht weit von dem Schlachtfeld lag, auf welches im Geiste entrückt Ezechiel das Gesicht hatte, dass die Totengebeine auf einem großen Feld sich ordneten, Adern und Fleisch gewannen wie ein Wehen kam und ihnen Geist und Leben einblies. Ich erhielt die Erklärung, das Sichsammeln und mit Fleisch bekleiden der Gebeine sei durch die Taufe und Lehre Johannes erfüllt, der eingehauchte Geist aber und das Leben erfülle sich durch Jesu Erlösung und die Sendung des Heiligen Geistes. Jesus tröstete die Leute hier, die sehr verkommen und niedergeschlagen waren erklärte ihnen auch das Gesicht Ezechiels.

Dann wandte Er sich noch weiter nördlich bis in die Gegend, wohin Johannes, aus der Wüste gehend, zuerst gekommen war. Es war ein kleiner Hirtenort, in dem Noemi mit ihrer Tochter Ruth sich einmal längere Zeit aufgehalten hatte. Sie hatte ein so gutes Lob, dass unter den Leuten noch von ihr die Rede war. Nachher lebte sie bei Bethlehem. Der Herr lehrte hier sehr eifrig. Es naht sich die Zeit, dass Er mittäglich zieht und dann zu seiner Taufe durch Samarien. Jakob hatte auch Felder hier oben. Durch den Hirtenort läuft ein Flüsschen, hinter welchem sehr hoch oben der Wüstenbrunnen des Johannes lag. Bei diesem Brunnen fiel der Weg sehr steil ab zum Schlachtfeld des Ezechiel. Es ging so tief hinab, wie da, wo Adam und Eva aus dem Paradies hinunter getrieben wurden. Die Bäume wurden auf ihrem Weg immer kleiner und krüppelhafter. Dann kamen sie ins Gebüsch und alles um sie ward wüst und verunstaltet. Das Paradies ward so hoch wie die Sonne und ging unter, wie hinter einem Berg, der aufzusteigen schien.

Der Heiland zieht auf demselben Weg, den auch Elias gewandelt, da er vom Bach Karith nach Sarepta gegangen. Er ist wieder auf dem Rückweg vom Hirtenort nach Sarepta. Er lehrt hie und da auf seinem Weg und geht an Sidon vorüber. Von Sarepta wird Er nun bald mittäglich zur Taufe ziehen. In Sarepta hält Er noch den Sabbat.

Nach dem Sabbat wandelte Jesus auf dem Weg gegen Nazareth zu. Er lehrte hie und da, ward manchmal begleitet und ging wieder allein und ganz barfuß. Er hatte seine Sohlen bei sich, die Er anlegte, wenn Er in einen Ort kam. Er war in den Tälern gegen den Berg Karmel zu und einmal dem Weg ganz nahe, der aus dieser Gegend nach Ägypten führte, hat sich aber dann gegen Morgen abgewendet.

Die Mutter Gottes, Maria Cleophä, die Mutter des Parmenas und noch zwei Frauen sind auch gegen Nazareth unterwegs und von Jerusalem die Seraphia (Veronika), Johanna Chusa und der Sohn von Veronika, der nachmals zu den Jüngern kam. Sie gehen zu Maria. Sie sind mit ihr bekannt von den jährlichen Reisen nach Jerusalem.

Es sind drei Orte, wo die frommen Familien und Maria und Joseph im Jahre ihre Andacht verrichten: zu Jerusalem im Tempel, in Bethlehem bei dem Terebinthen-Baum und auf dem Berg Karmel. Die Familie Annas und andere fromme Leute gingen dorthin gewöhnlich im Mai, wenn sie von Jerusalem zurückkamen. Es war dort ein Brunnen und eine Höhle von Elias, die wie eine Kapelle war. Es kamen immer zu unbestimmten Zeiten andächtige Juden hierher, welche nach dem Messias flehten. Es waren auch einsiedelnde Juden und später Christen hier.

An der Abendseite des Berges Tabor lehrte Jesus in der Schule eines Städtchens von der Taufe des Johannes. Es waren fünf Begleiter um Ihn, unter diesen nachmalige Jünger. Das Synedrium von Jerusalem sandte Briefe mit Boten nach allen Hauptorten vom Gelobten Land, wo Judenschulen und Vorsteher waren zeigte an, acht zu haben auf einen, von dem der Täufer gesagt, er sei Der, der da kommen solle er werde zu seiner Taufe kommen. Sie sollten achten auf einen solchen Menschen und von seinem Wesen berichten. Denn wenn er der Messias sei, so brauche er des Johannes Taufe nicht. Sie waren nämlich sehr verdrossen, da sie gehört, es sei derselbe, der als Knabe im Tempel gelehrt. Diese Boten gingen auch nach einer Stadt, die vom Weg bei Hebron vier Stunden ab am Meer in der Gegend lag, wo die Kundschafter von Aaron und Moses die großen Trauben fanden. Die Stadt hieß Gaza. Es war hier eine sehr lange Reihe von Zelten bis zum Meer hin errichtet, worunter viel Zeug und Seide zum Verkauf waren.

Jesus von fünf Jüngern begleitet lehrte hie und da bis in die Gegend vom Brunnen Jakobs und hielt dort umher den Sabbat. Als Er mit seinen Begleitern gegen Nazareth zurückkam, ging die heilige Jungfrau Ihm entgegen. Da sie aber sah, dass Er Begleiter bei sich habe, blieb sie entfernt und kehrte in den Ort zurück, ohne Ihn zu begrüßen. Ich bewunderte ihre Entsagung. Jesus lehrte hier in der Schule. Die heiligen Frauen waren dabei zugegen.

Als Er tags darauf mit den fünf Jüngern und etwa zwanzig seiner Jugendgenossen aus Nazareth vor vielem Volk in der Synagoge lehrte, waren die heiligen Frauen nicht zugegen. Die Zuhörer murrten und flüsterten, Er wolle jetzt vielleicht des Johannes verlassenen Taufort einnehmen und dort taufend sich auch für dergleichen ausgeben. Es sei aber anders mit ihm beschaffen. Johannes sei in der Wüste gewesen, ihn aber kennten sie wohl. Er solle sie nicht anführen.

5. Jesus in Bethsaida und Kapharnaum

Jesus verließ Nazareth, um gegen Bethsaida zu gehen, wo er noch einige durch seine Lehre erwecken wollte. Die heiligen Frauen und andere Begleiter Jesu blieben noch in Nazareth. Jesus war im Haus seiner Mutter, wo auch die anderen Freunde versammelt waren erklärte, weil Unfriede und Murren in Nazareth über ihn entstanden sei, so wolle er nach Bethsaida gehen und wieder zurückkehren. Es waren der Sohn Veronikas, Amador, ein Sohn von einer der drei mit Jesus verwandten Witwen, sein Name klang wie Sirach und ein Verwandter des Petrus, ein nachmals bekannter Jünger, bei ihm.

Zu Bethsaida lehrte Jesus am Sabbat in der Synagoge sehr kräftig. Er sagte, sie sollten die Erkenntnis nun annehmen, zur Taufe des Johannes gehen und sich durch Buße reinigen. Es werde sonst eine Zeit kommen, wo sie Wehe schreien würden. Es waren viele Leute in der Synagoge, aber keiner der nachmaligen Apostel, außer, wie ich glaube, Philippus. Die andern Apostel aus Bethsaida und der Gegend waren anderswo zum Sabbat. Sie hielten sich in einem Haus bei der FischersteIle in der Nähe von Kapharnaum auf. Ich hatte bei der Lehre Jesu in Bethsaida gebetet, dass die Leute doch zu der Taufe des Johannes gehen und sich recht bekehren möchten. Darauf hatte ich ein Bild, als sei Johannes der Vorbereiter, der das Rohe, Grobe von den Leuten abwasche. Ich sah ihn so stark und emsig, so hart und derb darauf zu arbeiten wie ihm das Fell bald von der einen, bald von der andern Schulter abfiel. Es muss dies nur ein Sinnbild gewesen sein. Denn ich sah es von einzelnen Täuflingen wie Schuppen abfallen, von andern wie schwarze Dampfwolken wegziehen und auf viele lichte, glänzende Wolken niedersinken.

Auch in Kapharnaum lehrte Jesus in der Schule. Von allen Seiten kamen Scharen Volkes herbei; auch Petrus, Andreas und viele andere, welche schon von Johannes getauft sind.

Als Jesus Kapharnaum verließ, sah ich ihn zwei Stunden südlich davon vor vielen Leuten lehren. Es waren nur die drei Jünger bei ihm. Die nachmaligen Apostel, die ihn in Kapharnaum gehört, waren, ohne dass er einzeln mit einem gesprochen hätte, wieder zum See zurückgekehrt. Er lehrte auch hier von der Taufe des Johannes und der erfüllten Verheißung. Dann zog er, hie und da lehrend, südlich durch Niedergaliläa in der Richtung von Samaria hielt den Sabbat in einer Schule zwischen Nazareth und Sephoris. Es waren die heiligen Frauen von Nazareth zugegen, auch die Frau Petri und die Frauen einiger anderer von den nachmaligen Aposteln.

Der Ort bestand nur aus einigen Häusern und einer Schule lag durch ein Feld von dem ehemaligen Haus Annas getrennt. Von den nachmaligen Aposteln waren Petrus, Andreas, Jakobus der Kleinere, Philippus, sämtliche Johannesjünger, gekommen, ihn zu hören. Philippus war auch von Bethsaida. Er war ziemlich fein und hatte auch mit Schreiberei zu tun. Jesus hielt sich hier nicht auf. Er nahm keine Mahlzeit, er lehrte nur. Die Apostel hatten wahrscheinlich den Sabbat in der Nähe gefeiert. Die Juden besuchen öfters andere Orte zum Sabbat sind dann von Jesu Anwesenheit hörend über diesen Ort gezogen. Jesus sprach noch nicht insbesondere mit ihnen.

6. Jesus in Sephoris, Bethusia, Kedes und Jezrael

Von da ging Jesus mit den drei Jüngern über einen Berg nach Sephoris vier Stunden von Nazareth. Er kehrte bei seiner Großtante, Annas jüngster Schwester, Maraha ein. Sie hatte eine Tochter und zwei Söhne, die lange weiße Kleider trugen. Sie hießen Arastaria und Cocharia und sind später zu den Jüngern gekommen.

Die heilige Jungfrau, Maria Cleophä und andere Frauen sind auch hierher gewandelt. Jesus wurden die Füße gewaschen. Es war auch eine Mahlzeit. Er schlief im Haus Marahas, dem ehemaligen Wohnhaus von Annas Eltern. Sephoris ist eine große Stadt. Es sind drei Gemeinden dort, Pharisäer, Sadduzäer und Essener und drei Schulen. Diese Stadt hat oft im Kriege viel gelitten. Heutzutage ist fast nichts mehr davon übrig.

Jesus blieb einige Tage hier, um zu lehren und zur Taufe des Johannes aufzufordern. Er lehrte an demselben Tag in zwei Synagogen, in einer höheren größeren und in einer kleineren. In der größeren waren die Pharisäer. Sie waren unwillig und murrten wider Jesus. Die Frauen waren bei dieser Lehre zugegen. In der kleineren Synagoge der Essener war kein Platz für Frauen. Hier wurde er freundlich behandelt.

Als Jesus in der Schule der Sadduzäer lehrte, geschah eine wunderliche Sache. Es waren in Sephoris sehr viele dämonische Leute, Schwachsinnige, Wahnsinnige und Besessene. Sie wurden in einer Schule neben der Synagoge unterrichtet wenn in der Synagoge Lehre und Gebet der vernünftigen Leute war, mussten auch sie hinein. Sie standen hinter den andern in einer eigenen Halle und mussten der Lehre zuhören. Es standen aber Zuchtmeister zwischen ihnen mit Geißeln, deren jeder mehrere oder wenigere unter sich hatte, je nachdem sie mehr oder weniger bösartig waren. Ich sah diese, ehe Jesus in die Schule kam, während der Lehre der Sadduzäer die Gesichter verzerren und Konvulsionen (Krämpfe) bekommen und sah, dass die Zuchtmeister sie dann mit Geißelhieben wieder zur Ruhe brachten. Als Jesus kam, waren sie anfangs ganz ruhig. Nach einer Weile aber fing hie und da einer an zu sprechen: «Das ist Jesus von Nazareth, in Bethlehem geboren, von Weisen aus Morgenland besucht, bei Maraha ist seine Mutter. Er fängt eine neue Lehre an, das muss man nicht leiden.» So schrien diese schwachsinnigen Menschen das ganze Leben Jesu aus was bis jetzt mit ihm geschehen war. Bald fing dieser, bald jener an. Die Geißelhiebe der Zuchtmeister halfen nichts. Es schrien bald alle zusammen und die Störung ward allgemein. Da sagte Jesus, man solle sie zu ihm vor die Synagoge führen sendete zwei Jünger in die Stadt, alle solche Leute, welche noch drinnen waren, herbeizubringen bald war eine große Menge, wohl an fünfzig solcher Leute um ihn und um diese her wieder eine große Menge Volkes. Die Schwachsinnigen fuhren aber immer mit ihrem Geschrei fort. Da sagte Jesus: «Der Geist, der dieses aus euch spricht, ist von unten und soll wieder nach unten fahren» in demselben Augenblick wurden sie alle ruhig und geheilt ich sah mehrere an die Erde stürzen.

Es brach aber ein großer Aufruhr über diese Genesung in der Stadt aus. Jesus und die seinigen waren in großer Gefahr. Der Aufruhr wurde so groß, dass der Herr in ein Haus entwich und in der Nacht die Stadt verließ, auch seine drei Jünger und Cocharia und Arastaria, die Söhne von Annas Schwester die heiligen Frauen begaben sich aus der Stadt. Die Mutter Jesu war in großer Betrübnis und Angst, weil sie ihn hier zum ersten Mal gewaltsam verfolgt sah. Sie hatten sich vor der Stadt unter Bäumen einen Sammelplatz bestimmt und zogen von da nach Bethulia.

Die meisten der hier von Jesus Geheilten gingen zur Taufe des Johannes sie waren es hauptsächlich, welche hier später Jesus anhingen.

Bethulia ist die Stadt, bei deren Belagerung Judith den Holofernes umgebracht. Sie liegt mittäglich gegen morgen von Sephoris auf einem Berg. Man kann weit umher sehen. Es ist nicht weit von da nach Magdalenas Schloss in Magdalum, welche damals recht im Wohlleben war. Auch in Bethulia ist ein Schloss und der Ort ist brunnenreich.

Jesus und seine Jünger bezogen vor Bethulia eine Herberge. Hier kamen Maria und die heiligen Frauen wieder zu ihm. Ich hörte aber, dass hier Maria zu Jesus sagte, sie bitte ihn, doch hier nicht wieder zu lehren, es sei ihr so bange, es möge nochmals ein Aufstand entstehen. Jesus erwiderte, er wisse, was er zu erfüllen habe. Maria aber sagte zu ihm: «Sollen wir jetzt nicht zu der Taufe des Johannes gehen?» Da antwortete ihr Jesus ernsthaft: «Warum sollen wir jetzt zur Taufe des Johannes gehen? Haben wir es nötig? Ich werde noch gehen und sammeln und werde es sagen, wenn es nötig ist zur Taufe zu gehen.» Maria schwieg wie zu Kana. Ich habe die heiligen Frauen aber erst nach Pfingsten am Teich Bethesda taufen sehen. Die heiligen Frauen kehrten in Bethulia ein. Jesus lehrte am Sabbat in der Synagoge. Es waren viele Leute aus der Gegend gekommen, ihn zu hören. Auch hier in Bethulia sah ich sehr viele Schwachsinnige und Besessene auf dem Weg vor der Stadt und hie und da an den Straßen, wo Jesus vorüberging, in ihren Anfällen ruhig und von denselben befreit werden und, dass die Leute hie und da sagten: «Dieser Mann muss eine Kraft wie die alten Propheten haben, dass diese Unglücklichen ruhig bei seiner Erscheinung werden.» Diese Leute fühlten, dass Er ihnen geholfen, wenn Er gleich nicht an ihnen tat sie nahten ihm in der Herberge, ihm zu danken. Er lehrte und mahnte zur Taufe des Johannes und sprach sehr streng, ganz nach Art des Johannes.

Die Leute in Bethulia hielten Jesus und die seinigen sehr wert. Sie wollten ihn nicht vor der Stadt wohnen lassen und mehrere stritten, wer ihn in seinem Haus haben sollte die, welche Jesus nicht hatten, wollten einen der fünf Jünger haben, die bei ihm waren. Diese aber blieben bei Jesus und er versprach den Leuten, mit der Herberge bei ihnen zu wechseln. Ihre große Bemühung und Liebe für Jesus war aber nicht ganz absichtslos Jesus hielt ihnen das auch in seinen Lehren in der Synagoge vor. Sie hatten eine Nebenabsicht: sie wollten sich durch das Anhalten an den neuen Propheten für ihre Stadt eine gewisse Achtung verschaffen, die sie durch Handel, Verkehr oder Vermischung mit Heiden verloren hatten. Es war also keine reine Liebe zur Wahrheit in ihnen.

Als Jesus von Bethulia wegzog, sah ich ihn in einem Tal unter Bäumen lehren. Es waren ihm nur die fünf Jünger und etwa zwanzig Leute gefolgt. Die heiligen Frauen waren schon früher voraus nach Nazareth zu. Er verließ Bethulia, weil er zu viel bedrängt wurde. Es waren sehr viele Kranke und Besessene aus der Gegend zusammen gekommen Er wollte jetzt noch nicht so öffentlich heilend auftreten. Er hatte das galiläische Meer im Rücken, da Er weiter zog. Der Ort, wo Er nun lehrte, war ein alter Lehrplatz der Essener oder Propheten, ein erhöhter Rasensitz, von kleinen Wällen zum ruhen und anhören umgeben. Es waren etwa dreißig Menschen um Jesus.

Am Abend sah ich ihn mit seinen Begleitern eine Stunde von Nazareth an dem kleinen Ort und der Synagoge ankommen, wo Er neulich war, ehe Er nach Sephoris ging. Die Leute empfingen Ihn sehr freundlich. Er ward in einem größeren Haus mit einem Hof aufgenommen. Man wusch Ihm und den Jüngern die Füße, nahm ihnen die Reisekleider ab und reinigte sie mit Ausklopfen und Streichen und bereitete ihnen ein Mahl. Jesus lehrte in der Synagoge. Die Frauen waren in Nazareth.

Tags darauf zog Jesus etwa zwei Meilen weiter nach der Levitenstadt Kedes oder Kision genannt. Es folgten Ihm wieder etwa sieben Besessene, welche noch deutlicher als die in Sephoris seine Sendung und Geschichte ausriefen. Aus der Stadt kamen Ihm alte Priester und Jünglinge mit langen, weißen Kleidern entgegen, denn es waren schon vor Ihm einige von seiner Begleitung in die Stadt gekommen.

Jesus heilte die Besessenen hier nicht sie wurden von den Priestern in ein Haus gesperrt, um keine Störung zu machen. Jesus heilte sie später nach seiner Taufe. Er wurde hier ganz gut aufgenommen und bewirtet. Da Er aber lehren wollte, fragten sie Ihn, welchen Beruf Er dazu habe, welche Sendung, da Er doch Josephs und Mariä Sohn sei? Er antwortete ausweichend, wer ihn gesendet habe wessen er sei, der werde es kund tun bei seiner Taufe. Er lehrte noch vieles hiervon und von der Taufe des Johannes auf einem Hügel mitten in dem Ort, wo wie bei Thebez auf dem Hügel ein Lehrraum bereitet war, doch nicht ganz unter freiem Himmel, sondern unter einem Zelt oder Schuppen mit Binsen gedeckt.

Von hier ging Jesus durch die Hirtengegend, wo Er nach dem zweiten Pascha einen Aussätzigen geheilt hat lehrte in verschiedenen kleinen Orten. Zum Sabbat aber kam Er mit seinen Begleitern nach Jezrael, einem durch Gärten, alte Gebäude und Türme unterbrochen, in einzelnen Gruppen liegenden Ort. Es führt eine Heerstraße durch, Königsstraße genannt. Mehrere seiner Begleiter waren vorausgegangen. Er selber ging mit etwa dreien.

In diesem Ort wohnten strengere Beobachter des jüdischen Gesetzes. Sie waren keine Essener, man nannte sie Nasiräer. Sie machten Gelübde auf kürzere und längere Zeit und lebten in mancherlei Enthaltung. Sie hatten eine große Schule und allerlei Häuser inne. Die Junggesellen lebten in einem Haus zusammen, die Jungfrauen ebenso in einem andern. Die Verheirateten taten auch auf längere Zeit Gelübde der Enthaltung die Ehemänner wohnten dann in einem Haus bei dem Junggesellenhaus, die Frauen im Jungfrauenhaus. Diese Leute waren alle in grau und weiß gekleidet. Ihr Vorsteher hatte ein langes, graues Kleid an, woran unten weiße Früchte und Quasten, einen grauen Gürtel mit weißen Buchstaben, um den einen Arm eine Binde von einem gedrehten, dicken, grau und weiß geflochtenen Zeug, so dick, wie eine gedrehte Serviette. Es hing ein kurzes Ende mit Troddeln herunter. Er hatte einen Kragen oder ein Mäntelchen um, ungefähr wie Argos, der Essener, aber es war auch grau und hinten statt vorn geöffnet. Vorne war ein blanker Schild darauf befestigt hinten war es wie genestelt oder geschnürt. Auf den Schultern hingen geschlitzte Lappen. Alle trugen eine gewulstete, schwarze glänzende Mütze. Vor der Stirn waren Worte eingedrückt, oben auf dem Kopf vereinigten sich drei Bügel in einem Knopf oder Apfel. Dieser und die Ränder der Mütze waren weiß und grau. Die Leute hatten lange, dichte, krause Haare und Bärte. Ich habe mich besonnen, wen ich unter den Aposteln ihnen doch so ähnlich kannte. Es fiel mir endlich Paulus ein, der hatte die Haare und Kleidung auf ihre Art, da er die Christen noch verfolgte. Auch nachher sah ich ihn mit Nasiräern. Er war einer von ihnen. Sie ließen ihre Haare wachsen, bis ihr Gelübde vollendet war. Dann schnitten sie sie ab und opferten sie im Feuer. Auch Tauben opferten sie. Einer konnte in das Gelübde des andern eintreten. - Jesus feiert den Sabbat mit ihnen. Jezrael ist durch ein Gebirge von Nazareth getrennt. Es ist nicht weit von hier ein Brunnen, wo Saul mit seinem Heer einmal gelegen.

Jesus lehrte am Sabbat von der Taufe des Johannes. Er sagte auch, ihre Frömmigkeit sei schön, die Übertreibung sei gefährlich, die Wege zum Heil seien verschieden und die Absonderung in der Gemeinde werde leicht zur Sekte. Man sehe mit Stolz auf die armen Brüder herab, die nicht nachkönnten und von den Stärkeren sollten fortgebracht werden. Es war diese Lehre hier nötig, denn an den äußeren Enden des Ortes lebten Leute, welche sich mit Heiden vermischt hatten sie waren ohne Führung und Anregung, weil die Nasiräer sich absonderten. Jesus besuchte auch diese Leute in ihren Wohnungen und rief sie zur Lehre und lehrte von der Taufe.

Jesus war am folgenden Tag auch bei einem Mahl im Haus der Nasiräer. Sie sprachen von der Beschneidung im Verhältnis zur Taufe. Da hab ich Jesus zum erstenmal von der Beschneidung reden hören. Ich kann seine Worte aber nicht ganz wiedergeben. Er sagte soviel, als, dass das Gesetz der Beschneidung einen Grund in sich habe, der aufhören werde (so bald das Volk Gottes nicht mehr fleischlich aus dem Stamm Abrahams, sondern geistig aus der Taufe des Heiligen Geistes hervorgehe.)

Von den Nasiräern sind auch sehr viele Christen geworden. Aber sie hielten so strenge am Judentum, dass viele das Judentum und Christentum vermischen wollten und in Ketzerei fielen.

7. Jesus in einem Zöllnerorte

Als Jesus aus Jezrael schied, ging Er eine Zeit lang gegen Morgen, wendete sich dann um den Berg, der zwischen Jezrael und Nazareth lag, gegen Nazareth zu verweilte zwei Stunden von Jezrael in einer Reihe von Häusern an beiden Seiten einer Heerstraße gelegen. Es wohnten hier lauter Zöllner und einige arme Juden in Zelten, welche aber vom Weg ablagen. Der Weg mit den Wohnungen der Zöllner um ihn her war mit Gitterwerk abgezäumt und am Eingang und Ende gesperrt. Es wohnten hier reiche Zöllner, die viele Zölle im Land gepachtet und wieder an Unterzöllner verpachtet hatten. Ein solcher Unterzöllner war Matthäus in einem andern Ort. Hier hatte sonst Maria, die Schwestertochter Elisabeths, gewohnt, ich meine, sie war verwitwet nach Nazareth und nachher nach Kapharnaum gezogen, dieselbe, welche bei Marias Tod zugegen war.

Die Handelsstraße aus Syrien, Arabien, Sidon nach Ägypten ging hier durch. Es kamen auf Kamelen und Eseln große Ballen weißer Seide in Bündeln wie Flachs, auch feine weiße und bunte Stoffe und große, dicke, geflochtene lange Bahnen von Teppichen, auch Gewürze. Wenn die Kamele in den Bezirk gekommen waren, wurde er geschlossen, die Leute mussten abpacken und es wurde alles durchsucht. Die Leute zahlten eine Abgabe teils in Waren, teils in Geld. Es waren meist drei- oder viereckige gelbe, weiße oder rötliche Stücke, in die eine Figur eingeschlagen war, auf der einen Seite tief, auf der andern erhaben: auch gab es andere Münzen. Ich sah auf Münzen kleine Türme, eine Jungfrau, auch ein Kindchen in einem Schiffchen. Solche kleine gewachsene Goldstäbchen, wie sie die Könige an der Krippe opferten, sah ich nur wieder bei einzelnen Fremden, die zu Johannes dem Täufer kamen.

Die Zöllner waren alle wie verschworen wenn einer die Leute mehr als die andern betrog, so teilten sie doch alles miteinander. Sie waren wohlhabend und lebten gut. Die Häuser waren mit Höfen, Gärten und Mauern umgeben. Sie kamen mir vor wie große Bauern bei uns in ihren Wohnungen. Sie waren ganz für sich niemand gab sich mit ihnen ab. Sie hatten eine Schule da und einen Lehrer.

Jesus wurde gut von ihnen aufgenommen und seine Begleitung auch. Ich sah hier mehrere Frauen ankommen, ich meine Petri Frau war dabei. Eine von ihnen sprach mit Jesus. Sie gingen wieder fort. Vielleicht kamen oder gingen sie nach Nazareth und bestellten etwas für die Mutter Jesu. Jesus war abwechselnd bei dem einen oder andern Zöllner und lehrte in ihrer Schule. Er verwies ihnen besonders, dass sie oft mehr als den schuldigen Zoll von den Reisenden erpressten. Sie schämten sich sehr und konnten nicht begreifen, woher Er es wusste. Sie waren demütiger und nahmen seine Lehre lieber an, als andere Juden. Er mahnte sie zur Taufe.

8. Jesus in Kisloth Tabor

Jesus verließ den Zöllnerort, nachdem Er die ganze Nacht dort gelehrt hatte. Es wollten Ihm viele von ihnen Geschenke machen, aber Er nahm nichts an. Manche von den Leuten zogen mit Ihm. Sie wollten Ihm zur Taufe folgen. Er kam an diesem Tag durch die Gegend bei Dothaim an dem Irrenhaus vorbei, wo Er bei seinem ersten Auszug aus Nazareth die Rasenden und Besessenen beruhigt hatte. Als Er vorüber kam, riefen diese seinen Namen aus und verlangten mit Gewalt heraus. Jesus befahl den Aufsehern, sie heraus zu lassen, Er stehe für alle Folgen. Sie wurden entlassen und alle waren ruhig und befreit und folgten Ihm nach. Gegen Abend kam Jesus nach Kisloth, einer Stadt am Berg Tabor. Es waren dort meistens Pharisäer. Sie hatten von Ihm gehört und ärgerten sich, dass Zöllner, die sie für Verbrecher hielten bekannte Besessene und allerlei Volk mit Ihm kamen. Er ging in die Schule und lehrte von der Taufe des Johannes und sagte zu seinen Begleitern, sie möchten sich doch erst recht besinnen, ehe sie Ihm nachzögen, ob sie es auch ausführen wollten. Sie sollten nicht denken, dass sein Pfad ein bequemer sei. Er erzählte ihnen auch mehrere Parabeln vom Bauen. Wenn einer sich ein Haus wo bauen wolle, müsse er auch bedenken, ob der Besitzer des Grundes ihn dulden wolle. Sie sollten daher sich erst aussöhnen und Buße wirken. Und wenn einer einen Turm bauen wolle, müsse er erst die Kosten berechnen. Er lehrte auch noch vieles, was den Pharisäern nicht gefiel. Sie hörten aber nicht zu und lauerten nur. Ich sah sie miteinander beschließen, sie wollen Ihm ein Gastmahl geben und Ihn dann in seinen Reden belauern.

Sie richteten Ihm nun ein großes Mahl in einer öffentlichen Halle zu. Es standen drei Tische nebeneinander. Rechts und links brannten Lampen. Über dem mittelsten Tisch, an dem Jesus, einige der Jünger und Pharisäer saßen, war die gewöhnliche Öffnung in der Decke offen. An den beiden Seitentafeln saßen die Begleiter Jesu. Es muss aber in dieser Stadt eine alte Gerechtigkeit gewesen sein, dass wenn einem Fremden ein Mahl angerichtet wurde, die Armen, deren viele ganz vergessen in der Stadt wohnten, eingeladen wurden; denn als Jesus zu Tisch saß, fragte Er die Pharisäer gleich, wo dann die Armen seien, ob es nicht ihr Recht sei, hier Teil zu nehmen? Die Pharisäer waren verlegen und sagten, dass dieses lange nicht mehr gebräuchlich sei. Da sendete Jesus seine Jünger Arastaria, Koharia, Marahas Söhne, Kolaja, der Witwe Seba Sohn, nach den Armen der Stadt und ließ sie zusammenholen. Das gab nun den Pharisäern ein großes Ärgernis und machte viel Aufsehen in der Stadt. Viele Arme lagen schon und schliefen. Ich sah die Jünger die Leute aus den Betten holen und sah allerlei freudige Bilder in Hütten und Löchern. Die Leute kamen an. Jesus und die Jünger empfingen sie und bedienten sie Jesus hielt eine sehr schöne Lehre. Die Pharisäer waren sehr erbittert, vermochten aber nichts, denn Jesus hatte Recht das Volk überhaupt freute sich daran. Es war eine große Bewegung in der Stadt. Als die Leute gegessen hatten, nahmen alle noch etwas mit nach Haus für die Ihrigen. Jesus hatte ihnen die Speisen gesegnet und mit ihnen gebetet und sie zur Taufe des Johannes ermahnt.

Er wollte aber nicht länger in der Stadt bleiben und ging in der Nacht heraus mit den Seinen. Viele aber von seiner Begleitung waren teils auf seine Ermahnung mutlos zurückgetreten, andere gingen, sich zur Taufe des Johannes zu bereiten.

9. Jesus im Hirtenort Kimki

Jesus kam in der Nacht durch zwei Täler. Ich sah Ihn manchmal mit seinen Begleitern reden, manchmal zurückbleiben und kniend zu Gott beten und dann sie wieder einholen. Am folgenden Nachmittag sah ich Jesus an einem zerstreut liegenden Hirtenort ankommen. Es war eine Schule da, aber kein Priester. Diese mussten von einem entfernten Ort hinkommen. Die Schule war geschlossen. Jesus versammelte die Hirten in einer Herbergshalle und lehrte. Es nahte der Sabbat. Am Abend kamen pharisäische Priester und es waren auch welche aus Nazareth dabei. Jesus lehrte von der Taufe und der Nähe des Messias. Die Pharisäer waren sehr gegen Ihn, sprachen von seiner niedern Herkunft und verkleinerten Ihn. Er schlief hier.

Am Sabbat erzählte Jesus in der Lehre manche Parabeln. Er begehrte ein Senfkorn. Man brachte es Ihm. Er sprach mancherlei davon und sagte, wenn sie einen Glauben so groß als dieses Senfkorn hätten, so könnten sie diesen Birnbaum ins Meer versetzen. Es stand ein großer Birnbaum mit vielen Fruchten da. Die Pharisäer spotteten solcher kindischen Lehre. Er legte es aus, aber ich habe es vergessen. Auch vom ungerechten Haushälter erzählte Er.

Das Volk aber hier und auf dem ganzen Weg hierher bewunderte Jesus und sie sprachen, wie sie von ihren Voreltern von der Lehre und dem Wesen der letzten Propheten gehört, ganz auf diese Weise sei dieser Lehrer, aber noch viel milder. Der Hirtenort heißt Kimki. Man konnte von da aus Nazareths Gebirge sehen. Es mag nur etwa zwei Stunden davon sein. Der Ort liegt zerstreut, nur um die Synagoge liegen einige Häuser. Jesus wohnte dort bei armen Leuten. Die Hausfrau lag wassersüchtig krank. Er hatte Mitleid mit ihr und heilte sie, indem Er ihr die Hand auf Haupt und Magen legte. Sie war ganz genesen und diente zu Tisch. Er verbot ihr davon zu sprechen, bis Er von der Taufe zurückkehren werde. Sie aber fragte, warum sie es nicht überall verkünden sollte? Er sprach: «Wenn du es irgend verkünden willst, sollst du stumm werden.» Da ward sie stumm bis zu seiner Rückkehr von der Taufe. Es kann jetzt etwa noch 14 Tage bis dahin sein, denn zu Bethulia oder Jezrael sprach Er von drei Wochen.

Jesus lehrte hier in der Synagoge noch am dritten Tag. Die Pharisäer waren Ihm sehr entgegen. Er sprach von der Nähe des Messias und sagte: «Ihr erwartet Ihn in weltlicher Herrlichkeit, aber Er ist schon gekommen, Er wird arm erscheinen; aber Er wird Wahrheit bringen, Er wird mehr Tadel als Lob erfahren, denn Er will die Gerechtigkeit. Lasst euch aber nicht von Ihm trennen, damit ihr nicht verderbt, wie jene Kinder des Noe, die seiner spotteten, als er mühsam die Arche baute, die sie aus der Sündflut retten sollte. Alle, die sein nicht spotteten, sind in die Arche eingegangen und bewahrt worden.» - Er sprach dann zu seinen Jüngern allein sich wendend: «Trennt euch nicht von Mir wie Loth von Abraham, der die bessere Weide suchend nach Sodoma und Gomorrha kam schaut nicht um nach der Herrlichkeit der Welt, welche das Feuer vom Himmel verzehrt, auf dass ihr nicht zur Salzsäule werdet! Bleibt bei Mir in aller Bedrängnis, Ich will euch immer helfen usw». Die Pharisäer wurden immer unwilliger und sprachen: «Was verspricht Er ihnen und hat selber nichts? Bist Du nicht von Nazareth Josephs und Mariä Sohn?» Er sagte aber unbestimmt, wessen Sohn Er sei, der werde es verkünden. Und als sie sagten: «Wie sprichst du vom Messias hier und überall, wo Du gelehrt und wir es nachgeforscht haben? Du glaubst wohl, wir sollen denken, dass Du Dich für den Messias ausgebst?» Jesus sagte hierauf: «Auf diese Frage bleibt mir keine Antwort als: ja! Ihr meint es.» Es ward aber ein großer Aufruhr hierauf in der Synagoge, die Pharisäer löschten die Lampen aus Jesus und die Jünger verließen den Ort und gingen in der Nacht auf der Landstraße weiter. Ich sah sie unter einem Baum schlafen.

10. Jesus in einem Hirtenort von Nazareth

Am folgenden Morgen sah ich, dass viele Leute zu Jesus stießen, welche am Weg lagernd auf Ihn gewartet hatten. Sie waren nicht mit Ihm in dem vorigen Ort gewesen, sondern teilweise vorausgezogen. Ich sah Ihn mit ihnen vom Weg ablenken etwa um drei Uhr nachmittags wieder einem Hirtenfeld nahen, welches nur aus einigen leichten Hütten bestand, welche die Hirten zur Weidezeit bewohnten. Es waren keine Frauen hier. Die Hirten zogen Ihm entgegen. Sie mussten von Vorausgegangenen seine Ankunft wissen. Während ein Teil Ihm entgegen zog, schlachteten die andern Vögel und machten Feuer zu einem Mahl. Dieses geschah in einer offenen Herbergshalle. Die Feuerstelle war durch eine Wand darin abgesperrt. Es war rings eine Rasenbank darin. Die Lehne war geflochten und grün wachsend. Sie führten den Herrn und seine Begleiter hinein, deren es an zwanzig waren eben so viele Hirten. Alle wuschen die Füße, Jesus in einem besondern Becken. Er hatte etwas mehr Wasser begehrt und befahl es nicht auszugießen.

Als man sich zum Mahl rüstete, fragte Jesus die Hirten, welche in einer gewissen Unruhe schienen, was sie beängstige und ob nicht einige unter ihnen fehlten? Da gestanden Ihm die Leute, sie seien unruhig, weil sie zwei Leute unter sich hätten, weIche am Aussatz krank lägen. Sie hätten gefürchtet, es möge der unreine Aussatz sein und Jesus möge darum nicht zu ihnen kommen und sie hätten sie deswegen versteckt. Da befahl ihnen Jesus, sie sollten die Leute herbeiführen schickte seine Jünger sie zu holen. Die Leute kamen vom Kopf bis zum Fuß in Tücher gewickelt, so dass sie schwer gehen konnten, jeder von zweien geleitet heran. Jesus ermahnte sie und sagte ihnen, dass ihr Aussatz nicht aus innen, sondern durch äußere Ansteckung gekommen sei ich hatte das geistliche Verständnis dabei, dass sie nicht aus Bosheit, sondern durch Verführung gesündigt hätten. Er befahl, sie in dem Wasser zu waschen, worin seine Füße gewaschen wurden. Als dies geschah, sah ich, dass die Rinden von ihnen fielen und nur noch Malflecken blieben. Das Wasser ward hernach in eine Grube geschüttet und mit Erde bedeckt. Jesus befahl diesen guten Leuten noch sehr streng, nichts von ihrer Genesung zu sagen, bis Er von der Taufe zurückkehre.

Er hielt nachher noch eine Lehre von Johannes und der Taufe und der Nähe des Messias. Da fragten sie Ihn ganz einfältig, wem sie dann folgen sollten, Ihm, Jesus, oder Johannes? Wer der Größte sei? Er setzte ihnen auseinander: «Der Größte sei der, der am tiefsten und demütigsten diene. Wer sich am tiefsten in Liebe herablasse, der sei der Größte.» Er mahnte sie auch nun zur Taufe zu gehen. Zugleich sprach Er noch von der Schwierigkeit der Nachfolge und entließ alle aus seinem Gefolge außer den fünf Jüngern. Er bestellte die andern an einen Ort in der Wüste, nicht weit von Jericho, ich glaube in der Gegend von Ophra. Joachim hatte dort herum ein Weidefeld. Ein Teil dieser Leute verließ Ihn ganz, ein Teil ging gerade zu Johannes, ein Teil ging erst nach Haus, um sich zur Taufreise zu bereiten.

Jesus und die fünf Jünger gingen spät gegen Nazareth, welches höchstens ein Stündchen von hier war. Sie gingen nicht hinein. Sie nahten von der Seite des Tores, das gegen Morgen den Weg zum galiläischen Meer führte.

Nazareth hatte fünf Tore. Hier war eine kleine Viertelstunde vor der Stadt selbst der Berg, von dessen jenseitigem steilen Rand sie oft Leute herabstürzten von dem sie später Jesus einmal herabstürzen wollten. Am Fuß dieses Berges lagen einzelne Hütten. Jesus befahl den fünf Jüngern, einzeln in denselben Herberge zu suchen ging selbst in eine, zu schlafen. Sie erhielten Wasser, die Füße zu waschen, ein Stück Brot und eine Schlafsteile. Annas Gut lag von Nazareth gegen Morgen. Die Hirten hatten auch Brot in der Asche gebacken. Sie hatten einen gegrabenen, nicht ausgemauerten Brunnen.

11. Jesus beim Essener Eliud

Das Tal, durch welches Jesus in der Nacht von Kisloth-Tabor aus gegangen, hieß Ädron und das Hirtenfeld mit der Synagoge, wo die Pharisäer von Nazareth Ihn so verhöhnt hatten, hieß Kimki. Die Leute, bei welchen Jesus und die fünf Jünger vor Nazareth einkehrten, waren Essener und Freunde der Heiligen Familie. Sie wohnten hier in Gewölben von altem, zerbrochenem Mauerwerk getrennt und unverheiratet. Männer und einige Frauen. Sie hatten kleine Gärten, trugen lange weiße Kleider und die Frauen Mäntel. Sie hatten sonst am Tal Zabulon bei Herodes' Schloss gewohnt, waren aber aus Freundschaft zur Heiligen Familie hierher gezogen.

Der, bei welchem Jesus einkehrte, hieß Eliud, ein alter, sehr ehrwürdiger Greis mit langem Bart. Er war ein Witwer, seine Tochter pflegte ihn. Er war ein Bruderssohn von Zacharias. Diese Leute lebten hier ganz still, besuchten die Synagoge zu Nazareth, waren der Heiligen Familie sehr ergeben die Bewahrung des Hauses Mariä bei ihrer Abreise vertraut gewesen.

Am Morgen begaben sich die fünf Jünger Jesu nach Nazareth hinein, besuchten ihre Verwandten und Bekannten und die Schule. Jesus aber blieb bei Eliud zurück. Er betete mit ihm und sprach sehr vertraut mit ihm. Diesem einfachen frommen Mann waren viele Geheimnisse bekannt.

Im Hause Mariä waren außer ihr vier Frauen: ihre Nichte Maria Cleophä, die Base der Tempel-Hanna Johanna Chusa, die Verwandte Simeons, Maria. Mutter des Johannes Markus und die Witwe Lea. Veronika war nicht mehr da, auch Petri Frau nicht, welche ich neulich am Zöllnerort gesehen.

Am Morgen kamen die heilige Jungfrau und Maria Cleophä zu Jesus. Jesus reichte seiner Mutter die Hand. Sein Betragen zu ihr war liebevoll, aber sehr ernst und ruhig. Sie war besorgt und bat Ihn, nicht nach Nazareth zu gehen, wo man sehr erbittert war. Die Nazarethanischen Pharisäer, die in der Synagoge zu Kimki Ihn gehört, hatten den Unwillen neu geregt. Jesus sagte ihr, Er wolle die Schar, die mit Ihm zur Taufe des Johannes gehen werde, hier erwarten und dann durch Nazareth gehen. Er sprach noch viel mit ihr an diesem Tage, da sie noch etwa zwei bis dreimal zu Ihm kam. Er sagte ihr auch, dass Er dreimal zum Pascha nach Jerusalem reisen werde und das letzte Mal werde sie sehr betrübt dort sein. Er sagte ihr noch mehr Geheimnisse: ich habe es aber vergessen.

Maria Cleophä, eine schöne ansehnliche Frau, sprach mit Jesus am Morgen von ihren fünf Söhnen und bat Ihn, Er möge sie zu sich nehmen. Einer sei ein Schreiber, eine Art Schiedsmann, er heiße Simon, zwei seien Fischer, Jakob der Kleinere und Judas Thaddäus, sie seien Söhne ihres ersten Mannes Alphäus: dieser, ein Witwer, habe ihr einen Stiefsohn Matthäus gebracht, über den sie heftig weinte, er sei ein Zöllner. Dann hatte sie von ihrem zweiten Mann Sabas noch einen Sohn Joses Barsabas, der auch bei der Fischerei sei. Sie hatte aber noch einen Knaben Simeon aus dritter Ehe mit dem Fischer Jonas. Jesus tröstete sie, sie würden zu Ihm kommen: auch um Matthäus (der schon auf dem Weg nach Sidon bei Ihm gewesen) tröstete Er sie, er werde wohl noch einer der Besten werden.

Die heilige Jungfrau reiste mit einigen verwandten Freundinnen von Nazareth in ihre Wohnung bei Kapharnaum zurück. Es waren Knechte mit Eseln von dort gekommen, sie zu holen. Sie nahmen noch manches Gerät mit, was das letzte Mal in Nazareth zurückgeblieben war, allerlei Decken und andere Päcke, auch Gefäße: es war alles in Kasten von breitem Bast oder Baumrindenflechten an den Seiten der Esel befestigt. Das Haus Mariä in Nazareth hatte in ihrer Abwesenheit so zierlich wie eine Kapelle ausgesehen: die Feuerstelle erschien wie ein Altar. Es war ein Kasten darüber gestellt und stand ein Topf mit lebendigem Grün darauf. Jetzt nach ihrer Abreise wird das Haus von den Essenern bewohnt werden.

12. Jesu Gespräche mit dem Essener Eliud über Geheimnisse des Alten Bundes und der heiligsten Menschwerdung

Den Tag hindurch war Jesus in sehr vertrautem Gespräch mit Eliud. Eliud fragte Ihn über seine Sendung. Jesus legte dem Greise alles aus. Er sagte ihm, dass Er der Messias sei sprach mit ihm über die ganze Linie seiner menschlichen Herkunft und das Mysterium der Bundeslade. Dabei erfuhr ich, dass dieses Mysterium vor der Sündflut bereits in die Arche Noes gekommen und wie es von Geschlecht zu Geschlecht gelangt und von Zeit zu Zeit entrückt und wieder gegeben worden sei. Er sprach davon, dass Maria mit ihrer Geburt die Bundeslade des Geheimnisses geworden sei. Da Eliud, der dazwischen oft allerlei Schriftrollen vorlegte Stellen aus den Propheten bemerkte, die ihm Jesus auslegte, fragte, warum Er nicht früher gekommen, sagte ihm Jesus, wie Er nur habe aus einer Frau geboren werden können, welches auf diese Weise empfangen sei, wie die Menschen ohne den Sündenfall empfangen haben würden wie kein Ehepaar seit den ersten Eltern beiderseits sich so rein dazu gefunden hätte, als Anna und Joachim. Er entwickelte ihm das alles und zeigte ihm alle früheren Hindernisse, Hemmungen und Zurücksetzungen des Heils.

Ich erfuhr in diesen Unterredungen vieles von der Geschichte der Bundeslade. Als sie in die Hände der Feinde fiel, war jenes Geheimnis von den Priestern herausgenommen, wie in jeder Gefahr. Und doch blieb der Behälter so heilig, dass die Feinde für die Entweihung gestraft wurden und es zurückgeben mussten. Ich sah auch, dass ein Geschlecht, welches Moses zur näheren Behütung der Bundeslade bestellt, bis auf Herodes bestanden hat. Als Jeremias die Bundeslade und anderes bei der babylonischen Gefangenschaft am Berg Sinai verbergen ließ, wurde sie nicht wieder gefunden. Das Heiligtum war aber nicht darin. Nachher wurde eine Bundeslade nachgemacht. Es war aber nicht alles darin, was vorher: der Stab Aarons, auch ein Teil des Mysteriums waren bei den Essenern auf Horen. Das Sakrament des Segens aber war wieder, ich weiß nicht durch welchen Priester, hineingekommen. Im nachmaligen Teich Bethesda war das heilige Feuer bewahrt gewesen. Ich sah sehr viele Dinge, welche Jesus dem Eliud auslegte, in Bildern, teils hörte ich die Worte, ich kann aber nicht alles wiedergeben.

Er sprach, wie Er aus dem Segenskeime, welchen Gott dem Adam vor dem Sündenfalle genommen, Fleisch angenommen habe wie dieser Segenskeim, damit ganz Israel sich um ihn verdient mache, durch viele Geschlechter habe laufen müssen wie er so oft wieder zurückgehalten und die Gefäße verfinstert worden seien. Ich sah alles dieses wirklich und sah alle Vorfahren Jesu wie die Altväter beim Tod in einer sakramentalischen Handlung diesen Segen wirklich den Erstgeborenen übergaben wie der Bissen und das Getränk aus dem heiligen Becherchen, welches Abraham von dem Engel empfangen, als er ihm den Isaak verhieß, ein Vorbild des allerheiligsten Sakramentes des neuen Bundes und die Kräftigung zu dem künftigen Fleisch und Blut des Messias war. Ich sah, wie die Geschlechtslinie Jesu dieses Sakrament empfing, zu der Menschwerdung Gottes beizutragen dass Jesus das von seinen Voreltern empfangene Fleisch und Blut wieder zu einem höheren Sakrament einsetzte zur Vereinigung der Menschen mit Gott.

Jesus sprach auch viel mit Eliud von der Heiligkeit Annas und Joachims, auch von dem übernatürlichen Empfangenwerden Mariä unter der goldenen Pforte. Er sagte ihm, dass Er nicht aus Joseph empfangen sei, sondern dem Fleische nach aus Maria, diese aber aus jenem reinen Segen, der Adam vor dem Falle genommen und durch Abraham auf Joseph in Ägypten und von diesem in die Bundeslade und aus dieser zu Joachim und Anna gelangt sei.

Er sagte, die Menschen zu erlösen, sei Er in die ganze Schwachheit des menschlichen Daseins gesendet, fühle und empfinde alles wie ein Mensch und werde erhöht werden, wie die Schlange Moses in der Wüste auf dem Kalvarienberg, wo der Leib des ersten Menschen begraben liege. Er sagte, wie traurig es Ihm gehen werde und wie undankbar die Menschen sein würden.

Eliud fragte immer gar einfältig und treuherzig, aber er verstand alles besser, als die Apostel anfangs, er verstand alles mehr im Geist. Doch konnte er nicht recht verstehen, wie es nun werden solle. Er fragte Jesus, wo dann sein Reich sein werde, in Jerusalem, in Jericho oder Engaddi. Jesus antwortete, wo Er sei, da sei sein Reich, Er werde kein äußerliches Reich haben.

Ich hörte auch manche Erwähnungen, wo die Schrift durch die Sprache ihren innern Sinn nicht ausspreche, wo die Prophezeiungen zu sinnlich ausgedrückt und verstanden würden.

Der Alte redete so natürlich und einfach mit Jesus und erzählte Ihm vieles von seiner Mutter, als wisse Er es nicht Jesus hörte es sehr liebevoll an. Er erzählte von Joachim und Anna und sprach von Annas Leben und Tod. Jesus sagte, keine Frau sei keuscher gewesen, als Anna dass sie nach Joachims Tod noch zweimal geheiratet, das sei auf Gottes Befehl geschehen. Es hätte die bestimmte Zahl der Früchte dieses Stammes erfüllt werden müssen.

Eliud erzählte von Annas Tod und ich sah ein Bild ihres Todes. Ich sah Anna auf die Art wie Maria im hinteren Gemach ihres größeren Hauses auf einem etwas höheren Lager liegend; ich sah, dass sie ungemein lebhaft und sprechend war und gar nicht wie eine Sterbende. Ich sah, dass sie ihre kleineren Töchter und ihre andern Hausgenossen segnete, dass diese dann im Vorgemach waren. Ich sah, dass Maria zu Häupten, Jesus zu Füßen ihres Bettes standen. Sie segnete Maria und begehrte den Segen Jesu, der ein erwachsener Mann war und einen keimenden Bart hatte. Ich sah sie noch freudig sprechen. Sie sah empor, wurde schneeweiß und ich sah Tropfen wie Perlen auf ihre Stirn treten. Da schrie ich: «Ach, sie stirbt, sie stirbt!» und wollte sie in die Arme fassen in meiner Begierde. Da war es, als komme sie zu mir und liege in meinen Armen und erwachend glaubte ich sie noch zu halten.

Eliud erzählte auch noch vieles von den Tugenden Mariä im Tempel. Das sah ich auch alles in Bildern. Ich sah, dass ihre Lehrerin Noemi mit Lazarus verwandt war dass diese etwa fünfzigjährige Frau und alle andern am Tempel dienenden Frauen von den Essenern waren. Ich sah, dass Maria bei ihr stricken lernte dass sie schon als Kind mit ihr ging, wenn Noemi Gefäße und Geräte vom Opferblut reinigte und gewisse Teile des Opferfleisches empfing und zerteilte und zubereitete als Nahrungsmittel für die Tempeldienerinnen und Priester, denn diese wurden zum Teil dadurch gespeist. Später sah ich die heilige Jungfrau in allem diesem helfen. Ich sah auch, dass Zacharias, wenn er den Dienst hatte, das Kind Maria besuchte dass auch Simeon sie kannte. So sah ich all ihr frommes und demütiges Wandeln und Dienen am Tempel. wie Eliud dem Herrn davon erzählte.

Sie sprachen auch von Christi Empfängnis Eliud erzählte von dem Besuche Mariä bei Elisabeth. Da erfuhr ich wieder, dass der Heiland zwei Monate nach unserm jetzigen Christfest empfangen ist, wie ich es immer gesehen sah auch etwas über die Verspätung unsers Christfestes, was ich vergessen habe. Er erzählte auch, dass Maria einen Brunnen dort gefunden, was ich sah.

Ich sah, wie die heilige Jungfrau mit Elisabeth, Zacharias und Joseph vom Haus des Zacharias aus nach einem kleinen Gute desselben gegangen waren, wo es aber an Wasser fehlte. Die heilige Jungfrau ging allein vor dem Garten mit einem Stäbchen und betete. Als sie in die Erde mit dem Stäbchen rührte, quoll ein Wässerchen heraus und umfloss einen kleinen Erdhügel. Zacharias und Joseph kamen herzu, stachen den Hügel mit einer Schaufel weg, es wühlte sich ein Strudel darunter auf und es ward der schönste Brunnen. Zacharias wohnte von Jerusalem gen Mittag und dann noch fünf Stunden etwas abendlich.

In so vertrautem Gespräch mit Gebet abwechselnd war Eliud mit Jesus, den er ehrte, aber doch nur ganz kindlich und freudig, wie einen auserwählten Menschen behandelte. Eliuds Tochter wohnte nicht in demselben Haus, sondern in einem abgesonderten Felsgewölbe.

Die Essener, welche an dem Berge wohnten, waren etwa zwanzig. Frauen wohnten ungefähr fünf bis sechs abgesondert zusammen. Diese Leute verehrten Eliud wie ein Oberhaupt sie kamen täglich zum Gebet bei ihm zusammen. Jesus aß mit ihm allein Brot, Früchte, Honig und Fische, aber sehr mäßig. Die Leute trieben meist Weberei und Gartenbau.

Der Berg, an dessen Fuß die Essener wohnten, war die höchste Spitze des Bergrückens, woran Nazareth in die Höhe gebaut war. Aber es war doch noch durch ein Tal von der Stadt getrennt. Er hatte jenseits einen steilen Absturz mit Grün und Wein bewachsen. Es lagen unten an diesem Absturz, wo die Pharisäer Jesus später hinabstürzen wollten, allerlei Schutt, Auswurf und Knochen. Marias Haus lag vorn in der Stadt an einem Hügel, so dass Teile des Hauses wie Gewölbe in den Hügel führten. Doch sah die Höhe des Hauses über den Hügel hervor, an welchem jenseits andere Wohnungen lagen.

Maria und die Frauen kamen in Begleitung Colayas, der Lea Sohn, im Tal von Kapharnaum in ihrem Hause an. Die Freundinnen in der Gegend kamen ihnen entgegen. Das Wohnhaus Mariä bei Kapharnaum gehörte einem Mann Levi, der nicht sehr weit davon in einem großen Haus wohnte. Es wurde durch die Familie Petri von Levi gepachtet und der heiligen Familie überlassen, denn Petrus und Andreas kannten die heilige Familie im allgemeinen und durch Johannes den Täufer, dessen Jünger sie waren. Das Haus hatte mehrere anhangende Gebäude, wo Jünger und Verwandte verweilen konnten. Es schien deswegen ausgewählt zu sein. Maria Cleophä hatte ihr Knäbchen Simeon von ein paar Jahren aus dritter Ehe bei sich.

Gegen Abend ging Jesus mit Eliud aus dessen Wohnung nach Nazareth. Vor den Mauern der Stadt. wo Joseph seinen Zimmerplatz hatte, wohnten mehrere gute, arme Leute, Bekannte von Joseph, unter deren Söhnen Jugendgespielen von Jesus waren. Eliud führte Jesus zu diesen Leuten. Man gab den Gästen einen Bissen Brot, einen Trunk Wasser, das man frisch hatte. In Nazareth war das Wasser besonders gut. Ich sah Jesus bei diesen Leuten an der Erde sitzen und sie zur Taufe des Johannes ermahnen. Diese Leute tun etwas scheu mit Jesus, den sie früher wie ihresgleichen kannten und der jetzt von Eliud, welcher bei ihnen ein hochverehrter Mann ist, bei dem sie alle Rat und Trost suchen, zu ihnen so ernsthaft eingeführt wird und sie zur Taufe mahnt. Sie haben zwar von einem Messias gehört, können sich aber nicht denken, dass dieser es sein sollte.

13. Wanderungen und Gespräche Jesu mit Eliud

Tags darauf wandelte Jesus mit Eliud von Nazareth mittagwärts den Jerusalemer Weg in das Tal Esdrelon. Als sie etwa zwei Stunden weit über das Flüsschen Kison gegangen waren, kamen sie an einen Ort, der aus einer Synagoge, einer Herberge und wenigen Häusern bestand. Es ist ein Vorort von dem nahegelegenen Endor und nicht weit von hier ist ein berühmter Brunnen. Jesus kehrte in einer Herberge ein. Die Leute waren hier kalt gesinnt, ohne gerade feindlich zu sein. Eliud war ihnen auch nicht besonders wert, denn sie waren mehr pharisäisch. Jesus sagte den Vorstehern, Er wolle hier in der Synagoge lehren. Sie sagten, dies sei von Fremden nicht gewöhnlich. Er erklärte ihnen aber, dass Er Beruf dazu habe ging in die Schule und lehrte vom Messias, dessen Reich nicht von dieser Welt sei und der nicht im äußern Glanz erscheinen werde und von der Taufe des Johannes. Die Priester an der Synagoge waren Ihm nicht geneigt. Er ließ sich hier Schriftrollen geben, die Er aufschlug und allerlei aus den Propheten erklärte.

Besonders rührend war mir abermals das vertraute Reden des alten Eliud mit Jesus, dessen Sendung, übernatürliche Herkunft er wusste und glaubte. Doch ohne dass er eine Ahnung zu haben schien, dass Er Gott selbst sei. Er erzählte Jesus ganz natürlich, wenn sie miteinander wandelten, allerlei aus seiner Jugend, was die Tempel-Hanna ihm erzählt und was diese nach der Rückkehr der Heiligen Familie aus Ägypten von Maria erfahren hatte, welche sie einige Mal in Jerusalem besucht habe. Jesus erzählte ihm auch einiges, was er nicht wusste alles dieses war mit tiefen Erklärungen verbunden. Das ganze aber war so natürlich und einfältig, wie ein lieber alter Mann mit einem geliebten jungen Freunde spricht.

Indem Eliud aber die Sachen erzählt, welche Hanna von Maria gehört und ihm erzählt hatte, sah ich alle diese Bilder und freute mich, dass es immer dasselbe war, was ich früher gesehen, nur teilweise vergessen hatte.

Jesus sprach mit Eliud auch von seinem Weg zur Taufe. Er hatte viele Leute gesammelt und nach der Wüste bei Ophra bestellt. Er sagte aber, dass Er allein den Weg über Bethanien nehmen werde, wo Er Lazarus sprechen wolle. Er nannte ihn bei einem andern allgemeinen Namen, den ich vergessen und sprach von dessen Vater, was er im Krieg gewesen sei. Er sagte, Lazarus und seine Schwestern seien reich und würden alles dem Dienste des Heiles aufopfern.

Lazarus hatte aber drei Schwestern, die ältere Martha und die jüngste Maria Magdalena und die mittlere, die auch Maria hieß. Diese lebte abgesondert und still und galt als schwachsinnig. Sie heißt nur die stille Maria. Jesus sagte von diesen zu Eliud, Martha sei gut und fromm und werde Ihm mit dem Bruder folgen. Von der stillen Maria sagte Er: «Diese hatte einen großen Geist und Verstand. Er ist ihr aber zu ihrem Heile genommen worden. Sie ist nicht für die Welt und jetzt ganz innerlich, aber sie sündigt nicht. So Ich mit ihr reden würde, sollte sie wohl das Geheimste verstehen. Sie wird nicht lange mehr leben, wenn Lazarus und seine Schwestern Mir folgen und alles für die Gemeinde geben. Die jüngste Schwester Maria ist verirrt, aber sie wird zurückkehren und höher stehen als Martha.»

Eliud sprach auch von Johannes dem Täufer. Er hatte ihn aber noch nicht gesehen und war noch nicht getauft. Sie übernachteten in der Herberge bei der Synagoge, von wo sie am folgenden Tage frühmorgens längs dem Berge Hermon nach der etwas wüsten Stadt Endor wanderten. Schon an dem Herbergsorte standen noch Stücke von Mauern den Berg hinan so breit. um mit Wagen darauf zu fahren. Endor war voll von Trümmern und mit vielen Gärten durchbaut. An einer Seite standen große Prachtgebäude, wie Paläste, an andern Stellen war die Stadt wie durch Krieg zerstört. Es schien mir hier ein von den Juden abgesonderter Menschenschlag zu wohnen.

Es war keine Synagoge hier. Jesus ging mit Eliud an einen großen Platz, wo drei Seitengebäude mit Kämmerchen um einen Teich gebaut waren, um welchen ein grüner Raum war auf dem kleine Badekähne schwammen. Auch war eine Pumpe bei diesem Teich. Es schien hier ein Heilbad. Es wohnten Kranke in den Kammern umher. Jesus ging mit Eliud in ein solches Gebäude. Man wusch Ihm die Füße und bewirtete Ihn. Er lehrte hernach diese Leute auf freiem Platz, wo Ihm ein erhöhter Sitz errichtet wurde. Die Frauen, welche in einem der Flügel wohnten, traten hinten hin. Die Leute waren keine rechten Juden, waren vielmehr wie ausgestoßene Sklaven und mussten Tribut geben von den Früchten, die sie gewannen. Sie sind von einem Krieg in der Stadt zurückgeblieben ich meine, ihr Anführer Sisara ist nicht weit von dieser Stadt geschlagen und dann von einer Frau umgebracht worden ( Richter 4.2). Diese Leute waren im ganzen Land wie Sklaven verteilt. Es waren hier noch etwa vierhundert sie hatten früher Steine zum Tempelbau brechen müssen unter David und Salomo. Sie wurden immer zu solchen Arbeiten gebraucht. Der verstorbene König Herodes brauchte sie, um eine mehrere Stunden lange Wasserleitung nach dem Berge Sion zu bauen. Sie standen einander sehr bei und waren mildtätig, trugen lange Röcke und Gürtel und spitze Kappen, welche die Ohren bedeckten, wie alte Einsiedler. Sie hatten mit den Juden keine Gemeinschaft. Aber sie durften ihre Kinder in der Schule schicken. Doch waren sie so gedrückt und verachtet, dass sie es nicht taten. Jesus hatte viel Mitleid mit ihnen. Er ließ auch die Kranken herbeibringen. Sie saßen auf einer Art Betten, wie mein Lehnstuhl, ich dachte noch an ihn. Unter der beweglichen Lehne waren Stützen, wenn man die Lehne senkte, war der Stuhl wie ein Bett.

Als Jesus von der Taufe und dem Messias lehrte und sie dazu aufforderte, waren sie sehr schüchtern und sagten, sie könnten hierauf keine Ansprüche machen, sie seien ausgestoßen. Da belehrte Jesus sie in einer Parabel vom ungerechten Haushalter. Ich habe die wohlverstandene Auslegung, die mich den ganzen Tag beschäftigte, vergessen. Ich werde sie wohl wieder erhalten. Auch die Parabel von dem Sohn, den der Vater sendet, seinen Weinberg in Besitz zu nehmen, erzählte Er, welche Er immer bei vernachlässigten Heiden erzählte. Diese Leute bereiteten Jesus eine Mahlzeit unter freiem Himmel. Er lud aber die Armen und Kranken dazu ein und diente ihnen mit Eliud zu Tisch. Sie waren dadurch sehr gerührt. Am Abend ging Jesus mit Eliud zu der Synagoge in dem Vorort zurück und sie hielten dort den Sabbat und schliefen dort.

Des anderen Tages ging Jesus abermals mit Eliud von dem Vorort nach Endor, welches nur einen Sabbatweg von der Herberge entfernt war. Er lehrte hier. Die Leute waren Kananiter und ich meine aus Siechem, denn ich hörte heute auch einmal den Namen Sichemiter. Sie hatten in einer Halle ein Götzenbild unter der Erde verborgen, das durch eine Vorrichtung auf einen Druck plötzlich auf einen verzierten Altar aus dem Boden hervorstieg und auch versank. Dies Götzenbild, das sie aus Ägypten hatten, hieß Astarte, was ich gestern wie Esther verstand. Das Bild hatte ein rundes Angesicht wie einen Mond. Es hielt die Arme vor sich hatte etwas Langes, Gewickeltes, wie eine Schmetterlingspuppe, in der Mitte Dickeres, an beiden Enden Zugespitztes vor sich darauf liegen. Es kann auch ein Fisch gewesen sein. Auf dem Rücken des Bildes war wie ein Sockel, auf welchem ein hoher Scheffel oder eine Bütte stand, die über den Kopf hervorsah. Es lag etwas wie Ähren in grünen Hülsen und noch andere grüne Blätter und Früchte darin. Mit den Füßen bis an den Unterleib stand das Bild wie in einem Fass und es standen Töpfe mit lebendigen Pflanzen darum. Sie hielten ihren Götzendienst verborgen Jesus strafte sie darum in seiner Lehre. Sie hatten vor Zeiten der Göttin missgestaltete Kinder geopfert. Es gehörte ein Gott Adonis zu dieser Göttin, der, glaube ich, wie ihr Mann war.

Dieses Volk war hier herum unter dem Anführer Sisara geschlagen worden und diente als Sklaven im Land verteilt. Sie waren jetzt sehr gedrückt und verachtet. Sie hatten aber noch nicht sehr lange vor Christus bei dem Schloss des Herodes hier in Galiläa Unruhen erregt und wurden nachher noch gedrückter gehalten.

Nachmittags kehrte Jesus mit Eliud wieder zum Sabbatschluß in die Synagoge zurück.

Die Juden hatten seinen Besuch in Endor sehr übelgenommen. Aber Er verwies ihnen ihre Härte gegen diese verlassenen Menschen sehr streng, forderte sie zur Milde gegen dieselben auf und ermahnte sie, dieselben mit zur Taufe zu führen, zu welcher sie sich selbst auf seine Lehre entschlossen hatten. Sie waren Jesus nach seiner Lehre geneigter geworden. Gegen Abend kehrte Jesus mit Eliud nach Nazareth zurück ich sah sie auf dem Wege dahin, wie immer im Gespräch; manchmal blieben sie stehen und sprachen. Eliud erzählte wieder viel von der Flucht nach Ägypten ich sah alles das in Bildern. Er kam in das Gespräch durch die Frage an Jesus, ob dann sein Reich sich nicht auch über die guten Leute in Ägypten erstrecken würde, die in seiner Kindheit durch seine Gegenwart gerührt worden seien.

Hier sah ich wieder. dass die Reise Jesu nach Lazarus' Erweckung durch das heidnische Asien bis nach Ägypten, welche ich schon früher einmal gesehen. kein Traum von mir war; denn Jesus sagte ihm. überall, wo ausgesät sei, werde Er vor seinem Ende die einzelnen Halme sammeln.

Eliud wusste auch von Brot und Wein und von Melchisedech. Er konnte sich keinen Begriff von Jesus machen und fragte Ihn, ob Er denn vielleicht sei wie Melchisedech. Jesus sagte: «Nein, jener musste mein Opfer vorbereiten, Ich aber werde das Opfer selbst sein.»

Ich hörte auch in diesem Gespräch, dass Noemi, die Lehrerin Mariä am Tempel, die Tante des Lazarus war, die Schwester von Lazarus' Mutter. Lazarus' Vater war der Sohn eines syrischen Königs. Er hatte im Krieg gedient und Güter erhalten. Seine Frau war eine vornehme Jüdin aus Aarons Priestergeschlecht (durch Manasse mit Anna verwandt) in Jerusalem. Sie hatten drei Schlösser, zu Bethanien, bei Herodium und zu Magdalum am galiläischen Meer, nicht weit von Tiberias und Gabara. Bei Magdalum war auch des Herodes Schloss in der Gegend. Sie sprachen auch vom Ärgernis, das Magdalena ihrer Familie gebe.

Jesus kehrte bei Eliud ein, wo sich die fünf Jünger, die andern Essener und allerlei Leute, die zur Taufe wollten, einfanden. Auch Zöllner waren in Nazareth angekommen, die zur Taufe wollten. Mehrere Scharen waren schon zur Taufe abgezogen.

14. Jesus in Nazareth

Am Morgen lehrte Jesus wieder. Es kamen nachher zwei Pharisäer aus Nazareth zu Ihm, welche Ihn freundlich einluden, ihnen nach Nazareth in die Schule zu folgen, sie hätten so viel von seiner Lehre gehört in der Gegend, Er solle ihnen doch auch die Propheten auslegen. Jesus folgte ihnen. Sie brachten Ihn in das Haus eines Pharisäers, wo noch viele andere versammelt waren. Seine fünf Jünger waren bei Ihm. Die zuhörenden Pharisäer waren Ihm sehr freundlich Er sprach in so schönen Parabeln mit ihnen, dass sie an seiner Lehre große Freude zu haben schienen und Ihn zur Synagoge führten. Hier waren viele Leute versammelt und Er sprach von Moses und legte ihnen Prophezeiungen vom Messias aus. Da Er aber so sprach, dass sie ahnten, Er könne sich selbst damit meinen, ärgerten sie sich, gaben Ihm jedoch eine Mahlzeit bei einem Pharisäer. Er schlief mit seinen fünf Jüngern in einer Herberge nahe bei der Schule.

Jesus belehrte tags danach eine Schar Zöllner, welche zur Taufe zogen und lehrte wieder in der Synagoge vom Weizenkörnlein, das in die Erde muss. Da ärgerten sich die Pharisäer an Ihm und fingen das Gerede vom Sohn des Zimmermanns Joseph wieder an. Sie warfen Ihm auch seinen Umgang und Verkehr mit den Zöllnern und Sündern vor Er antwortete ihnen sehr derb. Sie sprachen auch mit Ihm von den Essenern und als seien sie Heuchler, die nicht nach dem Gesetz lebten. Jesus aber erklärte ihnen, dass sie das Gesetz mehr als die Pharisäer befolgten der Vorwurf des Heuchlers fiel auf sie zurück. Sie kamen auf die Essener zu sprechen durch die Segnungen, denn sie ärgerten sich daran, dass Jesus viele Kinder segnete sie sprachen davon, weil das Segnen bei den Essenern sehr gebräuchlich war. Wenn Jesus nämlich in die Synagoge oder herausging, traten Ihm viele Frauen mit ihren Kindern entgegen und baten, Er möge sie segnen.

Als Jesus noch hier wohnte, hatte Er immer viel mit den Kindern zu tun, welche bei Ihm stille und ruhig wurden, wenn Er sie segnete, wenn sie auch noch so ungebärdig weinten. Die Mütter, dessen eingedenk, brachten Ihm ihre Kinder und wollten sehen, ob Er nicht stolzer geworden sei. Es waren einige Kinder dabei, welche sich heftig bäumten und überschlugen, sie hatten wie Krämpfe und schrieen heftig. Gleich nach seinem Segen wurden sie aber ruhig. Ich sah es von einigen wie einen dunkeln Dampf ausgehen. Er legte den Knaben die Hand auf den Kopf und segnete sie auf die Art des Patriarchensegens in drei Linien, vom Haupt und den beiden Schultern hinab zum Herzen, wo diese Linien zusammenliefen. Die Mädchen ebenso, aber ohne Handauflegung. Er machte diesen aber ein Zeichen auf den Mund. Ich dachte noch dabei, dass sie nicht so viel schwätzen sollten, es bedeutete aber wohl auch ein anderes Geheimnis. Er übernachtete mit seinen Jüngern in dem Hause eines Pharisäers.

15. Jesus weist drei reiche Jünglinge ab. Er beschämt vielerlei Gelehrte in der Synagoge von Nazareth

Zu den fünf Begleitern Jesu sind jetzt noch vier andere gekommen, auch Verwandte und Freunde der Heiligen Familie. Ich meine, es war noch einer der drei Witwensöhne darunter einer von Bethlehem, der aufgefunden hatte, dass er von Ruth abstamme, welche den Booz in Bethlehem geheiratet hat. Er nahm sie ordentlich zu seinen Jüngern auf. Es waren aber in Nazareth ein paar reiche Familien, welche drei Söhne hatten, die in ihrer Jugend mit Jesus umgegangen waren. Diese Söhne waren fein und gelehrt. Die Eltern, welche Jesu Lehre gehört und von seiner Weisheit viel vernommen hatten, beredeten sich, ihre Söhne sollten heute noch einmal eine Probe seiner Weisheit hören dann sollten sie Ihm Geld bieten und dafür mit Ihm reisen und an seiner Wissenschaft teilnehmen. Die guten Leute schlugen ihre Söhne hoch an und meinten, Jesus sollte ihr Hofmeister werden. Die Söhne kamen heute in die Synagoge auf die Veranstaltung der Pharisäer und dieser reichen Leute alles, was von gelehrten Leuten in Nazareth war. Sie gedachten, Jesus auf alle Art auf die Probe zu stellen. Es war auch ein Rechtsgelehrter in der Schule und ein Arzt, ein großer, breiter Mann, mit einem langen Bart, einem Gürtel und einem Zeichen auf dem Kleid an der Schulter. Ich sah Jesus beim Eingehen in die Schule wieder viele Kinder segnen, welche die Mütter Ihm brachten und darunter aussätzige Kinder, welche Er heilte. Er wurde in der Schule auf mancherlei Weise in seiner Lehre von den Gelehrten unterbrochen, welche Ihm allerlei verwickelte Fragen vorlegten. Er brachte sie alle aber mit seiner Weisheit zum Schweigen.

Die Reden des Rechtsgelehrten beantwortete Er aus dem Gesetze Moses ganz wunderbar als man von der Ehescheidung redete, verwarf Er sie ganz. Geschieden könnten sie nicht werden. Wenn der Mann aber gar nicht mit der Frau leben könne, so könne er sie entlassen, doch blieben sie ein Leib und könnten nicht wieder heiraten. Dieses gefiel den Juden gar nicht.

Der Arzt fragte Ihn, ob Er wisse, wer trockener oder feuchter Natur sei unter welchen Planeten ein solcher geboren sei welche Kräuter man diesem und jenem geben müsse wie der menschliche Leib beschaffen sei. Da antwortete ihm Jesus mit großer Weisheit sprach von der Komplexion einiger Gegenwärtiger, ihren Krankheiten und Mitteln sprach von dem menschlichen Leib mit einer dem Arzt ganz unbekannten Weisheit. Er sprach vom Leib des Geistes, wie er auf den Körper wirke. Er sprach von Krankheiten, die nur durch Gebet und Besserung geheilt würden von solchen, welche Arznei brauchen sollten das alles so tiefsinnig und in so schönen Reden, dass der Arzt mit großem Erstaunen seine Kunst überwunden gab und erklärte, er habe solche Kenntnis nie gekannt. Ich glaube auch, dass er Jesus nachfolgen will. Er beschrieb dem Arzt den menschlichen Leib, alle Glieder, Muskeln, Adern, Nerven und Eingeweide, ihre Bedeutung und Verhältnisse mit einer Genauigkeit und doch so im Überblick und tiefsinnig, dass er ganz demütig ward.

Es war auch ein Sternkundiger da Er sprach über den Lauf der Sterne und sagte, wie ein Gestirn das andere regiere wie die verschiedenen Sterne verschiedene Einflüsse haben von Kometen und Himmelszeichen. Auch von Gebäuden sprach Er mit einem Mann sehr tiefsinnige Dinge. Er sprach auch vom Handel und Verkehr mit fremden Völkern redete scharf gegen allerlei Moden und Eitelkeiten, die von Athen gekommen seien. Es waren Spiele und Gaukeleien dabei, die von dort ins Land gekommen waren. Sie waren auch durch Nazareth gezogen und mehrere andere Orte. Er sagte, diese Laster sind unverzeihlich, denn man hält sie für keine Laster und tut keine Buße darüber, darum sind sie unverzeihlich.

Alles war über seine Weisheit ganz hingerissen die Leute verlangten von Ihm, dass Er hier wohnen bleiben sollte, sie wollten Ihm ein Haus und alles Notwendige geben. Sie fragten Ihn auch, warum Er mit seiner Mutter nach Kapharnaum gezogen sei. Er sagte ihnen, dass Er hier nicht bleiben werde. Er sprach von seiner Bestimmung und Sendung. Sie seien nach Kapharnaum gezogen, weil Er in der Mitte des Landes wohnen wolle usw. Alles dieses verstanden sie nicht und ärgerten sich daran, dass Er nicht unter ihnen wohnen wolle. Sie meinten, Ihm ein rechtes Glück angeboten zu haben hielten seine Reden von Sendung und Bestimmung für Hoffart. So verließen sie am Abend die Schule.

Die drei Jünglinge, etwa bis zwanzig Jahre alt, verlangten Ihn zu sprechen. Er wollte aber nicht, bis seine neun Jünger um Ihn waren. Das betrübte sie. Er sagte aber, Er tue es, damit Zeugen dessen da seien, was Er mit ihnen rede. Sie brachten Ihm nun sehr bescheiden und demütig ihren und ihrer Eltern Wunsch vor, dass Er sie als Schüler aufnehmen wolle. Ihre Eltern wollten Ihm Geld geben, sie wollten Ihn begleiten und Ihm in seiner Arbeit dienen und helfen. Jesus, sah ich, war betrübt, dass Er es ihnen abschlagen musste, teils wegen ihrer selbst, teils wegen seiner Jünger, denn Er musste ihnen Gründe angeben, welche sie jetzt noch nicht fassen konnten. Er sagte ihnen, wer Geld gebe, um etwas dafür zu gewinnen, der wolle zeitlichen Nutzen von seinem Geld haben. Wer aber seinen Weg gehen wolle, der müsse allen irdischen Besitz verlassen. Auch müsse, wer Ihm folge, seine Eltern und seine Freundschaft verlassen. Auch freiten und heirateten seine Jünger nicht. So sagte Er ihnen sehr schwere Punkte sie wurden sehr niedergeschlagen und sprachen noch von den Essenern, dass diese doch auch teils verheiratet seien. Jesus sagte ihnen, diese handelten gut nach ihren Gesetzen. Seine Lehre aber müsse ausführen, was jene vorbereitet usw. Er entließ sie und sagte, sie möchten sich besinnen.

Die Jünger waren durch seine Rede erschreckt worden, weil Er seine Lehre so schwer gemacht, sie konnten es nicht verstehen und wurden verzagt. Er ging aber mit ihnen von Nazareth hinaus nach Eliuds Haus sagte ihnen unterwegs, sie sollten nicht verzagen. Die Ursache, warum Er jenen dieses gesagt, läge tiefer, sie würden nie oder spät zu Ihm kommen, sie möchten Ihm ruhig folgen und unbesorgt sein usw. So kamen sie nach Eliuds Haus. Ich glaube nicht, dass Er wieder zu Eliud geht, denn es ist ein großes Gerede und Lärmen in Nazareth geworden. Sie ärgerten sich, dass Er da nicht bleiben wollte. Sie meinten, Er habe auf seiner Reise alles das gelernt. Es sei wahr, Er sei ein sehr geistreicher und wunderbarer Mensch, Er sei aber für einen Zimmermannssohn doch sehr hoffärtig. Ich sah auch die drei Söhne nach Hause kommen. Die Eltern nahmen die Schwierigkeiten, die Jesus machte, sehr übel auf die Söhne stimmten ein alles redete sich wieder in den Unwillen gegen Ihn hinein.

Die drei Jünglinge kamen am folgenden Tage wieder zu Jesus und baten nochmals um Aufnahme. Sie versprachen, Ihm ganz zu gehorchen und zu dienen. Jesus wies sie abermals zurück ich sah, dass es Ihn betrübte, dass sie die Ursache seiner Weigerung nicht einsehen konnten. Er redete dann mit den neun Jüngern, die auf seinen Befehl noch einige Wege zu machen und dann zu Johannes zu ziehen im Begriffe standen.

Er sagte ihnen über die Abgewiesenen: sie verlangen, etwas zu gewinnen, haben aber nicht den Sinn, aus Liebe alles zu geben. Sie, die Jünger, aber verlangen nichts würden darum erhalten. Er sprach noch sehr schön und tief von der Taufe und sagte ihnen, sie sollten über Kapharnaum gehen und seiner Mutter sagen, dass Er zur Taufe gehe sollten sich mit den Jüngern Johannes, Petrus, Andreas besprechen über Johannes, diesem aber sagen, dass Er komme.

16. Jesus mit Eliud im Ort der Aussätzigen

Ich sah Jesus mit Eliud in der Nacht aus Nazareth in der Richtung zwischen Mittag und Abend wandern. Es war nicht ganz der gerade Weg. Jesus wollte nach Chim, einem Ort der Aussätzigen. Sie kamen mit Anbruch des Tages dahin ich sah, dass Eliud Jesus abhalten wollte, in diesen Ort zu gehen, auf dass Er sich nicht verunreinige. Er würde, wenn man es erfahre, gar nicht zur Taufe gelassen werden. Jesus aber erwiderte ihm, dass Er seinen Beruf kenne, Er werde in den Ort gehen, denn es sei ein guter Mann dort. der sich nach Ihm sehne. Sie mussten hierher über den Kison gehen. Der Ort lag an einem kleinen Bach, der Wasser aus dem Kison in einen kleinen Teich führte, an welchem sich die Aussätzigen reinigten. Das Wasser floss nicht in den Kison zurück. Dieser Ort lag ganz abgesondert. Es ging niemand hin. Die Aussätzigen wohnten in zerstreuten Hütten, außerdem wohnte niemand dort als die Leute, welche ihnen aufwarteten. Eliud hielt sich entfernt und erwartete den Herrn. Jesus ging in eine entlegene Hütte, worin ein elender ganz in Tücher gehüllter Mann an der Erde lag. Jesus sprach mit ihm. Es war ein guter Mann, ich habe vergessen, wie er den Aussatz bekommen. Er richtete sich auf und war unbeschreiblich gerührt, dass der Herr zu ihm kam. Jesus befahl im aufzustehen und sich in einen Trog mit Wasser zu legen, der neben der Hütte stand. Er tat es Jesus hielt die Hände über das Wasser. Da wurde der Mann ganz beweglich und rein, er kleidete sich anders an Jesus befahl ihm, nicht von seiner Heilung zu sprechen, bis Er von der Taufe zurückkehre. Dieser Mann begleitete nun Jesus und Eliud ein Stück Weges, bis ihm Jesus befahl. zurückzukehren.

Ich sah Jesus und Eliud den Tag hindurch durch das Tal Esdrelon wieder mehr gegen Mittag wandern. Sie sprachen manchmal zusammen, gingen auch oft einsam getrennt, wie in Gebet und Betrachtung.

Das Wetter ist jetzt nicht sehr angenehm dort. es ist trüber Himmel und Nebel in dem Tal. Jesus hat keinen Stock, Er trug nie einen; die andern trugen einen Stock, oft mit einer kleinen Schaufel daran, wie die Schäfer. Jesus trug nur Sohlen, andere Leute trugen wohl eine Art vollkommener Schuhe von dicker Baumwolle oben geflochten. Ich sah sie einmal am Mittag an einem Quell ruhen und Brot essen.

17. Jesus verklärt sich vor Eliud

In der Nacht sah ich sie wieder wandeln, teils zusammen, teils einzeln. Ich sah da eine wunderbare Sache, ein unaussprechlich schönes Bild. Eliud sprach mit Jesus, indem dieser vor ihm herwandelte, über seinen wohlgebauten und schönen Leib. Jesus aber sagte: «Wenn du diesen Leib nach ein paar Jahren dann wieder sehen würdest, solltest du nichts Schönes und Wohlgestaltetes mehr an ihm finden, so werden sie Mich schmähen und misshandeln.» Eliud verstand dieses nicht, er konnte überhaupt gar nicht begreifen, wie Jesus immer von so kurzer Zeit seines Reiches spreche, er meinte immer, es müsse doch wohl zehn, ja zwanzig Jahre währen, bis Jesus sich sein Reich gegründet hätte, denn er konnte sich das gar nicht anders denken, weil er immer an ein irdisches Königreich gedacht.

Als sie noch eine Strecke so gegangen waren, sagte Jesus dem einsam in Gedanken hinter Ihm gehenden Eliud, indem Er stille stand, er solle zu Ihm herannahen, Er wolle ihm zeigen, wer Er sei wie sein Leib sei wie sein Reich sei. Eliud stand mehrere Schritte von Jesus Jesus schaute betend zum Himmel. Es ließ sich aber eine Wolke nieder und umgab sie beide wie ein Gewitter. Von außen konnte man sie nicht sehen, über ihnen aber tat sich ein Lichthimmel auf und zog sich wie zu ihnen nieder ich sah oben wie eine Stadt von schimmernden Mauern, ich sah das himmlische Jerusalem. Das ganze Innere war mit einem Regenbogenschimmer umgrenzt. Ich sah eine Gestalt wie Gott den Vater sah Jesus in einer Lichtmitteilung mit demselben. Jesus aber erschien in seiner Gestalt ganz schimmernd und durchsichtig. Eliud stand anfangs emporschauend ganz wie entzückt und sank dann auf sein Angesicht nieder, bis das Licht und die ganze Erscheinung zerronnen war. Jesus ging dann weiter Eliud folgte stumm und schüchtern über das, was er gesehen hatte. Es war ein Bild wie die Verklärung, aber ich sah Jesus nicht emporgehoben.

Ich meine, Eliud hat die Kreuzigung Christi nicht erlebt. Jesus war vertrauter mit ihm als mit den Aposteln, denn er war sehr erleuchtet und in viele Geheimnisse seiner Familie eingeweiht. Er nahm ihn auch als Freund und Gefährten auf und gab ihm viele Gewalt und er wirkte viel für die Gemeinde Jesu. Er war einer der unterrichtetsten Essener. Sie wohnten in der Zeit Jesu nicht mehr so häufig auf den Bergen wie vorher. Sie hatten sich mehr in die Städte zerstreut. Diesen wunderbaren Blick hatte ich ungefähr nachts zwölf Uhr.

Am Morgen sah ich Eliud und Jesus in einem Hirtenfeld ankommen. Es war Tagesgrauen. Die Hirten waren schon aus ihren Hütten beim Vieh Sie kamen Jesus entgegen, der ihnen bekannt war warfen sich vor Ihm nieder und führten die beiden in einen Schuppen, wo sie ihre Geräte hatten. Sie wuschen ihnen die Füße, bereiteten ihnen ein Lager und setzten ihnen Brot und kleine Becher vor, brateten ihnen auch Turteltauben, welche in den Hütten ihre Nester hatten und in sehr großer Menge hier wie Hühner herumliefen. Ich sah hierauf, dass Jesus Eliud zurücksendete. Er segnete ihn aber vorher kniend. Die Hirten waren zugegen. Er sagte ihm, er solle seine Tage in Ruhe beschließen, der Weg, den Er wandeln müsse, sei ihm zu beschwerlich. Er nehme ihn in seine Gemeinde auf, er habe seinen Teil schon im Weinberg gearbeitet und solle seinen Lohn in seinem Reich erhalten. Er erklärte dieses mit der Parabel der Arbeiter im Weinberg. Eliud war sehr ernst seit dem Gesichte dieser Nacht, er war still und gerührt. Ich glaube, er ist von den Jüngern getauft worden. Eliud begleitete Jesus noch ein Stück Wegs von dem Hirtenorte. Der Herr umarmte ihn er schied mit männlicher Rührung.

Man kann den Ort, wohin Jesus zum Sabbat geht von hier sehen. Es haben einmal Verwandte von Jesus da gewohnt. Der Ort, wo Jesus nun einsam hinging, hieß Gur und lag auf einem Berg. Josephs Bruder, der nachher nach Zabulon gezogen und viel Umgang mit der Heiligen Familie gehabt hatte, hatte hier gewohnt. Jesus ging unbemerkt nach einer Herberge, wo man Ihm die Füße wusch und Ihm Speise reichte. Er hatte eine Kammer für sich allein, ließ sich eine Schriftrolle aus der Synagoge bringen und betete lesend oder kniend oder stehend, auch emporsehend an einem abgesonderten Ort. Er ging nicht in die Schule. Einmal sah ich Leute kommen, die mit Ihm sprechen wollten, aber Er ließ sie abweisen.

18. Blick auf die zur Taufe ziehenden Jünger

Die von Jesus abgesendeten Jünger sah ich in Kapharnaum ankommen, doch ungefähr nur fünf der Bekannteren. Sie sprachen mit Maria. Zwei gingen nach Bethsaida und holten Petrus und Andreas. Jakob der Kleinere, Simon, Thaddäus, Johannes und Jakobus der Größere waren auch zugegen. Die Jünger erzählten von Jesu Milde, Sanftmut und Weisheit; die andern sprachen mit der höchsten Begeisterung von Johannes, seiner strengen Lebensart und Lehre wie sie nie einen solchen Ausleger der Propheten und des Gesetzes gehört. Selbst Johannes sprach begeistert von dem Täufer, obschon er Jesus kannte; denn seine Eltern hatten früher nur ein paar Stunden von Nazareth gewohnt Jesus liebte ihn schon als Kind. Sie hielten hier den Sabbat.

Tags darauf sah ich die neun Jünger von den Obengenannten begleitet auf dem Wege nach Tiberias, von wo sie gegen Ephron durch die Wüste nach Jericho zu und zu Johannes zogen. Petrus und Andreas haben besonders eifrig für den Täufer gesprochen, er sei von vornehmem Priestergeschlechte, sei von den Essenern in der Wüste unterrichtet, dulde keine Unordnung, sei so streng als weise. Die Jünger erwähnten der Milde Jesu und seiner Weisheit; die Andern setzten ihnen entgegen, dass durch seine Nachgiebigkeit mancherlei Unordnung entstehe und führten Beispiele an. Auch Er sei von Essenern unterrichtet, als Er jüngst verreist gewesen. Johannes hörte ich auf diesem Weg nichts mehr sagen. Sie gingen nicht ganz mit, sondern nur ein Stück Weges, einige Stunden. Ich dachte bei diesem Gespräche, die Menschen waren doch damals schon wie jetzt.

19. Jesus in Gophna

Jenes Gur, wo Jesus in der Herberge allein betete, lag nicht sehr weit von einer Stadt Mageddo und einem Feld dieses Namens. Ich habe früher wohl gesehen, als würde in diesem Feld gegen das Ende der Welt eine Schlacht mit dem Antichrist geschlagen werden. Jesus stand mit Tagesanbruch auf, rollte sein Lager zusammen, gürtete sich und legte eine Münze auf das Lager und wanderte von dannen. Er umging mehrere· Orte und Dörfer und trat mit niemand in Berührung, kehrte nicht ein und kam nahe am Berg Garizim bei Samaria vorbei, der Ihm zur Linken lag. Er wandelte mittagswärts. Hie und da aß Er Beeren und einige Früchte mit der hohlen Hand oder einem hohlgebogenen Blatte schöpfte Er Wasser.

Gegen Abend kam Er in eine Stadt, am Gebirge liegend, mit Namen Gophna. Sie lag auf sehr zerrissenem Grunde, hoch und niedrig es waren viele Gärten und Anlagen zwischen den Häusern. Es wohnten hier Verwandte von Joachim, die aber keinen genaueren Zusammenhang mit der Familie unterhalten hatten. Jesus kehrte in einer Herberge ein. Man wusch Ihm die Füße und gab Ihm eine kleine Erquickung. Aber bald kamen seine Verwandten und ein paar Pharisäer von der besseren Art und holten Ihn in ihr Haus ab. Dieses war eines der ansehnlichsten Häuser in der Stadt. Die Stadt selbst war bedeutend und es befand sich hier die Regierung über einen Bezirk. Der Verwandte von Jesus hatte auch ein Amt und beschäftigte sich mit Schreiberei. Die Stadt gehörte, glaube ich, zu Samaria. Man empfing Jesus mit Achtung. Es waren noch mehrere Männer da man nahm stehend und wandelnd in einem Lusthof ein Mahl ein. Jesus schlief hier.

Es war von Jerusalem bis hierher eine Tagreise es war ein Flüsschen in der Gegend. Als die Heilige Familie den Knaben Jesus im Tempel verloren hatte, war sie bis hierher gegangen. Sie glaubten, Er könne voraus zu den Verwandten gegangen sein, da sie Ihn bei Michmas vermissten. Maria fürchtete, Er sei ins Wasser gefallen. Jesus begehrte hier in der Synagoge Schriften von einem Propheten und lehrte von der Taufe und dem Messias. Er legte ihnen aus einem Propheten die Zeit aus, dass der Messias nun gekommen sein müsse. Er sprach von Ereignissen, die ihm vorhergehen sollten und wirklich erfüllt seien von einem Ereignisse, das vor acht Jahren geschehen sei, ich weiß nicht mehr ob vom Krieg oder dass das Zepter von Juda genommen sei. So stellte Er mancherlei Zeugnisse von eingetretenen Zeichen auf, welche der Ankunft des Messias vorausgehen sollten, auch führte Er die vielen Sekten an und wie so vieles ganz zur andachtslosen Zeremonie geworden sei. Er sprach dann, wie der Messias mitten unter ihnen sein würde und sie würden ihn nicht kennen. Er stellte es ganz dar, wie es geschah zwischen Ihm und Johannes. Er sagte ungefähr: Einer werde hindeuten auf Ihn man werde Ihn nicht kennen. Sie würden einen Sieger, einen glänzenden, von Pracht und hochgelehrten Leuten Umgebenen sehen wollen und würden den nicht dafür erkennen, der ohne Ansehen, ohne Schönheit, ohne Reichtum, ohne Pracht erschiene, welchen einfältige Bauern und Handwerker begleiten, der mit Bettlern, Krüppeln, Aussätzigen und Sündern umgehen würde.

Auf diese Art redete Jesus sehr viel und belegte alles aus Prophezeiungen und stellte alles so vor, wie es mit Ihm und Johannes war doch sagte Er nie «Ich», sondern sprach immer wie von einem Dritten. Diese Lehre füllte den größten Teil des Tages die Leute, seine Verwandten, glaubten endlich, dass Er ein Gesandter, ein Vorläufer jenes Messias sei. Als Er wieder zu Hause war, schlugen sie in seiner Anwesenheit ein Buch nach, worin sie aufgeschrieben hatten, was mit Jesus, dem Sohn Mariä. in seinem zwölften Jahre im Tempel vorgegangen war. Denn sie erinnerten sich einer Ähnlichkeit dessen, was Er damals und heute gesagt da sie es wieder gelesen, waren sie sehr erstaunt.

Es war aber der Hausvater ein betagter Witwer zwei Witwen, seine Töchter, diese hörte ich zusammen sprechen, wie sie der Hochzeit Josephs und Mariä zu Jerusalem beigewohnt hätten und wie prächtig diese Hochzeit, wie wohlhabend Anna gewesen, wie diese Familie aber sehr zurückgekommen sei. Sie sprachen davon, wie man das in der Welt so pflegt. mit einem Anstrich von Tadel und Schmähung, als sei die Familie sehr gesunken. Während sie, wie Frauenzimmer tun, ganz umständlich von der Hochzeit und den Brautkleidern Mariä sprachen, sah ich ein genaues Bild von dieser Hochzeit und besonders des Brautschmuckes der heiligen Jungfrau. Indessen schlugen die Männer über Jesus, des Knaben, Lehre im Tempel nach, die hier bei ihnen aufgemerkt worden war. Da die Eltern Jesus hier mit solcher Angst gesucht hatten, so hatte die Nachricht, wo und wie sie Ihn aufgefunden, damals viel Aufsehen gemacht, um so mehr, da Er ein Verwandter von ihnen war.

Als seine Verwandten die Ähnlichkeit seiner damaligen und heutigen Lehren bewunderten und noch mehr für Ihn eingenommen wurden, erklärte ihnen Jesus, dass Er Abschied nehmen müsse machte sich trotz ihrer Bitten auf den Weg. Mehrere Männer begleiteten Ihn. Sie mussten über ein Flüsschen gehen, über eine gemauerte Brücke, worauf Bäume wuchsen. Sie begleiteten Ihn einige Stunden nach einer Ebene, wo Weiden waren und wo der Patriarch Joseph gewesen, da ihn Jakob zu seinen Brüdern nach Sichem sendete. In diesen Gegenden, wo Jesus hergekommen, ist auch Jakob viel gewesen. Jesus ging spät abends in einen Hirtenort diesseits eines Flüsschens seine Begleiter verließen Ihn. Jenseits des Flüsschens lag der Ort noch ausgedehnter. Die Synagoge war diesseits. Der Herr ging in eine Herberge. Es hatten sich hier zwei Scharen von Täuflingen versammelt, welche durch die Wüste zum Täufer ziehen wollten sie hatten hier schon von der Ankunft Jesu gesprochen. Er sprach am Abend noch mit ihnen sie zogen morgen fort. Man wusch dem Herrn die Füße. Er nahm einen kleinen Imbiss, dann sonderte Er sich zum Gebet und zur Ruhe ab.

20. Jesus spricht gegen Herodes' Ehebruch. Reise der heiligen Frauen

Am Morgen ging Er in die Schule, wo sich viele Leute versammelten. Er lehrte wie gewöhnlich von der Taufe und der Nähe des Messias und dass sie Ihn nicht erkennen würden. Er verwies ihnen auch das eigensinnige Hängen an alten leeren Gewohnheiten, worin diese Leute einen besonderen Fehler hatten. Sie waren im ganzen ziemlich einfach und nahmen alles gut auf.

Jesus ließ sich von dem Vorsteher der Synagoge nachher noch zu etwa zehn Kranken führen. Er heilte keinen, denn Er hatte schon Eliud und seinen fünf Jüngern gesagt, in der Nähe von Jerusalem werde Er es vor der Taufe nicht tun. Es waren meistens Wassersüchtige, Gichtkranke und auch kranke Frauen. Er ermahnte sie und sagte ihnen einzeln, was sie Geistlicherweise tun sollten, insofern ihre Krankheiten zum Teil Sündenstrafen seien. Einzelnen befahl Er, sich zu reinigen und zur Taufe zu gehen.

In der Herberge war noch ein Mahl und es waren viele Männer des Ortes zugegen. Vor der Mahlzeit sprachen diese von Herodes, von seiner verbotenen Verbindung, tadelten und forschten nach Jesu Ausspruch hierüber. Jesus tadelte diese Handlung strenge, sagte aber auch, wenn man andere richten wolle, müsse man sich auch selbst richten und sprach scharf über die Ehesünden.

Es waren aber an diesem Orte viele Sünder und Jesus sprach mit den Einzelnen einzeln und verwies ihnen ihr Leben im Ehebruch ernstlich. Er sagte vielen ihre ganz geheimen Sünden einzeln, dass sie erschüttert Buße versprachen. Er ging von hier nach Bethanien zu, was wohl sechs Meilen sein kann und kam wieder in Berg. Es ist jetzt dort im Land winterlich, viel Nebel und trüb nachts manchmal kalter Reif. Jesus hüllte das Haupt in ein Tuch. Er geht nun ganz morgenwärts.

Ich habe Maria und vier heilige Frauen unterwegs in einem Fele bei Tiberias gesehen und auch als sie von Haus ausgingen. Sie haben zwei Fischerknechte bei sich. Einer geht vor, der andere nach, sie tragen das Gepäck, einen Sack auf der Brust und einen auf dem Rücken und einen Stab auf der Schulter. Es ist Johanna Chusa, Maria Cleophä, eine der drei Witwen und Maria Salome dabei. Sie wollen auch nach Bethanien. Sie gehen den gewöhnlichen Weg, bei Sichar vorüber, das sie zur Rechten lassen. Jesus aber ließ es zur Linken. Die heiligen Frauen gehen meist in einer Linie hinter einander, ein paar Schritte getrennt, vermutlich, weil die meisten Wege außer den breiten Heerstraßen schmaler sind für Fußgänger und oft durch Gebirge führen. Sie gehen rasch mit kräftigen Schritten und schwanken nicht so wie die Leute hier zu Land, vermutlich, weil man dort von Jugend auf zu weiten Fußreisen gewöhnt wird. Sie haben die Röcke auf der Reise bis zur halben Wade geschürzt und die Beine von der Leibbinde ab bis zum Knöchel mit einer Binde umwickelt und haben dicke, aufgefütterte Sandalen unter die Fußsohlen gebunden. Auf dem Kopfe haben sie einen Schleier, der mit einem langen schmalen Tuch um den Nacken beigezogen ist. Dieses Tuch ist über der Brust gekreuzt um den Rücken laufend geht es in den Gürtel über. Sie tragen die Hände abwechselnd in dieser Binde ruhend. Der vorschreitende Mann bereitet den Weg, öffnet die Zäune, räumt Steine hinweg und legt Stege und besorgt was vorkommt, bestellt auch die Herberge. Der Nachschreitende bringt alles wieder in die vorige Ordnung.

21. Jesus in Bethanien

Jesus kam auf dem Wege nach Bethanien, was noch sechs Meilen weit sein kann, wieder in Berge. Abends kam Er ein paar Stunden nördlich von Jerusalem in eine Stadt, die aus einer wohl halbstundenlangen Straße über einen Berg besteht. Bethanien kann wohl noch drei Stunden von hier liegen. Man kann die Gegend in der Ferne sehen, denn es liegt tiefer in der Ebene. Von diesem Berge zieht sich nördlich morgenwärts eine Wüste von etwa drei Stunden gegen die Wüste Ephron hin und zwischen diesen beiden Wüsten sah ich Maria und ihre Gesellschaft heute Nacht herbergen.

Der Berg ist derjenige, auf welchem Joab und Abisai in der Verfolgung Abners nachließen, da dieser sie anredete. Er hieß Amma und lag nordwärts von Jerusalem. Der Ort, wo Jesus war, hatte Aussicht nach Morgen und Mitternacht; ich meine, er hieß Giah und sah auf die Wüste Gibeon, die an seinem Fuße begann und sich der Wüste Ephron entgegen zog. Sie war etwa drei Stunden lang. Jesus kam am Abend hin und trat in ein Haus, eine Erquickung begehrend. Sie wuschen Ihm die Füße, gaben Ihm zu trinken und kleine Brötchen. Es kamen bald mehrere Leute um Ihn und fragten Ihn, da Er aus Galiläa komme, nach dem Lehrer aus Nazareth, von dem man so viel höre und von dem Johannes so viel sage und ob dann die Taufe des Johannes gut sei. Jesus lehrte sie wie immer, ermahnte sie zur Taufe und zur Buße und sprach von dem Propheten aus Nazareth und dem Messias, er würde unter ihnen erscheinen und sie würden ihn nicht erkennen, ja verfolgen und misshandeln. Sie sollten alles wohl beachten, die Zeiten seien erfüllt. Er werde nicht in Pracht und Triumph erscheinen, sondern arm und unter den Einfältigen wandeln. Die Leute erkannten Ihn nicht; aber sie nahmen Ihn gut auf und hatten eine große Ehrfurcht vor Ihm. Es waren Täuflinge hier durchgezogen, welche von Jesus gesprochen hatten. Sie geleiteten Ihn auf den Weg, nachdem Er etwa zwei Stunden hier geruht hatte.

Nach Bethanien kam Jesus in der Nacht. Lazarus war in seinem Besitztum in Jerusalem, an der Abendseite des Berges Sion auf der Seite des Kalvarienberges gelegen, noch vor einigen Tagen gewesen, war aber nach Bethanien gekommen, denn er wusste um Jesu Ankunft durch Jünger. Das Schloss in Bethanien gehörte eigentlich Martha. Lazarus war aber lieber hier sie wirtschafteten zusammen. Sie erwarteten Jesus und es war ein Mahl bereitet. Martha bewohnte ein Haus an der andern Seite des Hofes gelegen. Es waren Gäste im Haus. Bei Martha war Seraphia (Veronika), Maria Markus und noch eine betagte Frau von Jerusalem. Sie war mit Maria im Tempel gewesen und hatte diesen bei ihrem Eintritt verlassen. Sie wäre gerne drinnen geblieben, ist aber auch durch eine Fügung Gottes verehelicht worden. Bei Lazarus waren Nikodemus, Johannes Markus, der eine Sohn Simeons ein alter Mann, Obed genannt, ein Bruder oder Bruderssohn des Mannes der Hanna vom Tempel. Alle waren heimliche Freunde Jesu, teils durch Johannes den Täufer, teils durch die Familie und durch die Prophezeiungen Simeons und Hannas am Tempel.

Nikodemus war ein forschender, denkender Mann, der auf Jesus hoffte und sehr begierig war. Alle hatten die Taufe des Johannes. Sie waren auf Lazarus' Einladung heimlich hier. Nikodemus diente nachher Jesus und seiner Sache immer heimlich.

Lazarus hatte Diener ausgesendet. Jesus auf dem Weg einzuholen. Ewa eine halbe Stunde vor Bethanien traf Ihn sein alter treuer Diener, der hernach noch ein Jünger geworden, auf dem Weg. Er warf sich vor Ihm auf das Antlitz nieder und sprach: «Ich bin der Knecht des Lazarus, so ich Gnade finde vor Dir, meinem Herrn, folge mir nach seinem Hause!» Jesus hieß ihn aufstehen und folgte ihm. Er war ihm freundlich und verhielt sich doch seiner Würde gemäß. Eben dieses gab Ihm das Hinreißende. Sie liebten den Menschen und fühlten Gott. Der Diener brachte Ihn in eine Vorhalle am Eingang in das Schloss bei einem Brunnen. Hier war alles bereitet. Er wusch Jesus die Füße, legte Ihm andere Sohlen an. Jesus hatte ein paar grün gefütterte, gepolsterte, dicke Sohlen an, als Er hier ankam. Er ließ sie stehen und legte hier ein paar harte Sohlen mit ledernen Riemen an, die Er fortan trug. Der Diener lüftete und schüttelte Ihm auch die Kleider aus. Als Er die Füße gewaschen, kam Lazarus mit seinen Freunden. Er brachte Ihm einen Becher und einen Bissen. Jesus umarmte Lazarus und grüßte die andern mit Handreichung. Sie dienten Ihm alle gastfreundlich und geleiteten Ihn nach dem Haus. Lazarus führte Ihn aber vorher in die Wohnung Marthas. Die hier anwesenden Frauen warfen sich verschleiert an die Erde nieder. Jesus hob sie an der Hand auf und sagte zu Martha, dass seine Mutter hierher kommen würde, um seine Rückkehr von der Taufe zu erwarten.

Hierauf gingen sie nach Lazarus' Haus und nahmen ein Mahl. Es war ein Lamm gebraten und Tauben. Honig war vorhanden, kleine Brote und Früchte, auch Grünes und Becher. Sie lagen hier zu Tisch auf Lehnbänken, immer zwei und zwei. Die Frauen aßen in einer Vorhalle. Jesus betete vor Tisch und segnete alle Speisen, Er war sehr ernst, ja betrübt. Er sagte ihnen unter Tisch, es nahe eine schwere Zeit. Er beginne einen mühseligen Weg, der bitter enden werde. Er ermahnte sie, so sie seine Freunde seien, auszuhalten, sie würden viel mit Ihm zu leiden haben. Er sprach so rührend, dass sie weinten, aber sie verstanden Ihn nicht ganz, wussten nicht, dass Er Gott war.


Ich muss mich immer so wundern über dieses Nichtverstehen, da ich eine so unendliche Überzeugung von der Gottheit und Bestimmung Jesu habe. Immer muss ich denken, warum wurde dann diesen Leuten nicht auch gezeigt, was ich so klar vor Augen sehe? Ich habe den Menschen von Gott erschaffen, Eva aus ihm nehmen und als Frau ihm zugesellen und beide fallen gesehen. Ich sah die Verheißung des Messias, die Zerstreuung der Menschheit und die wunderbaren Führungen und Sakramente Gottes zur Heranführung der heiligen Jungfrau. Ich sah den Weg des Segens, aus welchem das Wort Fleisch geworden, wie eine Bahn des Lichtes durch alle Geschlechter der Voreltern Mariä laufen. Ich sah endlich die Botschaft des Engels an Maria und den Strahl der Gottheit, der sie durchdrang, als der Heiland Mensch wurde. Und nach all diesem wie wunderbar muss es mir unwürdiger, elender Sünderin sein, diese heiligen Zeitgenossen und Freunde Jesu zu sehen in seiner Gegenwart, wie sie Ihn lieben und verehren und doch alle glauben, sein Reich müsse ein irdisches sein. Wie sie Ihn zwar für den verheißenen Messias halten, aber doch nicht für Gott selbst! Er war ihnen noch ein Sohn Josephs und Maria seine Mutter. Dass Maria eine Jungfrau sei, ahnte keiner, denn sie wussten nichts von einer übernatürlichen, unbefleckten Empfängnis. Sie wussten nicht einmal von dem Geheimnis der Bundeslade. Es war schon viel und ein Zeichen auserwählter Gnade, dass sie Ihn liebten und anerkannten. Die Pharisäer, welche die Prophezeiung Simeons und Hannas wussten bei seiner Opferung, die seine wunderbare Lehre im Tempel in seiner Jugend gehört, waren ganz verstockt. Sie hatten sich wohl um die Familie des Kindes damals und des Lehrers nachher erkundigt, aber sie war ihnen zu gering, zu arm und verächtlich, sie wollten einen prächtigen Messias. Lazarus, Nikodemus und viele seiner Anhänger glaubten immer stillschweigend, Er sei berufen, mit seinen Jüngern Jerusalem in Besitz zu nehmen, sie vom römischen Joch zu befreien und das Reich der Juden herzustellen. Es war wohl wie jetzt, wo Jeder sich einen Heiland in Dem denken möchte, der seinem Vaterland die geliebte alte Regierung und Freiheit verschaffte. Auch damals wussten sie nicht, dass das Reich, das uns helfen kann, nicht von dieser Bußwelt ist. Ja sie freuten sich wohl in einzelnen Minuten mit dem Gedanken, jetzt wird es bald mit dem großen Wesen dieses oder jenes Volksquälers aus sein. Sie wagten aber alle nicht, mit Jesus davon zu sprechen, denn sie blieben alle in einer großen Scheu, weil sie die Bedingungen ihrer Erwartung in keinem Zuge seines Betragens, in keinem Worte von Ihm ausgesprochen fühlten.

Nach dem Mahl gingen sie in einen Betort und Jesus sagte ein Dankgebet, dass seine Zeit und Bestimmung nun beginne. Es war dieses sehr rührend und sie weinten alle. Die Frauen waren im Hintergrund gegenwärtig. Sie beteten noch zusammen allgemeine Gebete. Jesus segnete sie und wurde von Lazarus zu seiner SchlafsteIle gebracht. Es waren dieses auch abgesonderte Stellen in einem großen Raum, wo die Männer alle schliefen, aber schöner als in den gewöhnlichen Häusern. Das Bett wurde hier nicht wie sonst aufgerollt. Es war etwas höher als gewöhnlich, wo es an der Erde war. Es war feststehend, hatte vorn eine Galerie (Höhe mit Gitterrand), welche mit Decken und Quasten verziert war. An der Wand, woran das Bett stand, war oben eine feine Matte aufgerollt, welche man durch einen Zug aufziehen oder vor das Bett niederlassen konnte, so dass sie ein schräges Dach bildete, wenn sie das leere Bett versteckte. Neben dem Bette stand ein Schemeltischchen und in einer Höhle der Wand ein Waschbecken, worauf ein hohes Wassergefäß und ein kleines Schöpf- und Gießgefäß. Eine Lampe ragte aus der Wand und ein Tuch zum Abtrocknen hing an derselben. Lazarus zündete die Lampe an, warf sich vor Jesus nieder, der ihn nochmals segnete sie verließen sich.

Die stille Maria, Lazarus' schwachsinnige Schwester, kam nicht zum Vorschein. Sie sprach vor Menschen nie ein Wort. Wenn sie aber allein war in ihrer Stube oder ihrem Garten, sprach sie mit sich selbst laut und mit allen Gegenständen um sich. Es war, als lebten die Dinge um sie. Nur mit den Menschen sprach sie nicht, vor andern rührte sie sich nicht, sah nieder und war wie eine Bildsäule, doch neigte sie sich grüßend und war ganz anständig, nur stumm. Wenn sie allein war, tat sie allerlei Geschäfte und besorgte ihre Kleider und alles ordentlich. Sie war sehr fromm, erschien aber nicht in der Schule, sondern betete auf ihrer Kammer. Ich glaube, sie hatte Gesichte und redete mit Erscheinungen. Sie hatte eine unaussprechliche Liebe zu ihren Geschwistern, besonders für Magdalena. Sie war von früher Jugend so. Sie hatte ihre Wärterinnen, aber sie war ganz reinlich und hatte nichts von Wahnsinnigen an sich.

Von Magdalena wurde bis jetzt noch nicht in Jesu Gegenwart hier gesprochen. Sie lebte in Magdalum in ihrem höchsten Glanze.

In der Nacht, da Jesus bei Lazarus ankam, sah ich die heilige Jungfrau, Johanna Chusa, Maria Cleophä, die Witwe Lea und Maria Salome in einer Herberge zwischen der Wüste Gibea und der Wüste Ephraim, etwa fünf Stunden von Bethanien, übernachten. Sie schliefen in einem Schuppen, der von allen Seiten mit leichten Wänden geschlossen war. Er war in zwei Räume geteilt. Der vordere war in zwei Reihen von SchlafsteIlen abgeteilt, welche die heiligen Frauen eingenommen hatten. Der hintere Raum war die Küche. Vor dem Haus stand eine offene Hütte, in welcher ein Feuer brannte. Die männlichen Begleiter schliefen oder wachten dort, die Wohnung des Herbergvaters war in der Nähe.

Am folgenden Tage lehrte Jesus, hie und da wandelnd, in den Höfen und Gärten des Schlosses. Er sprach sehr ernst und rührend. So liebevoll Er war, so würdig hielt Er sich und sprach kein unnötig Wort. Alle liebten Ihn und folgten Ihm doch waren sie alle schüchtern. Lazarus war Ihm am vertrautesten, die andern Männer mehr bewundernd und sich zurückhaltend.

22. Jesu Gespräche mit der stillen Maria und mit Maria, seiner Mutter

Von Lazarus begleitet ging Jesus auch zu den Frauen und Martha führte Ihn zu ihrer stillen Schwester Maria, mit der Er sprechen wollte. Sie gingen durch die Tür einer Mauer aus dem großen Hof in einen kleineren, doch geräumigen von Mauern umschlossenen Gartenhof, an den die Wohnung Mariä anstieß. Jesus blieb in dem Gärtchen und Martha ging, ihre stille Schwester zu rufen. Das Gärtchen war ganz zierlich, in der Mitte stand ein großer Dattelbaum. Außerdem standen allerlei Würzkräuter und Stauden darin. Auch war ein Brunnen darin mit einem Rand darum und in der Mitte des Brunnens ein Steinsitz, zu welchem vom Rand auf einem Brette die stille Maria wohl ging und da unter einem Zeltdache, das den Brunnen überspannte, vom Wasser umgeben sitzen konnte. Martha ging zu ihr und sagte ihr, sie möge in den Hof kommen, es erwarte sie jemand. Sie war ganz gehorsam, legte ihren Schleier um und trat, ohne ein Wort zu sprechen, in den Hof, worauf Martha hinwegging. Sie war ganz schön und groß und etwa dreißig Jahre alt, sah meistens zum Himmel empor und wenn sie selten einmal zur Seite, wo Jesus ging, blickte, geschah es doch nur halb und unbestimmt, als sähe sie in die Ferne. Sie sagte nie «ich», sondern «du», wenn sie von sich selbst sprach, so als sähe sie sich woanders und rede sich an. Sie sprach Jesus nicht an und warf sich nicht vor Ihm nieder. Jesus sprach zuerst mit ihr und sie wandelten in dem Gärtchen umher, sie sprachen nicht eigentlich zusammen. Die stille Maria sah immer empor und sprach himmlische Dinge aus, als sähe sie dieselben. Auch Jesus sprach so. Er redete von seinem Vater und mit seinem Vater. Sie sah Jesus nie an, nur manchmal sprach sie halb zur Seite gegen Ihn gewendet. Ihr gegenseitiges Gespräch war mehr ein Gebet, ein Lobgesang, eine Betrachtung, ein Aussprechen von Geheimnissen, als ein Gespräch. Maria schien nicht zu wissen, dass sie lebte, ihre Seele war in einer andern Welt und ihr Leib handelte hier.

Ich erinnere mich noch aus ihren Reden, dass sie emporschauend über die Menschwerdung Christi sprach, als sähe sie die Handlung in der Heiligen Dreifaltigkeit vorgehen, Ich kann ihre kindlichen und doch ernsten Reden nicht wiederholen. Sie sagte, als sähe sie es: «Der Vater sagte zu dem Sohne, Er solle herab zu den Menschen die Jungfrau solle Ihn empfangen» nun beschrieb sie, wie alle Engel sich darüber erfreuten wie Gabriel zu einer Jungfrau abgesendet wird. So sprach sie durch alle Chöre der Engel durch welche alle mit niedergekommen zwar so, als rede ein Kind eine vorüberziehende Prozession an und freue sich und lobe die Andacht und den Eifer einzelner. Dann sah sie in die Kammer der Jungfrau und redete die heilige Jungfrau an und wünschte, sie möge die Botschaft des Engels annehmen sah den Engel kommen und ihr den Herrn verkünden sprach das alles in die Ferne schauend aus, als sähe sie zu und sage ihre Gedanken laut. Sie verweilte dann ganz kindlich dabei, dass die heilige Jungfrau sich besonnen habe, ehe sie geantwortet und sagte: «Denn du hattest ein Gelübde der Jungfräulichkeit getan. Wenn du es verweigert hättest, des Herrn Mutter zu werden, wie wäre es dann gegangen? Eine andere Jungfrau, wäre sie so zu finden gewesen? Lange hättest du, verwaistes Israel, noch seufzen müssen!» - Und nun kam sie wieder auf das Glück, dass die Jungfrau eingewilligt und lobte sie und ging so auf Jesu Geburt über und redete das Kind an und sagte: Butter und Honig wirst du essen flocht wieder Prophezeiungen ein und sprach von Simeons und Hannas Prophezeiung so fort, immer als sähe sie es redete mit allen, als sei sie in aller dieser Zeit gegenwärtig. So kam sie bis zur Gegenwart und sprach: «Nun gehst du hin den sauern, schweren Weg usw.» Dabei war sie immer wie allein obschon sie wusste, dass der Herr bei ihr war, war es doch, als sei Er ihr nicht näher, als alle die andern Bilder, von denen sie gesprochen. Jesus unterbrach sie durch Gebet und Dank zu Gott und lobte seinen Vater und flehte für die Menschen; alles an seiner Stelle. Das ganze Gespräch war unaussprechlich rührend und wunderbar.

Jesus verließ sie und sie war wie vorher so ruhig und unbewegt und ging in ihre Wohnung zurück. Als Jesus zu Lazarus und Martha zurückkam, sagte Er ungefähr zu ihnen: «Sie ist des Verstandes nicht beraubt, aber sie ist nicht auf dieser Welt mit ihrer Seele und sieht diese Welt nicht und diese Welt versteht sie nicht. Sie ist glücklich, sie sündigt nicht.»

Die stille Maria in ihrem ganz geistig schauenden Zustand, wusste auch wirklich gar nicht, was mit ihr und um sie vorging und war immer in solcher Abwesenheit. Vor niemand hatte sie noch so gesprochen, wie vor Jesus, vor allen andern schwieg sie, nicht weil sie verschlossen oder stolz war, nein, weil sie diese Leute innerlich nicht sah, in keinem Bezug sah mit dem, was sie allein sah, himmlische Dinge und die Erlösung. Es sprachen sie manchmal fromme und gelehrte Freunde des Hauses an dann sagte sie wohl Einiges laut. Aber sie verstanden kein Wort davon, weil es nicht eine Fortsetzung ihrer eigenen Ansicht, sondern irgend etwas aus dem Ganzen war, das sie selbst sah, das den Gelehrten aber verschlossen blieb. So wurde sie von der ganzen Familie für schwachsinnig gehalten war, was sie allein sein konnte und musste, einsam, denn sie war nicht mit ihrer Seele in der täglichen Zeit. Sie beschäftigte sich mit dem Bau ihres Gärtchens und mit Stickereien für den Tempel, welche Martha ihr brachte. Sie war geschickt darin und tat es in steten Gedanken und Betrachtungen. Sie betete sehr fromm und andächtig und hatte auch eine Art Leiden für die Sünden anderer, denn es lag oft ein solcher Druck auf ihrer Seele, als falle die Welt auf sie. Ihre Wohnung war bequem mit Ruhebetten und allem Gerät. Sie aß wenig und allein. Sie starb vor Schmerz über die Größe der Leiden Jesu, welche sie im Geiste voraussah.

Martha sprach auch mit Jesus von Magdalena und ihrer großen Betrübnis über sie und Jesus tröstete, sie werde gewiss noch kommen, sie sollten nur nicht ermüden, für sie zu beten und ihr zuzusprechen.

Um halb zwei Uhr kam die heilige Jungfrau mit Maria Chusa, Lea, Maria Salome und Maria Kleophä an. Der vorausgehende Begleiter kündete ihre Nähe an Martha, Seraphia, Maria Markus und Susanna gingen mit dem nötigen Gerät und mit Erquickung nach derselben Halle am Anfange der Schlossumgebungen, sie zu empfangen, wo Jesus gestern von Lazarus empfangen worden war. Sie bewillkommneten sich die Anwesenden wuschen den Ankommenden die Füße; auch legten die heiligen Frauen andere Kleider um, schürzten sich nieder und legten andere Schleier um. Sie waren alle in weiße, gelbliche oder bräunere ungefärbte Wolle gekleidet. Sie nahmen eine kleine Erquickung und gingen in Marthas Wohnung.

Jesus und die Männer kamen, sie zu begrüßen Jesus ging mit der heiligen Jungfrau allein und sprach mit ihr. Er sagte ihr aber sehr liebevoll und ernst, dass seine Laufbahn nun beginne, Er gehe zu der Taufe des Johannes, von da werde Er wieder zu ihr kommen und noch eine kurze Zeit in der Gegend von Samaria mit ihr sein. Dann aber werde Er in die Wüste gehen und vierzig Tage darin sein. Als Maria von dieser Wüste hörte, war sie sehr betrübt und bat flehentlich, Er möge doch nicht an diesen schrecklichen Ort gehen, dass Er nicht verschmachte. Jesus sagte ihr da, sie solle fortan Ihn nicht mit menschlicher Sorge hindern wollen. Er müsse tun, was Er tue, Er beginne einen schweren Weg. Die mit Ihm seien, müssten mit Ihm leiden, Er wandle aber nun den Weg seiner Sendung sie müsse allen bloß persönlichen Anspruch nun opfern. Er werde sie lieben wie immer, aber Er sei nun für alle Menschen. Sie solle tun, was Er sage sein himmlischer Vater werde sie belohnen, denn es beginne nun, was ihr Simeon verkündet, es werde ein Schwert durch ihre Seele gehen. Die heilige Jungfrau war sehr betrübt und ernst, aber auch stark und in Gott ergeben, denn Er war sehr gütig und liebreich.

Am Abend war noch ein großes Mahl im Haus des Lazarus der Pharisäer Simon und einige andere Pharisäer waren eingeladen. Die Frauen aßen getrennt durch eine Vergitterung in einem anstoßenden Raum, so dass sie die Lehre Jesu hören konnten. Jesus lehrte von Glaube, Hoffnung und Liebe und von dem Gehorsam. Die Ihm folgen wollten, dürften nicht mehr umschauen, sondern tun, was Er lehre leiden, was über sie komme; Er werde sie nicht verlassen. Er sprach auch wieder von dem schweren Wege, den Er antrete wie Er werde misshandelt und verfolgt werden und wie alle, die seine Freunde seien, mit Ihm leiden würden. Sie hörten Ihn alle mit Erstaunen und Rührung an, aber was Er von den großen Leiden sprach, verstanden sie nicht recht und glaubten es auch nicht so einfältig hin, sie meinten, das sei so eine prophetische Redensart und sei nicht nach dem Worte zu verstehen. Den Pharisäern war seine Rede nicht anstößig, obschon sie befangener waren als die andern. Aber Er lehrte dieses Mal auch nur mäßig.

23. Jesus reist mit Lazarus zur Taufstelle

Jesus ging nach dem Mahl und einiger Ruhe mit Lazarus allein gegen Jericho zur Taufe. Ein Diener des Lazarus ging mit einer Fackel im Anfang mit. Es war Nacht. Nach einer halben Stunde etwa kamen sie an eine Herberge. Sie gehörte Lazarus es haben nachher die Jünger sich oft da aufgehalten. Doch ist es nicht jene andere, die weiter nach anderer Seite entlegen auch von ihnen gebraucht wurde von der ich oft erzählt habe. Die Halle aber, wo Jesus nachher Maria den Empfang von Lazarus erhalten, war jene, an welcher Jesus verweilte und lehrte vor des Lazarus Erweckung, da Magdalena Ihm entgegenging. Als sie an die Herberge kamen, zog Jesus seine Sohlen aus und ging barfuß. Lazarus bat Ihn aus Mitleid wegen des wilden steinigen Weges, Er möge dieses doch nicht tun. Jesus aber sagte ernst: «Lasse dieses so geschehen! Ich weiß, was ich zu tun habe» so schritten sie in der Wildnis fort. Die Wüste streckt sich fünf Stunden mit engen Felsschluchten gegen Jericho, dann kommt zwei Stunden weit das fruchtbare Tal von Jericho - doch ist auch dieses von wilden Stellen durchzogen. Von dort sind noch zwei Stunden zu Johannes' TaufsteIle. Jesus ging viel schneller als Lazarus und war oft eine Stunde voraus.

Eine Schar, worunter Zöllner, die Jesus aus Galiläa zur Taufe gesendet hatte, kehrte von der Taufe zurück und zog eine Strecke seitwärts von Ihm durch die Wüste nach Bethanien. Jesus kehrte nirgends ein. Jericho blieb Ihm links liegen. Es lagen auch ein paar andere Orte abseits seines Weges; doch ging Er vorüber.

Die Freunde des Lazarus, Nikodemus, Simeons Sohn, Johannes Markus hatten wenig mit Jesus gesprochen- Aber unter einander waren sie in steter Bewunderung seines Wesens, seiner Weisheit. seiner menschlichen, selbst seiner körperlichen Eigenschaften so oft Er abwesend war, oder wenn sie hinter Ihm herwandelten, sagten sie zueinander: «Welch ein Mensch! so war keiner, so kommt keiner wieder, wie ernst, wie sanft, wie weise, wie alles durchdringend, wie einfach! aber ich verstehe Ihn nicht ganz und muss doch glauben, so sagt Er es.

Man kann Ihm nicht ins Antlitz schauen, es ist, als lese Er Jedes Gedanken. Welche Gestalt, welches hohe Wesen, welche Raschheit und doch kein Laufen. Wer kann so wandeln, wie Er, wie schnell kommt Er seine Wege, unermüdet kommt Er an und wandert wieder um seine Stunde! Welch ein Mann ist Er geworden!» Dann sprachen sie von seiner Kindheit, von der Lehre im Tempel und auch, was sie von Gefahren gehört, die Er auf seiner ersten Reise auf dem Wasser (Salzmeer) bestanden und wie Er den Schiffern geholfen habe. Keiner aber ahnte, dass sie von dem Sohn Gottes redeten. Sie fanden Ihn größer, als alle Menschen, ehrten Ihn und waren schüchtern. Aber sie hielten Ihn für einen wundervollen Menschen. Obed von Jerusalem war ein bejahrter Mann und ein Bruderssohn von dem Mann der alten Hanna am Tempel. Er war einer der sogenannten Ältesten am Tempel, im Synedrium, ein frommer Mann und einer von den geheimen Jüngern Jesu, hat auch der Gemeinde, so lange er lebte, Hilfe geleistet.

JOHANNES PREDIGT BUßE UND TAUFT

1. Johannes verlässt die Wüste

Johannes empfing eine Offenbarung über die Taufe, der zufolge er kurz vor seinem Ausgang aus der Wüste und schon näher am bewohnten Land einen Brunnen baute. Ich sah ihn an der Abendseite einer steilen Felswand. Zu seiner Linken war ein Bach, vielleicht eine der Jordansquellen, der am Libanon zwischen zwei Bergen in einer Höhle entspringt (man sieht es nicht, bis man nahe dabei ist). Zu seiner Rechten lag ein ebener, von Wildnis umgebener Platz, auf dem er einen Brunnen graben sollte. Johannes lag auf einem Knie, auf dem andern hatte er eine lange Rolle von Bast, auf die er mit einem Rohr schrieb. Die Sonne schien heiß auf ihn. Er sah gegen den Libanon, der ihm gegen Abend lag. Während er so schrieb, war es, als erstarre er. Ich sah ihn wie entzückt und als stehe ein Mann bei ihm, der während seiner Entzückung sehr viel auf die Rolle schrieb und zeichnete. Als Johannes zu sich kam, las er, was auf der Rolle stand und begann darauf die Arbeit des Brunnens mit vieler Anstrengung. Er hatte bei seiner Arbeit die Bastrolle an der Erde liegen mit zwei Steinen beschwert, dass sie nicht zusammenrollte und sah oft hinein, denn es schien alles da verzeichnet, wie er es machen sollte.

In Beziehung auf den Brunnen sah ich aus dem Leben des Elias, wie er unmutig über einen begangenen Fehler in der Wüste saß und schlief. Es träumte ihm, dass ein Knabe ihn mit einem Stäbchen stoße und als sei ein Brunnen neben ihm, in den er zu fallen fürchtete; denn er rollte von dem Stoss ein Stückchen Weges fort. Hierauf weckte ihn ein Engel, der ihm zu trinken gab. Es geschah dies an derselben Stelle, wo jetzt Johannes den Brunnen grub.

Ich erkannte die Bedeutung jeder Erdschicht, welche Johannes bei Bereitung des Brunnens durchgrub und aller einzelnen Arbeiten bis zu dessen Vollendung. Alles hatte Beziehung auf die Härte und andere Eigenschaften der menschlichen Gemüter, welche er besiegen müsse, damit die Gnade des Herrn auf sie wirken könne. Diese seine Arbeit war, wie all sein Tun und Leben, ein Sinnbild und Vorbild, wodurch er nicht nur vom Heiligen Geist unterrichtet wurde, was er zu tun habe, sondern wodurch er auch wirklich das tat, was diese Arbeiten bedeuteten, indem Gott die gute Meinung erhörte, die er damit verband. Zu all diesem trieb ihn, sowie die heiligen Propheten, der Heilige Geist.

Er schälte den Rasen in runder Form ab und grub durch harten Mergelgrund ein rundförmiges geräumiges Becken sehr schön und sorgfältig und legte es mit verschiedenen Steinen aus, außer in der Mitte an der tiefsten Stelle, wo er bis auf eine kleine Wasserwelle gegraben hatte. Von der ausgeworfenen Erde machte er einen Rand um das Becken, welcher an fünf Stellen durchschnitten war. Vieren dieser Durchschnitte gegenüber pflanzte er in gleicher Entfernung vier schlanke Stämmchen, oben schön grün, um das Becken. Es waren vier verschiedene Arten. Sie hatten in sich eine Bedeutung. In die Mitte des Beckens aber pflanzte er einen besonderen Baum mit schmalen Blättern und pyramidalischen Blütenbüscheln, welche mit einem stachligen Fruchtknoten umgeben waren. Dieser Baum hatte eine zeitlang etwas welk vor seiner Höhle gelegen. Die vier Bäumchen umher schienen mehr schlanke Stauden, welche Beeren trugen. Er umgab ihren Fuß mit schützenden Erdhügeln.

Als er mit Ausgraben des Beckens bis auf die Welle gekommen war, wo hernach der mittelste Baum hingepflanzt wurde, führte er einen Graben aus dem Bach nächst seiner Höhle bis in das Becken ich sah ihn in der Wildnis Rohre sammeln, sie ineinander stecken und so das Wasser aus dem Bach in das Becken leiten und diese Leitung mit Erde bedecken. Er konnte dieselbe auch schließen.

Er hatte einen Pfad durch das Gebüsch bis zu dem entgegenliegenden Einschnitt in den Rand des Beckens gemacht. Dieser Pfad ging rings um das Becken her zwischen dem Beckenrand und den vier Bäumen, welche er den vier Einschnitten des Randes gegenüber gepflanzt hatte. Am Einschnitt, der den Eingang bildete, stand kein Baum. Von dieser Seite allein lag der Brunnen frei. Auf den anderen Seiten war er von Gebüsch und Felsen nur durch den umgebenden Pfad getrennt. Er pflanzte auf die Rasenhügel an den Füßen der vier Bäume eine Pflanze, welche mir nicht unbekannt ist. Ich habe sie als Kind immer sehr lieb gehabt wenn ich sie fand, in die Nähe unseres Hauses verpflanzt. Sie hat einen hohen fetten Stengel, trägt braunrote Blütenballen und ist sehr heilsam gegen Geschwüre und Halsweh, welches ich heute erfuhr. Er setzte auch noch allerhand Pflanzen und kleine Bäumchen umher.

Bei all diesen Arbeiten sah er von Zeit zu Zeit in die vor ihm liegende Bastrolle und maß alles mit einem Stab ab, denn es schien mir alles, selbst die Bäume, die er pflanzte, darin aufgezeichnet. Ich erinnere mich, die Figur des mittelsten Baumes darin gesehen zu haben.

Er arbeitete mehrere Wochen hieran und als er fertig war, stand erst eine kleine Welle im Grund des Beckens. Der mittelste Baum, dessen Blätter welk und braun gewesen, wurde frisch. Johannes holte in einem Gefäß, das aus einem großen Baumbast zu einem Sack zusammengefügt und an den Seiten mit Harz verpicht war, Wasser aus einer andern Quelle und goss es hinein. Dieses Wasser war aus einer Quelle, welche bei einer seiner früheren Wohnungen aus dem Felsen entsprungen war, als er mit seinem Kreuzstäbchen an den Felsen stieß. Ich hörte auch, dass er an dieser früheren Wohnstelle den Brunnen nicht habe bauen können, weil lauter Felsen dort gewesen - und auch dieses hatte seine Bedeutung. Er ließ nachher so viel Wasser aus dem Bach in das Becken, als nötig war. Wenn zu viel darin war, floss es durch Ausflüsse über die umliegende Fläche und erquickte die Pflanzen.

Ich sah nachher, dass Johannes bis an den Gürtel in das Wasser hineinstieg, mit der einen Hand das mittelste Bäumchen umfasste und mit seinem Stäbchen, woran er ein Kreuz und ein Fähnchen gemacht hatte, so in das Wasser schlug, dass es über seinem Haupt zusammen spritzte. Ich sah, dass dabei von oben eine Lichtwolke und ein Erguss über ihn kam, wie vom Heiligen Geist dass zwei Engel am Rand des Beckens erschienen und etwas zu ihm sprachen. Dies sah ich als seine letzte Handlung in der Wüste.

Der Brunnen war nach Jesu Tode noch im Gebrauch. Als die Christen flüchteten, wurden Reisende und Kranke dort getauft, auch pflegten sie dort zu beten. Damals, es war zu Petri Zeiten, war der Brunnen von einer Schutzmauer umgeben.

Bald nach Vollendung des Taufbrunnens kehrte Johannes aus der Wüste zu den Menschen zurück. Er machte einen wunderbaren Eindruck. Groß, von Fasten und Abtötung des Leibes hager, aber stark und voll Muskeln, ist er ungemein edel, rein und einfach, ganz geradezu und gebieterisch. Seine Farbe ist bräunlich, sein Angesicht mager und eingefallen, ernst und streng. Seine Haare sind rötlichbraun und kraus, er hat einen kleinen Bart. Um die Mitte des Leibes hat er ein Tuch gewunden, das herab bis zu den Knien fällt. Er trägt einen rauen braunen Mantel. der aus drei Stücken zu bestehrauen scheint. Hinten ist er ganz, um die Mitte des Leibes mit einem Riemen zusammengefasst. Arme und Brust aber sind frei und unbedeckt. Die Brust rauist rau und voll Haare, die schier die Farbe des Mantels haben. Er trägt einen Stab, der wie ein Hirtenstab gekrümmt ist.

Aus der Wüste herabkommend, baute er zuerst über einen Bach eine kleine Brücke. Er kümmerte sich nicht um einen Übergang, der eine Strecke weit davon lag, sondern arbeitete gerade vor sich hin, wo sein Weg hinwollte. Es war dort eine alte Völkerstraße. Er war bei Cidessa und lehrte die Leute hier herum, welche die ersten Heiden bei seiner Taufe gewesen sind. Sie lebten hier ganz verwahrlost und in Erdhütten. Sie waren die Nachkommen von allerlei Volk, das bei der letzten Zerstörung des Tempels vor Jesus sich hier angesiedelt hatte. Einer der letzten Propheten hatte ihnen gesagt, sie sollten hier wohnen bleiben, bis einer kommen würde, wie Johannes, der ihnen sagen werde, was sie tun sollten. Sie sind nachher gegen Nazareth gezogen.

Johannes ging durch nichts gestört gerade auf die Menschen zu und sprach nur von einem: von Buße und der Nähe des Herrn. Alle staunten und wurden ernst, wo er hintrat. Seine Stimme war scharf, wie ein Schwert, laut und streng und dennoch lieblich. Mit Menschen aller Art ging er um, wie mit Kindern. Überall ging er gerade durch, nichts konnte ihn irremachen, nach nichts sah er sich um, nichts bedurfte er. So sah ich ihn, wie er durch Wälder und Wüsten lief, hie und da grub, Steine wälzte, Bäume wegräumte, Ruhestellen bereitete, die Menschen, die ihn anstaunten, zusammenrief, ja aus den Hütten holte zum Mitarbeiten. Ich sah, wie ihn alle anstaunten und bewunderten, wie er nirgends verweilte und bald wieder an einem anderen Orte war. Er zog längs des galiläischen Meeres hin, um Tarichäa am Jordantal hinab, dann bei Salem gegen Bethel durch die Wüste, an Jerusalem vorüber, wo er in seinem Leben nie gewesen und auf das er mit Trauer und Wehklage sah. Immer ganz voll von seiner Bestimmung, ernst, streng, einfach, begeistert, nur eines rufend: Buße, Vorbereitung, der Heiland kommt! Dann zog er durch das Hirtental in seine Heimat. Seine Eltern waren tot; es waren aber einige Jünglinge, Verwandte von Zacharias' Seite seine ersten Jünger. Als Johannes durch Bethsaida, Kapharnaum und Nazareth kam, sah ihn die heilige Jungfrau nicht, die seit Josephs Tod wenig aus dem Hause kam. Aber Männer aus ihrer Familie hörten seine Ermahnungen und begleiteten ihn wohl auch ein Stück Wegs.

Zweimal zog Johannes drei Monate vor der Taufe durch das Land, den ankündigend, der nach ihm kommen sollte. Sein Wandeln geschah mit ungemeiner Gewalt und mit einem strengen Fortschreiten, schnell, doch ohne Hast. Es war kein ruhiges Wandeln, wie das des Heilandes. Wo er nichts zu tun hatte, sah ich ihn wohl laufen von Feld zu Feld. Er ging in die Häuser, in die Schulen zu lehren versammelte das Volk auch auf Plätzen und Straßen um sich. Ich sah, dass Priester und Obrigkeiten ihn hie und da anhielten und zur Rede stellten, aber mit Staunen und Verwunderung wieder freiließen.

Der Ausdruck: «dem Herrn die Wege bereitem» war nicht bloß figürlich, denn ich sah Johannes sein Amt mit Wegebereitung beginnen und alle die Orte und Wege durchziehen, welche nachher Jesus und die Jünger gewandelt sind. Er räumte Gesträuche und Steine aus den Wegen und machte Pfade. Er legte Steine über Bäche, reinigte ihr Bett, grub Wasserbecken und Brunnen, machte Sitze, Ruhestellen und Schattendächer an Orten, wo der Herr nachher geruht, gelehrt, gehandelt hat. Bei diesen Arbeiten zog der ernste, einfache und einsame Mann in seiner rauen Kleidung und Gestalt die Aufmerksamkeit der Leute auf sich und erregte Staunen in den Hütten, in die er trat, um das Gerät zu seinen Arbeiten zu entlehnen wohl auch zum mithelfen die Leute zu holen. Überall ward er bald umgeben und mahnte kühn und ernst zur Buße, den nachfolgenden Messias sich als dessen Wegebereiter verkündend. Oft sah ich ihn nach der Gegend hindeuten, wo Jesus gerade wandelte. Doch sah ich diesen nie mit ihm zusammen, obwohl sie manchmal kaum eine Stunde Weges auseinander waren. Einmal sah ich ihn, höchstens eine kleine Stunde von Jesus entfernt, den Leuten zurufen, er selber sei nicht das erwartete Heil, sondern ein armer Wegebereiter und dort wandle der Heiland, auf den er hinüberzeigte.

Johannes hat in seinem ganerste Malzen Leben den Heiland nur dreimal von Angesicht gesehen. Das erste Mal in der Wüste, als die Heilige Familie auf ihrer ägyptischen Fluchtreise in seiner Nähe vorüberzog und Johannes, vom Geiste geführt, heraneilte, seinen Meister zu grüßen, den er schon im Mutterleibe gegrüßt hatte. Er fühlte die Nähe seines Heilandes und dass Er dürstete. Da betete der Knabe und stieß mit seinem Stäbchen in die Erde, worauf eine reichliche Quelle entsprang. Er eilte ihrem Laufe voraus und sah Jesus mit Maria und Joseph vorüber reisen und da, wo die Quelle niederstürzte, tanzte er freudig und winkte mit seinem Fähnchen.

Das zweite Mal sah er Jesus bei der Taufe, das dritte Mal, als er Ihn am Jordan vorübergehen sah und Zeugnis von Ihm gab. Ich hörte den Heiland zu seinen Aposteln von der großen Überwindung des Johannes reden, dass er selbst bei der Taufe sich nur in den Schranken der feierlichen Anschauung gehalten, wenngleich sein Herz vor Liebe und Sehnsucht schier gebrochen sei. Nachher sei er demütig mehr vor Ihm gewichen, als dass er seiner Liebe nachgegeben und Ihn aufgesucht habe.

Johannes aber schaute den Herrn immerdar im Geiste, denn er war stets im prophetischen Zustande. Er sah Jesus als die Erfüllung seiner Sendung, als die Wirklichkeit seines prophetischen Rufes. Jesus war ihm nicht ein Zeitgenosse, nicht ein Mitlebender. Er war ihm der Erlöser der Welt, der menschgewordene Gottessohn, der Ewige erscheinend in der Zeit er konnte gar nicht denken, mit Ihm umgehen zu wollen. Johannes fühlte auch sich selber nicht, wie andere Menschen, als in der Zeit und Welt lebend und mit ihr verwickelt. Schon im Mutterleibe ward er vom Ewigen gerührt und vom Heiligen Geiste mit seinem Erlöser in einen außerzeitlichen Verkehr gebracht. Als kleiner Knabe ward er der Welt entrückt und blieb, von nichts als von seinem Erlöser wissend, in tiefster Abgeschiedenheit der Wildnis, bis er aus derselben wie abermals neugeboren hervorgeht und sein wunderbares Amt ernst begeistert, heftig und unbekümmert um alles umher beginnt. Judäa ist ihm nun die Wüste und wie er hier mit Quellen, Felsen, Bäumen und allen Tieren verkehrt. mit ihnen gelebt und gesprochen hatte, so spricht und tut er jetzt mit den Menschen und Sündern, ohne an sich selbst zu denken. Er sieht, weiß und spricht nur Jesus. Sein Wort ist: «Er kommt! bereitet die Wege, tut Buße, empfangt die Taufe! Siehe das Lamm Gottes, das trägt die Sünden der Welt!» In der Wüste rein und schuldlos wie ein Kind im Mutterleibe, ist er aus der Wüste getreten, rein und einfältig wie ein Kind an der Brust der Mutter. «Er ist rein, wie ein Engel, hörte ich den Herrn den Aposteln sagen, nie ist Unreines in seinen Mund gekommen, noch eine Sünde, noch Unwahrheit aus seinem Munde.»

Johannes taufte an verschiedenen Stellen. Zuerst bei Ainon in der Gegend von Salem, dann zu On gegenüber von Bethabara auf der Westseite des Jordan nicht weit von Jericho. Die dritte Taufstelle war östlich dem Jordan, ein paar Stunden nördlicher als die zweite. Dann taufte er zuletzt wieder in Ainon, wo er auch gefangen genommen ward.

Das Wasser, an dem Johannes tauft, ist ein Arm des Jordan, der an der Morgenseite des Flusses in einem Ausbug wohl eine Stunde Wegs macht. Dieser Arm ist an einigen Stellen so schmal, dass man darüber springen kann, an andern wieder breiter. Sein Bett kann sich hie und da verändert haben, denn schon damals sah ich an manchen Stellen kein Wasser. Der Ausbug des Jordan umfasst kleine Teiche und Brunnen, die ihr Wasser aus dem Jordanarm haben. Ein solcher Teich durch einen Wall von diesem Arme getrennt, ist die Taufstelle Johannes' zu Ainon. Es lagen Röhren unter dem Walle, durch welche man das Wasser zu- und ablassen konnte. Der Platz war dazu von Johannes eingerichtet. Es war eine Bucht am Ufer eingeschnitten und es gingen Zungen vom Land hinein. Der Täufling stand zwischen zwei Zungen bis zum Gürtel im Wasser und lehnte sich auf ein Geländer, das vor allen den Zungen hinlief. Auf der einen Zunge stand Johannes und schöpfte Wasser mit einer Schale auf den Kopf des Täuflings, auf der entgegengesetzten Landzunge stand ein Getaufter, der die Hand auf die Schulter des Täuflings legte. Dem ersten hatte Johannes die Hand selbst aufgelegt. Die Täuflinge hatten den Oberleib nicht ganz entblößt. Es wurde ihnen eine Art weißes Tuch umgeschlungen, nur die Schultern schauten heraus. Es war auch eine Hütte da, wo sie sich aus- und ankleideten. Ich habe hier keine Frauen taufen sehen. Der Täufer hat, so oft er tauft, ein langes weißes Gewand an.

Es ist eine überaus angenehme und wasserreiche Gegend, wo getauft wird heißt Salem. Der Ort Salem selbst liegt zu beiden Seiten eines Flussarmes. Ainon aber liegt jenseits des Jordan, nördlicher als Salem und dem Jordan näher und ist größer. Es weidet Vieh in der Gegend, viele Esel grasen auf den grünen Wiesen um die vielen Wässer. Es ist hier bei Salem und Ainon eine Art freier Gegend, oder eine Art herkömmlicher Gerechtigkeit gewesen, dass man niemand von da vertreiben durfte.

Johannes hatte seine Hütte zu Ainon auf den alten Grundmauern eines ehemaligen großen Gebäudes. Sie waren ganz verwildert und überwachsen und mit Rasen überzogen. Hie und da war eine Hütte drauf gebaut. Sie waren das Fundament eines Zeltschlosses, das Melchisedech hier gehabt. Ich habe von diesem Ort überhaupt allerlei Bilder früherer Zeit gesehen, wovon ich nur noch weiß, dass Abraham hier ein Gesicht hatte und zwei Steine aufrichtete, einen, worauf er kniete, den andern wie einen Altar. Ich sah, was ihm gezeigt wurde: es war eine Stadt Gottes, wie das Himmlische Jerusalem es strömten Strahlen von Wasser aus derselben nieder. Es wurde ihm auch befohlen, für die Ankunft der Stadt Gottes zu beten. Das aus der Stadt niederströmende Wasser ergoss sich nach allen Seiten. Abraham hatte dies Gesicht etwa fünf Jahre bevor Melchisedech sein Zeltschloss hier baute. Dies Schloss war aber mehr ein Gezelt mit Galerien und Treppen umher, auf die Art, wie das Schloss des Mensor in Arabien. Nur die Grundlage war sehr fest von Stein. Ich meine, jetzt zu Johannes Zeiten noch die vier Ecken gesehen zu haben, wo die Hauptpfähle drinstanden. Auf diesem Fundament, das noch jetzt wie eine überwachsene Schanze stand, hatte Johannes eine kleine Binsenhütte. Zu Melchisedechs Zeit war jenes Zeltschloss ein Ort, wo sich viele fremde und durchziehende Leute aufhielten, eine Art freier, köstlicher Herberge bei dem angenehmen Wasser. Vielleicht hat Melchisedech, den ich immer wie einen Ratgeber und Führer von hin und her ziehenden Völkern und Stämmen gesehen habe, dies Schloss gehabt, sie dort zu beherbergen oder zu belehren. Es hatte aber damals schon einen Bezug auf die Taufe und war für Melchisedech der Ort, von dem er zu seinen Bauten nach Jerusalem und zu Abraham und sonsthin ausging. Er sammelte und verteilte hier auch Familien und Leute, die sich da und dort ansiedelten.

Auch Jakob hatte mit seinen Herden einmal längere Zeit hier bei Ainon gelebt. Die Zisterne des Taufbrunnens bestand damals schon ich sah, dass Jakob sie erneuerte. Die Überbleibsel von Melchisedechs Schloss lagen nahe am Wasser und der Taufstelle ich sah, dass in der ersten Zeit des christlichen Jerusalem eine Kirche an dem Ort, wo Johannes taufte, stand. Ich sah diese Kirche noch bestehen, da Maria von Ägypten hier hinüber in die Wüste ging.

Salem war eine schöne Stadt, wurde aber im Kriege, ich meine bei Zerstörung des Tempels vor Jesus, verwüstet. Der letzte Prophet ist hier auch verweilt.

Johannes mochte ein paar Wochen durch sein Lehren und Taufen berühmt geworden sein, da kamen einige Boten des Herodes von Kallirrhoe zu ihm. Herodes wohnte dort auf einem Schlosse an der Morgenseite des Toten Meeres. Es sind dort viele Bäder und warme Quellen. Herodes wollte, dass Johannes zu ihm komme. Allein er erwiderte seinen Boten, er habe vieles zu tun, wenn Herodes ihn sprechen wolle, könne er selber zu ihm kommen. Danach sah ich Herodes auf einem Wagen mit niedrigen Rädern aber hohem Sitz, wo er alles wie von einem bedeckten Thron übersehen konnte, von Soldaten umgeben, nach einem Städtchen etwa fünf Stunden südlich von Ainon fahren und er ließ Johannes dahin laden. Johannes kam vor den Ort in eine Fremdenhütte und Herodes ging ohne Begleitung zu ihm dahin. Ich erinnere mich nur, dass Herodes ihm sagte, warum er in einer so elenden Hütte zu Ainon liege, er wolle ihm ein Haus dort bauen lassen; worauf Johannes erwiderte, er bedürfe keines Hauses, er habe, was er brauche und tue den Willen dessen, der größer sei, als er. Er redete ernst und streng und kehrte zurück. Er hat fern abgewendet von Herodes gestanden und wenig gesprochen.

Ich sah, dass die Söhne des verstorbenen Alphäus und der Maria Cleophä, Simon, Jakobus der Kleinere und Thaddäus ihr Sohn aus zweiter Ehe mit Sabas, Joses Barsabas, sich von Johannes bei Ainon haben taufen lassen. Auch Andreas und Philippus waren bei ihm und wurden von ihm getauft: dann sind sie wieder zu ihrem Geschäfte gezogen: auch die andern Apostel und viele Jünger haben bereits die Taufe.

Eines Tages kamen viele Vorgesetzte und Priester aus den umliegenden Orten von Jerusalem zu Johannes, um ihn zur Rede zu stellen, wer er sei, wer ihn gesendet was er lehre und so weiter. Er antwortete mit ungemeiner Strenge und Kühnheit die Nähe des Messias verkündend und sie ihrer Unbußfertigkeit und Heuchelei beschuldigend.

Nicht lange danach wurden aus Nazareth Jerusalem und Hebron ganze Scharen von den Vorstehern und Pharisäern zu Johannes gesendet, dass sie um seinen Beruf ihn fragen sollten. Es war auch eine Beschwerde, dass er den Taufplatz eingenommen, gegen ihn eingebracht worden.

Es waren viele Zöllner bei Johannes gewesen, die von ihm getauft wurden und denen er sehr ins Gewissen redete. Darunter war der Zöllner Levi, nachher Matthäus genannt der Sohn erster Ehe des Witwers Alphäus, des Mannes der Maria Kleophä. Er wurde sehr gerührt und besserte sich. Er war verachtet bei der Familie. Johannes wies auch viele dieser Zöllner zurück.

2. Soldaten des Herodes, Abgesandte des Synedrium. Scharen von Täuflingen kommen zu Johannes

In Dothaim, wo Jesus die tobenden Besessenen beruhigt hat, wohnten Heiden und Juden seit der Zeit der babylonischen Gefangenschaft gemischt. Die Heiden hatten auf einem Hügel in der Nähe ihre Götzenbilder und eine Opferstätte. Die Juden nun, aufgeregt durch das Gerede von der Nähe des Messias, der aus Galiläa kommen solle, wollten die Heiden nicht mehr in ihrer Nähe dulden. Dies Gerede hatte sich sowohl durch die Reise des Johannes durch diese Gegend, als durch die von ihm Getauften dort verbreitet. Ein benachbarter Fürst von Sidon hatte Soldaten zum Schutz der Götzendiener hingesendet und Herodes schickte nun auch Soldaten hin, um die Leute zur Ruhe zu bringen.

Diese Soldaten waren allerlei Gesindel. Ich sah, dass sie zu Kallirrhoe bei Herodes waren und ihm sagten, sie wollten sich erst von Johannes taufen lassen. Es war aber dies mehr Politik, sie wollten dadurch mehr Effekt bei den Leuten machen. Herodes erwiderte ihnen, es sei eigentlich nicht notwendig, von Johannes sich taufen zu lassen: da er keine Wunder tue, brauche man seine Sendung auch nicht anzuerkennen. Sie möchten übrigens zu Jerusalem fragen. Ich sah sie hierauf zu Jerusalem. Sie hatten dreierlei Behörden, bei denen sie fragten, woraus ich erkannte, dass es dreierlei Sekten waren. Dies geschah in dem Gerichtshof, wo Petrus den Herrn verleugnete. Es saßen da viele zu Gericht und war viel Volk da. Die Priester sagten ihnen spöttisch, sie möchten es tun oder lassen, es sei ganz einerlei. Danach kamen etwa dreißig von diesen Soldaten zu Johannes, der sie heftig ausschalt, wie es ihnen um keine Besserung zu tun sei. Er taufte darum nur wenige von ihnen, in denen er noch einigen guten Grund wahrnahm, nachdem er ihnen ihre Heuchelei scharf verwiesen hatte.

Die Menge der Menschen, die zu Ainon zusammenkommen, ist sehr groß. Johannes tauft mehrere Tage nicht, sondern lehrt sehr scharf und heftig. Große Scharen von Juden, Samaritanern und Heiden lagen getrennt voneinander auf den Hügeln und Wällen unter Obdächern, teils im Schatten, teils im Freien, um die Lehrstelle Johannes' und hörten zu. Sie lagen zu vielen Hunderten umher: sie kamen, seine Lehre und Taufe zu empfangen zogen wieder ab. Einmal sah ich besonders viele Heiden, auch Leute aus Arabien und noch tiefer aus Morgen. Sie führten große Esel und Schafe mit sich. Sie haben Verwandte hier im Land. Sie sind hierher oder hier durchgezogen und so zu Johannes gekommen.

In Jerusalem war eine große Beratung im Synedrium über Johannes. Es wurden von drei Behörden neun Männer an ihn gesendet. Annas sendete den Joseph von Arimathäa, den ältesten Sohn Simeons einen Priester, der die Opfer immer beschauen musste. Aus dem Rate wurden auch drei gesendet und drei gemeine Bürger. Sie sollten Johannes ausfragen, wer er sei er solle nach Jerusalem kommen. Wenn seine Sendung eine gerechte wäre, so würde er sich beim Tempel erst gemeldet haben. Sie hielten sich über seine unschickliche Kleidung auf und darüber, dass er die Juden taufe, da man doch nur die Heiden zu taufen pflege. Einige glaubten auch, er sei Elias von Jenseits wiedergekehrt.

Andreas und Johannes der Evangelist sind bei dem Täufer. Die meisten nachmaligen Apostel und viele Jünger außer Petrus, der bereits getauft ist und Judas der Verräter, der jedoch schon in der Gegend von Bethsaida bei den Fischern gewesen und sich um Jesus und Johannes erkundigt hat, sind jetzt bei ihm gewesen.

Als die Gesandten von Jerusalem bei Johannes ankamen, hatte er seit drei Tagen nicht mehr getauft: nun aber begann er eben wieder. Die Gesandten wollten, dass er sie anhöre: er aber sagte, sobald er fertig wäre antwortete ihnen dann derb und kurz. Sie hielten ihm vor, dass er eigenmächtig sei, er solle sich in Jerusalem melden, er solle nicht so wüst gekleidet sein. Als sich die Gesandten wieder zurückgezogen, blieben Joseph von Arimathäa und der Sohn Simeons bei Johannes zurück und empfingen von ihm die Taufe. Es waren aber viele Leute da, welche Johannes nicht taufen wollte: diese wendeten sich nun an die Gesandten und beschuldigten ihn der Parteilichkeit.

Die nachmaligen Apostel kehren wieder in ihre Gegenden zurück, erzählen von Johannes und werden aufmerksam auf Jesus durch Johannes' Lehre.

Joseph von Arimathäa, nach Jerusalem zurückreisend, begegnete Obed einem Verwandten der Seraphia (Veronika), der ein Tempeldiener war. Er erzählte diesem auf seine Frage vieles von Johannes. Obed ließ sich nun auch von Johannes taufen. Als ein Tempeldiener gehörte er unter die geheimen Jünger kam erst später zu Jesus.

3. Johannes empfängt die Mahnung, gegen Jericho zu ziehen

Ich sah darauf Johannes über den Jordan gehen, Kranke zu taufen. Er hatte nur sein Tuch umgeschlagen und den Mantel über den Schultern hängen. An der einen Seite hatte er einen Schlauch mit Taufwasser, an der andern seine Taufschale hängen. Es waren viele Kranke in Tragbetten und auf einer Art von Schubkarren an das Ufer des Jordan gebracht worden, dem Tauforte Johannes' gegenüber. Sie konnten nicht auf dem Rostfloß übergebracht werden und ließen ihn zu sich bitten. Er kam mit ein paar Jüngern. Er bereitete eine schöne Grube, vom Jordan durch einen Wall getrennt. Er tat dieses selbst: denn er hatte immer einen Spaten bei sich. Er ließ durch einen angelegten Kanal, den er schließen konnte, Wasser hinein und goss den Schlauch seines Taufwassers dazu. Er lehrte die Kranken und taufte sie dann, indem sie an den Rand des Brunnens gesetzt wurden und er aus einer Schale über sie goss. Nachdem Johannes die Kranken getauft hatte, zog er wieder auf die Morgenseite des Jordan nach Ainon.

Ich sah hier einen Engel zu ihm treten, der ihm sagte, er solle auf die andere Seite des Jordan ziehen bei Jericho: denn es nahe sich, der da kommen solle und er solle Ihn verkünden.

Darauf brachen Johannes und seine Jünger an der Taufstelle zu Ainon die Zelthütten ab, zogen einige Stunden an der Morgenseite des Jordan hinab setzten dann auf die westliche Seite über den Jordan, wo sie wieder eine Strecke aufwärts gingen. Hier waren Badeplätze, wie weiße, ausgemauerte Gruben mit einem zu öffnenden und zu schließenden Kanal aus dem Jordan, der hier keine Inseln hatte.

Diese zweite Taufstelle lag zwischen Jericho und Bethagla an der Abendseite des Jordan, gegenüber von Bethabara, das etwas abwärts auf der Morgenseite des Jordan lag. Es sind vom Taufort etwa fünf Meilen bis nach Jerusalem. Der gerade Weg führt über Bethanien durch eine Wüste und an einer Herberge vorüber, die aber etwas außerhalb dem Weg liegt. Es ist hier eine lustige Gegend zwischen Jericho und Bethagla. Der Jordan hat schönes Wasser, es wird so hell, wenn man es stehen lässt. Es ist auch an manchen Orten ganz wohlriechend, denn es stehen viele blühende Büsche am Wasser und die Blüten fallen hinein. Manchmal ist er sehr seicht und so klein, dass man schier durchsehen kann. Dann sehe ich in den Ufern gar tiefe Löcher in die Felsen eingehöhlt. Ich bin so gern in dem heiligen Land, aber ich weiß nie, wie es mit der Zeit ist. Wenn es hier bei uns Winter ist, blüht dort schon alles wenn unser Sommer ist blüht dort schon die zweite Ernte. Eine Zeit tritt auch ein, da ist es sehr neblig und regnet viel. Bei Johannes sind etwa hundert Leute, darunter seine Jünger und viele Heiden. Sie arbeiten an der Zurichtung des Ortes und der Hütte. Von der Taufstelle bei Ainon wird noch allerlei herübergebracht und alles wird nun besser eingerichtet. Die Kranken werden auf Betten herbeigetragen.

An dieser Stelle des Jordan hat Elias das Wasser mit seinem Mantel geteilt und ist hinübergegangen mit Elisäus, der dasselbe getan hat zurückgehend. Elisäus hat hier auch geruht. Die Kinder Israel sind ebenfalls hier herübergegangen.

Von Jerusalem wurden nun Leute vom Tempel, Pharisäer und Sadduzäer, zu Johannes abgesendet. Er wusste durch den Engel ihre Ankunft. Da sie gegen den Jordan kamen, sendeten sie einen Läufer vor sich her und ließen Johannes an einen nahe liegenden Ort zu sich rufen. Er störte sich aber nicht an ihnen und taufte und lehrte fort. Er ließ ihnen durch den Läufer zurück sagen, wenn sie mit ihm sprechen wollten, könnten sie zu ihm kommen. Sie kamen nun selbst heran: aber Johannes ließ sich wieder nicht mit ihnen ein, sondern lehrte und taufte fort und sie hörten seine Lehre und gingen wieder. Da er aber fertig war, beschied er sie unter ein Obdach oder Zelt das die Jünger errichtet.

Hier kam Johannes von seinen Jüngern und vielen Menschen begleitet zu ihnen. und sie fragten ihn allerlei, ob er dieses und jenes sei ich sah ihn immer verneinend antworten. Sie fragten auch, wer derjenige dann sei, von dem man rede. Es seien doch alte Prophezeiungen da jetzt sei ein Gerede unter dem Volke, als sei der Messias gekommen. Johannes sagte, dass einer unter ihnen aufgestanden, den sie nicht erkennten. Er habe ihn nie gesehen ehe Er geboren sei, habe Er ihm befohlen, seine Wege zu bereiten und Ihn zu taufen. Sie sollten zu einer gewissen Zeit kommen, dann würde Er zu seiner Taufe hier sein. Er redete noch sehr strenge und sagte, sie seien nicht zur Taufe, sondern zum Lauern gekommen. Sie aber sagten ihm, sie wüssten nun, wer er sei, er taufe ohne Beruf und sei ein Heuchler, in roher Kleidung usw. und zogen wieder ab.

Bald danach kamen abermals Gesandte des Synedriums, gegen zwanzig, von Jerusalem. Sie waren von allen Ständen, auch Priester mit Mützen, breiten Gürteln und langen Binden vom Arm niederhängend, welche am Ende rau wie Pelzwerk waren. Sie sagten ihm sehr dringend, dass sie von dem ganzen Synedrium gesendet seien, er solle sich vor demselben stellen und über Beruf und Sendung sich ausweisen. Es sei ein Beweis seines Nichtberufes, dass er dem Synedrium nicht Gehorsam leiste. Ich hörte Johannes deutlich gegen sie aussprechen: sie sollten harren, bald werde der zu ihm kommen, der ihn gesendet habe. Er bezeichnete Jesus deutlich, Er sei in Bethlehem geboren, in Nazareth erzogen, nach Ägypten geflüchtet usw. Er habe Ihn nie gesehen. Sie warfen ihm vor, er spiele im Einverständnis mit Ihm und sie sendeten sich einander Boten zu. Johannes antwortete, die Boten, die sie sich sendeten, könne er ihren blinden Augen nicht zeigen, sie seien ihnen nicht sichtbar. Die Gesandten verließen ihn unwillig.

Es kommen von allen Gegenden große Scharen, Heiden und Juden. Auch schickt Herodes sehr oft Leute, Johannes zu hören, die ihm wieder erzählen müssen, was er gelehrt.

Es ist auch jetzt alles viel schöner am Taufort eingerichtet. Johannes hat mit seinen Jüngern ein großes Zelt aufgeschlagen, worin die Kranken und Müden gelabt werden und wo auch Lehre gehalten wird. Sie singen Lieder: ich hörte sie einen Psalm vom Durchgang der Kinder Israel durch das Rote Meer singen.

Allmählich ist eine kleine Stadt von Hütten und Zelten dort. Sie sind teils mit Fellen, teils mit Wasserbinsen gedeckt. Es ist ein großer Zug von Fremden dort aus der hintersten Gegend, wo die Heiligen Drei Könige wohnen. Sie haben viele Kamele, Esel und schöne lustige Pferdchen bei sich. Sie ziehen so immer nach Ägypten. Sie haben sich alle um Johannes' Taufort gelagert, hören seine Lehre vom Messias und empfangen die Taufe.

Von hier ziehen sie dann in Scharen nach Bethlehem. Unfern der Krippenhöhle, gegen das Feld der Hirten zu, war ein Brunnen Abrahams. Er hatte mit Sara in der Gegend gewohnt und in einer Krankheit eine heftige Begierde nach Wasser aus diesem Brunnen gehabt: und als es in einem Schlauch gebracht wurde, hat er sich zur Ehre Gottes überwunden und sich den Trunk versagt und ist zum Lohn genesen. Seiner großen Tiefe wegen war das Wasserholen beschwerlich. Es steht ein großer Baum dabei und die Höhle ist nahe, wo Maraha, die Amme Abrahams, begraben liegt die er sehr alt auf einem Kamee mit sich führte. Dies ist ein Wallfahrtsort frommer Juden, wie der Berg Karmel und Horeb. Die Heiligen Drei Könige hatten hier auch gebetet.

Galiläer waren noch nicht viele bei Johannes, außer den späteren Jüngern Jesu. Mehr Volk kam aus der Gegend von Hebron und sehr viele Heiden. Deswegen mahnte Jesus in seinen Unterredungen auf dem Wege durch Galiläa so eifrig, zu Johannes' Taufe zu ziehen.

4. Herodes bei Johannes. Festfeier am Lehrorte

Der Lehrort Johannes' war etwa eine Stunde weit von der Stelle, wo er zu taufen pflegte. Dies war ein den Juden heiliger Erinnerungsort. Er war mit Mauern umgeben wie ein Garten. Im Innern waren Hütten an den Wänden, mit Binsen gedeckt: in der Mitte lag ein Stein auf der Stelle, wo die durch den Jordan gezogenen Kinder Israel die Bundeslade zuerst niedergesetzt und ein Dankfest gehalten hatten. Über diesem Stein hatte Johannes seine Lehrhütte errichtet, ein großes Gezelt von Flechtwänden mit Binsen gedeckt. Am Fuße dieses Steines war der Lehrstuhl Johannes'. Hier lehrte er vor allen seinen Jüngern, als Herodes angezogen kam: und er ließ sich nicht von ihm stören.

Herodes war in Jerusalem mit der Frau seines Bruders, die dort mit ihrer etwa sechzehnjährigen Tochter Salome gewesen, zusammengekommen. Er hatte das Gelüsten, sich mit ihr zu vermählen und hatte die Frage über die Erlaubnis dieser Ehe dort vergebens dem Synedrium vorgelegt darüber war er in Streit mit dem Synedrium gekommen. Er fürchtete aber die öffentliche Stimme des Volkes und wollte diese durch einen Ausspruch des Propheten Johannes beschwichtigen. Er meinte, dieser würde gewiss, um seine Gunst zu gewinnen, seinen Schritt billigen.

Ich sah Herodes mit Salome, der Tochter der Herodias deren Kammerfrauen und etwa dreißig Begleitern in einem großen Zug gegen den Jordan ziehen. Er und die Frauen saßen auf einem Wagen. Er hatte dem Johannes einen Boten gesendet. Dieser aber wollte ihn an der Taufstelle nicht haben, als einen Mann, der mit seinen Frauen und Gefolge die heilige Handlung verunreinige. Er stellte daher das Taufen ein und begab sich mit seinen Jüngern an den Lehrort und lehrte dort von der Sache, die Herodes wissen wollte, ganz derb. Er sagte, er solle auf den warten, der nach ihm kommen werde: er werde nicht lange mehr hier taufen, er müsse dem weichen, dessen Vorläufer er sei.

Er sprach so gegen Herodes, dass dieser wohl merkte, er kenne seine Absicht. Herodes aber ließ ihm eine große Rolle übergeben, die seinen Handel enthielt. Sie wurde vor Johannes niedergelegt, denn er wollte mit ihrer Berührung seine taufende Hand nicht beflecken. Ich sah hierauf Herodes unwillig mit seinem Gefolge den Ort verlassen. Er wohnte damals noch in den Bädern von Kallirrhoe, einige Stunden vom Taufort des Johannes. Er hatte einige von seinem Gefolge mit der Schriftrolle zurückgelassen, Johannes zu ihrer Bestätigung zu nötigen, aber vergebens. Johannes kehrte zu der Taufstelle zurück. Die Frauen waren prächtig, aber ziemlich ehrbar gekleidet. Magdalena war in ihrem Putz phantastischer.

Es ist nun ein dreitägiges Fest an dem Bundesladenstein, wo das Lehrzelt des Johannes ist. Ich weiß nicht mehr bestimmt ob wegen des Zuges Israels durch den Jordan, oder aus anderer Veranlassung. Die Johannesjünger schmücken den Ort mit Bäumen, Kränzen und Blumen. Es ist Petrus, Andreas, Philippus, Jakob der Kleinere, Simon und Thaddäus dabei und viele nachmalige Jünger Jesu. Dieser Ort war frommen Juden noch immer sehr heilig: aber im ganzen etwas in Verfall geraten. Johannes hatte ihn wieder in Aufnahme gebracht. Johannes und einige seiner Jünger waren in priesterlicher Kleidung. Der Täufer hatte über einem grauen Unterkleid ein weißes, langes, weites Kleid, um den Leib mit einer gelb und weiß durchgewürfelten Art von Schärpe gegürtet: es hingen Quasten an dem niederfallenden Ende. Auf den beiden Schultern hatte er wie zwei lange gekrümmte Edelsteine befestigt, in deren jedem sechs Namen der Stämme Israels standen. Auf der Brust war ein viereckiges, gelb und weißes Brustschild an den vier Ecken mit goldenen Kettchen befestigt. Auf diesem Schilde waren auf zwölf verschiedenen Edelsteinen die Namen der zwölf Stämme eingegraben. Über die Schultern hing ihm ein langes Tuch, wie ein Handtuch, eine Stola, nieder, gelb und weiß gewürfelt und mit Quasten an den Enden. Am Rock unten hingen gelbe und weiße Seidenfruchtknoten. Sein Haupt war entblößt, aber er hatte eine schmale Zeugbahn unter den Kleidern um den Hals, die er wie eine Kapuze über den Kopf ziehen konnte und die dann mit einer Spitze bis unter die Stirne ging.

Es stand vor dem Bundesladensteine ein kleiner Altar, nicht ganz viereckig, in der Mitte ausgehöhlt, mit einem Rost bedeckt unten war ein Aschenloch und an den vier Seiten hohle Röhren wie Hörner. Es waren mehrere Jünger mit weißen Kleidern und breiten Gürteln, nach der Weise, wie die Apostel in ihren ersten gottesdienstlichen Versammlungen gekleidet, zugegen. Sie dienten bei dem Opfer. Es wurde geräuchert und Johannes verbrannte verschiedene Kräuter, Gewürze und ich meine auch Ähren auf dem Rauchaltare, den man hin und her tragen konnte. Alles war mit Kränzen und Blumen und Laub geschmückt. Es waren unzählig viele Täuflinge da.

Die priesterlichen Gewänder und Zierden des Täufers sind an der jetzigen Taufstelle bereitet worden. Es wohnten in diesen Tagen auch Frauen hier abgesondert am Jordan: sie wurden nicht getauft, sie arbeiteten aber allerlei Geräte und geistliche Kleider für den Täufer.

Es war in allem, als fange Johannes eine neue Kirche an. Hier tat er auch nicht mehr solche Handarbeit und hatte beim Taufen ein langes weißes Gewand an. Die Taufstelle Jesu allein bereitete er noch ganz mit seiner Hand und die Jünger trugen ihm zu.

Ich sah Johannes an dem festlichen Ort eine große, sehr lebhafte Lehre halten. Er stand oben über dem Zelt in seinem priesterlichen Ornat. Das Zelt war mit Galerien umher, wie die Zelte der Könige in Arabien gebaut. Rings an der den Platz umgebenden Mauer waren aufsteigende Sitze errichtet wo die Leute standen, deren eine unzählige Menge zugegen war. Er lehrte von dem Heiland, der ihn gesendet und den er nie gesehen und von dem Durchzug durch den Jordan. Es war in dem Zelt auch wieder ein Rauchopfer und wurden Kräuter verbrannt.

Von Maspha bis in Galiläa hinauf war verkündet worden, dass Johannes eine große Lehre halten werde: und so waren sehr viele Menschen hierher gekommen. Die Essener waren schier alle zugegen. Die meisten Leute hatten lange weiße Kleider an. Ich sah Mann und Frau ankommen. Die Frauen saßen zwischen Körben mit Tauben auf Eseln, welche die Männer führten. Es wurden von den Männern Brote geopfert und von den Frauen Tauben. Johannes stand dabei hinter einem Gitter und empfing die Brote: sie wurden auf einer langen übergitterten Tafel vom anhängenden Mehl gereinigt und auf Schalen aufgetürmt von Johannes gesegnet und emporgehoben, wie zum Opfer. Es wurden die Brote nachher in Stücke zerschnitten und ausgeteilt und die Leute, welche am weitesten her waren, erhielten am meisten davon, weil sie es am nötigsten brauchten. Das vom Brote abgeriebene Mehl und was beim Schneiden abfiel, fiel durch den gegitterten Tisch in einen Behälter und ward auf dem Altar verbrannt. Die Tauben, welche die Frauen brachten, wurden auch ausgeteilt. Dies dauerte wohl einen halben Tag.

Das ganze Fest dauerte, den Sabbat mit inbegriffen, drei Tage lang. Nachher sah ich Johannes wieder am Taufplatz beschäftigt.

5. Die Taufinsel Jesu tritt aus dem Jordan hervor

Johannes hielt seinen Jüngern am Jordan eine Lehre von der Nähe der Taufe des Messias. Er sagte, dass er Ihn nie gesehen: sprach aber: «Ich will euch zum Zeugniss seine Taufstelle zeigen. Seht die Wasser des Jordan werden sich teilen und es wird eine Insel entstehen!» In demselben Augenblick sah ich die Wellen des Flusses sich teilen und es trat mit der Oberfläche des Wassers in gleicher Höhe eine kleine eirunde weiße Insel hervor. Dies war die Stelle, wo die Kinder Israel über den Jordan mit der Bundeslade gezogen waren hier hatte auch Elias den Jordan mit seinem Mantel geteilt.

Es war eine große Rührung unter den Anwesenden: sie beteten und lobsangen. Johannes aber. und die Jünger legten große Steine in das Wasser und Bäume und Zweige darüber und machten eine Brücke bis zur Insel und schütteten kleine weiße Steinchen über die Brücke. Als sie fertig war, konnte das Wasser unten durchrauschen. Johannes und seine Jünger pflanzten zwölf Bäumchen um die Insel und zogen sie in eine oben offene Laube zusammen. Zwischen dieselben setzten sie noch kleinere Hecken, welche viel am Jordan hin und her wuchsen. Sie hatten weiße und rote Blüten und gelbe Früchte mit einem Krönchen wie Mispeln. Es sah sehr schön aus, denn einige blühten, andere waren voll Früchte.

Die emporgetauchte Insel, der Ort, wo die Lade beim Durchzug durch den Jordan gestanden, schien felsig und das Flussbett mehr ausgewaschen als zu Zeiten Josuas: das Wasser aber schien viel niedriger, so dass ich nicht weiß, ob das Wasser wich oder die Insel stieg, da Johannes sie als Jesu TaufsteIle hervorrief.

Links von der Brücke, nicht in der Mitte, sondern näher an dem Rand der Insel, war eine Grube gemacht, in welcher klares Wasser emporstieg. Es führten einige Stufen hinab und dicht an dem Wasserspiegel lag ein dreieckiger, glatter roter Stein, auf welchem Jesus bei der Taufe stehen sollte. Zur Rechten dieses Steines stand ein feiner Palmbaum mit Früchten, den Jesus bei der Taufe mit dem Arm umfasste. Der Rand des Brunnens war zierlich ausgelegt und alles sehr schön gearbeitet.

Als Josua die Israeliten durch den Jordan führte, sah ich, dass der Jordan sehr angeschwollen war. Die Lade des Bundes wurde weit vor dem Volk her zum Jordan getragen. Unter den zwölf Begleitenden und Tragenden waren Josue, Caleb und ein Name, wie Enoi ungefähr klingend. Am Jordan nahm einer den vorderen Teil, den sonst zwei trugen, allein: hinten trugen die andern nach und als er die Füße der Lade ins Wasser setzte, hielt im selben Augenblick das zufließende Wasser still und schwoll an und schien fest wie Gallerte und stieg wachsend auf wie ein Berg, so hoch, dass man ihn fern bei der Stadt Zarthan sehen konnte. Das Wasser gegen das Tote Meer zu verlief sich und man konnte trockenen Fußes durch das Flussbett gehen. Es zogen auch die Israeliten entfernt von der Bundeslade weiter unten hin über den Fluss.

Die Bundeslade wurde von den Leviten weiter in das Flussbett getragen bis an eine Stelle, wo vier viereckige Steine regelmäßig lagen. Sie waren blutrot und an jeder Seite lagen zwei Reihen von sechs dreieckigen glatten wie behauenen Steinen, also auf jeder Seite zwölf. Die zwölf Leviten setzten die Bundeslade auf die vier mittleren Steine nieder und traten, sechs rechts, sechs links, auf die zunächst liegenden zwölf dreieckigen mit der Spitze eingesenkten Steine.

Zwölf andere entfernter liegende, ebenfalls dreieckige, sehr große und dicke Steine waren buntfarbig verschieden und manche mit allerlei Figuren und Blumen bezeichnet. Josua ließ zwölf Männer aus den zwölf Stämmen auswählen, welche diese Steine auf dem Nacken an das Ufer tragen und an einer ziemlich entfernten Stelle, in deren Nähe später ein Ort entstand, in zwei Reihen zum Gedächtnis niederlegen mussten. Die Namen der zwölf Stämme und die Träger wurden darauf gegraben. Die Steine, worauf die Leviten gestanden, waren jedoch größer und sie wurden, als sie das Flussbett verließen, aufgerichtet so dass die Spitze in die Höhe kam. Die ans Land getragenen Steine waren zu Johannes' Zeiten nicht mehr sichtbar. Ob sie nur mit Erde bedeckt oder im Krieg zerstört worden, weiß ich jetzt nicht. Johannes aber hatte sein Zelt zwischen ihnen aufgeschlagen. Es kam später, ich meine durch Helena, eine Kirche dorthin.

Die Stelle, worauf die Bundeslade im Jordan gestanden, ist aber gerade der Ort des Taufbrunnens Jesu auf der Insel, die vom Wasser entblößt erschien.

Als die Israeliten und die Bundeslade herüber und die zwölf Steine aufgerichtet waren, begann der Jordan wieder zu strömen.

Der Wasserspiegel des Taufbrunnens lag in der Insel so tief, dass vom Ufer aus der Täufling nur bis unter die Brust gesehen werden konnte. Die Vertiefung war leise abfallend das achteckige Wasserbecken, das ungefähr fünf Fuß im Durchmesser hatte, war von einem fünfmal durchschnittenen Rand umgeben, auf welchem mehrere Menschen Raum hatten.

Die zwölf dreieckigen Steine, auf welchen die Leviten standen, ragten zu beiden Seiten des Taufbrunnens Jesu aus dem Grunde mit ihren Spitzen empor. In dem Taufbrunnen selbst lagen jene viereckigen roten Ruhesteine der Bundeslade unter dem Wasserspiegel. Diese Steine hatten in früherer Zeit bei niederem Wasserstande aus dem Jordan mit den Spitzen herausgesehen.

Dicht am Brunnenrand lag ein dreieckiger Pyramidalstein mit der Spitze eingesenkt auf dem Jesus bei der Taufe stand, da der Heilige Geist über Ihn kam. Ihm zur Rechten stand der feine Palmbaum dicht am Brunnenrand, den Er bei der Taufe umfasste, zur Linken stand der Täufer. Dieser dreieckige Standstein Christi war nicht von jenen zwölf umgebenden Steinen: ich meine, Johannes brachte ihn vom Ufer. Es war auch ein Geheimnis mit ihm, er war mit allerlei Blumen und Adern durchwachsen. Die zwölf anderen Steine waren von verschiedenen Farben und auch mannigfaltig geadert und durchblümt. Sie waren größer, als die ans Land getragenen und es ist mir, als seien jene Steine Edelsteine gewesen als habe Melchisedech sie klein gepflanzt da der Jordan damals nicht darüber floss. Er hat an mancherlei Orten auf diese Weise etwas bauend gegründet, was lang mit Sumpf und Erde bedeckt hernach zu Tage kam und ein heiliger Ort wurde, wo etwas geschah.

Ich meine auch, dass von den zwölf Steinen, oder jenen, die ans Land getragen wurden, die Edelsteine waren, welche sich im Brustschild des Täufers bei dem jetzigen Feste befanden.

6. Neue Gesandtschaft von Jerusalem. Herodes wieder bei Johannes

Als Johannes wieder am Taufplatz beschäftigt war, sah ich wieder eine Sendung von etwa zwanzig Personen von allen Behörden Jerusalems sich ihm nahen, ihn zur Rechenschaft zu ziehen. Sie warteten an dem Orte, wo das Fest gewesen und beschieden Johannes zu sich. Er kam aber nicht. Ich sah sie tags darauf etwa eine halbe Stunde von der Taufstelle. Johannes ließ sie nicht einmal in den Kreis der vielen umliegenden Wohnungen kommen. Dieser Umkreis war abgezäunt. Ich sah Johannes nach seiner Arbeit etwas sich ferne haltend, mit ihnen reden. Er sprach wie immer mit ihnen, nahm ihre Fragen nicht alle an und berief sich auf den, der bald kommen werde zu seiner Taufe, der mehr sei als er und den er nie gesehen.

Darauf sah ich Herodes auf einem Maultier in einer Art Kasten sitzend, auch die Frau seines Bruders, mit der er lebte, stolz und frech geschmückt, kraus und breit gekleidet, ebenso auf einem Maultier sitzend, mit Gefolge einiger Diener bis in die Nähe des Tauforts kommen. Die Frau hielt in einiger Entfernung auf dem Maultier. Herodes aber stieg ab und nahte mehr Johannes ließ sich aus einiger Entfernung mit ihm in ein Gespräch ein. Herodes rechtete mit Johannes: denn dieser hatte einen Bann über ihn ausgesprochen, nachdem er ihm neulich die Schrift zur Verteidigung seiner unerlaubten Verbindung vorgelegt. Er hatte ihn von aller Teilnahme an der Taufe und dem Heil des Messias ausgeschlossen, wenn er nicht von diesem schändlichen Verhältnisse ablasse. Herodes fragte, ob Johannes einen Jesus von Nazareth kenne, von dem jetzt ein Gerücht im Land sei, ob er Boten von ihm empfange, ob dieser es sei, von dem er immer verkündige. Er möge es ihm sagen, denn er wolle sich an diesen mit seiner Sache wenden. Johannes erwiderte, dieser werde ihn ebenso wenig anhören, als er. Er sei und bleibe ein Ehebrecher, er möge seinen Handel vorbringen, wo er wolle, es werde immer ein Ehebruch bleiben. Da Herodes ihn fragte, warum er nicht näher zu ihm herkomme und immer nur aus der Ferne zu ihm schreie, sagte Johannes: «Du warst blind und bist durch den Ehebruch noch blinder geworden je näher ich dir komme, je blinder wirst du werden: wenn ich aber in deiner Gewalt sein werde, wirst du tun, was dich gereuen wird!» Es lag hierin eine Prophezeiung auf seinen Tod. Herodes und die Frau verließen nun Johannes sehr erbittert.

Die Zeit naht, da Jesus zur Taufe kommt. Johannes sah ich sehr betrübt. Es war, als sei seine Zeit nun bald aus: denn er greift in seinem Tun nicht mehr so mutig um sich. Er wird heftig bedrängt. Man kam abwechselnd bald von Jericho, bald von Jerusalem, bald von Herodes, um ihn vom Taufplatz zu vertreiben, seine Anhänger hatten eine große Strecke um den Taufort, wie ein Lager, eingenommen. Nun mutete man Johannes zu, er solle von dieser Stelle weichen und über den Jordan gehen. Soldaten des Herodes brachen sogar bis auf eine gewisse Strecke die Verzäunungen der Angesiedelten ab und trieben die Leute weg. Bis zu Johannes' Zelt zwischen den zwölf Steinen sind sie jedoch nicht gekommen. Johannes sprach sehr betrübt und niedergeschlagen darüber mit seinen Jüngern. Er sehnte sich sehr, Jesus möge zur Taufe kommen, dann wolle er vor Ihm nach jenseits weichen und werde nicht lange mehr unter ihnen sein. Seine Jünger waren sehr betrübt darüber und wollten nicht, dass er sie verlasse.

Als Johannes von Jesu Annäherung Nachricht erhielt, erhob er sich mit neuem Mut zur Taufe. Es kamen Scharen von jenen herbei, welche Jesus zur Taufe ermahnt hatte: darunter waren Zöllner und Parmenas mit seinen Eltern aus Nazareth.

Da Johannes vom Messias eine Lehre hielt und wie er Ihm bald weichen werde, demütigte er sich so vor Ihm, dass seine Jünger sich ordentlich darüber betrübten. Es kamen zu ihm auch die Jünger, die Jesus in Nazareth entlassen hatte. Ich sah dieselben in seinem Zelte mit ihm von Jesus sprechen. Johannes war in solchem Eifer der Liebe zu Jesus, dass er schier ungeduldig war, dass Jesus nicht deutlicher und bestimmter als der Messias sich ausspreche. Als Johannes sie taufte, erhielt er die Gewissheit von der Nähe Jesu. Er sah eine lichte Wolke über sie kommen und hatte ein Gesicht von Jesus und allen seinen Jüngern um Ihn her. Seitdem ist Johannes unbeschreiblich freudig und sehnsüchtig und schaut immer in die Ferne, ob der Herr nicht nahe.

Die Insel mit dem Taufbrunnen ist nun schön grün. Niemand geht darauf, als manchmal Johannes. Der Weg über die Brücke dahin ist für gewöhnlich gesperrt.

7. Jesus wird von Johannes getauft

Jesus, schneller als Lazarus wandelnd, kam an zwei Stunden vor diesem an der Taufstelle Johannes' an. Es war Dämmerung, als Er in der Nähe derselben auf dem Weg unter eine Schar Leute kam, welche auch zur Taufe gingen. Sie kannten Ihn nicht und Er wandelte unter ihnen den Weg mit fort: aber sie schauten doch nach Ihm, denn Er war ihnen auffallend. Als sie ankamen, war es Morgen. Eine ungemeine Menge Menschen war versammelt und Johannes lehrte mit einer großen Begeisterung von der Nähe des Messias und der Buße wie er nun weichen werde. Jesus stand mitten in dem Gedränge der Zuhörer. Johannes fühlte seine Nähe und sah Ihn auch wohl und war ungewohnt freudig und eifrig: aber er unterbrach seine Rede nicht und fing hierauf an zu taufen.

Er hatte schon sehr viele getauft und es war etwa gegen zehn Uhr, als Jesus in der Reihe der Täuflinge auch zu seiner Stelle an den Taufteich hinabstieg. Da beugte sich Johannes vor Ihm und sagte: «Ich habe nötig, von dir getauft zu werden und du kommst zu mir!» Jesus erwiderte ihm: «Lasse es jetzt geschehen: denn es ziemt sich, dass wir alles Rechte erfüllen, dass du Mich taufst und Ich von dir getauft werde.» Er sagte ihm auch: «Du sollst die Taufe des Heiligen Geistes und des Blutes empfangen.» Da sagte Ihm Johannes, Er möge ihm zu der Insel folgen. Jesus sagte, Er wolle es tun, aber dann solle von dem Wasser, daraus alle getauft wurden, in jenes Becken gelassen werden alle, die mit Ihm jetzt hier seien, sollten auch dort getauft werden der Baum, um den Er gefasst, solle nachher an die gewöhnliche Taufstelle gepflanzt werden, dass alle daran fassten.

Der Heiland begab sich nun mit Johannes und dessen zwei Jüngern Andreas und Saturnin (Andreas war den Jüngern und Begleitern des Herrn, von denen oben die Rede war, von Kapharnaum hierher gefolgt) über die Brücke auf die Insel und ging in ein kleines Gezelt das dicht an der Morgenseite des Taufbrunnens zum Aus- und Ankleiden errichtet war. Die Jünger folgten auf die Insel. Bis an das Ende der Brücke aber standen die Menschen und am Ufer eine große Menge. Auf der Brücke konnten etwa drei Menschen nebeneinander stehen, einer der vordersten war Lazarus.

Der Taufbrunnen lag in einer achteckigen, sanft abfallenden Grube, auf deren Grund ein achteckiger Rand den Brunnen umfasste, den fünf unterirdische Kanäle mit dem Jordan in Verbindung setzten. Das Wasser umgab den ganzen Brunnenrand und erfüllte den Brunnen durch Einschnitte des Randes. Drei dieser Einschnitte des Randes waren an dem nördlichen Ende des Brunnens, wo das Wasser einfloss, sichtbar, zwei, durch welche das Wasser abfloss, an der Südseite des Brunnens waren bedeckt: denn hier war der Platz der Handlung und der Zugang, weshalb man auch hier das Wasser den Brunnenrand nicht umgeben sah. Von dieser mittäglichen Seite führten Rasenstufen den schrägen etwa einen halben Mann tiefen Abhang der Grube zum Brunnenrande hinab.

Auf dem Südostrand der Wasserfläche war ein dreieckiger, roter glänzender Stein zunächst am Rand des Brunnens eingefügt eine Seite lag gegen das Wasser und der Winkel gegen das Land. Diese Seite des Brunnenrandes, zu welcher die Stufen hinabführten, war etwas höher, als jene nördliche, welche für den Zufluss des Wassers drei Durchschnitte hatte. Von der Südwestseite des Brunnenrandes führte eine Stufe zu dem etwas tiefer liegenden Teil des übrigen Randes hinab und von dieser Seite allein ging man auf diesen Rand. Im Brunnen selbst. vor dem dreieckigen Stein, stand ein grünender Baum mit schlankem Stamm.

Die Insel war nicht ganz eben, sondern etwas höher in der Mitte, teils mit Felsengrund, teils auch mit weichen Stellen. Sie war mit Rasen überdeckt. In ihrer Mitte stand ein Baum mit weit verbreiteten Ästen die zwölf Bäume, um den Rand der Insel gepflanzt, waren mit den Wipfeln zu den Ästen dieses Mittelbaumes gezogen zwischen diesen zwölf Bäumen stand eine Hecke von vielen kleinen Stauden.

Die neun Jünger Jesu, welche in letzter Zeit immer mit Ihm gewesen, gingen zu dem Brunnen hinab und standen auf dessen Rand. Jesus legte in dem Zelt seinen Mantel ab, dann den Gürtel und einen wollgelben Rock, vorn offen, mit Schlingen geschlossen, dann jene schmale wollene Bahn um den Nacken über der Brust gekreuzt, die sie nachts und im Wetter um das Haupt schlagen. Nun hatte Er noch ein braunes gewirktes Hemd auf bloßem Leib, mit welchem Er heraustrat und zum Rande des Brunnens hinabstieg, wo Er es über das Haupt auszog. Er hatte um die Mitte des Leibes eine Binde, welche um die einzelnen Beine bis zu den halben Füßen gewickelt war. Alle seine Kleider empfing Saturnin und gab sie dem am Rand der Insel stehenden Lazarus zu halten.

Nun stieg Jesus in den Brunnen hinab, in welchem Er bis an der Brust im Wasser stand. Mit der Linken umfasste Er den Baum und hielt die Rechte vor der Brust die weiße Leibbinde schwamm mit aufgelösten Rändern auf dem Wasser. Johannes stand an dem südlichen Ende des Brunnens, er hatte eine Schale mit breitem Rand, durch welchen drei Rinnen liefen. Er bückte sich, schöpfte Wasser und ließ es in drei Strahlen über das Haupt des Herrn fließen. Ein Strahl floss auf das Hinterhaupt, einer in die Mitte des Hauptes, einer über das Vorderhaupt und Angesicht.

Die Worte, die Johannes beim Taufen sprach, weiß ich nicht mehr genau, aber ungefähr: «Jehova durch Cherubim und Seraphim gieße seinen Segen über dich aus mit Weisheit, Verstand und Stärke.» Ich weiß nicht recht, ob es gerade diese drei letzten Worte waren: aber es waren drei Gaben für Geist Seele und Leib war auch darin enthalten, so viel jeder bedürfe, um dem Herrn Geist, Seele und Leib erneuert wiederzubringen.

Indem nun Jesus aus der Tiefe des Taufbrunnens heraufstieg, hüllten Andreas und Saturnin, die zur Rechten des Täufers um den dreieckigen Stein standen, ein Tuch um Ihn, womit Er sich abtrocknete und legten Ihm ein langes weißes Taufhemd um (Sonst wurde den Getauften nur ein kleineres weißes Tuch umgehängt. von Jesu Taufe an aber ward es größer gebraucht) als Er nun auf den dreieckigen roten Stein trat der zur Rechten des Eintritts in den Brunnen lag, legten sie Ihm die Hand auf die Schulter und Johannes auf das Haupt.

Da dieses vorüber war, standen sie eben im Begriff, die Stufen heraufzusteigen, als die Stimme Gottes über Jesus kam, der allein, betend auf dem Stein stand. Es kam ein großes Brausen vom Himmel und wie ein Donner und alle Anwesenden bebten und schauten empor. Es senkte sich auch eine weiße Lichtwolke nieder ich sah eine geflügelte Gestalt von Licht über Jesus, die Ihn wie ein Strom übergoss. Ich sah auch, als sei der Himmel offen und sah die Erscheinung des himmlischen Vaters in gewöhnlicher Gestalt und hörte die Worte: «Dieses ist Mein lieber Sohn, an dem Ich Wohlgefallen habe», in der Stimme des Donners.

Jesus aber war ganz von Licht durchgossen und man konnte Ihn kaum ansehen, seine Gestalt war ganz durchsichtig. Ich sah auch Engel um Ihn Ich sah aber in einiger Entfernung auf dem Wasser des Jordan den Satan, eine schwarze dunkle Gestalt wie eine Wolke und sah in dieser Wolke ein Gewimmel von scheusslichem schwarzem Gewürm und Getier sich um ihn drängen. Es war, als werde alles Böse, alle Sünde, alles Gift aus der ganzen Gegend, da der Heilige Geist sich ergoss, in Gestalten sichtbar und flüchte sich in diese dunkle Gestalt als ihren Urquell hinein. Es war gräulich, aber erhöhte den unbeschreiblichen Glanz und die Freude und Klarheit welche sich über den Herrn und die Insel ergoss. Der heilige Taufbrunnen leuchtete bis auf den Grund und alles war verklärt. Da sah man die vier Steine, auf welchen die Bundeslade gestanden, im Grunde des Brunnens freudig schimmern auf den zwölf Steinen, um den Brunnen, wo die Leviten gestanden, schienen anbetende Engel zu stehen, denn es hatte der Geist Gottes vor allen Menschen dem lebendigen Grundstein, dem auserwählten köstlichen Eckstein der Kirche Zeugnis gegeben, um den wir als lebendige Steine gebaut ein geistliches Haus und ein heiliges Priestertum bilden müssen, um Gott wohlgefällige geistliche Opfer durch seinen lieben Sohn, an dem Er Wohlgefallen hat, bringen zu können.

Hierauf aber stieg Jesus die Stufen hinan begab sich unter das Zelt bei dem Taufbrunnen Saturnin brachte seine Kleider hinein, die Lazarus gehalten hatte Jesus legte sie an. Angekleidet trat Er aus dem Zelt und von seinen Jüngern umgeben auf den freien Platz der Insel zur Seite des mittleren Baumes. Johannes aber redete mit großer Freudigkeit zum Volk und gab Zeugnis von Jesus, dass Er der Sohn Gottes und der verheißene Messias sei. Er führte alle Verheißungen der Patriarchen und Propheten an, welche nun erfüllt seien und sprach aus, was er gesehen und die Stimme Gottes, die sie alle gehört und dass er nun bald, so Jesus zurückkehre, hier weichen werde. Auch sprach er von diesem Ort, dass hier die Lade des Bundes gestanden, als Israel das Land der Verheißung empfangen und dass nun der Erfüllet des Bundes hier selbst von seinem Vater, dem allmächtigen Gott bezeugt worden sei. Er wies auch alle zu Ihm und pries den Tag der erfüllten Sehnsucht von Israel selig.

Es waren unterdessen noch viele Leute und auch Freunde Jesu gekommen. Nikodemus, Obed, Joseph von Arimathäa, Johannes Markus und andere sah ich unter der Menge. Johannes sagte auch dem Andreas, er solle in Galiläa die Taufe des Messias verkünden. Auch Jesus bestätigte einfach, Johannes habe die Wahrheit gesprochen, sagte auch, Er werde eine kurze Zeit sich entfernen, dann sollten alle Kranken und Betrübten zu Ihm kommen, Er wolle sie trösten und ihnen helfen: sie möchten sich bis dahin vorbereiten mit Buße und guten Werken. Er werde sich entfernen und dann das Reich, welches Ihm sein himmlischer Vater gegeben, antreten. Jesus sprach dieses in einer Art Parabel, wie von einem Königssohn, der, ehe er seinen Thron in Besitz nehme, sich absondere, den Beistand seines Vaters erflehe und sich sammle usw.

Es waren unter den vielen Anwesenden auch einige Pharisäer, welche diese Worte ganz lächerlich auslegten. Sie sagten: «Er ist vielleicht doch nicht des Zimmermanns Sohn, sondern das untergeschobene Kind irgendeines Königs und wird nun hingehen und sich seine Leute sammeln und in Jerusalem einziehen.» Es kam ihnen das sehr kurios und unbesonnen vor.

Johannes fuhr aber fort, alle Anwesenden nun auf der Insel im Taufbrunnen Jesu an diesem Tage zu taufen. Es waren meistens Leute, die später zur Gemeinde Jesu kamen. Sie traten in das Wasser, das den Rand des Brunnens umgab der Täufer stand, sie taufend, auf demselben.

Jesus aber mit den neun Jüngern und einigen, die hier zu Ihm kamen, verließ die Taufstelle. Es folgten Lazarus, Andreas und Saturnin. Sie hatten auf seinen Befehl einen Schlauch mit Wasser aus Jesu Taufbrunnen gefüllt und trugen ihn mit sich. Die Anwesenden warfen sich vor Jesu nieder und flehten, Er möge bei ihnen bleiben. Er versprach aber wiederzukehren und ging von dannen.

8. Jesus wandelt über Luz und Ensemes nach den Advents- und Fluchtherbergen der Heiligen Familie

Jesus wanderte mit seinen Begleitern am selben Tage noch ein paar Stunden gegen Jerusalem zu an einen kleinen und geringen Ort, dessen Name wie Bethel klang. Es war eine Art Hospital daselbst wo viele Kranke lagen und wo Jesus einkehrte. Er nahm dort mit seinen Begleitern Speise. Es kamen noch mehrere alte Leute hinzu. Man begrüßte Ihn sehr feierlich als einen Propheten, denn man wusste schon durch Täuflinge, was Johannes von Ihm gelehrt. Jesus ging hier mit seinen Jüngern in die Kammern aller Kranken, tröstete sie alle und sagte ihnen, Er wolle wieder zu ihnen kommen und sie heilen, so sie an Ihn glaubten. Einen Kranken aber in der dritten Kammer heilte Er. Er war sehr dürr und hatte auch an dem Kopfe Geschwüre und einen weißen Ausschlag. Er segnete ihn und befahl ihm aufzustehen: der Mann stand auf und kniete vor Jesus nieder.

Durch Andreas und Saturnin wurden hier auch mehrere Leute getauft. Jesus ließ ein großes Becken voll Wasser, in welchem etwa ein Kind liegen konnte, in einem Raum des Hauses auf einen Schemel setzen ich sah, dass Er dieses Wasser segnete und mit einem Zweig etwas hineinsprengte, ich meine von dem Taufwasser aus dem mitgebrachten Schlauch. Die Täuflinge entblößten sich bis auf die Brust und beugten den Kopf über das Becken Saturnin taufte sie. Ich meine, er brauchte andere Worte, als Johannes, die ihm Jesus sagte, doch ich erinnere mich ihrer nicht deutlich. Jesus hielt an diesem Ort auch den Sabbat nach welchem Andreas nach Galiläa ging.

Jesus aber begab sich in eine Stadt, die Luz hieß. Hier ging Er in die Synagoge und hielt eine lange Rede, in welcher Er sehr viele alte geheime Vorbilder aus der Schrift auslegte. Ich erinnere mich, dass Er von den Kindern Israels sprach: nachdem sie durchs Rote Meer gegangen, seien sie so lange in der Wüste geirrt ihrer Sünden halber: dann seien sie durch den Jordan gegangen und hätten das gelobte Land empfangen. Nun sei die Zeit. dass dieses wirklich geschehe in der Taufe des Jordan. Damals sei es nur ein Vorbild gewesen, nun sollten sie treu bleiben und Gottes Gebote halten und sollten dann das Gelobte Land und die Stadt Gottes empfangen. Er verstand dieses geistlich vom himmlischen Jerusalem. Sie dachten immer an ein irdisches Reich und Befreiung von den Römern. Er sprach von der Lade des Bundes und der Strenge des alten Gesetzes: wer der Lade des Bundes genaht, sie anzurühren, sei getötet worden. Jetzt aber sei das Gesetz erfüllt und die Gnade gekommen in dem Sohn des Menschen. Er sprach auch, jetzt sei die Zeit, da der Engel den Tobias in das Gelobte Land zurückführe, der so lange den Geboten Gottes getreu in der Gefangenschaft geschmachtet habe. Er sagte auch von Judith der Witwe, welche dem trunkenen Assyrer Holofernes den Kopf abgeschnitten und das bedrängte Bethuel befreit habe: jetzt werde die Jungfrau, die von Ewigkeit gewesen, wachsen und groß werden viele stolze Häupter, welche Bethuel bedrängten, würden fallen. Er verstand dieses von der Kirche und ihrem Sieg über den Fürsten der Welt.

Jesus sprach noch viele solche Gleichnisse aus, die nun alle erfüllt seien. Doch sagte Er nie: «Ich bin es», sondern sprach immer, wie von einer dritten Person. Er sprach auch von der Nachfolge wie man alles verlassen und keine übermäßige Sorge um den Unterhalt haben solle, denn es sei ein Größeres, wiedergeboren zu werden, als Nahrung zu finden: so sie aber wiedergeboren würden aus dem Wasser und Heiligen Geiste, würde der sie auch ernähren, der sie wiedergeboren habe. Er sprach auch, dass die, welche Ihm folgen, alle die ihrigen verlassen und sich der Frauen enthalten müssten, denn es sei keine Zeit der Aussaat, sondern eine Zeit der Einsammlung. Er sprach auch von dem Himmelsbrot. Die Leute waren alle sehr verwundert und ehrerbietig: aber sie deuteten alle seine Lehren irdisch und körperlich.

Lazarus ging von hier ab: die anderen Freunde von Jerusalem waren schon vom Jordan abgegangen. Die heiligen Frauen, welche in Jerusalem bei Susanna gewesen, sind auch durch die Wüste abgereist.

Jesus zog von Luz mittagwärts mit seinen Jüngern: sie durchkreuzten die Wüste. Auf der Weiterreise, da Jesus und die Jünger zwischen einer Reihe Dattelbäume hinwanderten und die Jünger sich scheuten, an die Erde gefallene Früchte aufzulesen und zu essen, sprach Jesus zu ihnen, sie sollten die Früchte ruhig essen und fortan nicht so ängstlich sein: sie sollten ihre Reinheit in Seeleneigenschaften und in ihren Reden suchen und nicht in dem, was in den Mund eingehe.

Ich sah Jesus unterwegs in einer Reihe einzeln liegender Häuser etwa zehn Kranke besuchen und trösten und teils heilen. Mehrere davon folgten Ihm nach.

Er kam dann in einen kleinen Ort, der Ensemes heißt. Hier kamen Ihm die Leute entgegen gezogen. Es war schon verkündet worden, dass der neue Prophet nahe. Es kamen viele Leute mit den Kindern an der Hand, grüßten Ihn feierlich und warfen sich vor Ihm nieder: Er wies sie freundlich zurück. Es waren vornehme Leute des Ortes, welche Ihn in ihr Haus brachten. Die Pharisäer aber holten Ihn von da ab zur Schule. Sie waren gutgesinnt und freuten sich, einen Propheten bei sich zu haben. Auf die Nachricht der Jünger aber, Jesus sei Josephs des Zimmermanns von Nazareth Sohn, fanden sie allerlei an Ihm innerlich zu tadeln. Sie hatten Ihn für einen anderen Propheten gehalten. Jesus sprach von der Taufe, da fragten sie, um Ihn auszuhorchen, welche Taufe besser sei, seine oder Johannes' Taufe. Jesus wiederholte, was Johannes von seiner und des Messias Taufe gesagt, sagte aber auch, wer die Taufe des Vorläufers verschmähe, werde auch die Taufe des Messias nicht ehren. Er sagte jedoch nie: «Ich bin es», sondern redete immer in der dritten Person, wie nachher im Evangelium «des Menschen Sohn». Er nahm in dem Haus, wo Er eingekehrt war, noch ein Mahl und betete vor dem Schlafengehen mit den Jüngern zusammen.

Von Ensemes zog Jesus mit seinen Begleitern über den Bach Cedron in Judäa. Er ging meistens auf Nebenwegen und durchzog die Täler, in welchen die heilige Jungfrau mit Joseph nach Bethlehem auf Umwegen reisend geherbergt hat. Es ist jetzt Nebel dort und ziemlich kühl: manchmal liegt Schnee oder Reif in den tiefen Tälern: aber an der Sonnenseite ist alles grün und schön. Es hängen auch überall noch Früchte. Von diesen essen der Herr und die Jünger unterwegs. Er geht jetzt nicht in größere Orte, weil schon überall ein großes Gerede von seiner Taufe, dem Ereignis bei derselben und von Johannes' Aussage ist. Auch in Jerusalem ist schon großer Lärm darüber. Jesus weil erst nach seiner Rückkehr aus der Wüste von Galiläa aus auftreten und geht nur hier herum, aus Liebe noch einzelne Leute zur Taufe zu bewegen. Er geht nicht immer mit allen Jüngern zusammen, manchmal sind nur zwei bei Ihm. Sie zerstreuen sich in einzelne Hirtenhäuser, die vom Weg abliegen berichtigen die Meinungen der Leute: denn alle sind so von Johannes eingenommen, dass sie meinen, Jesus sei nur ein Helfer von ihm. Sie nennen Ihn auch nur den Helfer. Die Jünger erklären ihnen die Erscheinung des Heiligen Geistes und die Worte, die bei der Taufe gehört wurden und sagen ihnen, was Johannes ausgesprochen und wie er nur der Wegbereiter des Herrn sei und darum auch heftig und ungestüm: er breche die Bahn. Und so kommen dann die Hirten und Weber, deren viele hier in den Tälern herum wohnen, zu Jesus heran und hören unter Bäumen und Schuppen seine kurze Lehre und werfen sich vor Ihm nieder. Er segnet und ermahnt sie.

Unterwegs erklärte Er auch den Jüngern, welche die Worte bei der Taufe gehört hatten «dieses ist mein lieber Sohn», dass dies sein himmlischer Vater von allen gesagt habe, welche ohne Sünde die Taufe des Heiligen Geistes empfangen würden.

Diese Gegend ist es, durch welche Joseph und Maria nach Bethlehem gezogen waren. Joseph wusste in der Gegend Bescheid, denn sein Vater hatte hier herum Weiden gehabt. Joseph war zur Seite von Jerusalem wohl mit anderthalb Tag Umweg gereist, hatte alle Städte vermieden und war bei sehr kleinen Tagreisen von ein paar Stunden lieber hier durchgezogen, weil da die Hirtenhäuser sehr dicht lagen: denn es war der heiligen Jungfrau das Sitzen auf dem Quersattel und auch das Gehen in die Länge beschwerlich.

Die Hauptorte, nach welchen Jesus sich hinwendete, waren zwei Hirtenhäuser, vor denen seine Eltern damals angesprochen hatten. Zuerst kam Er an jenem Haus an, wo Maria übel aufgenommen worden war. Der Herr des Hauses war ein grober alter Mann: er wollte auch Jesus nicht aufnehmen und hatte ein solches Wesen, wie Bauern oft heutzutage, welche sagen: «was brauch ich dies oder das? Ich zahle meine Abgaben und gehe zur Kirche» übrigens leben, wie sie wollen. So sagten die Leute dieses Hauses auch: Was sie das brauchten! Sie hätten ihr Gesetz von Moses her und das habe ihnen Gott selbst gegeben und weiter brauchen sie nichts. Da sprach Jesus von der Gastfreundschaft und Barmherzigkeit welche alle heiligen Altväter geübt: denn wo wäre der Segen und das Gesetz, so Abraham die Engel von sich gestoßen, die ihm den Segen gebracht? Der Herr sagte ihnen auch in Parabeln: Wer die Mutter mit dem Kinde unter dem Herzen reisemüde an der Türe pochend weggewiesen und des freundlich Herberge suchenden Mannes gespottet habe, der weise auch den Sohn und das Heil von sich, das Er bringe. Er sagte dieses so deutlich, dass ich es dem einen wie einen Donnerkeil ins Herz fahren sah: denn hier war das Haus, wo sie Maria und Joseph auf ihrer Reise nach Bethlehem nicht aufgenommen und mit schnödem Spott abgewiesen hatten. Ich erkannte das Haus wohl wieder. Die Alten von den Leuten, welche damals zugegen waren, kamen in die größte Bestürzung: denn ohne dass Er sich und seine Mutter und Joseph nannte, hatte Er alles in einer Parabel gesagt, was sie getan.

Da warf sich einer vor Jesus nieder und bat Ihn, Er möchte doch bei ihm eintreten und Speise nehmen, denn Er sei gewiss ein Prophet, da Er alles wisse, was vor dreißig Jahren hier geschehen. Jesus nahm aber nichts von ihm an. Er lehrte noch die versammelten Hirten und sprach davon, dass alle Handlungen ein Vorbild und ein Keim der folgenden seien und dass Reue und Buße die alte Wurzel zerstöre und bei Sinnesänderung der Mensch in der Taufe des Heiligen Geistes wiedergeboren werde und Früchte des ewigen Lebens bringe.

Von hier zog er weiter durch die Täler und lehrte hie und da. Es schrien Ihm auch Besessene nach, die aber auf seinen Befehl schwiegen.

Jesus kam danach zu einem zweiten Hirtenhaus, das auf der Höhe gelegen und auch eine Herberge der heiligen Jungfrau gewesen war. Der Mann des Hauses hatte viele Herden unter sich. Hirten und Zeltweber wohnten in Reihen die Täler entlang. Sie hatten lange Bahnen unter freiem Himmel ausgespannt und es arbeitete einer dem andern in die Hände. Es waren sehr viele Schafherden in diesen Gegenden und auch vieles Wild. Die Tauben gingen scharenweise wie Hühner umher auch eine andere Art großer Vögel mit langem Schweif. Auch liefen viele Tiere wie Rehe mit kleinen Hörnern in der Wildnis: sie waren nicht scheu und mischten sich unter die Herden. Hier wurde Jesus sehr freundlich empfangen. Die Leute des Hauses und die Nachbarn und Kinder zogen Ihm freudig entgegen und warfen sich vor Ihm nieder. In diesem Haus waren die heilige Jungfrau und Joseph sehr liebevoll beherbergt worden. Es waren ein paar junge Leute im Haus, Kinder des Hausvaters, der noch lebte, ein altes gebücktes Männchen mit einem kleinen Hirtenstab. Jesus nahm hier Speise zu sich, Früchte und auch Grünes, das in eine Brühe getaucht wurde und kleinere Brote in der Asche gebacken. Diese Leute waren sehr fromm und erleuchtet.

Sie führten Jesus in den Raum, wo die heilige Jungfrau übernachtet hatte. Sie hatten ihn seit lange in einen Betort verwandelt. Er war sonst ein bloßer Abschlag in ihrem Wohnraum gewesen. Aber sie hatten ihn hernach getrennt und einen eigenen Gang hingebaut. Die vier Ecken des Raumes hatten sie gebrochen und ein Achteck daraus gemacht und die Decke oben in eine stumpfe Spitze zusammengezogen. In der Mitte hing eine Lampe herab. Auch war eine Lücke in der Decke, die geöffnet werden konnte. Vor der Lampe stand ein schmaler Tisch, wie eine Kommunionbank bei uns, woran sie betend sich anlehnen konnten. Es war sehr schön und rein wie eine Kapelle. Der Greis führte Jesus hinein und zeigte Ihm, wo seine heilige Mutter geruht und wo seine Großmutter Anna geschlafen, welche auch hier eingekehrt war, da sie die heilige Jungfrau in Bethlehem besuchte.

Diese Leute wussten von der Geburt Jesu und von der Anbetung der Könige und der Prophezeiung Simeons und Hannas im Tempel, von der Flucht nach Ägypten und der wunderbaren Lehre Jesu im Tempel. Sie hatten auch mehrere dieser Tage in ihrem Gebetsort mit Gebet gefeiert und von Anfang treulich geglaubt, gehofft und geliebt. Sie fragten Jesus ganz einfältig auf ländliche Weise, wie das denn nun wäre. In Jerusalem bei den großen Leuten gehe die Rede, der neue Messias werde als ein König der Juden das Reich herstellen und sie von dem Joche der Römer befreien. Ob dies denn so kommen würde? Jesus erklärte ihnen alles in einer Parabel von einem Königssohn, den sein Vater aussende, seinen Thron zu besteigen, das Heiligtum herzustellen und seine Brüder vom Joch zu befreien. Sie würden aber seinen Sohn nicht erkennen, sie würden ihn verfolgen und misshandeln, er würde aber doch erhöht werden und alle zu sich ziehen in das Reich seines himmlischen Vaters, welche seine Gebote halten würden.

Es gingen viele Leute mit Jesus in den Betort hinein und Er hat daselbst gelehrt. Er hat hier auch geheilt. Der alte Hirte führte Ihn zu einer Nachbarin, welche seit langen Jahren an Gicht zu Bett lag. Jesus nahm sie bei der Hand und befahl ihr, aufzustehen. Und sie stand gleich auf und dankte kniend dem Herrn und begleitete Ihn bis unter die Türe. Sie ging so krumm gebückt wie Petri Schwiegermutter.

Jesus ließ sich hernach von diesen Leuten in ein tiefes Tal führen, wo viele Kranke waren, Er heilte viele und tröstete alle Er heilte wohl an zehn Menschen.

Johannes tauft noch immer. Es kommen nun noch viel mehr Leute. Der Baum aus dem Taufbrunnen Jesu ist mitten in den großen Taufteich gesetzt und sehr schön grün. Dieser Taufteich hat Treppen von den Ufern hinab und es gehen mehrere Zungen vom Land in den Teich, auf welche die Leute hintereinander treten. Sie gehen auf der einen Seite heran, auf der anderen hinweg.

Als Jesus das Hirtenhaus verließ, welches etwa fünf Stunden von Bethlehem liegt. begleiteten Ihn die Leute. Sie hingen mit jenen Hirten zusammen, welche Jesus in der Krippe heimgesucht hatten. Darum waren sie auch so gut gesinnt.

Der Herr und die Jünger wanderten durch viele Krümmungen und so sammelten sich hie und da Haufen von Hirten und Arbeitern um Ihn, welche Er in Gleichnissen, aus ihrem Geschäfte gezogen, belehrte. Er ermahnte sie noch immer zur Taufe und Buße und sprach von der Nähe des Messias und der Zeit des Heiles.

Am Abhang der Berge in einer guten Lage auf diesem Wege Jesu sah ich vieles Volk in allerlei Feld- und Weinbergsarbeiten. Auch sah ich aufgehäuftes Korn einbringen und pflügen und säen und pflanzen. Es war hier sehr fruchtbar, wenngleich an anderen Stellen Reif oder Schnee in den Tälern lag. Das Getreide war nicht in Garben, sondern es war ungefähr einen halben Schuh unter der Ähre abgeschnitten und zwei Bündel Ähren waren in der Mitte so verbunden, dass an beiden Seiten die Ähren hervorhingen. Diese Bündel lagen auf Haufen zusammen. Die Leute trugen die Ährenbündel nicht ein, als wäre gerade die Ernte, diese war schon viel früher. Aber die Ährenbündel waren in sehr hohen breiten Haufen, wie Hügel stehengeblieben und jetzt da die Regenzeit eintrat und sie das Feld von neuem bestellten, mit Stroh gedeckt. Die Ähren wurden mit einem krummen Messer abgeschnitten, das Stroh nachher ausgerauft und auf Haufen geworfen. Ich sah das Eintragen auf Tragbahren, an welchen etwa vier Mann trugen. Das Stroh lag auch in Reihen und wurde in Bündel zusammengerollt, ich glaube zum Verbrennen. An andern Stellen pflügten sie. Der Pflug hatte keine Räder und es zogen ihn Menschen. Der Pflug, den ich sah, war wie ein Schlitten mit drei schneidenden Läufen, der beschwert war. Dazwischen war die Anspanne. Gewöhnlich wurde er hinten gar nicht gelenkt und von Menschen oder Eseln gezogen. Sie pflügten in die Länge und die Quere. Ihre Egge war dreieckig, der breite Teil war vorn. Es ging ganz gut. Wo der Felsen lag, kratzten sie ein wenig Erde darüber und es wuchs auch da. Die Sämänner hielten den Sack hinten und vorn, auch über dem Nacken, die beiden Enden auf der Brust. Pflanzen, die ich setzen sah, waren Knoblauch und eine Pflanze mit großen Blättern, ich glaube es war ein Zugemüse. Eine davon hieß Durra.

Die Jünger sammelten diese Leute an den Weg und Jesus lehrte sie in Parabeln vom Pflügen, Säen und Ernten. Er sprach mit den Jüngern von der Saat die sie ausstreuen sollten durch die Taufe. Er bestimmte ein paar, wobei Saturnin, welche in einiger Zeit am Jordan taufen sollten. Er sagte ihnen: dies sei die Saat und wie diese Leute hier, würden auch sie in zwei Monaten ernten. Er sprach auch vom Stroh, welches zum Feuer geworfen werde.

Während Jesus lehrte, kam eine Schar Arbeiter aus Sichar den Weg herangezogen. Sie hatten Schaufeln, Hacken und lange Stangen. Sie waren wie Sklaven und zogen von einer öffentlichen Bau- oder Wegearbeit zurück nach Hause. Sie blieben ganz blöde in einiger Entfernung stehen, wagten nicht zu den Juden näher heranzutreten und hörten zu. Jesus rief sie herzu und sprach, dass sein himmlischer Vater alle durch Ihn zu sich berufe sprach über die Gleichheit aller, welche Buße tun und sich taufen lassen. Die armen Leute waren so gerührt über seine Milde, dass sie Ihn fußfällig baten, Er möge doch auch zu ihnen nach Samaria kommen und ihnen ebenfalls helfen. Er erwiderte, dass Er zu ihnen kommen werde. Jetzt aber müsse Er sich noch absondern, um sich zu dem Reich vorzubereiten, welches anzutreten Ihn sein himmlischer Vater gesendet habe.

Die Hirten führten Jesus noch allerlei Wege, auf denen seine Mutter gewandelt war. Er aber kannte diese Stellen besser, als seine Führer, so dass sie verwundert ausriefen: «Herr, du bist ein Prophet und ein frommer Sohn, dass du die Fußstapfen deiner glückseligen Mutter kennst und wandelst.»

Nachdem Jesus die Scharen gelehrt und ermahnt hatte, zog Er nach dem Städtchen Beth-Araba. Es war Nachmittag, als Jesus mit seinen Jüngern daselbst auf einen freien Platz ging und einen steinernen Lehrstuhl unter Bäumen bestieg. Es versammelten sich viele Zuhörer um Ihn, die Er belehrte. Es waren gutgesinnte Leute.

9. Jesus im Tale der Hirten bei Bethlehem

Jesus verließ von vielen Zuhörern begleitet den Ort und ging in der Richtung zum Tal der Hirten, welches etwa 3,5 Stunden von hier lag. Einmal sah ich Ihn mit den Jüngern unter einem offenen Schuppen, wo sie rote Beeren und Ähren aßen, die sie gesammelt hatten. Die Jünger zerstreuten sich auf verschiedenen Wegen und Jesus bestimmte ihnen den Ort wo sie wieder mit Ihm zusammentreffen sollten. Sie berichteten den Leuten von Jesus und ermahnten sie zur Taufe und Buße, wenn sie noch nicht getauft waren. Und diese Leute kamen teilweise mit ihnen an die bestimmten Lehrstellen. Auch Jesus ging in großen Umwegen ich sah Ihn oft die halbe Nacht auf Hügeln einsam beten, so dass die Zeit des Weges ganz erfüllt wurde. Ich hörte die Jünger Jesus wegen seines harten Lebens, Barfußgehens, Fastens und Nachtwachens in dieser Kälte und feuchten Jahreszeit bitten, Er möge seinen Körper doch nicht so früh zerstören. Er wies sie aber mild zurück und tat das Seine ernst weiter.

In der Morgendämmerung sah ich Jesus mit den Jüngern in das Tal der Hirten über eine Bergwand hinabsteigen. Die dort umher wohnenden Hirten wussten schon von seiner Nähe. Alle waren schon von Johannes getauft undes hatten auch einzelne von ihnen Träume und Gesichte von der Annäherung des Herrn gehabt. Es wachten daher einige und sahen immer nach der Gegend hin, wo Er herabsteigen müsste. Sie sahen Ihn aber leuchtend und von Glanz umgeben in das Tal herniedersteigen, denn viele von diesen einfältigen Leuten waren begnadigt. Sie bliesen sogleich auf einem Horn, um die entfernter Wohnenden zu erwecken und heranzurufen. Sie hatten diese Gewohnheit bei jedem besonderen Ereignis. Alle eilten nun dem Herrn entgegen und warfen sich vor Ihm nieder mit demütig vorgestrecktem Hals, ihre langen Stäbe im Arme haltend. Manche lagen auf das Angesicht geworfen. Sie hatten kurze Kleidung des Oberkörpers, meist von Schaffellen, einige auf der Brust offen, andere ganz zu, sie gingen bis zum Knie. Auf den Schultern hatten sie Quersäcke. Sie begrüßten Jesus mit Psalmworten, welche die Ankunft des Heiles aussprachen und den Dank Israels für die erfüllte Verheißung. Jesus war sehr liebevoll mit ihnen und redete von ihrem glücklichen Stand. Er lehrte hie und da in den Hütten, welche um das breite Wiesental ringsherum lagen, in Parabeln vom Hirtenstand.

Hierauf zog Er mit ihnen weiter, durch das Tal gegen Bethlehem zum Turm der Hirten. Dieser Turm war auf einem Hügel mitten im Feld erbaut, auf einer Unterlage von großen Feldsteinen. Er bestand aus einem sehr hohen Gerüst von Balken und war auch von grünenden lebendigen Bäumen gestützt. Er war mit Matten behängt, hatte Treppen von außen und Galerien und hie und da kleine bedeckte Standorte wie Schilderhäuser. In der Ferne hatte er das Aussehen von einem hohen mit Segeln bespannten Schiff und eine Ähnlichkeit mit den Türmen, auf welchen man im Land der Könige die Sterne beobachtete. Sie konnten darauf die ganze Gegend überschauen, Jerusalem sehen auch den Berg, auf dem Jesus vom Feinde versucht wurde.

Die Hirten brauchten diesen Turm, den Zug der Herden zu überschauen und sie bei drohenden Gefahren zu warnen. Die einzelnen Hirten mit ihren Familien wohnten in einem Umkreis von fünf Stunden um den Turm in Höfen mit Feld und Gärten. Bei dem Turm war der allgemeine Sammelplatz. Hier hatten sie ihre Geräte und von hier aus empfingen die Hütenden ihre Speise. Dem Turmhügel entlang waren Hütten und abgesondert ein großer Schuppen, in welchem die Frauen der Hütenden wohnten und die Speise bereiteten. Diese Frauen waren nicht mit den Hirten Jesus und seinen Jüngern entgegengekommen. Sie wurden aber später vom Herrn belehrt. Es wohnten hier ungefähr zwanzig Hirten, denen Jesus von ihrem glücklichen Stand lehrte und dass Er sie nun heimsuche, weil sie Ihn an seiner Wiege begrüßt und Ihm und seinen Eltern Liebe bewiesen hätten. Er lehrte auch in Parabeln von Hirten und Herden und dass auch Er ein Hirte sei, der andere Hirten unter sich haben und die Herde sammeln, heilen und führen werde bis ans Ende der Tage.

Die Hirten erzählten von der Verkündung der Engel, der heiligen Familie und dem Kinde. Auch sie hatten in dem Stern über der Krippenhöhle das Bild des Kindes gesehen. Sie erzählten von den Königen, dass diese auch den Turm der Hirten in den Gestirnen gesehen hätten und von den vielen Gaben, welche die Könige zurückgelassen. Sie hatten vieles davon auch hier am Turm und in den Hütten verwendet, was rohere Zeltstoffe waren. Es waren einige alte Männer hier, die als junge Leute an der Krippe gewesen. Sie erzählten Jesus alles wieder, was damals geschehen.

Tags darauf wurden Jesus und die Jünger von den Hirten näher gegen Bethlehem zu der Wohnung der Söhne der drei verstorbenen Hirten-Ältesten geführt, welchen zuerst die Engel bei Christi Geburt erschienen waren und die Ihn zuerst verehrt hatten. Sie lagen unfern von der Wohnung begraben, die ungefähr eine Stunde von der Krippenhöhle entfernt war. Drei schon bejahrte Söhne jener alten Hirten waren am Leben und waren von den anderen sehr geachtet. Diese Hirtenfamilie war eine Art Vorsteher über die anderen, wie die drei Könige bei den Ihrigen.

Sie empfingen Jesus sehr demütig und erfreut und führten Ihn zum Grab ihrer Väter. Dies war ein Hügel, woran Wein wuchs. Er lag einzeln, unten war er rings von einem Obdach umgeben, unter welchem man in Keller und Höhlen ging. Höher aber am Hügel aufsteigend war die Grabhöhle der alten Hirten. Es kam das Licht von oben herein. Die Gräber waren in dieser Richtung I--I in dem Boden. Sie waren mit Türen bedeckt. Die Hirten öffneten für Jesus die Gräber und ich sah die eingehüllten Leichname mit braunem Angesicht. Der Raum um die Särge war mit kleinen Steinchen ausgefüllt. Es lagen ihre Hirtenstäbe in den Särgen.

Die Hirten zeigten Jesus auch den Schatz, den sie von den Geschenken der heiligen drei Könige noch übrig hatten und der hier in der Höhle versteckt war. Er bestand aus gediegenen Goldstäbchen und in Stücken sehr köstlicher mit Gold durchwirkter Stoffe. Sie fragten Jesus, ob sie es zum Tempel geben sollten. Er sagte ihnen, sie sollten es für die Gemeinde bewahren, welche der neue Tempel sein werde. Auch sagte Er ihnen, es werde über diesem Grab einstens eine Kirche errichtet werden (Dies geschah durch die heilige Helena). Dieser Hügel war der Anfang der Weinberge, die sich gegen Gaza hinzogen und war der allgemeine Grabort der Hirten.

Von hier führten sie den Herrn zu der Stelle seiner Geburt in der Krippenhöhle, etwa eine Stunde Wegs von hier. Der Weg war ein ungemein schönes Wiesental, wodurch drei Pfade zwischen Strecken von geschnittenen Fruchtbäumen führten. Unterwegs erzählten sie von dem Gloria der Engel und ich sah alle diese Bilder wieder. Die Engel erschienen an drei Stellen: zuerst den drei Hirten, in der folgenden Nacht am Turm der Hirten und dann an dem Brunnen bei dem Ort, wo Jesus gestern von den Hirten empfangen worden war. Bei dem Turm der Hirten erschienen sie in größerer Anzahl. Sie waren große Gestalten und hatten keine Flügel. Die Hirten führten den Herrn auch in die Grabhöhle Marahas, der Amme Abrahams, bei der großen Terebinthe.

10. Die Krippenhöhle als Andachtsort der Hirten

Der Weg zu der Krippenhöhle führte von der Morgenseite her, von welcher her Bethlehem nicht recht zugänglich war, es ging kein gerader Weg hier heraus. Die Stadt war von dieser Seite kaum zu sehen, sie war durch zerfallene Wälle und dicke Mauerreste, wo zwischen tiefe Wege, vom Tale der Hirten getrennt. Der nächste eigentliche Eingang in die Stadt war das Mittagstor, das nach Hebron führte. Von diesem aus musste man gegen Morgen um die Stadt herum, wenn man zur Krippengegend wollte, welche sich an das Tal der Hirten anschloss und aus welchem man, ohne Bethlehem zu berühren, in diese Gegend einging. Die Krippenhöhle und die daneben liegenden Höhlen gehörten auch den Hirten und sie hatten dieselben von jeher zum Einstellen von Vieh und Gerätschaften gebraucht niemand aus Bethlehem hatte hier eigentlichen Verkehr oder Weg und Steg. Joseph, dessen väterliches Haus an der Mittagsseite war, hatte als Knabe hier schon oft mit den Hirten verkehrt sich vor seinen Brüdern verborgen und auch im Gebet zugebracht.

Als die Hirten jetzt mit Jesus zur Krippe kamen, war diese schon sehr verändert. Sie hatten sie als heiligen Ort zu ihrem Betort gemacht. Niemand aber sollte den heiligen Boden selbst betreten. Darum hatten sie einen Gang rings um den Raum der Krippe mit Gittern gemacht und die Höhle dadurch erweitert. Von diesem Gang liefen Zellen in den Felsen hinein, wie in einem Kloster. Die Wände und der Fußboden waren mit Decken von den Königen belegt. Sie waren bunt, meist waren Pyramiden hineingewebt (Wahrscheinlich verschiedenfarbige Dreiecke, ein gewöhnliches jüdisches Wandverzierungsmuster, welches sie oft z. B. in Mariens Betkämmerchen am Tempel erwähnte). Aus dem umgebenden Gang hatten sie außerdem zwei Treppen über die Krippenhöhle hinaufgeführt und über der Höhle die Decke, worin schräge Lichtlöcher gewesen waren, ganz weggenommen und einen Aufsatz wie eine Kuppel darauf gebaut, wodurch nun das Licht von oben herein fiel. Sie konnten auf der einen Treppe auf den Hügel steigen und so von oben her nach Bethlehem kommen. Sie hatten alle diese Veränderungen mit den Mitteln gemacht welche ihnen die Könige zurückgelassen.

Es war Sabbatanfang, als sie Jesus hierher brachten. Sie hatten Lampen in der Krippenhöhle angezündet. Die Krippe selbst stand noch, wo sie gestanden. Jesus zeigte ihnen, was sie nicht wussten, die Stelle, wo Er geboren war. Er hielt ihnen hier eine Lehre und sie feierten den Sabbat. Er sagte ihnen, wie sein himmlischer Vater diesen Platz vorausbestimmt, als Maria empfangen worden. Und ich hatte auch Kenntnis von verschiedenen vorbedeutenden Ereignissen des Alten Testamentes an diesem Platz. Abraham war auch hier gewesen und Jakob. Seth, das Kind der Verheißung, war hier nach siebenjähriger Buße von Eva geboren. Hier ward Eva von einem Engel gesagt diesen Samen habe ihr Gott für den Abel gegeben. Er ward lang hier verborgen und auch in der Säughöhle der Amme Marahas Grab versteckt und gesäugt, denn seine Brüder stellten ihm nach, wie Jakobs Söhne dem Joseph.

Die Hirten führten Jesus auch in die angrenzende Höhle, in der die Heilige Familie eine zeitlang gewohnt. Sie hatten den dort bei Christi Geburt entsprungenen Quell schön eingefasst und brauchten ihn in Krankheiten. Jesus ließ von diesem Wasser mitnehmen. Er ging hernach zu allen einzelnen Hirtenwohnungen.

Saturnin taufte mehrere Greise, welche nicht mehr zur Taufe Johannes hatten gehen können. Sie gossen von dem Taufwasser Christi aus dem Taufbrunnen der Jordansinsel in das Wasser von der Quelle aus der Höhle neben der Krippe. Bei der Taufe Johannes war ein allgemeines Sündenbekenntnis. Bei Jesu Taufe aber bekannten sie ihre Sünden einzeln, bereuten und erhielten Vergebung. Die alten Leute knieten. Ihr Leib war bis an die Brust entblößt. Es stand ein großes Becken vor ihnen, über welches sie den Kopf beugten und getauft wurden. Es ward bei dieser Taufe, wie bei der Formel, die Johannes bei Jesus gebraucht des Wortes Jehova und der Gabe der drei Eigenschaften erwähnt, aber auch das Wort im Namen des Gesandten.

Jesus besucht einzelne Herbergen, wo die Heilige Familie auf der Flucht nach Ägypten gerastet hatte

Jesus hatte die Nächte einsam im Gebet zugebracht. Als Er die Hirten verließ, sprach Er zu den Jüngern, «dass Er nun allein noch einen Weg zu Leuten machen wolle, welche Ihn und seine fliehenden Eltern liebevoll aufgenommen, dass Er dort Kranke heilen und einen Sünder bekehren wolle. Kein Fußtritt seiner heiligen Eltern bleibe ungesegnet. Alle, welche ihnen damals Gastfreundschaft und Liebe erwiesen, suche Er wieder auf und führe sie zum Heil. Alle Wohltat und Barmherzigkeit sei hier, wie früher ein Anteil, eine Beförderung des Heiles gewesen und werde es zu ewigen Zeiten sein. Und so wie Er jetzt alle heimsuche, welche Ihm und den Seinigen damals Liebe erwiesen, so werde sein himmlischer Vater aller gedenken, welche dem geringsten seiner Brüder Liebe und Wohltat erweisen würden.» Er bestellte seine Jünger auch an einen Ort bei der Stadt und dem Gebirge Ephraim, wo sie Ihn erwarten sollten.

Jesus wanderte nun allein an der Grenze von des Herodes Gebiet gegen die Wüste bei Anim oder Engannim, ein paar Stunden vom toten Meer durch eine wilde, doch ziemlich fruchtbare Gegend. Es waren viele weidende Kamele hier in der Gegend. Sie gingen wohl zu vierzig und waren in Gehegen eingezäunt. Es war eine Herberge für Leute, welche in die Wüste ziehen, wohin Jesus ging. Mehrere Hütten und Schuppen standen hier nebeneinander und die Leute hatten auch viele Kamele.

Dieser Ort war die letzte Herberge im Gebiet des Herodes auf der Flucht nach Ägypten gewesen und die Leute, wenn gleich schlechtes Gesindel, welche auch wohl Dieberei trieben, hatten die Heilige Familie doch gütig aufgenommen. Auch in der nahe gelegenen Stadt wohnten viele unordentliche Leute, die von Kriegen her sich dort angesiedelt hatten.

Jesus ging zu einem Haus und begehrte Herberge. Der Hausherr hieß Ruben, war etwa 50 Jahre alt und war bei der Flucht nach Ägypten schon hier gewesen. Als Jesus ihn anredete und anblickte, schoss es wie ein Strahl in seine Brust. Jesu Worte und Gruß waren wie ein Segen und der Mann sagte erschüttert: «Herr, es ist, als komme mit Dir das Gelobte Land in mein Haus.» Jesus sagte ihm, wenn er an die Verheißung glaube und die Erfüllung nicht von sich stoße, so solle er des Gelobten Landes auch teilhaftig werden. Er sprach dann von den guten Werken und ihren Folgen und dass Er nun zu ihm komme, ihm das Heil zu verkünden, weil in seinem Haus seine Mutter und sein Nährvater vor dreißig Jahren auf der Flucht gutwillig aufgenommen worden seien. So wie diese Handlung trage jede ihre Frucht die gute wie die böse. Da warf der Mann sich ganz erschüttert auf die Erde und sagte: «Herr, wie kann es mir elenden und verworfenen Menschen geschehen, dass Du in mein Haus trittst?» Jesus erklärte ihm, dass Er gekommen sei, die Sünder zurückzuführen und zu reinigen. Der Mann sprach noch immer von seiner Verworfenheit und wie sie alle hier ein unwürdiges verlorenes Geschlecht seien. Er sprach auch, wie seine Enkel krank und elend seien und Jesus sagte ihm, so er an Ihn glaube und sich taufen lassen wolle, wolle Er seinen Enkeln die Gesundheit wieder geben. Er wusch aber Jesus die Füße und gab Ihm, was er zur Erquickung hatte. Und als die Nachbarn herzu kamen, sagte er ihnen, wer Jesus sei und was Er ihm verheißen habe. Es war ein Verwandter dabei, der Issachar hieß.

Er führte Jesus auch zu seinen kranken Enkeln, die teils aussätzig, teils lahm und ganz ineinander gewachsen waren. Auch zu Frauen ging Jesus, die krank und blutflüssig waren. Er befahl den Kindern aufzustehen und sie waren gesund. Er befahl, ein Bad zu bereiten. Sie stellten ein großes Gefäß mit Wasser unter ein Zelt und Jesus goss aus einer Flasche, davon Er zwei unter dem mit Riemen gehefteten Rock an seiner Seite trug, etwas Taufwasser des Jordan hinein und segnete das Wasser. Die Leute mussten sich darin waschen und kamen alle genesen wieder heraus und dankten dem Herrn. Er taufte sie nicht selbst, aber dies Waschen war eine Nottaufe und Er forderte sie auf, die Taufe am Jordan nachzusuchen.

Da sie Ihn fragten, ob denn der Jordan solch besondere Kraft habe, sagte Er ihnen: der Weg des Jordan sei gemessen und gegründet alle heiligen Orte dieses Landes seien bestimmt ehe Menschen hier gewesen, ja ehe das Land und der Jordan war, von seinem himmlischen Vater. Er sagte sehr Wunderbares hiervon: auch von der Ehe sprach Er mit den Frauen und empfahl die Zucht und Enthaltung stellte die Versunkenheit der hiesigen Leute und das Elend der Kinder als Folge der unordentlichen Verbindungen in dieser Gegend vor und sprach vom Anteil der Eltern an der Versunkenheit der Kinder, von der Unterbrechung des Übels durch Buße und Genugtuung und von der Wiedergeburt in der Taufe.

Dann sprach Er von allem, was sie der Heiligen Familie auf der Flucht erwiesen hatten und lehrte auf den Stellen, wo sie gespeist und geruht hatte. Sie hatten auf der Flucht einen Esel und eine Eselin bei sich. Er zeigte ihnen alle damaligen Handlungen als Vorbilder ihrer jetzigen Schritte aus der Sünde zum Heil. Sie bereiteten dem Herrn ein Mahl, so gut sie es hatten: es war eine dicke Art Milch, wie weißer Käse dabei, Honig, kleine Brote in Asche gebacken, auch Trauben und Vögel.

Von einigen dieser Männer begleitet ging Jesus von Anim auf einem anderen Wege zurück und kam gegen Abend bei einem Ort an, welcher an zwei Seiten eines Gebirges lag: und dazwischen war ein wildes Tal mit tiefen Schluchten. Ort und Gebirge hatten den Namen Ephraim oder Ephron. Die Richtung des Gebirges sah gerade nach Gaza hin. Jesus war durch die Gegend von Hebron gekommen. Es lag auch fern von seinem Wege sichtbar ein verfallener Ort mit einem Turm, dessen Namen wie Malaga klang (Wahrscheinlich Molada, das von Josephus Flavius 18,7.2. Malatha genannt wird). Hier im Umkreis einer Stunde war der Hain Mambre, wo die Engel dem Abraham die Verheißung Isaaks gebracht. Auch die zweifache Höhle, die Abraham von Ephron dem Hethiter gekauft und wo sein Begräbnis war, sowie das Schlachtfeld Davids gegen Goliath war nicht sehr weit.

Jesus, den seine Begleiter wieder verlassen hatten, umging die eine Seite der doppelt liegenden Stadt und seine Jünger, welchen Er diese Gegend bestimmt hatte, begegneten Ihm in dem wilden Weg im Tal. Er führte sie, aus dieser Schlucht sich abwendend, in eine Höhle, die ganz wild und unwegsam lag, aber sehr geräumig war. Hier brachten sie die Nacht zu. Es war hier die sechste Einkehr der Heiligen Familie auf der Flucht nach Ägypten gewesen.

Jesus erzählte dies den Jüngern, welche, indem sie ein Stück Holz in einem anderen schnell herum rieben, Feuer gemacht hatten. Er lehrte sie von der Heiligkeit dieses Ortes. Es hatte sich hier auch ein Prophet oft betend aufgehalten, ich meine Samuel. David hatte hier in der Gegend seines Vaters Schafe gehütet und hatte in dieser Höhle gebetet und Befehle durch die Engel Gottes erhalten: hier erhielt er auch betend die Mahnung, den Goliath zu töten.

Die Heilige Familie war auf der Flucht hier sehr erschöpft und schwermütig angekommen: die Heilige Jungfrau war sehr traurig und weinte. Sie litten Mangel an allem, denn sie flohen auf Umwegen und vermieden alle großen Städte und allgemeinen Herbergen. Sie brachten einen ganzen Tag hier ruhend zu. Es geschahen mehrere Gnaden zu ihrer Erquickung: eine Quelle entsprang der Höhle und es kam eine wilde Ziege und ließ sich melken.

Jesus sprach zu den Jüngern von den großen Mühseligkeiten, welche ihnen und allen, die Ihm folgten, bevorstehen würden und von den Beschwerden, welche seine heilige Mutter und Er hier ausgestanden und von der Barmherzigkeit seines himmlischen Vaters und von der Heiligkeit des Ortes. Er sagte ihnen auch, es werde einst eine Kirche hier erbaut werden und Er segnete die Höhle, als weihe Er sie ein. Sie hatten hier einige Früchte und kleine Brote zu sich genommen, welche die Jünger bei sich hatten.

11. Jesus zieht gegen Maspha zu einem Verwandten des heiligen Joseph

Als Jesus und die Jünger die Höhle verließen, zogen sie in der Richtung gegen Bethlehem und kehrten jenseits von Ephron bei einzeln liegenden Häusern in einer Herberge ein, wo sie sich erquickten und die Füße wuschen. Die Leute waren gut und neugierig. Jesus lehrte von der Buße und Nähe des Heils und der Nachfolge. Sie fragten hier, warum denn seine Mutter den weiten Weg von Nazareth nach Bethlehem gemacht da sie es zu Hause so gut hätte haben können? Da sprach Jesus von der Verheißung und dass Er in Armut habe geboren werden sollen zu Bethlehem unter den Hirten, als ein Hirte, der die Herde sammeln solle und darum wandle Er jetzt zuerst durch diese Hirtengegenden, nachdem sein himmlischer Vater Zeugnis von Ihm gegeben habe.

Von hier ging Er in Richtung der Mittagsseite von Bethlehem, das ein paar Stunden entfernt war, durchschritt ein Stück des Hirtentales, zog um die Abendseite von Bethlehem und ließ das Haus von Josephs Eltern rechts liegen. Gegen Abend kam Er in die jetzt kleine Stadt Maspha, die wenige Stunden von Bethlehem entfernt ist.

Man konnte Maspha weit sehen. Es brannten Feuer in eisernen Körben um die Stadt her auf den Landstraßen: sie hatte Mauern und Türme und es gingen mehrere Straßen hier durch. Diese Stadt war lange ein Hauptbetort gewesen. Judas Makkabäus (13 Makk 3. 46 ff.) hatte hier ein großes Gebet vor der Schlacht gehalten und Gott allerlei schmähliche Edikte der Feinde und seine Verheißungen vorgehalten, auch die priesterlichen Kleider vor dem Volk ausgelegt. Dann sind ihnen vor der Stadt fünf Engel erschienen, die ihnen den Sieg verhießen. Hier ist auch Israel versammelt gewesen, gegen den Stamm Benjamin zu streiten wegen der Misshandlung und Tötung der Frau eines reisenden Leviten. Es geschah diese Schandtat bei einem Baum: der Ort war noch ummauert und niemand nahte ihm. Auch Samuel hat in Maspha gerichtet und hier ist das Kloster der Essener gewesen, in welchem Manahem gewohnt, der dem Herodes als Knaben das Königtum geweissagt. Ein Essener Charioth hatte es gebaut. Er hatte etwa 100 Jahre vor Christus gelebt: er war ein verheirateter Mann aus der Gegend von Jericho, hatte sich aber von seiner Frau getrennt und beide hatten, er für Männer, sie für Frauen, mehrere Genossenschaften der Essener gegründet. Er hatte auch noch ein anderes Kloster nicht weit von Bethlehem gegründet, wo er gestorben ist. Er war ein so heiliger Mann, dass er bei dem Tod Christi zuerst aus dem Grabe hervorgegangen und erschienen ist.

Hier in Maspha waren sehr viele Herbergen die Leute wussten gleich, wenn ein Fremder herein gekommen war. Jesus war kaum in der Herberge, so waren gleich viele Leute um Ihn. Er wurde auch zu der Synagoge geführt und legte das Gesetz aus. Es waren Laurer da, denen es nicht rechter Ernst war. Diese wollten Ihn auslocken, weil sie gehört hatten, dass Er auch die Heiden zum Reiche Gottes führen wolle und wie Er von den drei Königen bei den Hirten gesprochen. Jesus lehrte aber sehr scharf und sagte: die Zeit der Verheißung sei erfüllt, alle, welche wieder geboren würden durch die Taufe und an den glauben würden, den der Vater gesandt habe und seine Gebote halten, würden des Reiches teilhaftig werden und die, welche Ihm nachfolgten, würden Erben des Reiches sein: von den Juden aber, die nicht glauben würden, würde die Verheißung sich wenden und zu den Heiden gehen.

Ich kann mich nicht recht ausdrücken, Er sagte aber, Er wisse, dass sie nur lauerten, sie sollten hingehen nach Jerusalem und diese seine Lehre verkünden.

Jesus hat auch von Judas Makkabäus und anderen Ereignissen gesprochen, die hier geschahen sie sprachen von der Herrlichkeit des Tempels und dem Vorzug der Juden vor den Heiden. Er legte ihnen aber aus, dass der Zweck des auserwählten Volkes und seines Tempels erfüllt sei: denn der, welchen der Herr durch die Propheten verheißen habe, sei gekommen, das Reich und den Tempel des himmlischen Vaters zu gründen.

Nach dieser Lehre verließ Jesus Maspha und zog etwa eine Stunde östlicher. Er kam erst durch eine Reihe Häuser, dann an einen einzelnen Hof zu Verwandten Josephs. Ein dem Vater Josephs durch eine Witwe zugebrachter Stiefsohn hatte hierher geheiratet und dessen Nachkommen wohnten hier. Sie hatten Kinder, waren getauft und empfingen Jesus freundlich und demütig. Es kamen noch mehrere Nachbarn herzu. Jesus lehrte und nahm eine Mahlzeit bei ihnen ein. Nach dem Mahl ging Er mit den beiden Männern allein: sie hießen Aminadab und Manasse. Sie fragten Ihn, ob Er ihre Verhältnisse kenne und ob sie Ihm jetzt gleich folgen sollten. Er sagte: nein, sie sollten jetzt seine heimlichen Jünger sein: sie knieten nieder und Er segnete sie. Sie sind aber vor seinem Tod zu den öffentlichen Jüngern gekommen. Er übernachtete hier.

12. Jesus in der vorletzten Adventsherberge Mariä

Von hier ging Jesus mit seinen Jüngern ein paar Stunden weiter gegen einen Hof, der die vorletzte Herberge Marias vor Bethlehem gewesen war, wovon es etwa vier Stunden entfernt sein mochte. Es kamen Ihm Männer aus dem Hause entgegen und warfen sich vor Ihm auf dem Wege nieder, Ihn einzuladen. Er ward hier sehr freudig aufgenommen. Diese Leute gingen fast täglich zu der Lehre Johannes und wussten das Wunder seiner Taufe. Es ward Ihm ein Mahl bereitet und auch ein Bad, welches warm war, auch hatten sie Ihm ein schönes Lager gemacht. Jesus lehrte hier.

Es lebte die Frau noch, welche vor dreißig Jahren die Heilige Familie beherbergt hatte. Sie wohnte in dem Hauptgebäude allein, die Kinder wohnten daneben und sendeten ihr die Speisen. Als Jesus sich gewaschen hatte, ging Er auch zu der Frau. Sie war blind und seit mehreren Jahren ganz zusammengekrümmt. Jesus sprach zu ihr von der Barmherzigkeit und Gastfreundschaft, von unvollendeten Werken von dem Eigennutz und stellte ihr jetziges Elend als eine Strafe dafür dar. Die Frau war sehr gerührt und gestand ihren Fehler ein und Jesus heilte sie. Er befahl ihr, sich in das Wasser zu legen, worin Er sich gewaschen hatte. Da gewann sie das Licht der Augen wieder und ward gerade und gesund. Er befahl ihr aber, nicht davon zu reden.

Die Leute fragten Ihn hier ganz einfältig wieder: Wer denn nun größer sei, Er oder Johannes? Er antwortete: «Der, von dem Johannes Zeugnis gibt.» Sie sprachen auch von Johannes Stärke und Eifer und von der schönen kräftigen Gestalt Jesu. Jesus sagte ihnen, in vierthalb Jahren würden sie keine Gestalt mehr an Ihm sehen und Ihn nicht wieder erkennen, so würde dieser Leib verunstaltet werden. Er sprach von der Kraft und dem Eifer des Johannes, als eines, der an das Haus der Schlafenden anpoche vor der Ankunft des Herrn, als eines, der den Weg durch die Wüste breche, auf dass der König einziehen könne, als von einem Strom, der das Flussbett reinige.

13. Siehe das Lamm Gottes!

Morgens bei Tagesanbruch ging Jesus mit seinen Jüngern und einer nachziehenden Schar, die sich hier zu Ihm gesammelt hatte, gegen den Jordan zu, welcher von hier drei Stunden, wenn nicht mehr, entlegen sein mochte. Der Jordan fließt in einem breiten Tal, welches auf beiden Seiten wohl eine halbe Stunde ansteigt. Der Bundesladenstein in dem beschlossenen Raum, wo neulich das Fest war, lag von Johannes Taufort etwa eine Stunde, wenn man gerade gegen Jerusalem ging. Die Hütte des Johannes bei den zwölf Steinen lag in der Richtung von Bethabara etwas mehr mitternächtlich als der Bundesladenstein. Es lagen die zwölf Steine eine halbe Stunde vom Taufplatz in der Richtung von Gilgal. Gilgal lag auf der Abendseite der Höhe, wo sie sich wieder etwas absenkte.

Es war ein schöner Anblick von des Johannes Taufteich zu den beiden Ufern aufwärts, welche sehr fruchtbar waren. Der eigentlich recht lustige Strich voll Obst und Reichtum war am galiläischen Meer: hier aber und um Bethlehem war mehr Feldbau und Durra, Knoblauch und Gurken und Wiesen.

Jesus war schon am Bundesladenstein vorüber und zog etwa eine Viertelstunde weit von des Johannes Hütte, wo dieser lehrend stand, durch eine Talöffnung eine sehr kurze Strecke vorüber, wo man Johannes fern sehen konnte. Jesus war hier dem Täufer nicht länger als ein paar Minuten sichtbar. Johannes aber ward vom Geist ergriffen, er deutete auf Jesus hin und rief aus: «Siehe das Lamm Gottes, welches die Sünden der Welt hinwegnimmt.» Jesus wandelte vorüber, seine Jünger in Haufen zerstreut vor und nach. Die Schar, welche sich zuletzt angehängt hatte, war die letzte. Es war am frühen Morgen. Sehr viele Leute liefen auf die Worte des Johannes heran. Aber Jesus war schon vorüber. Sie riefen Ihm ein Lobpreisen nach: aber sie sprachen Ihn nicht mehr.

Als die Leute zurückkehrten, sagten sie zu Johannes: es zögen so viele Menschen mit Jesus. Sie hätten auch vernommen, dass seine Jünger schon getauft hätten: was das werden solle? Johannes wiederholte ihnen nochmals, dass er bald diesen Ort vor Jesus verlassen werde, denn er sei nur sein Vorläufer und Knecht gewesen. Es war dies den Jüngern gar nicht recht, sie waren auf die Jünger Jesu etwas eifersüchtig.

Jesus nahm nun die Richtung seines Weges nordwestlich, ließ Jericho rechts und ging nach Gilgal welches etwa zwei Stunden von Jericho lag. Er verweilte auf diesem Wege an manchen Orten, wo Ihn die Kinder teils lobsingend begleiteten, teils in die Häuser liefen und die Eltern herausholten.

14. Jesus in Gilgal Dibon, Sukkoth Aruma und Bethanien

Gilgal hieß das ganze über dem tieferen Talbett des Jordan höher liegende Feld, das von Bächen, die zum Jordan fließen, in einem Umkreis von fünf Stunden umfangen ist. Der Ort Gilgal aber, zu dem Jesus vor Abend nahte, zieht sich zerstreut und von vielen Gärten unterbrochen wohl eine Stunde lang gegen die Aufenthaltsgegend des Täufers zu.

Jesus ging zuerst vor der Stadt in einen beschlossenen heiligen Ort, wo man Propheten und große Lehrer hinführte. Es war dies der Ort, wo Josua den Kindern Israel etwas mitteilte, was ihm und Elieser Moses vor seinem Tod eröffnet hatte. Es waren sechs Flüche und sechs Segen. Der Beschneidungshügel der Israeliten war nahe bei diesem Ort mit einer eigenen Mauer umgeben.

Ich sah bei dieser Gelegenheit den Tod Moses. Er starb auf einem kleinen steilen Hügel, der im Schoß des Gebirges Nebo zwischen Arabien und Moab liegt. Das Lager der Israeliten war weit umher: nur einige Posten sprangen weiter ins Tal hervor, das den Hügel umgab. Dieser Hügel war ganz mit einem Gewächs wie mit Efeugrün überzogen, das mit kurzen krausen Büschen wie Wachholder wächst. Moses musste an diesem Gewächs sich haltend hinaufsteigen. Josua und Elieser waren bei ihm. Er empfing ein Gesicht von Gott, das die anderen nicht sahen. Dem Josua übergab er eine Rolle, worauf sechs Flüche und sechs Segen standen, welche er dem Volk im Gelobten Land bekannt machen sollte. Er befahl ihnen dann, hinweg zu gehen und nicht umzuschauen, nachdem er sie umarmt hatte. Hierauf kniete er mit ausgespannten Armen und sank tot auf die Seite. Ich sah aber die Erde sich wie unter ihm öffnen und ihn dort wie in einem schönen Grab umschließen. Da Moses bei der Verklärung Jesu auf dem Tabor erschien, sah ich ihn von dieser Stelle her nahen. Die sechs Segen und sechs Flüche las Josua dem Volke vor.

In Gilgal erwarteten viele Freunde Jesus: Lazarus, Joseph von Arimathäa, Obed ein Sohn der Witwe von Nazareth und andere. Es war eine Herberge hier. Sie wuschen dem Herrn und seinen Begleitern die Füße und reichten ihnen eine Erquickung.

Jesus hielt aber vor vielem versammelten Volk, worunter Leute, die zur Taufe Johannes ziehen wollten, eine Lehre an einer Bade- und Reinigungsstelle, welche am Rand des Flussarmes in dem hohen, terrassenförmig abgestuften Ufer angelegt war. Der Ort war mit einem Zeltdach umspannt und es waren Lustplätze mit Bäumen, Sträuchern und Rasen umher. Saturnin und noch zwei andere Jünger, welche von Johannes gefolgt waren, tauften hier, nachdem Jesus vom Heiligen Geist gesprochen hatte. Er lehrte von seinen verschiedenen Eigenschaften und wie es sich zeige, ob man ihn empfangen habe.

Der Taufe Johannes ging nur eine allgemeine Bußermahnung voraus und eine Erklärung der Reue und Versprechen der Besserung: bei der Taufe Jesu aber war nicht nur das allgemeine Sündenbekenntnis, sondern jeder klagte sich auch einzeln an und bekannte sein Hauptverderben. Jesus ermahnte sie und sagte oft den aus Stolz und Scheu Verschlossenen ihre Sünden ins Gesicht, um sie zu zerknirschen.

Jesus lehrte hier auch von dem Übergang über den Jordan und von der Beschneidung, die hier geschehen war: weshalb die Taufe nun auch hier geschehe und dass sie durch dieselbe von nun an an ihren Herzen sollten beschnitten sein von der Erfüllung des Gesetzes.

Die Täuflinge traten hier nicht ganz in das Wasser, sie beugten nur das Haupt darüber: sie erhielten auch kein ganzes Taufhemd, sondern es wurde ihnen nur ein weißes Tuch über die Schultern gelegt. Die Jünger hatten keine dreirinnige Schale, wie Johannes, sondern aus vorgehaltenen Becken schöpften sie dreimal mit der Hand. Jesus hatte das Wasser gesegnet und von dem Wasser seines Taufbades hineingegossen. Als die Täuflinge, deren wohl dreißig waren, heraustraten, waren sie sehr freudig und gerührt und sagten, dass sie wohl jetzt fühlten, sie hätten den Heiligen Geist empfangen.

Danach zog Jesus mit vielem Gefolge unter Lobpreisungen nach Gilgal zum Sabbat in die Synagoge. Diese lag an der Morgenseite der Stadt und war sehr groß und alt. Sie war ein längliches, an den Ecken abgestumpftes Viereck und enthielt in drei Stockwerken drei Schulen übereinander. Um jedes der Stockwerke führte außen ein Weg herum und die Treppen liefen vereint außen an den Mauern hinauf. Oben in den abgestumpften Ecken des Gebäudes befanden sich Nischen, in welchen man stehen und weit umherschauen konnte. Es lag die Synagoge an beiden Seiten frei und hatte abgeteilte Gärtchen zur Seite. Vor dem Eingang war eine Vorhalle und ein Lehrstuhl, wie zu Jerusalem am Tempel und noch ein Vorhof mit einem Altar unter freiem Himmel, wo ehedem geopfert worden: auch waren hier bedeckte Stellen für die Frauen und Kinder. Man sah die Spuren der ganzen Einrichtung, wie im Tempel. und dass einst hier die Bundeslade gestanden und geopfert worden war.

In der unteren Schule, die besonders schön eingerichtet war, stand an dem einen Ende, wo im Tempel das Allerheiligste war, eine achteckige Säule, an der rings Fächer waren, worin Rollen lagen. Unten breitete sich um die Säule ein Tisch aus und darunter war ein Gewölbe: hier hatte einmal die Bundeslade gestanden. Diese Säule war sehr schön von weißem glattem Stein.

Jesus lehrte in der unteren Schule vor dem Volk und den Priestern und Gelehrten. Er sprach unter anderem: dass hier das verheißene Reich zuerst gegründet und hernach schändliche Abgötterei getrieben worden sei, so dass hier kaum sieben Gerechte gewesen. Ninive sei fünfmal größer und es seien fünf Gerechte dort gewesen. Gilgal sei von Gott verschont worden: sie sollten nun aber die Erfüllung des verheißenen Gesandten nicht zurückstoßen, sie sollten Buße tun und in der Taufe wiedergeboren werden. Er schlug dabei Rollen auf vor der Säule und las daraus und erklärte es.

Er lehrte hierauf in dem zweiten Stockwerk die jungen Leute und dann im obersten die Knaben. Als Er herabgestiegen war, lehrte Er noch auf dem freien Platz unter einer Halle die Frauen und dann die Jungfrauen. Er lehrte hier von der Keuschheit und Zucht von der Bezwingung der Neugierde, von der züchtigen Kleidertracht. Verhüllung des Haares und Bedeckung des Hauptes in Tempel und Schule. Er sprach von der Gegenwart Gottes und der Engel an heiligen Orten und dass die Engel daselbst ihr Angesicht bedeckten. Er sagte, dass viele Engel in dem Tempel und der Schule um den Menschen seien und warum die Frauen das Haupt und die Haare bedecken müssen. Die Kinder behandelte Jesus sehr freundlich. Er segnete sie und hob sie auf und sie waren Ihm sehr anhänglich. Es war hier überhaupt eine große Freude und Jubel mit Ihm und als Er die Schule verließ, rief das Volk überall Ihm nach und entgegen, ungefähr so viel, als: «Es erfüllet sich die Verheißung! Sie bleibe bei uns! Sie weiche nicht von uns!»

Nachdem Jesus gelehrt hatte, wollten die Leute Ihm Kranke bringen: aber Er wies sie ab, es sei hier nicht der Ort und die Beschaffenheit dazu: Er müsse hinweg, Er sei anderswohin berufen. Lazarus und die Freunde von Jerusalem kehrten zurück Jesus ließ der heiligen Jungfrau sagen, wo Er zu ihr kommen wolle, ehe Er zur Wüste gehe.

Das Synedrium in Jerusalem hielt wieder eine lange Beratschlagung über Jesus. Sie hatten überall bestochene Leute, die ihnen berichteten. Das Synedrium bestand aus 71 Priestern und Gelehrten: es wurde aber ein Ausschuss von zwanzig gebildet, von denen je fünf zusammen miteinander überlegten und disputierten. Sie suchten die Geschlechtsregister nach und konnten nicht leugnen, dass Joseph und Maria aus dem Stamme Davids seien Marias Mutter vom Geschlechte Aarons: aber die Familien seien ganz verdunkelt Jesus ziehe mit lauter Gesindel herum. Er beflecke sich mit Zöllnern und Heiden und schmeichle den Sklaven. Sie hatten gehört, dass Jesus neulich in der Gegend von Bethlehem mit den Sichemiten, die von der Arbeit nach Hause zogen, so vertraut gesprochen habe und meinten, Er könnte wohl mit allerlei Gesindel einen Aufstand vorhaben. Einige behaupteten auch, Er müsse vielleicht ein unterschobenes Kind sein, das sich einmal für einen Königssohn ausgeben werde. Er müsse irgendeinen geheimen Unterricht haben, sie glaubten vom Teufel: denn Er sondere sich oft ab und gehe nachts allein in die Wildnis oder auf Hügel. Alles dieses hatten sie schon nachgeforscht. Es waren unter diesen Zwanzig Einzelne, welche Jesus und die Seinigen genauer kannten und sehr von Ihm gerührt und seine heimlichen Freunde waren. Sie widersprachen aber den andern nicht, um Jesus und seinen Jüngern dienen zu können, welchen sie auch immer Nachrichten sendeten. Es wurde endlich von den Zwanzig der hohe Spruch, so pflegte man ihre Meinung zu nennen, in Jerusalem verbreitet: Jesus müsse vom Teufel unterrichtet werden.

Die Taufe in Gilgal wurde dem Johannes von seinen Jüngern auch wieder gemeldet und wie ein Eingriff in seine Rechte vorgestellt. Er lehrte abermals wie immer in tiefster Demütigung: bald werde er den Ort verlassen vor seinem Herrn, dessen Vorläufer und Wegbereiter er gewesen. Die Jünger verstanden dies nicht recht.

Jesus verließ mit etwa zwanzig Begleitern Gilgal und wanderte an den Jordan, über den sie auf einem Balkenrost hinüberruderten. Auf dem Rost waren ringsum Bänke auf den Balken: in der Mitte waren ein paar große Mulden angebracht, in welche man die Kamele zu stellen pflegte, da sie sonst zwischen den Balken durch ins Wasser getreten wären. Man konnte drei Kamele hineinstellen: jetzt waren keine darauf, der Herr und die Jünger waren allein. Es war Abend und man hatte Fackeln auf der Fähre. Jesus lehrte die Parabel vom Sämann, die Er noch am folgenden Tage ausführte. Die Überfahrt dauerte wohl eine gute Viertelstunde, denn der Strom war hier sehr stark treibend: man musste eine Strecke aufwärts fahren und dann sich hinuntertreiben lassen. Der Ort, wo sie hinfuhren, lag nicht gerade gegenüber. Der Jordan ist ein wunderlicher Fluss: an manchen Stellen kann man gar nicht hinüber es ist gar kein Weg an den steilen Ufern. Oft ist er sehr kurz gekrümmt und scheint grade auf einen Ort zuzufließen, um den er sich wendet. Oft ist er ganz felsig und zerrissen fließend, hat auch viele Inseln, oft ist er trübe, oft klar, je nach dem Grund, durch den er fließt. Er hat auch hie und da Fälle: sein Wasser ist weich und lau.

Sie landeten bei Zöllnerhäusern. Es kam hier eine Landstraße aus der Gegend von Kedar herab, wohin zu sich ein Tal wendete. Jesus kehrte bei den Zöllnern ein, welche Johannes' Taufe schon empfangen hatten. Mehrere seiner Begleiter waren über seine Vertrautheit mit diesen verachteten Leuten befremdet und hielten sich scheu zurück. Jesus und die Jünger schliefen hier und wurden sehr demütig von den Zöllnern bewirtet. Ihre Häuser lagen in dem Talweg dem Jordan zunächst: etwas weiter lagen die Herbergen für die Kaufleute und Kamele. Es waren deren viele hier: denn sie lagen stille, weil sie wegen des Laubhüttenfestes, das Tags darauf begann, nicht ziehen durften. Sie waren meistens Heiden, mussten aber an den Festtagen ruhen.

Die Zöllner fragten Jesus auch, wo sie mit dem unrecht erworbenen Gute hin sollten. Er sagte, es solle gebracht zum Tempel werden, indem Er dies geistlich meinte und seine Gemeinde die Kirche darunter verstand. Es solle ein Acker dafür erkauft werden für arme Witwen bei Jerusalem. Er legte ihnen auch aus, warum ein Acker. Dies hing wieder mit einer Ausführung der Parabel vom Sämann zusammen.

Am folgenden Tage ging Jesus mit ihnen auch noch am Ufer in der Gegend umher und lehrte wieder vom Sämann und von der künftigen Ernte. Es war dies wegen des eintretenden Laubhüttenfestes, welches auch ein Erntefest von Früchten und Wein ist. Von diesem Zöllnerort setzte Jesus seinen Weg durch das Tal weiter. Zu beiden Seiten des Tales lagen in den Bergen auf und nieder wohl eine halbe Stunde lang Häuser, wo überall das Laubhüttenfest gefeiert wurde. Der Weg führte nach Dibon, wovon die Häuser ein Vorort schienen. An den Seiten der Häuser waren grüne Hütten von Bäumen aufgerichtet, mit Sträussen, Fruchtschnüren und Trauben geschmückt. An einer Seite des Weges waren die Laubhütten und die kleineren Hütten der Frauen abgesondert, an der anderen die Schlachthütten. Sie brachten alle Speisen über den Weg. Es zogen auch Scharen von Kindern über den Weg, von einer Laube zur andern. Sie machten Musik und sangen. Sie waren mit Kränzen geschmückt und hatten dreieckige Instrumente mit Ringen, mit denen sie klingelten, auch Dreiecke mit Saiten bespannt ein Blasinstrument, aus welchem gewundene Röhren herausgingen.

Jesus verweilte hie und da lehrend. Es wurden Ihm und den Jüngern auch Speisen gebracht, z. B. Trauben an Stöcken, woran zwei trugen. Am Ende dieser Häuserreihe kehrte Er in einer Herberge ein, nicht weit von der großen und schönen Synagoge von Dibon, welche zwischen Dibon und diesen Wohnungen auf einer breiteren Stelle in der Mitte des Weges von Bäumen umgeben lag.

Tags darauf lehrte Jesus in der Synagoge wiederum über die Parabel vom Sämann und auch von der Taufe und der Nähe des Reiches Gottes, sprach vom Laubhüttenfest und dessen Feier hier, wobei Er den Leuten vorwarf, dass sie Heidnisches ihrem Dienste beigemischt hätten: denn es waren hier noch Moabiter - die Leute hatten sich mit ihnen vermischt. Als Jesus aus der Synagoge ging, fand Er auf dem Platz sehr viele Kranke, welche man in Tragbetten herbeigebracht. Sie schrieen Ihn an: «Herr, Du bist ein Prophet! Du bist von Gott gesandt! Du kannst uns helfen! Hilf uns, Herr!» Er heilte viele. Am Abend gab man Ihm und den Seinen ein großes Mahl in der Herberge. Es waren viele von den heidnischen Kaufleuten in der Nähe, welche zuhörten, da Er von dem Beruf der Heiden und dem Stern sprach, der im Land der Könige erschienen war und wie die Könige gekommen seien, das Kind zu besuchen. Nachts verließ Er den Ort allein und betete einsam auf einem Berge. Seine Jünger bestellte Er für den folgenden Morgen auf den Weg jenseits Dibon. Dibon ist sechs Stunden von Gilgal entfernt, ist sehr quellen- und wiesenreich und hat viele Gärten und Terrassen: denn es liegt im Tal und zu beiden Seiten in die Höhe gebaut.

Jesus zog darauf nach Sukkoth. Als Er gegen Abend hier ankam, versammelten sich erstaunlich viele Leute um Ihn, auch viele Kranke. Er lehrte in der Synagoge und ließ durch Saturnin und noch vier andere Jünger taufen. Die Taufe geschah an dem Brunnen eines Felsengewölbes, der gegen Abend nach dem Jordan hinsah: doch konnte man den Jordan nicht sehen, weil noch ein Hügel dazwischenlag. Das Wasser des Brunnens war aber aus dem Jordan, so tief war er. Es fiel durch Öffnungen von oben Licht hinein. Vor dem Brunnengewölbe war ein geräumiger, zierlich angelegter, mit Bäumchen, Gewürzstauden und Rasen versehener Erquickungsplatz. Es lag hier ein alter Denkstein, der sich auf eine Erscheinung Melchisedechs bei Abraham bezog.

Jesus lehrte hier von der Taufe des Johannes, welche eine Taufe der Buße sei, die nun bald aufhöre und an deren Stelle die Taufe des Heiligen Geistes und der Erlassung der Sünden trete. Er nahm ein allgemeines Sündenbekenntnis von ihnen dann klagten sie einzeln ihre Hauptleiden und Gebrechen Er erschütterte manche, indem Er ihnen ihre Sünden sagte. Er legte ihnen auch die Hände auf als Absolution. Sie wurden nicht eingetaucht: es stand auf dem Denkstein Abrahams ein großes Becken, über welches sich die Täuflinge mit entblößten Schultern beugten. Der Taufende schöpfte dreimal mit der Hand über ihr Haupt. Es wurden viele hier getauft.

Abraham hat auch zu Sukkoth mit seiner Amme Maraha gewohnt. Er hatte Felder hier an drei Orten. Er ist hier schon in Teilung mit Lot gekommen. Melchisedech kam hier zum ersten Mal zu Abraham auf die Art, wie öfter Engel zu ihm kamen. Er befahl ihm, ein dreifaches Opfer von Tauben, Vögeln mit langen Schnäbeln und anderen Tieren. Er sagte ihm auch, wie er später zu ihm kommen werde, Brot und Wein zu opfern und allerlei, worum er beten sollte, auch künftiges von Sodoma und Lot. Melchisedech war damals nicht mehr irdisch ansässig in Salem. Jakob hatte auch seine Hütten hier.

Von Sukkoth trat Jesus die Reise nach Gross-Chorazin an, wohin Er seine Mutter und die heiligen Frauen in eine nahegelegene Herberge beschieden hatte. Auf dem Weg dahin kam Er durch Gerasa, wo Er den Sabbat hielt. Nach dem Sabbat ging Er zu einer Herberge in der Wüste, einige Stunden vom galiläischen See. Die Leute, die der Herberge vorstanden, wohnten in der Nähe. Sie war zu einer Laubhütte geschmückt. Die Frauen hatten sie schon einige Tage zuvor gemietet und alles geordnet. Die Speisen ließen sie von Gerasa holen. Petri Frau war auch hier bei ihnen und alle anderen Frauen, selbst Susanna von Jerusalem, außer Veronika. Jesus sprach mit seiner Mutter allein, dass Er nun nach Bethanien und zur Wüste gehen werde. Maria war ernst und betrübt und bat Ihn, nicht nach Jerusalem zu gehen, weil sie von dem Rat dort über Ihn gehört hatte.

Später lehrte Jesus hier auf einem Hügel. worauf ein steinerner Sitz war, auf dem auch sonst gelehrt worden war. Es waren viele Leute der Gegend da und wohl dreißig Frauen. Diese standen abgesondert beisammen. Nach der Lehre sagte Er seinen Begleitern, Er werde sich bald auf eine Zeit von ihnen trennen. Dann sollten sie sich auch auseinander begeben und so auch die Fraudes Johannesen, bis Er wieder zurückkehren werde. Er sprach auch von der Taufe des Johannes, welche bald aufhören werde und von den schweren Verfolgungen, die Ihn und allen den Seinen bevorstünden.

Jesus verließ die Herberge mit etwa zwanzig Jüngern und Begleitern und ging in einem Strich wohl an zwölf Stunden südwestlich zu der Stadt Aruma, vor welcher eine Herberge für Ihn und die Seinigen für immer gemietet war. Martha, deren erster Umzug mit den heiligen Frauen die Reise nach Gerasa war, hatte die Herberge auf dieser Reise eingerichtet. Die Herbergspfleger wohnten in der Nähe. Die Kosten trugen die Freunde in Jerusalem. Die Frauen hatten es Jesus bei seiner Abreise angezeigt. Die Stadt liegt etwa neun Stunden von Jerusalem und sechs bis sieben von Jericho.

Bei der Herberge hatten auch Essener ihre Wohnung. Sie kamen zu Jesus, sprachen und aßen mit Ihm. Er ging auch in die Synagoge und lehrte von der Taufe des Johannes: sie sei eine Busstaufe, eine erste rohere Reinigung, eine vorbereitende Handlung, wie solche Verrichtungen im Gesetze seien. Sie sei verschieden von der Taufe Dessen, den Johannes verkünde. Ich habe auch die von Johannes Getauften nicht eher wieder taufen sehen, als nach dem Tode Jesu und der Herabkunft des Heiligen Geistes am Teiche Bethesda. Die Pharisäer hier fragten Ihn auch um die Zeichen, woran man den Messias erkennen solle Er sagte sie ihnen. Jesus lehrte gegen die gemischten Ehen mit Samaritern und mit den Heiden.

Judas Iskarioth der spätere Apostel, hatte hier Jesu Lehre angehört. Er kam allein und nicht mit den Jüngern. Nachdem er zwei Tage lang Jesus gehört und mit den widersprechenden Pharisäern darüber geredet hatte, war er nach einem nahe gelegenen, etwas verachteten Ort gegangen und hatte dort über Jesu Lehre allerlei gegen einen frommen Mann geprahlt. Dieser Mann ließ nun Jesus zu sich laden. Judas trieb Handel, Schreiberei und allerlei Dienstleistungen überall herum.

Als Jesus nach dem Ort, der neu und wegen des dort wohnenden Gesindels nicht geachtet war, mit seinen Jüngern hinkam, war Judas nicht zugegen. Herodes hatte ein Schloss in der Nähe. Es musste auch hier herum etwas geschehen sein, was auf die Benjaminiten einen Bezug hatte, denn es war ein ummauerter Baum in der Nähe, dem niemand nahte. Hier war es auch, wo Abraham und Jakob einmal geopfert hatten Esau war hierher gewichen, als er mit Jakob wegen des Segens uneins geworden. Isaak wohnte damals bei Sichar.

Der Mann, zu dem Jesus hier ging, hieß Jairus. Er war ein Essener von jenen, welche heirateten. Er hatte eine Frau und mehrere Kinder. Seine beiden Söhne hießen Ammon und Kaleb. Er hatte auch eine Tochter, die Jesus später heilte. Er ist nicht der Jairus des Evangeliums. Er war ein Nachkomme des Essener Chariot der die Klöster bei Bethlehem und Maspha gegründet hatte. Er wusste vieles von den Verwandten und der Jugend Jesu. Er ging Jesus mit seinen Söhnen entgegen und empfing Ihn sehr demütig. Er war der Vorsteher dieses verschmähten Ortes durch seine Liebe. Er pflegte die Armen, lehrte die Kinder und Unwissenden an festgesetzten Tagen, denn es war hier keine Schule noch Priester. Er pflegte auch die Kranken. Jesus lehrte hier, wie gewöhnlich, von der Taufe des Johannes als einer vorbereitenden Busstaufe und von der Nähe des Reiches Gottes. Er ging mit Jairus zu den Kranken und tröstete sie, wollte jedoch nicht heilen. Er versprach, in vier Monaten wieder zu kommen und sie dann zu heilen. Er berührte in seiner Lehre die Ereignisse, die hier geschehen waren. So das Abwenden Esaus im Zorn von seinem Bruder. Er bezog dies auf die Handlung, welche die Verachtung dieses Ortes zur Folge hatte. Er sprach von der Barmherzigkeit des himmlischen Vaters, da die Verheißung erfüllt sei für alle, welche an Den glaubten, den Er gesendet habe, sich taufen ließen und Buße täten wie die Buße die Folgen der bösen Handlungen unterbreche. Gegen Abend zog Er von Jairus und seinen Söhnen begleitet mit den Jüngern nach Bethanien zu: die ersteren gingen etwa halbswegs mit.

In einer Herberge in der Nähe von Bethanien lehrte Er lange die Jünger und sprach von den Gefahren, die Ihm bevorstünden und allen, die Ihn begleiteten in seinem künftigen Wandel. Er sagte ihnen auch, dass sie Ihn nun verlassen möchten und sich ernst besinnen, ob sie in Zukunft bei Ihm ausharren wollten.

Lazarus kam Ihm hier entgegen und, als die Jünger nach Hause geschieden waren, gingen nur noch Aram und Themeni mit nach Bethanien, wo viele Freunde aus Jerusalem Jesus erwarteten. Auch die heiligen Frauen und Veronika waren da. Aram und Themeni waren die Neffen Josephs von Arimathäa von mütterlicher Seite. Sie waren Johannesjünger, kamen aber zu Jesus und folgten Ihm nach, als Er auf dem Weg nach Gilgal bei dem Taufort Johannes' vorüber gekommen war.

Jesus lehrte im Hause des Lazarus von der Johannes- und Messiastaufe, vom Gesetze und der Erfüllung und den Sekten der Juden und ihrer Art. Die Freunde hatten Schriftrollen von Jerusalem gebracht, aus denen Er ihnen Stellen der Propheten auslegte, die sich auf den Messias bezogen. Es waren nicht alle bei dieser Auslegung, nur Lazarus und einige Vertraute.

Jesus sprach mit ihnen auch von seinem künftigen Aufenthalt. Sie rieten ihm, sich nicht in Jerusalem niederzulassen und teilten Ihm mit, was dort alles von Ihm geredet werde. Sie schlugen Ihm Salem zum Aufenthalt vor, weil dort wenige Pharisäer seien. Er sprach von allen diesen Orten und von Melchisedech, dessen Priestertum erfüllt werden müsse. Dieser habe alle Wege gemessen und die Stellen gegründet wo sein himmlischer Vater wolle, dass des Menschensohn wandeln solle. Er sagte ihnen auch, dass Er meistens am See Genesareth sein werde. Diese Unterredung wurde an einem abgesonderten Ort in Gemächern am Garten, wo Bäder waren, gehalten.

Jesus sprach auch mit den Frauen in den ehemaligen Gemächern Magdalenas, die auf die Straße von Jerusalem sahen. Lazarus brachte auf Jesu Begehren die stille Schwester Maria hierher zu Ihm und verließ Ihn, die anderen Frauen wandelten indes in der Vorhalle.

Diesmal war das Wesen der stillen Maria gegen Jesus etwas anders. Sie warf sich vor Ihm nieder und küsste Ihm die Füße. Jesus ließ es geschehen und hob sie auf mit der Hand. Sie sprach wiederum emporschauend die tiefsinnigsten und wunderbarsten Dinge aus und zwar auf eine ganz einfache natürliche Weise. Sie sprach von Gott und seinem Sohn und seinem Reich wie eine Bauernmagd von dem Vater ihres Herrn und dessen Erbe. Ihr ganzes Reden war ein Weissagen, indem sie alles, was sie aussprach, vor sich sah. Sie sprach von großen Schulden und schlechter Wirtschaft, welche die bösen Knechte und Mägde angerichtet. Nun habe der Vater seinen Sohn geschickt, dass er alles gut machen und bezahlen solle. Und wie sie ihn übel aufnehmen würden und wie er werde sterben müssen in großen Leiden mit seinem Blut sein Reich erlösen und die Schulden der Knechte tilgen, dass sie wieder Kinder seines Vaters würden. Sie führte dies gar schön aus und mit einer so natürlichen Art, als spräche sie von etwas, was neben ihr vorgehe und freute sich darüber und trauerte wieder, dass auch sie eine unnütze Magd sei, um die schwere Arbeit des Sohnes des barmherzigen Herrn und Vaters. Sie klagte auch, dass die Knechte das gar nicht verstehen wollten. Es sei doch so natürlich und müsse doch so sein. Sie sprach auch von der Auferstehung, dass der Sohn auch zu jenen Knechten gehe, welche in den unterirdischen Kerkern liegen und sie tröste und befreie, wenn er sie losgekauft dass er dann mit ihnen zu seinem Vater zurückgehe dass alle, welche seine Genugtuung nicht anerkennen und ihre böse Arbeit fortsetzen würden, wenn er wieder komme zu richten, in das Feuer geworfen würden. Sie sprach auch von Lazarus' Tod und Erweckung: «Er geht fort aus diesem Lane und sieht alles an und sie weinen um ihn, als kehre er nicht wieder. Aber der Sohn ruft ihn zurück und er arbeitet im Weinberg.» Sie sprach auch von Magdalena und sagte: «Die Magd ist in der schrecklichen Wüste, wo die Kinder Israels waren, an der bösen Stelle, wo es so finster und nie eines Menschen Fuß gewesen ist. Aber sie wird herauskommen und in einer andern Wüste alles mit Buße gut machen.»

Von sich selbst sprach die stille Maria als von einer Gefangenen. Ihr Leib schien ihr ein Gefängnis. Sie wusste nicht dass dies das Leben sei. Sie wünschte sehr nach Hause. Es sei hier alles so eng und alle verstehen sie nicht, sie seien wie blind. Aber sie wolle auch gerne bleiben, sie wolle es ruhig aushalten, sie verdiene es gewiss nicht besser. Jesus redete sehr liebevoll mit ihr, tröstete sie und sprach: «Du wirst nach dem Pascha, wenn Ich wieder hierher komme, zurück in die Heimat gehen.» Er segnete sie auch: sie kniete vor Ihm, Er hielt die Hände über sie: und es ist mir, als habe Jesus etwas aus einer Flasche über ihr Haupt gegossen: ich weiß nicht recht. ob Öl oder Wasser.

Die stille Maria war eine sehr heilige Person. Niemand kannte sie und verstand sie, sie lebte ganz in Gesichten vom Werk der Erlösung, das niemand ahnte, sie aber ganz kindlich verstand. Man hielt sie für blödsinnig. Als Jesus ihr die Zeit ihres Todes sagte, solle sie dann nach Hause gehen aus ihrer Gefangenschaft, salbte Er ihren Leib für ihren Tod. Man kann daraus entnehmen, dass es etwas mehr mit dem Leib auf sich hat, als die Leute so meinen. Jesus erbarmte sich der stillen Maria, welcher als einer vermeinten Blödsinnigen keine Einbalsamierung bevorstand. Ihre Heiligkeit aber war ein Geheimnis. Jesus entließ nun die stille Maria und sie ging nach ihrer Wohnung zurück.

Nachher sprach Jesus noch mit den Männern von der Taufe des Johannes und der Taufe des Heiligen Geistes. Ich erinnere mich keines sehr großen Unterschiedes zwischen der Johannestaufe und der ersten Taufe von Jesu Jüngern. Diese stand nur der Sündenvergebung näher. Ich habe auch keinen von Johannes Getauften vor der Sendung des Heiligen Geistes wieder taufen sehen.

Vor dem Sabbat gingen die jerusalemischen Freunde noch zur Stadt zurück. Aram und Themeni gingen mit Joseph von Arimathäa. Jesus hatte ihnen gesagt, dass Er sich einige Zeit absondern wolle, um sich auf sein schweres Lehramt vorzubereiten. Er sagte ihnen nicht, dass Er fasten wolle.